Mittwoch, 9. März 2016

Anne und Frank im Bügelfernsehen


Ein Gastbeitrag des Altautonomen

Ich muss die LeserInnen erst einmal enttäuschen: Es geht hier nicht um den seit dem 3. März 2016 in deutschen Kinos angelaufenen Film "Das Tagebuch der Anne Frank", sondern um die beiden Protagonisten der ARD-Reihe "Paar-Duell", und zwar mit der von sich selbst geblendeten Ex-ARD-Moderatorin ("Morgenmagazin") Anne Gesthuysen und dem meistens die Hände brav wie ein Konfirmand vor dem Geschlechtsteil gefalteten, humorbefreiten Journalisten und "Inlandskorrespondenten" Frank Plasberg.

Aufgezeichnet wurden für eine erste Staffel dieser Show bereits 25 Folgen. Die Zuschauerquote liegt bei 2,2 Millionen.

Zweite Überraschung: Es muss nicht unbedingt erst der Gullydeckel zum Reich der privaten Arsch- und Tittensender geöffnet werden, um ein Unterhaltungsniveau zu erreichen, für das man andernorts die Pflegestufe 3 bekäme. - Charlie hat sich hier ja schon öfter über den WDR, die ARD bzw. die Öffentlich-Rechtlichen als Institutionen ausgelassen, die sich die Desinformation und Verblödung der Zuschauer auch noch von eben diesen bezahlen lassen.

Produziert wird das alles von der Firma "Ansager und Schnipselmann", die Plasberg zusammen mit einem Kompagnon gegründet hat und die auch die Sendungen "Hart aber fair", "Plasberg persönlich", "Frag doch mal die Maus" und "Hirschhausens Quiz des Menschen" produziert. Die Idee zur Sendung "Paar-Duell" hatte angeblich ein Mitarbeiter dieser Produktionsfirma.

Das Prinzip ähnelt grob der Sendung "Schlag den Raab" - mit dem kleinen Unterschied, dass hier das Paar Anne und Frank als Valiumersatz (aber Valium 20 forte, weil der Tranquilizer Pilawa das alles moderiert) eine Beleidigung der Raabsendung wäre. Quizfragen sind nebensächlich. Dabei drängt sich der Verdacht auf, dass Anne Gesthuysen und Frank Plasberg ihre Teilnahme an dem Quiz davon abhängig gemacht haben, dass die Fragen eine bestimmte Schwierigkeitsstufe auf Grundschulniveau nicht überschreiten. Die richtigen Antworten werden in Einspielern, Bildern und musikalischen Einlagen - je nach Art der Frage - mit volkshochschulpädagogischem Belehrungsduktus in ermüdender Länge ausgewalzt.

Das "Paar-Duell" ist eine am Reissbrett neunmalschlau ausgetüftelte, konstruierte, total künstliche und hölzerne Veranstaltung ohne Spannung, Spontaneität, Anspruch und Witz. Im Grunde ist es eine als Quizsendung getarnte Selbstdarstellungsorgie der beiden Hauptdarsteller auf Kosten der Gebührenzahler.

Die nach jeder Sendung erspielten Gewinne werden drehbuchgemäß immer gespendet. Mit einer Spende in Höhe von 53.900 Euro unterstützen z.B. die Gäste Axel Milberg (Schauspieler) und seine Frau Judith (Künstlerin und Moderatorin) die weltweite Kampagne Because I am a Girl der Kinderhilfsorganisation Plan International. Den Betrag erspielte das Ehepaar am letzten Samstagabend in der ARD-Show "Paar-Duell XXL". - Aber nein!!! Nix haben die beiden gespendet. Das erspielte Geld kommt schließlich vom Sender - und wer finanziert den? - Ich nehme dann schon mal den Dank der ARD für meine Spende an.

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Anmerkung von Charlie: Angesichts solcher Berichte feiere ich es immer wieder aufs Neue, dass ich das Fernsehen aus meinem Leben schon seit Jahren verbannt habe.

Affenkomödie


"Der Prominente beim Vertragsabschluss."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 12 vom 22.06.1925)

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist mir ja ein rätsel wie man sich sowas ankucken kann ohne verrückt zu werden. Aber trotzdem danke für den Bericht! Das ist wichtig!1!

Anonym hat gesagt…

Da eine Große Mehrheit des TV-Publikums politische Talk-Shows als Politikersatz ansehen und Plasberg als Moderator von "Hart aber fair, wo Politik auf (Stammtisch) Wirklichkeit trifft" für einen "bissigen" Journalisten halten darf seine Selbstikonisierung als Prominenter, aktuell mit seiner Ehefrau als aufstrebendes Boulevardpärchen, nicht unterschätzt werden. Gegen die Reichweite seiner Talkshow
ist das Narrenschiff ein Furz im Wirbelsturm.

Sendungen zum Thema Flüchtlinge geben Rassisten jedesmal eine Plattform im Gästebuch von "Haf", ohne die gefühlten 90 % rassistischer, völkischer und nationalistischer Kommentare einfach zu löschen. Das immer wieder angesetzte Thema Flüchtlinge hatte in den letzten Sendungen folgende beispielhafte Resonanz:

31.08.2015 = 3.016 Kommentare
14.09.2015 = 3.653 Kommentare
21.09.2015 = 3.337 Kommentare
26.10.2016 = 2.556 Kommentare
09.11.2015 = 1.409 Kommentare
14.12.2015 = 1.471 Kommentare
15.02.2016 = 2.525 Kommentare
29.02.2016 = 1.719 Kommentare

Dazu kommen jeweils noch die Kommentare auf facebook, twitter und die Zuschaueranrufe.

Zum Thema Sarrazin in der Sendung am 15.09.2010:
16.000 Einträge im Online-Gästebuch. 4000 E-Mails im Posteingang. 3000 Anrufe beim Zuschauertelefon.



Charlie hat gesagt…

@ Anonym: Danke für die Ergänzungen. Allerdings ist es eine Binse, dass ein kleines Blog wie dieses in Sachen Reichweite nicht einmal ansatzweise mit Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes mithalten kann - hier ist es eher die Masse der verschiedensten Blogs und Webseiten, die zusammen vielleicht einen kleinen Gegenpol bieten können.

darkmoon hat gesagt…

Ist es nicht üblich daß "Prominenten" für die Teilnahme an derartigen Sendungen eine Gage gezahlt wird? Gilt das hier nicht? Das würde dann ja auch der Gebührendepp bezahlen, zusätzlich zum ganzen anderen Mist ("erspielte Gewinne", Moderator, Kosten der ganzen Sendung usw.). Diese Gestalten machen sich da doch nicht vor aller Welt für lau zum Affen.