Freitag, 5. August 2016

Star Trek: Der Traum vom Kommunismus


Schon lange wollte ich mal etwas über mein Lieblings-Universum aus der Science-Fiction-Welt schreiben, dem durch die vergifteten Sargnägel der jüngsten drei Kinofilme endgültig das Leben entzogen schien. Spielfilme waren ja - bis auf wenige Ausnahmen - ohnehin eher eine minderwertige Randerscheinung in diesem Universum, aber seit dem "Reboot" 2009 kann man diesen Teil ohnehin nicht mehr ernst nehmen, sondern getrost in der Hollywood-Akte "Profit ist unser Gott, Halleluja" abheften bzw. in den Müll schmeißen.



Bezüglich der Serien war das - zumindest zu Beginn - noch anders. Die erste Serie will ich hier nicht weiter besprechen, dazu gibt es haufenweise lesenswerte Betrachtungen. Der erste Neustart mit der "nächsten Generation" und dem Captain Jean-Luc Picard in den 80er Jahren hat ein neues Zeitalter - und eine neue Qualität - in die Welt der Föderation der vereinten Planeten gebracht, die es zuvor in keiner anderen populären Nischenwelt gegeben hat. Sicherlich gab es auch hier manch redundante Folge und die eine oder andere Nerverei (beispielsweise den aalglatten Aktenkofferträger Wesley Crusher), unterm Strich aber kann man reinen Gewissens behaupten, dass die Charaktere und Geschichten dieser Serie wegweisend waren. Die Episoden, die sich beispielsweise mit den Menschenrechten des Androiden Data, mit den kapitalistischen Ferengi, mit den philosophisch-humorvollen Dialogen zwischen Picard und "Q" oder mit der Entwicklung des martialischen Klingonen Worf befassen, gehören zum besten, was Star Trek hervorgebracht hat.

Ein erster Dämpfer war dann bei "Deep Space Nine" zu spüren: Auch hier gibt es sehr viele gute, aber leider auch fast ebenso viele dämliche Folgen, die sich mit religiösem Tand und einer der uninteressantesten Spezies des Star-Trek-Universums, nämlich den Bajoranern und der gähnend langweiligen Figur der Kira befassen. Was haben dieses unsägliche Thema und diese religiöse, dumme Tusnelda samt allen mystischen Verklärungen hier verloren? Zum Glück gibt es aber auch hier genügend alternative Folgen - insbesondere die Stellvertreter unserer heutigen lächerlichen Welt, die Ferengi, haben hier wahre Glanzmomente, die man auf jedem "Wirtschaftstreffen" den albernen Schlips-Borg in Davos zeigen sollte.

Diese Fehler bügelt die nachfolgende Serie "Voyager" aber wieder aus und sie reiht sich uneingeschränkt wieder in die Qualitätsgeschichte ein. Hier gibt es aus meiner Sicht nur ganz wenige Folgen, die zu kritisieren wären - der überwiegende Teil greift wiederum - manchmal ernst, manchmal humorvoll, manchmal sehr subtil - bedeutende Themen auf, die ansonsten in solchen Serien und Filmen nicht vorkommen. Nervige Figuren wie Neelix kann man getrost ausblenden. Ich kann mir die gesamte Serie heute immer noch mit viel Gewinn ansehen.

Dann kam lange Zeit nichts - bis Captain Archer in der Serie "Enterprise" wieder auf große Fahrt ging. Das war ein Fehlstart, der sich gewaschen hat: Diese Crew ist viel zu "amerikanisch" und hat - völlig zu recht - am Anfang viele ZuschauerInnen vergrault. Erst ab der dritten Staffel wurde das Szenario besser und steigerte sich kontinuierlich - aber die vorzeitige Absetzung war trotzdem nicht mehr aufzuhalten. Hier hätten die Macher, sofern sie über ein gewisses Maß an Weitsicht verfügten, bereits erkennen können, was geschieht, wenn sie das kosmopolitische Konzept von Star Trek über Bord werfen. Von der Verballhornung der Vulkanier, die in dieser Serie fast schon absurde Ausmaße annimmt, will ich lieber schweigen.

Und nun gibt es also Pläne für eine weitere Serie, von der aber noch nicht sonderlich viel bekannt ist. 2017 soll es soweit sein. In der Süddeutschen war beispielsweise im November 2015 zu lesen:

Die Voyager-Kapitänin Kathryn Janeway war eine frühe weibliche Führungsfigur und der Klingone Worf gab über zwei Serien hinweg ein spannendes Beispiel für gelungene Integration. / Das war nicht alles, was Star Trek utopisch [sic! - gemeint ist wohl eher vorbildlich, Anm.d.Kap.] gemacht hat. Auch gesellschaftlich hatte es den großen Entwurf parat: Jeder Mangel ist überwunden, Geld abgeschafft, das Essen kommt aus dem Replikator, und in der Freizeit kann man auf dem Holodeck alle nur denkbaren Fantasien ausleben. Die Welt der Vereinigten Föderation der Planeten ist eine Art Luxus-Kommunismus [sic!], in der jeder seine Leidenschaft zum Beruf machen kann. Nur der Wissensdurst der Menschen ist nicht stillbar. Jede andere Form von Gier hat ihren Sinn verloren. / Utopien zu entwickeln, heißt, der Welt noch eine Chance zu geben. Sich für sie zu interessieren und darüber nachzudenken, wie man sie besser machen könnte. Star Trek hat das immer getan. Nicht nur mit Technik, sondern in seinen besten Momenten immer auch durch Begegnungen mit dem Fremden, das das Eigene herausfordert, in Frage stellt oder auch seinen Wert unterstreicht.

Das sind starke Worte. Den hirnzersetzenden Begriff "Luxus-Kommunismus" lasse ich hier mal unkommentiert - er dürfte von geneigten LeserInnen ohnehin als systemkonformes Bullshit-Bingo erkannt werden. - Ob die Star-Trek-Macher diesem formulierten Anspruch tatsächlich einmal mehr gerecht werden können, wird sich zeigen - ich habe leider arge Zweifel daran, lasse mich aber höchst gerne eines Besseren belehren.

8 Kommentare:

epikur hat gesagt…

Die derzeitige Unterhaltungsindustrie geht überall auf Nummer Sicher. Es werden alte Franchises wiederbelebt, ausgequetscht, neu-gestartet und wenn sie nicht genug Kohle abwerfen: dann weggeworfen. Die Produktionsfirmen und Marketing-Agenturen bestimmen zunehmend die Inhalte der großen Blockbuster. Was dagegen eine wirklich erfreuliche Entwicklung ist, sind die Serien. Ob bei Netflix oder HBO. Da gibt es richtige Perlen mit vielen leisen (und sehr intelligenten) Zwischentönen wie "Breaking Bad", "Fargo" oder "True Detective".

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Moin Charlie,
Einspruch euer Ehren, nach meinem Empfinden sind die neuen Kinoversionen absolute Knaller, kurzweilig, Sound, Bild und auch Darsteller sind prima. Popcornkino halt. Es muss ja nicht immer mit Botschaft sein.
Zu T`pol hatte ich mich schon mal geäußert, mit Ihr und Seven of nine würde ich glatt ne WG aufmachen, HEHEHEHE, (Schmutzgedanken)
Für die anspruchsvolleren Themen sei hier Babylon 5 empfohlen.
LG

altautonomer hat gesagt…

Dazu sehr gut flatters Text "Was ist links, was ist rechts?" Klare Kante all denen, die ihre Stellschraubenphantasien (Warenkorb, Hartz-4-Erhöhung um 34 Cent, Umverteilung, lach) nicht loslassen wollen. Wäre ne lange Liste von Bloggern, die mir da einfallen.

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Das ist in der Tat mal wieder ein richtig guter und vor allem wichtiger Text zur rechten Zeit vom Feynsinnigen. Merkwürdigerweise sind die Zugriffszahlen auf meinen Kommentar zum auch von flatter erwähnten Gruseltext von Lapuente seit gestern förmlich explodiert, obwohl der Beitrag drüben gar nicht verlinkt ist.

Bezeichnend finde ich die Reaktion Wellbrocks, dem nichts anderes dazu einfällt als eine "Einladung zum Podcast" auszusprechen. Nach dem Pauken-und-Trompeten-Fiasko des ersten Versuches ist das gewiss eine sehr sinnvolle Maßnahme ... insbesondere wenn dort u.a. wieder solche Genies wie Lapuente oder Berger vor den Mikrofonen hocken. Ich stehe zu meinem diesbezüglichen Resümee, dass dies dem Versuch gleichkäme, "mit einem Torfklumpen diskutieren zu wollen".

Man stelle sich nur einmal kurz vor, Leute wie Berger, Lapuente oder meinetwegen auch Albrecht Müller sollten sich fundiert und sachlich-kritisch zum Thema "Kommunismus" äußern bzw. gar darüber diskutieren. Ich will mir die Farce gar nicht erst ausmalen, die dabei vermutlich herauskäme.

Für mich gilt nach wie vor die Maxime Janeways, die in einer - sehr dramatischen - Voyager-Folge, in der es wieder einmal um Leben und Tod und um grundlegende Entscheidungen ging, mal gesagt hat:

"Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem alle meiner Meinung sind."

Auf dieser Basis könnte man diskutieren - aber das ginge freilich nur, wenn sie für alle Diskussionsteilnehmer gälte. Davon sind wir allerdings ebenso weit entfernt wie von Alpha Centauri.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Fluchtwagenfahrer: Dein Geschmack sei Dir unbenommen. ;-) Ich persönlich würde jedenfalls eine WG mit Picard, Data, dem "Doktor" und Tuvok deutlich bevorzugen (ganz ohne schmutzige Gedanken, denn dafür gibt's schließlich das Holodeck). ;-)

Zu den jüngsten drei Spielfilmen schreibe ich hier nichts mehr. Wenn Dir das gefällt, genieße es - mich hält das aber nicht davon ab, eine vulkanische rituelle Feuerbestattung durchzuführen und die hässlichen Schinken genüsslich zu verbrennen. Danach gehe ich zur Feier des Tages mit Geordi und Worf ein romulanisches Ale trinken, was in einem klingonischen Exzess ausarten wird, der dazu führt, dass ich schließlich im Bergbaugefängnis auf Rura Penthe lande und dort mit dem echten Kirk und der alten, verknautschten Pille neue Abenteuer ... --- aber das ist eine andere Geschichte. ;-)

Liebe Grüße - auch an T'Pol und Seven! Mit den beiden Emotionsvulkanen hast Du sicherlich viel, äh, Freude. ;-)

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Ach Charlie,
der Mensch lebt nicht vom Brot allein, natürlich wäre so eine WG mit nächtelangen, tiefschürfenden Gesprächen mit den Jungs auch mein Ding, aber das Auge möchte auch gestreichelt werden und da sind die Beiden sicherlich geeignet für.
LG
Dein Alienflüsterer

jakebaby hat gesagt…

Picard to Data "Where is Engineer Jake?" .. 'This Question seems to be some kind of konfusing, as, as constantly, Engineer Jake is within 97.583% at the Holodeck ... mostly accompanied by Holodeck 1.st Officer Charlie ... ?

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Hi Jake,
you can call me schrotti:)
Greets
Chiefengineer g n