Montag, 17. Juli 2017

Eine satirische Übung zur "humanen Revolution"


Ein schmerzhafter Gehirnspagat ist ja vorprogrammiert, wenn Esoteriker sich über das Thema "Revolution" auslassen. Ich war also vorgewarnt, als ich vor einigen Tagen bei meinen Eso-Freunden von "Jenseits der Realität" einen Satz las, den der selbsternannte "Agnostiker" (also ein "gläubiger Nicht-Gläubiger") Holdger P. unter dem Titel "Denkmal!Pflege" [sic! bzw. lol!] veröffentlicht hat. Das Elaborat ist zwar versehen mit dem hilfreichen Hinweis, dass es sich nicht nur um esoterischen Dünnschiss, sondern auch um "anderes dummes und kluges [sic! bzw. lol!] Zeug" handele, allerdings ist zu bezweifeln, dass die wenig geistaffine Leserschaft dieses Blogs, das sich hochtrabend "Magazin" nennt, mit dieser scheinbar selbstkritischen Einschränkung etwas anfangen kann.

Wie dem auch sei – Holdger P. schrieb:

Eine humane Revolution breitet sich nicht durch Abschreckung aus.

Ich verschluckte mich und spie einen halben Liter Kakao auf meinen Monitor und die davor befindliche Tastatur, und ich behalte mir vor, Regressforderungen geltend zu machen. Ich dachte kurz nach, welche wie auch immer geartete "Revolution" sich denn wohl je durch "Abschreckung" ausgebreitet habe, kam aber zu keinem sinnvollen Ergebnis. Also fragte ich mich, was der Zusatz "human" in diesem Satz verloren hat, denn das könnte den Sinn ja eventuell völlig verändern – aber auch diese Überlegungen führten ins gewohnte Nichts.

Ich gebe so schnell aber nicht auf und entschloss mich daher, trotzdem über den Begriff "humane Revolution" weiter nachzudenken. Was mag der hochsensible Künstler damit wohl gemeint haben? Sind es die DemonstrantInnen, die den aufmarschierten Soldaten Blümchen in den Gewehrlauf schieben, bevor sie erschossen und verscharrt werden? Oder meint er die "Brüder und Schwestern" aus der ehemaligen DDR, die sich wie von Sinnen vom ausgetrockneten Feld des Pseudo-Sozialismus' in die kapitalistische Jauchegrube gestürzt haben und dort reihenweise ertrinken? Möglicherweise meint er aber auch nur die Ablösung des Festnetztelefons durch die staatliche Überwachungswanze, auch "Dumpf-Phone" genannt? Man weiß wahrlich sehr wenig.

Ich sinnierte so vor mich hin, ohne zu einem Schluss zu kommen, besann mich dann aber und erinnerte mich daran, dass es hier schließlich um Esoterik geht. So wird ein Schuh daraus: Wer fest daran glaubt, dass Globuli wirken, dass Gott die Geschicke der Welt lenkt oder dass der Nicht-Glaube an ein fliegendes Spaghettimonster auch nur ein Glaube sei, der kann auch von einer "humanen Revolution" schwadronieren, die sich im Gegensatz zu anderen Revolutionen nicht durch Abschreckung ausbreitet, ohne unverzüglich Gehirnkrebs zu bekommen. Ich war somit am Ziel – dachte ich.

Mein Restgehirn war aber nur noch eine breiige, empfindungslose Masse nach dieser Übung und ich habe mich jammernd nach der Erstürmung der Bastille, nach wütend geschwenkten Mistgabeln und aus dem Land gejagten, geteerten und gefederten Politikern und nach der unweigerlichen, zwingend notwendigen Abschreckung für nachfolgende Schlips-Borg gesehnt. Sodann bin ich weinend eingeschlafen und habe von einer humanen Satire und großen, noch humaneren Scheiterhaufen, auf denen nicht die Esoteriker, wohl aber deren Gehirnauswürfe unter jubelndem Massengeschrei verbrannt werden, geträumt.

(Rush: "Bastille Day", 1975)

Als ich wieder bei Sinnen war, hatte ich einen üblen Kater, als hätte ich zuvor eine Flasche Schnaps getrunken. Ein weiß gekleideter Engel mit güldenen Flügeln, der sich "Holdgus Patrius" nannte und mir unablässig die Peitsche gab, flüsterte mir dabei ohne Unterlass ins Ohr: "Glaube (*Peitschenhieb*), Charlie, glaube (*Peitschenhieb*) daran!" – Danach erschoss ich mich ohne Zögern und erwachte in der ewigen Mitternacht. Das ziegenhörnige, teuflische Lachen des Faulfußes erfüllt seitdem die totale Finsternis bis in alle Ewigkeit.


(Faulfußens Triumph)

13 Kommentare:

Troptard hat gesagt…

@ Charlie,

eine "humane Revolution", so vermute ich mal, ist so ein Gedankenfurz, der in vielen Köpfen sein Unheil treibt.

Obwohl man es besser wissen müsste und endlich zur Kenntnis nehmen könnte, dass in dem humanen Geist in seiner bürgerlich, rationalen Ausprägung, der Berechenbarkeit, dem Drang alles in kleinste berechenbare Einheiten zu zerlegen und dadurch beherrschbar , das Subjekt in allen seinen körperlichen und geistigen Lebensäusserungen durchschaubar zu machen, darin ist für mich bereits der Keim für die Barberei angelegt.

Da fantasiert man sich lieber in eine Zeit der Romantik zurück und verweigert sich, die kapitalistische Moderne und ihr unendlich destruktives Potential wahrzunehmen.

Aber nicht nur dort, lieber Charlie.

Anonym hat gesagt…

"Age of Aquarius" schoss mir sofort durch den Kopf...
Morphogenetische Felder-der ganze 80er Jahre Eso-Mumpitz...
kommt er leicht aufgewärmt wieder?
...Anklewarmer,Entdecke dein Krafttier...
Das kann gruslig weden und viele Tastaturen mit Kaffee tränken

Anonym hat gesagt…

Sie betteln weiter um Geld:

http://hinter-den-schlagzeilen.de/weitere-neuigkeiten-zu-unserer-website

Und irrlichtern weiter: "Nachhaltige Qualität setzt voraus, dass die „Macher“ einer Seite wenigstens so weit abgesichert sind, dass sie nicht den Großteil ihrer Zeit darauf verwenden müssen, anderweitig Geld zu verdienen."

Wenn DAS keine Realsatire ist weiß ich auch nicht mehr weiter. Wie finanzieren all die anderen Blogger bloß ihre nachhaltigen Qualitäts-Ergüsse???

Ist es eigentlich ein Zufall daß die Esoteriker in ihrer Blogroll ausgerechnet auf Lappenente/Wellbrock ("Neulandangepasste") und Berger/Müller ("Nichtdenkseiten") verweisen? Die sammeln ja auch immer Geld ein. Wofür brauchen die das? Sag mal, Charlie, wieviel Kohle brauchst du monatlich um hier Texte einzustellen? Ist Bloggen wirklich so furchtbar teuer?

Die sind doch alle bekloppt. Und nicht links. Mir kommt die Kotze hoch wenn ich den Mist lese den die Esoteriker verbrochen haben. Bäh!!!!

#angepisst

altautonomer hat gesagt…

Diese Bezeichnug erinnert mich zum einen an Lapuente, der auch gerne seine Leserschaft mit eigene kuriosen Wortschöpfungen beeindrucken möchte und zum anderen an die von den Grünen erfundene "humanitäre Katastrophe" - auch so ein Unsinn. Katastrophen haben immer auch Elend für Menschen im Gepäck und können von daher gar nicht humanitär sein.
Aus diesem Grunde ist auch die Unterscheidung in Sozialkatasrophen und Naturkatastrophen nicht nötig.

Wenn sich eine "humane Revolution" nicht durch Abschreckung ausbreitet, durch was dann? Und....was ist eine humane Revolution? Sprechen die sich untereinander gar nicht ab (Konsil)? Herr Rottenfußer hat doch sein Kürzel und das "Denk mal, Pfleger (22)!" gesetzt. Charlie würde mir als Gastautor so etwas garantiert nicht durchgehen lassen bzw. zumindest einen geharnischten Zusatz darunter setzen.

Vermutlich ist das ihre Form von Leserverarsche, denn meine Phantasie reicht leider nicht aus, um mir darunter etwas vorzustellen.

schadensmeldung hat gesagt…

Bin ja nicht gerade die Bildung in Person, aber nachgedacht hatte ich schon – leider ohne Ergebnis eines Aha-Erlebnisses. Werde bis zu meiner Urne daran arbeiten müssen. Versprochen...

promenadenmischung hat gesagt…

"Glaube (*Peitschenhieb*), Charlie, glaube (*Peitschenhieb*) daran!"

Ergänzung:"Hoffe (*Peitschenhieb*), Charlie, hoffe (*Peitschenhieb*) darauf!" Und:
"Liebe (*Peitschenhieb*), Charlie, liebe (*Peitschenhieb*) es dann!"

… >sic! bzw. LOL< find ich genial :-)

jakebaby hat gesagt…

Als unesoterischer Human wird man sicherlich (wie anonym schon postete) von nachdruecklich bekloppt esoterischer Vermarktung abgeschreckt. http://hinter-den-schlagzeilen.de/weitere-neuigkeiten-zu-unserer-website
Mir platzten fast die Traenensaecke.

ZB. "Die Autoren vermitteln Techniken, Rituale und Gebete, die helfen, dass die Befreiung von Schuld auch im Unterbewussten ankommt. Wo wir anderen Menschen geschadet haben, zeigen sie Wege auf, die zu einer Versöhnung und Schuldbefreiung führen können." https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Schuld-Entruempelung/Monika-Herz/Goldmann-TB/e503952.rhd

Derart Humane Revolution ist fuerwahr abschreckend und derart Humans schrecke ich auch allzugerne ab.

Gruss
Jake

Charlie hat gesagt…

@ Anonym (#angepisst): Das Bloggen kostet mich exakt 0,00 €. Ich weiß auch nicht, warum diese Blogs ständig um Geld betteln - wenn die BetreiberInnen damit Geld "verdienen" wollen, müssen sie ihre Seiten eben mit Reklame zupflastern und/oder die Inhalte hinter einer Bezahlschranke verstecken.

Die Kosten für eine eigene Domain und eventuellen (reklamefreien) Webspace liegen ebenfalls im niedrigen ein- bis zweistelligen Eurobereich. Ein Konstantin Wecker kann das aus der Portokasse bezahlen, ohne dass es ihm auffiele.

Sicher freue auch ich mich sehr über eine gelegentliche Spende - dann aber nicht für die kostenlose Bloggerei, sondern um mir Essen, Kleidung, Medikamente oder die dringend notwendige Reparatur irgendeines Gerätes leisten zu können. Deshalb bettele ich hier auch nicht um Spenden, sondern warte darauf, dass mich jemand, der mich unterstützen möchte, von sich aus kontaktiert.

Aber letzlich ist das weder meine Absicht, noch der Grund, weswegen ich den Kokolores hier veranstalte. Ich tue das aus Überzeugung und aus einem Gefühl der Verpflichtung heraus, weil ich dem katastrophalen Kurs nicht einfach sprachlos zusehen kann. Jedenfalls noch nicht.

Ich könnte sicherlich ein paar Cent oder Euro "einnehmen", wenn ich hier ebenfalls Spendenaufrufe starten oder einen entsprechenden "Button" einrichten würde - allerdings will ich das schlicht nicht, da es meinem Verständnis von einem privaten, mehr oder minder politischen Blog zutiefst widerspricht.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Ich vermute - aber das ist tatsächlich reine Spekulation -, dass mit der "humanen Revolution" das esoterische Wunschdenken gemeint ist, das es auch schon im frühen 20. Jahrhundert gegeben hat: Damals hoffte man - zuerst in literarischen (expressionistischen), dann verstärkt in den auch damals stark aufblühenden esoterischen Kreisen - auf den sogenannten "Neuen Menschen", also auf einen "evolutionären Sprung", der aus dem bisherigen (dummen, habgierigen, niederen) Menschen eine Art "Über-Mensch" (Nietzsche) hervorbringen sollte.

Solche wahnwitzigen Ideen entstehen offenbar stets parallel zum offensichtlich nahenden Ende des kapitalistischen Zyklus'. In den Jahren zwischen 1910 und 1920 (aber auch noch danach) sind ganze Armeen von Kunstwerken, Texten, Gedichten und Büchern zu diesem unsäglichen Thema erschienen, die heute größtenteils vergessen sind. Auch die Nazis haben den damaligen "Hype" bekanntermaßen genutzt und ebenfalls die Phrase vom "Neuen Menschen" benutzt - allerdings in einer noch pervertierteren Form.

Dazu ein Zitat:

"Nicht die Neue Kunst, die Neue Dichtung, der Neue Geist, sondern der Neue Mensch!" Das proklamierte 1918 Karl Otten. "Versprengt in vielen, wie Keim einer neuen Seele eines neuen Menschen, leuchtet Hoffnung auf bessere Zukunft." Für den Expressionismus ist die Vorstellung typisch, daß etwas Altes zugrunde gehen muß, damit etwas Neues entstehen kann. Der Weg in eine bessere Zukunft führt durch individuelle oder kollektive Katastrophen. Bezeichnend dafür (und für die dahinter stehenden religiösen Traditionen) sind allein schon viele Titel expressionistischer Bücher oder Buchreihen. "Tod und Auferstehung" heißt ein Gedichtband Walter Hasenclevers. Die berühmteste expressionistische Buchreihe nannte sich "Der jüngste Tag". Und die berühmteste Gedichtanthologie des Expressionismus hieß "Menschheitsdämmerung". Dämmerung hatte dabei eine doppelte Bedeutung: Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, das Ende eines alten Tages und der Beginn eines neuen. In solchen Titeln artikulieren sich apokalyptische Ängste und Hoffnungen auf einen Neubeginn zugleich. In Georg Heyms Großstadt- und Kriegsgedichten richten sich die Wünsche mit antizivilisatorischem Affekt auf mythische Urgewalten, deren apokalyptische Vitalität die toten Orte der Zivilisation in Glut und Asche zurückläßt.

Derlei Untergangsfantasien gehen den heutigen EsoterikerInnen zwar meistens ab - am Ergebnis ändert das allerdings nichts: Mag der Weg zum "Ziel" auch ein anderer sein - letztlich fantasieren diese religiösen Spinner stets einen "evolutionären Sprung" herbei, der quasi "von selbst" dafür sorgen soll, dass die Menschheit "klug wird".

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ promenadenmischung: Ich möchte klarstellen, dass es mir jenseits der Satire keineswegs Freude bereitete, von Herrn P. oder irgendwem sonst ausgepeitscht zu werden. ;-) (Nicht, dass der Herr P. sich noch in irgendwelche Fantasien versteigt, die ihn ... nun ja, anregen könnten.)

Das musste mal gesagt werden.

Grinsende Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Jake: Die Beschreibung zu diesem Pamphlet von Faulfuß und Monika Hass habe ich seinerzeit, als die Gesellen das in einem eigenen Posting explizit beworben haben, auch gelesen und mich dabei stark benässt. Eigentlich bedarf es hier gar keiner Satire mehr - das erledigen die sehr zuverlässig schon selbst. ;-)

Sind diese Zeilen, die wir hier schreiben, eigentlich jene "Hasskommentare", die es laut der deutschen "freiheitlich-demokratischen" Katastrophenregierung zukünftig zu löschen gilt, wenn man nicht verklagt und zu Millionenstrafen verdonnert werden möchte? Ich hasse diese Leute doch gar nicht, ich lache nur über sie ... ;-)

Liebe Grüße!

jakebaby hat gesagt…

"Hasskommentare" ? keine Ahnung ... Ist natuerlich durchaus moeglich, dass wir gegen diverse esoterische Meinungs&Religions-Freiheit verstossen.

Lachen kann dich in den Knast bringen. http://www.vanityfair.com/news/2017/05/jeff-sessions-protester-charged-laughing

Gruss
Jake

Troptard hat gesagt…

Das passt ja jetzt ganz gut rein.

Auf dem Blog vom Kay Sokolowsky "Abfall aus der Warenwelt" habe ich einen Kommentar gelesen, einen Kommentar zu den Gewaltaten während des G20 Gipfels, den Kay Sokolowsky entschuldigend zensiert hat, um dem Kommentator und sich selbst Unannehmlichkeiten mit Zivilgerichten zu ersparen.

Ich vermute, dass es in Zukunft bereits ausreichen wird, Personen oder Institutionen ein Adjektiv wie faschistisch anzuhängen, um sich richtig grossen Ärger einzuhandeln.

Also ist es nicht im Sinne eines vorauseilendem Gehorsam's gemeint, sich in seiner Meinung zurückzunehmen, sondern im eigenen Interesse und ebenso Im Interesse der Nutzer darauf zu achten, dass der Wortschatz in Zukunft kreativ erweitert wird.