Donnerstag, 28. April 2016

Der braune Sumpf: Die AfD und die neoliberale Einheitspartei


Volksfront, Koalitionen und gemeinsame Schnittmengen

Ein Gastbeitrag des Altautonomen

Alle demokratischen Parteien von der Linken bis zur Union müssen über ihren Schatten springen und Wege finden, den Rechtsruck in Europa und in Deutschland zu stoppen. Wenn wir diesen Trend nicht gemeinsam verhindern, begehen wir einen historischen Fehler. (Gregor Gysi, Ex-Bundestagsfraktionschef der Linken)

"Kenia-Koalition" (Schwarz-Rot-Grün): 25 AfD-Abgeordnete sitzen mittlerweile im Parlament von Sachsen-Anhalt und bilden die zweitstärkste Fraktion. Und das Bild, das sich seit einiger Zeit abzeichnet: In der CDU gibt es Vereinzelte, die lieber mit den Rechtspopulisten zusammenarbeiten würden als mit den Grünen. Linken-Fraktionschef Swen Knöchel stellte fest, "dass offenbar größere Teile der CDU kein Problem darin gesehen haben, den Kandidaten der AfD zu wählen".

Trotz vorgeschobener "großer inhaltlicher Differenzen" beginnt auch hier das bekannte Possenspiel mit der Suche nach gemeinsamen Schnittmengen, um den WählerInnen zu suggerieren, es ginge nicht um den unbedingten Willen zur Macht, sondern um Regierungssfähigkeit. Was mit der GroKo im Bund begann, als schwarz-grünes Komplizengeschäft in Hamburg scheiterte und in Hessen momentan wieder praktiziert wird, könnte unter Ausblendung der offenen Widersprüche unter dem Label des kleinsten gemeinsamen Nenners erfahrungsgemäß jederzeit auch mit der AfD geschehen, weil einzelne Passagen des AfD-Programmentwurfes mit den vorgeblichen Zielen der "demokratischen" Parteien übereinstimmen:

1. Die AfD setzt sich dafür ein, Volksentscheide in Anlehnung an das Schweizer Vorbild auch in Deutschland einzuführen. Wir wollen dem Volk das Recht geben, über vom Parlament beschlossene Gesetze abzustimmen. (Netzwerk Volksentscheid, Grüne, Linke)

2. Ohne Zustimmung des Volkes darf das Grundgesetz nicht geändert und kein bedeutsamer völkerrechtlicher Vertrag geschlossen werden. (Grüne)

3. Trennung von Amt und Mandat (ehemaliges grünes Prinzip, inzwischen abgeräumt)

4. Wider das Berufspolitikertum: Amtszeit begrenzen (Minderheitenvotum). Konkret fordern wir eine Amtszeitbegrenzung für Abgeordnete auf zwei bis vier Legislaturperioden, in Abhängigkeit von deren persönlichen Wahlergebnis. Für den Bundeskanzler schlagen wir eine Amtszeitbegrenzung auf zwei Legislaturperioden vor. (Rotationsprinzip, alter grüner Eckpfeiler, inzwischen abgeräumt)

5. Einführung eines Straftatbestandes der Steuerverschwendung: Während Steuerhinterziehung auch vergleichsweise kleiner Beträge in Deutschland konsequent verfolgt und bestraft wird, bleibt die – ebenso gemeinwohlschädigende – Steuerverschwendung straffrei. (Endlich!!! Dagegen hat wohl kein Wähler etwas!)

6. Die AfD setzt sich dafür ein, die deutsche Mitwirkung an der wirtschaftlich und rechtlich falschen Fortsetzung der "Rettungs"‐Politik zu beenden und bei mangelnder Einsicht der Partnerstaaten aus dem Euro‐Verbund auszutreten. (Sahra Wagenknecht)

7. Keine deutsche Haftung für ausländische Banken (Sahra Wagenknecht)

8. Die Einhaltung des Rechts ist die Grundvoraussetzung für die Gewährleistung der inneren Sicherheit. Sie ist eine Kernaufgabe unseres Staates. Sie garantiert ein friedliches Zusammenleben der Menschen in einer offenen und freien Gesellschaft, unabhängig von ihrer Herkunft und Religion. Sie ist Voraussetzung für unsere Freiheit, für Wohlstand und Demokratie. (Kompatibel mit Passagen aus Gauck-Reden)

9. Polizei stärken und Strafjustiz verbessern (Das fordern seit "Köln" auch alle Parteien von CSU bis Linke)

10. Das Verhältnis zu Russland ist für Deutschland, Europa und die NATO von maßgeblicher Bedeutung, denn Sicherheit in und für Europa kann ohne Russlands Einbindung nicht gelingen. Wir setzen uns daher dafür ein, Konflikte in Europa friedlich zu regeln und dabei die jeweiligen Interessen zu berücksichtigen. (Linke, Querfront, Putinversteher)

11. Mindestlohn beibehalten (SPD, Grüne)

12. Mehr Kinder statt Masseneinwanderung (CDU: "Kinder statt Inder!")

13. Die deutsche Sprache als Zentrum unserer Identität (CSU)

14. Gender-Forschung abschaffen: Viele der im Bereich des Gender-Mainstreamings vertretenen Ansichten widersprechen den Ergebnissen der Naturwissenschaft, der Entwicklungspsychologie und der Lebenserfahrung. Wir wenden uns daher gegen jede staatliche Förderung von "Gender Studies". (Grenzenloser Jubel in Kleinbloggersdorf und anderswo)

Damit wäre erst ein kleiner Teil des AfD-Programms abgearbeitet. Es dürfte aber genügen, um zu verdeutlichen, mit welchen rhetorischen Kunststückchen künftige Koalitionen geschmiedet werden könnten nach dem zynischen Motto:

"Bei Hitler war auch nicht alles schlecht, wenn er nur das mit den Autobahnen nicht gemacht hätte."



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Anmerkung von Charlie: Bei aller Zustimmung muss ich beim klassischen Nebenschauplatz- und Bullshit-Thema "Gender Studies" ein Veto einlegen. Hierbei handelt es sich aus meiner Sicht um puren (ablenkenden) Irrsinn, der sowohl aus soziologischer, als auch aus linguistischer Sicht hanebüchener Blödsinn ist. Man muss hier differenzieren zwischen den Rechtsradikalen der AfD, CDU, CSU und anderen auf der einen Seite, die ein nazikonformes, reaktionäres Frauenbild anstreben, und den progressiven Kräften auf der anderen Seite, die sich mit Linguistik und den Grenzen der Sprache beschäftigen.

Ansonsten habe ich dem Text nichts hinzuzufügen - die rechtsradikale AfD wird gewiss als "neue FDP" für noch mehr braunen Wind im "Parteienspektrum" der kapitalistischen Einheitspartei sorgen. Im Grunde ist die AfD nichts anderes als die bundesweite Expansion der CSU: Ein brauner, übelriechender Sumpf eben.

2 Kommentare:

Charlie hat gesagt…

Dazu passt ein Bericht von n-tv, den ich heute gelesen habe. Dort heißt es:

Petry widersprach der Äußerung ihres Vize-Vorsitzenden Alexander Gauland, die AfD strebe keine Regierungsbündnisse an, und unterstrich ihren Anspruch, in Zukunft einmal Teil einer Regierung zu sein. "Jede Partei, glaube ich, sollte antreten, um dauerhaft so viel Bedeutung zu erringen, um als mindestens gleichberechtigter Partner in Regierungen mitwirken zu können. Und das ist perspektivisch auch Aufgabe der AfD." Indirekt an Gauland gerichtet sagte sie: "Wer also in der AfD glaubt, generell nur Fundamentalopposition zu sein, der hat unseren Auftrag nicht verstanden." Für die nächsten Jahre sei die AfD aber Opposition, ab 2017 im Bundestag.

Ich verstehe das als böse Drohung.

altautonomer hat gesagt…

Die AfD ist »für die Freiheit der Handelswege, der internationalen Kommunikation« (…) und »für die gleichberechtigte faire Nutzung der globalen Ressourcen.« So scheinbar harmlos wird der Anspruch auf Zugang, Ausbeutung und Nutzung von Reichtümern umschrieben, die anderen gehören. Und damit liegt die AfD wieder ganz auf der Linie der NATO-Doktrin und der Bundesregierung, die im »Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr« aus dem Jahr 2006 den Streitkräften den Auftrag erteilt hatte, weltweit den ungehinderten »Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen« sicherstellen.