Mittwoch, 6. September 2017

Rassistischer Hass und semi-religiöse Selbsterhöhung: Der "bürgerliche" Nazi


In der Frankfurter Rundschau war vor kurzem ein Beitrag zu lesen, in dem die Autorin Katja Thorwarth sich einiger widerlicher Kommentare annahm, die LeserInnen zum Thema "Rettung von Ertrinkenden im Mittelmeer" hinterlassen hatten. Zunächst umreißt sie die Ausgangslage:

Was wurden öffentlichkeitswirksame Krokodilstränen vergossen, als in der Nacht zum 19. April 2015 etwa 500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertranken. Selbst Innenminister Thomas de Maizière fand die Seenotrettung "erheblich" verbesserungswürdig. "Wir sind es uns insgesamt selbst schuldig, dass wir hier mehr tun", lehnte sich gar Chefin Angela Merkel aus dem Fenster. / Wie mittlerweile bekannt, viel zu weit. Denn was die EU bis dato verweigert, hatten bis vor kurzem noch NGOs wie Sea-Eye übernommen: das Massensterben im Mittelmeer einzudämmen. Und obwohl Sigmar Gabriel sich von den "KZ-ähnlichen Zuständen" (Auswärtiges Amt) in libyschen Flüchtlingslagern ein Bild machen konnte, ist der Berliner Politapparat nach wie vor einzig daran interessiert, die personifizierte Armut gefälligst dort zu belassen, wo sie hingehört – auf dass sie niemandem das Abendbrot verhagelt.

Das sind sehr deutliche, viel zu selten geäußerte Worte zu diesem Themenkomplex, vor denen ich demütig meinen Hut ziehe. Was danach allerdings an Beispielen aus dem Kommentariat genannt wird, zerfetzt mir eben jene Hutschnur rückstandslos: Ich möchte nichts davon hier wiederholen, lest Euch das drüben bei der FR durch. Was sind das bloß für widerwärtige Gestalten, die einen solchen rassistischen, menschenfeindlichen Nazi-Dreck in die Welt koten und das allen Ernstes für eine "legitime Meinung" halten? Sind die alle irre oder einfach so dumm, dass jede halbtote Mücke es intellektuell mit ihnen aufnähme? Ich glaube das nicht und komme somit zu dem Schluss, dass es schlichtweg dumpfe FaschistInnen sind, die ganz bewusst elitäres Denken hegen und sich selbst für (weitaus!) wertvoller halten als andere Menschen. Damit sind sie de facto nicht mehr zu unterscheiden von den vielen braunen Arschlöchern unter unseren Vorfahren, die willig und enthusiastisch "dem Führer gefolgt" sind und die größte humanistische Katastrophe angerichtet haben, zu der Menschen auf diesem Planeten – bislang – jemals fähig waren.

Ich bin allerdings sicher, dass die degenerierte Bande diesen "Rekord" im nächsten, sich längst ankündigenden Versuch noch toppen kann. Sie ist auf dem besten übelsten Wege dorthin.

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Flüchtlinge



(Gemälde von Abdalla Al Omari [*1986] aus dem Jahr 2016, das unter anderem Merkel, Putin und Obama als Flüchtlinge zeigt. Mehr Infos dazu.)

6 Kommentare:

Eike Brünig hat gesagt…

Zitat: " Sind die alle irre oder einfach so dumm, dass jede halbtote Mücke es intellektuell mit ihnen aufnähme?" Weder noch!

Das ist der von Dominanz und Geltungssucht zerfressene Drecksnormalo, den Du überall triffst.

Ja, das ist heutzutage Mainstream, auch in jeder Firma, wobei da das gerne auch mal von Sachgebietsleitern ausgeht.

Da hatte der Sarrazin schon recht. Die Falschen haben die Kinder gezeugt, nur hat das eben nichts mit der Abstammung zu tun.

Im Übrigen sind auch viele anders Abstämmige so drauf. Die Gleichschaltung über das Internet macht`s möglich.

Du kannst im Netz nämlich jede rechte These vertreten und findest dafür sofort Gefolgschaft. Bei linken Thesen sieht das schon erheblich anders aus.

In anderen Ländern sieht es indes dabei nicht anders aus.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/fluechtlinge-immer-weniger-kommen-ueber-das-mittelmeer-15180547.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0

Troptard hat gesagt…

Hallo Charlie,

bleiben "wir" mal realistisch und dankbar für solche Kommentare. Ich vermute, solche Kommentare sagen mehr über die Befindlichkeiten in einer Demokratie aus, die sich im permanenten Krisenmodus befindet, als jede sozialwissenschaftliche Studie, in der die Befragten ziemlich schnell gelernt haben, ihre wahren Ansichten nicht allzu leicht durchschaubar zu machen.

Vielleicht wirkt das auf Dich befremdlich, was ich jetzt äussere. Die Revolution der deutschen Volksgemeinschaft, die konnte man über den Toren der Konzentrationslager lesen: "Arbeit macht frei". Das war die Kampfansage gegen all diejenigen und auch der Neid auf alle jene, welche die Reproduktion ihres Lebens ohne Arbeit, ohne den Dienst an der Volksgemeinschaft organisiert haben.

Was bei mir persönlich die Knochensteife verursacht, dass es wieder einmal Sozialdemokraten sind, die sich grosse Sorgen um Menschen machen, speziell um Langzeitarbeitslose und deren Kinder und diese einer besonderen Betreuung unterwerfen wollen.

Kinder sollen in einer Familie aufwachsen, wo Arbeit zum täglichen Leben gehört.
Die Eltern werden in eine Beschäftigung gedrängt, in der sie drei Jahre keinen Lohn erhalten und deren Kinder werden vom Jugendamt betreut (Bremer Modell).

Auch dazu habe ich viele Kommentare gelesen, die darin nicht etwa die Wiederkehr der faschistischen Zwangsarbeit sehen und ebenso wenig einen totalitären Eingriff in Elternrechte .

Da sind wir doch schon wieder ganz, ganz dicht dran an dem, was die Gesellschaft so empfänglich für autoritäre und faschistische Systeme macht und in welche sie sich auch in Zukunft umstandslos integrieren lässt.

Seit einigen Wochen lese ich immer mehr Beiträge auf Blogs, die ein autoritäres Eingreifen des Staates bis hin zu Verboten fordern ohne sich bewusst zu sein, dass das was sie fordern, auch ganz schnell gegen sie selbst gerichtet sein kann.

Oder sie sind sich darin so sicher, dass sie selbst immer auf der richtigen Seite stehen.

Liebe Grüsse

Charlie hat gesagt…

@ Eike Brüning: Den Text aus der FAZ hatte ich auch gelesen. Allerdings befürchte ich, dass dies bloß die "Spitze des Eisberges" ist und dass hier keineswegs bloß italienische Politiker involviert sind - ebenso lässt der "Duktus" des FAZ-Textes durchaus den Schluss zu, dass der Herr Kuhjournalist Thomas Gutschker diese Entwicklung - trotz aller Bedenken - gar nicht so furchtbar negativ einschätzt, frei nach dem Motto: "Die Methoden sind vielleicht nicht so toll, aber es ist das Ergebnis, was zählt".

Auch das ist bereits finsterster Faschismus, auch wenn der Mann das sicher strikt von sich wiese.

Irgendeine auch nur annähernd humane, halbwegs menschenfreundliche Perspektive für Flüchtlinge aus Afrika, Nahost oder sonstwo gibt es in Europa nicht mehr. Und die ganze trübe Suppe wird nicht besser, sondern stetig schlimmer. Ich habe inzwischen täglich ein ungutes Gefühl, wenn ich die Nachrichtenseiten öffne, weil ich stets mit weiteren braunen Gruselmeldungen rechne - und sie auch regelmäßig lesen muss.

Das geht nicht "gut" aus.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Troptard: Über die "Sozialdemokratie" muss man nun wirklich keine Worte mehr verlieren: Die "Genossen" könnten von jetzt auf gleich zusammen mit der CDU, der AfD, den Grünen und der FDP die "Kapitalistische Einheitspartei" (KED) gründen, ohne dass irgendwem auch nur veränderte Nuancen auffielen. Die Linkspartei ist von diesem faschistoiden Einheitsbrei ebenfalls nicht mehr weit - oder auch gar nicht mehr - entfernt. Ihre "Regierungsarbeit" auf Länderebene spricht hier nicht nur Bände, sondern kotzt auch Ausrufezeichen im Trommelfeuer.

Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf diese Orwell'sche Situation sind in der Tat sehr besorgniserregend. Es ist deutlichst (!!) erkennbar, dass ein neuer Faschismus nicht nur möglich, sondern durchaus wahrscheinlich ist. Und was der mithilfe der heutigen technischen Möglichkeiten anrichten könnte, sprengt wohl jede menschliche Vorstellungskraft - obwohl das Grauen eigentlich durch die Jahre zwischen 1933 und 1945 nicht mehr zu verschlimmern sein sollte.

Aber hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen - der Kapitalismus wird, wenn nötig, auch den kompletten Planeten sprengen.

Liebe Grüße!

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"Auch zu dir kommt es, der weit entfernt wohnt
von den Stätten, wo Blut vergossen wird,
auch zu dir und deinem Nachmittagsschlaf,
worin du ungern gestört wirst.
Wenn es heute nicht kommt, kommt es morgen,
aber sei gewiss."


(aus: Günter Eich: "Wacht auf", 1950)

Eike Brünig hat gesagt…

Das ist nicht der Kapitalismus. Täter sind in diesem Fall Menschen. "Der Teufel ist ein Optimist, wenn er denkt, er könne den Menschen noch schlechter machen!" Frei nach Krauses Karl.

Charlie hat gesagt…

@ Eike Brüning: Selbstverständlich ist der Kapitalismus auch hier die Ursache. Wer oder was sollte Menschen denn sonst dazu treiben, sich so menschenfeindlich und grotesk zu verhalten? Ich bin durchaus fantasiebegabt - aber mir fällt kein anderer Grund ein.

Habgier ist kein menschliches, sondern ein kapitalistisches Phänomen. Und sie ist die erklärte, zur Heiligkeit erhobene Monstranz, der die politische "Elite" unserer Zeit blind und besinnungslos folgt. Die Bekloppten in diesem Land, die der AfD und den Pegidioten auf den Leim gehen, haben dieses widerliche Prinzip verinnerlicht und bemerken gar nicht, dass sie damit nur das kapitalistische Prinzip, das ihnen von CDU, SPD, Grünen, FDP und auch der Linkspartei vorgelebt wird, nur verschärfen.

Die Täter sind indes immer Menschen. Und sie haben eigennutzorientierte Interessen. That's the story - that's capitalism. Eine deformierte Zeit gebiert deformierte Menschen.

Liebe Grüße!