1. Wer ein Mobiltelefon besitzt, werfe es weg. Es hat ein Leben vor diesem Gerät gegeben, und die Spezies wird auch weiter existieren, wenn es wieder verschwunden ist. Der abergläubischen Verehrung, die ihm zuteil wird, sollte man nichts abgewinnen. Smart sind nicht diese Geräte oder die sie benutzen, sondern die sie uns anpreisen, um unermessliche Reichtümer anzuhäufen und gewöhnliche Menschen zu kontrollieren.
2. Wer immer einem ein kostenloses Angebot macht, ist verdächtig. Man sollte unbedingt alles ausschlagen, was sich als Schnäppchen, Prämie oder Gratisgeschenk ausgibt. Das ist immer gelogen. Der Betrogene zahlt mit seinem Privatleben, mit seinen Daten und oft genug mit seinem Geld.
3. Online-Banking ist ein Segen, aber nur für Geheimdienste und für Kriminelle.
4. Regierungen und Industrien möchten das Bargeld abschaffen. Ein gesetzliches Zahlungsmittel, das jeder einlösen kann, soll es nicht mehr geben. Münzen und Scheine sind Banken, Händlern, Sicherheitsbehörden und Finanzämtern lästig. Plastikkarten sind nicht nur billiger herzustellen. Sie sind auch unseren Aufpassern lieber, denn sie erlauben es, jede beliebige Transaktion zurückzuverfolgen. Deshalb tut jeder gut daran, Kredit-, Debit- und Kundenkarten zu meiden. Diese ständigen Begleiter sind lästig und gefährlich.
5. Dem Aberwitz, alle denkbaren Gebrauchsgegenstände, von der Zahnbürste bis zum Fernseher, vom Auto bis zum Kühlschrank über das Internet zu vernetzen, ist nur mit einem totalen Boykott zu begegnen. An den Datenschutz den mindesten Gedanken zu wenden fällt ihren Herstellern nicht im Traum ein. Der einzige Körperteil, an dem sie verwundbar sind, ist ihr Konto. Sie sind nur durch die Pleite zu belehren.
6. Ähnliches gilt für die Politiker. Alles, was man gegen ihr Tun und Lassen einwendet, ignorieren sie. Den Finanzmärkten begegnen sie unterwürfig, und gegen das Treiben der Geheimdienste vorzugehen, wagen sie nicht. Interessiert sind sie jedoch daran, wiedergewählt zu werden. Solange das Wahlrecht noch existiert, sollte man ihnen die Stimme verweigern, wenn sie die digitale Enteignung dulden, statt gegen sie vorzugehen.
7. E-Mail, zu deutsch Strompost, ist schön, schnell und kostenlos. Also Vorsicht! Wer eine vertrauliche Botschaft hat oder nicht überwacht werden möchte, nehme eine Postkarte und einen Bleistift zur Hand. Handschrift ist von Automaten schwer zu lesen. Niemand vermutet auf einer Ansichtskarte, die 45 Cent kostet, wichtige Nachrichten. Man braucht also nicht zu einem toten Briefkasten zu greifen, wie er in altmodischen Spionageromanen vorkommt.
8. Waren oder Dienstleistungen via Internet sollte man meiden. Anbieter wie Amazon, Ebay und so weiter speichern alle Daten und belästigen ihre Kunden mit Reklamemüll. Anonymer Einkauf ist besser. Einzelne Adressen, die man gut kennt, können als Ausnahmen durchgehen.
9. Die großen Internetkonzerne finanzieren sich, ebenso wie das sogenannte Privatfernsehen, hauptsächlich durch Reklame. Damit stehlen sie ihren Kunden Zeit und Aufmerksamkeit. Wer einen, in welcher Form auch immer, andauernd anbrüllt oder belästigt, den sollte man abstrafen. Auf alle Angebote, die auf diese Weise vermarktet werden, zu verzichten ist empfehlenswert, ebenso wie Sender, die einen durch Werbung terrorisieren, ein für alle Mal abzuschalten. Das ist nicht nur aus hygienischen Gründen ratsam. Bekanntlich arbeiten besonders amerikanische Großkonzerne eng mit den Geheimdiensten zusammen, um möglichst jede menschliche Regung auszuspähen und zu kontrollieren.
10. Netzwerke wie Facebook nennen sich "sozial", obwohl sie ihren Ehrgeiz daransetzen, ihre Kundschaft so asozial wie möglich zu behandeln. Wer solche Freunde haben will, dem ist nicht zu helfen. Wer bereits das Unglück hat, einem solchen Unternehmen anzugehören, der ergreife so schnell wie möglich die Flucht. Das ist gar nicht so einfach. Was ein Krake einmal erbeutet hat, gibt er nie wieder freiwillig her.
(...)
Der Schlaf der Vernunft wird bis zu dem Tag anhalten, an dem eine Mehrheit der Einwohner unseres Landes am eigenen Leib erfährt, was ihnen widerfahren ist. Vielleicht werden sie sich dann die Augen reiben und fragen, warum sie die Zeit, zu der Gegenwehr noch möglich gewesen wäre, verschlafen haben.
(Hans Magnus Enzensberger [*1929]: "Wehrt Euch!", in: FAZ v. 28.02.2014)
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Uhr
(Gemälde von Marc Chagall [1887-1985] aus dem Jahr 1914, Gouache und Öl auf Leinwand, Tretjakow-Galerie, Moskau, Russland)
3 Kommentare:
Kleine Ergänzung: Die Titanic sieht das merkwürdiger Weise anders. Oder verstehe ich die "doppelte Ironie" bloß nicht?
Und dann waere da noch das Merkel&Co.
"BERLIN (Eigener Bericht) - Mit massivem Druck treibt Berlin nach dem
Austritts-Referendum in Großbritannien die Neuformierung der EU
voran. Unter dem Schlagwort "flexible Union" werden erste Schritte zum
Aufbau eines "Kerneuropa" in die Wege geleitet; es entstünde eine EU,
die von einem kleinen, fest zusammengeschweißten Kern geführt
würde, dem sich wiederum die übrigen EU-Staaten als Mitglieder
zweiter Klasse unterzuordnen hätten. Gleichzeitig fordern der
EU-Parlamentspräsident und der Bundeswirtschaftsminister (beide SPD)
eine geschlossene EU-Außenpolitik, eine schärfere Abschottung der
EU-Außengrenzen und eine Verstärkung der inneren Repression
inklusive des Aufbaus eines "europäischen FBI". Die deutsche
Kanzlerin hat für den heutigen Montag Frankreichs Präsidenten sowie
Italiens Ministerpräsidenten nach Berlin geladen, um
Vorabfestlegungen für den EU-Gipfel am morgigen Dienstag zu treffen;
deutsche Kommentatoren sprechen von einem "neuen Direktorium" der EU
unter Berliner Führung. Parallel erhöht Berlin den Druck auf London;
der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag sagt ein neues
schottisches Sezessionsreferendum voraus und fordert Schottlands
schnelle Aufnahme in die EU. Während deutsche Politiker im
Europaparlament Druck machen, um mit einer raschen Abwicklung des
britischen EU-Austritts die Neuformierung der EU schnell über die
Bühne bringen zu können, droht Kanzlerin Merkel zum wiederholten
Mal, "Versöhnung und Frieden" in Europa seien "alles andere als
selbstverständlich", sollten sich die Staaten Europas nicht mehr in
die EU einfügen wollen."
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59397
"[...] droht Kanzlerin Merkel zum wiederholten
Mal, "Versöhnung und Frieden" in Europa seien "alles andere als
selbstverständlich", sollten sich die Staaten Europas nicht mehr in
die EU einfügen wollen."
Vor genau 11 Jahren sagte sie aehnliches zu Demokratie ... "Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit."
.... und dann wurds Bundeskanzler ... und der Rest der Banden ist auch nicht besser.
Und keiner hoert zu ...
Gruss
Jake
Im Großen und Ganzen Zustimmung. Müsste der Standardbilschirmschiner sein.
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