Die heutige Buchempfehlung der Gebrüder Arkadi und Boris Strugazki, auf die ich an anderer Stelle schon Bezug genommen habe, gehört heute längst zum Fundus der Weltliteratur. Der Suhrkamp-Verlag beschreibt diese ausgesprochen aktuelle Erzählung im Klappentext mit den folgenden Worten:
Die erste Invasion der Marsianer fand bekanntlich in H.G. Wells Roman "Krieg der Welten" (1898) statt. Wells' Marsianer überfielen die Menschheit mit Hitzestrahlen und Kampffahrzeugen, und sie ernährten sich vampirisch von menschlichem Blut. Die "Marsianer" der Strugazgis gehen weit weniger gewaltsam, dafür aber noch heimtückischer vor. Ihre Invasion vollzieht sich unversehens, heimlich und leise. Durch Flüsterpropaganda und eine Flut von Gerüchten geht der Mensch seiner Rolle als "Krone der Schöpfung" verlustig, und aus rein opportunistischen Erwägungen lässt er sich die Herrschaft der "Marsianer" willig gefallen.
Die Kölnische Rundschau resümierte - freilich, wie sollte es auch anders sein, viel zu kurz und simpel gedacht - über diese Erzählung:
Eine Groteske in Science-Fiction-Manier, eine Parabel der Feigheit und Anpassung. Die beiden Russen knüpfen in ihrer Erzählweise an die große Tradition ihres Landes an, an Gogol zum Beispiel.
Es versteht sich von selbst, dass - in guter Science-Fiction-Tradition - mit den "Marsianern" hier gewiss keine grünen Männchen vom Nachbarplaneten gemeint sind - das Büchlein ist nichts anderes als eine wunderbare Parabel auf die absurden Verwerfungen und Deformierungen, die der Kapitalismus unweigerlich und äußerst logisch in der menschlichen Gesellschaft unserer Zeit produziert. Bei der Lektüre dieser Erzählung drängen sich die hohlen Phrasen der Merkels, Gabriels, Petrys, Özdemirs et al. förmlich und schmerzhaft auf - es lässt sich hier Wort für Wort nachlesen, wie eine Gesellschaft sich vollkommen ohne Zwang und Not willfährig einem zerstörerischen Katastrophen-Regime ausliefert und dabei nicht müde wird, immer wieder unbeteiligte Dritte für das allmählich immer stärker werdende Fiasko und den zunehmenden Verfall verantwortlich zu machen.
Auch Wells' Vorlage war bereits eine deutliche Kapitalismuskritik, was von den vorhandenen, schaurigen Hollywood-Adaptionen dieses Buches konsequent verschwiegen und sogar ins - teilweise gar patriotisch verbrämte - Gegenteil verkehrt wurde. Diese Version der Strugazkis aber lässt keinen Zweifel mehr zu und hält der vom Kapitalismus verblendeten Menschheit standhaft den Spiegel vors egoistisch verzerrte Gesicht und beschreibt detailliert den Niedergang und Verfall einer eigentlich empathischen, zu sozialem Verhalten fähigen Spezies.
Dieses Buch sollte eine Pflichtlektüre an den Schulen sein - ein Wunsch, der inmitten des kapitalistischen Untergangs mindestens ebenso utopisch anmutet wie die allgemeine Erkenntnis, dass es schlicht und ergreifend der Kapitalismus ist, der unseren Planeten in Terror, Krieg, Hunger, Agonie, Religiotismus und letztlich gewiss in die Auslöschung führt.
(Arkadi und Boris Strugazki [1925/1933-1991/2012]: "Die zweite Invasion der Marsianer", Erzählung, 1967; dt. 1973)
1 Kommentar:
Seltsam, seltsam, das Buchcover erinnert mich an mich selbst und meine Peers.....ist sicher nur ein Zufall oder???
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