Montag, 18. Dezember 2017

Öffentliche Empörung unerwünscht: Kein Aufruhr im Paradies


Vor einigen Tagen wurde auf den Seiten der Frankfurter Rundschau eine Abgeordnete der Grünen himmelhochjauchzend bejubelt, die im Bundestag die Vorgehensweise der AfD im parlamentarischen Gesetzgebungsbetrieb angeprangert hatte. Der FR-Autor kommt gar zu der wilden Einschätzung:

In der Diätendebatte des Bundestages putzte Haßelmann die AfD so sehr nach Strich und Faden runter, dass sogar die Union in Begeisterungsstürme ausbrach.

So weit, so gut. Es ist ja völlig richtig, die im Text benannten Machenschaften bloßzustellen, auch wenn sie – was allerding weder Haßelmann noch der FR-Autor erwähnen – gang und gebe im Betrieb der parlamentarischen Politiksimulation quer durch sämtliche Parteien Kapitalistans sind. Wer erinnert sich beispielsweise nicht an all die medienwirksamen Forderungen der SPD oder CDU, die von der Linkspartei, den Grünen oder der FDP in Form vom Gesetzentwürfen in den Bundestag eingebracht und dennoch stets abgelehnt wurden, weil die Initiative von "den Falschen" ausging bzw., was wahrscheinlicher ist, die Forderungen gar nicht ernst gemeint waren, um nur ein Beispiel zu nennen? Allein deshalb ist der gesamte Text also schon eine Nullnummer, die allenfalls boulevardesken, also strikt ablenkenden "Wert" besitzt. Die "Breitseite für die AfD" ist folglich gar keine, sondern ein fettes, überaus dummes Eigentor mit Anlauf.

Das stört allerdings niemanden im politisch-medialen Tollhaus. Richtig peinlich wird die Posse nämlich erst aufgrund des Umstands, dass der eigentliche Skandal, der als Anlass für dieses alberne Ränkespielchen unter Korrupten diente, gar nicht mehr weiter hinterfragt oder gar kritisiert wird. Hier ging es um die "Diätenerhöhung" der Bundestagsabgeordneten: Seit 2017 erhalten die Parlamentarier fast 1.000 Euro monatlich mehr als noch 2015 (aktuell sind das 9.541,74 Euro "Aufwandsentschädigung" pro Monat zzgl. einer "Aufwandspauschale" in Höhe von 4.318,38 pro Monat – von den bis heute nicht vollständig offengelegten "Nebeneinkünften", die diese monatliche Summe in satter Höhe von 13.860,12 Euro nicht selten um ein Vielfaches übersteigen, schweige ich lieber); und weil die sauberen Damen und Herren sehr gerne vermeiden möchten, dass sich eine (Originalzitat) "öffentliche Empörung (darüber) regelmäßig wiederholt", wurde nun also beschlossen, dass die jährliche Erhöhung der "Diäten" von nun an "automatisiert" – also gänzlich ohne Debatte, Abstimmmung und damit auch Berichterstattung – zu erfolgen habe.

Das muss man sich erst einmal ausdenken. Leute, die so etwas – mit exakt dieser ganz und gar nicht verschleierten, sondern tatsächlich offen ausformulierten, mafiösen Begründung – beschließen, werfen nun also der gewiss schmierigen AfD vor, dass diese Partei offensichtlich ebenso korrupt ist wie sie selber und denselben opulenten Schampus säuft, während sie vehement stilles Wasser predigt. Und die Qualitätspresse nimmt das wohlwollend begleitend zum Anlass, ins gleiche Propagandahorn zu stoßen, anstatt so etwas Altertümliches und Überkommenes wie Journalismus zu betreiben. Offenbar herrscht auch hier längst ein (medial-dystopischer) Automatismus vor, den ich nicht mehr kommentieren kann, ohne ausfällig zu werden.

Die korrupte, kapitalistische Bande ... geisteskranke Vollidioten ... widerliche Schmierfinken ... habgierige Menschenfeinde ... alle in einen Sack und mit dem Knüppel ... [der Rest des Kommentars musste leider gelöscht werden, da er explizite Ausdrücke und Gewaltfantasien beinhaltete. Der Zensor]

---


"Wie fleißig du warst, mein guter Junge! Kaum zwei Monate Abgeordneter und schon ein Automobil!"

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 49 vom 02.03.1925)

8 Kommentare:

Altautonomer hat gesagt…

Sollte in Kleinbloggersdorf noch einmal jemand wagen, mich zum Wählen aufzufordern, bitte gleich die Adresse darunter posten, damit ich vorbeikommen und ihm in den Arsch treten kann.

jakebaby hat gesagt…

Sack Knueppel Arschtreten. Nicht dass ich das nicht mag, aber ihr habt mich immer gelehrt, dass Gewalt nie die Loesung ist und davon versuche ich neuerdings meine allzeit gewaltbereiten Liberals in LaLa-Land zu ueberzeugen. ZB. https://disqus.com/home/discussion/rawstory/alt_righter_insists_his_8216pepe_the_frog8217_hot_sauce_isn8217t_racist_8212_it8217s_meant_to_mock_p/#comment-3642103486

Und jetzt vergesst ihr euch und mich ... Sad!
In meiner Metalkneipe war ueber meine 3jaehrige Laufzeit(85-88) jeglichste Gewalt mit lebenslangem Rausschmiss verboten. Anpissen war, irgendwie ausweichend, geduldet. "Be Water my Friend" ;-)

Gruss
Jake

Charlie hat gesagt…

@ Jake: Deswegen wurde das vom Blog-Zensor entprechend geahndet - für mich gelten schließlich dieselben Regeln wie für alle anderen. ;-)

Liebe Grüße!

altautonomer hat gesagt…

Wann ört der Systemschleimer Püntes endlich auf, Linke auf den Kopf zu pinkeln und zu sagen, es würde regnen.

Aktuell verteidigt er die Diätenerhöhung, allerdinsg ohne ein Wort über die Höhe zu verlieren wie Charlie es tut.
"Das sei doch bloß »Gejammer«, nichts weiter als der »ewige Raffke-Vorwurf«. Abgeordnete sollten nämlich ordentlich bezahlt werden. Ihr Arbeitspensum sei hoch, die Verantwortung riesig und in der freien Wirtschaft verdiene man obendrein wesentlich besser. Der billige Populismus, dass Mandatsträger lediglich rumhocken, ist ja tatsächlich kurzsichtig - da hat SPON recht. "

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1073937.der-heppenheimer-hiob-diaetenerhoehung-setzt-die-lobbyisten-auf-diaet.html

Alle diejenigen, die bei so einem A....loch noch Kommentieren sind meine politischen Gegner. Merkt Euch das.

altautonomer hat gesagt…

(Scheidd Tippfehler.)

Auch Wellbrock scheinen immer mehr Gondeln von Seil zu fallen. Hier seine zusammengefaßte Jubelpropaganda nebst Kritikerbeschimpfung für Daniele Ganser:

http://www.neulandrebellen.de/?s=Daniele+Ganser

Und hier Ganser in Action:(Siehe "Der gelbe Bus"!
https://de-de.facebook.com/DanieleGanser/

Ganser wirbt für die These eines bekannten Verschwörungstheoretikers, der folgendes schreibt: "Aus diesen Befunden entsteht ein dringender Verdacht, dass das Berliner Ereignis vom 19. Dezember 2016 eine Staatsoperation gewesen war. Ob Menschen tatsächlich in dieser Operation gestorben sind, ist nicht eindeutig geklärt."

Es wäre zu wünschen, dass sich die Hinterbliebenen der Opfer noch bei Wellbrock und Ganser melden.

Langsam krieg ich das Dauerkotzen bei diesen Querfrontrebellen.

Troptard hat gesagt…

Hallo Altauto,

kein Grund sich mehr als notwendig aufzuregen! Wenn der sich im "Neuen Deutschland" nach Deinen Worten entschleimen darf, spricht das dann für das ehemalige Zentralorgan der SED oder eher gegen dieses.

Und wenn er sich über solche Plattituden auslassen darf, dann lasse ich mich doch gar nicht mehr über diesen Menschen aus, sondern eher über die geistige Verfassung der Redaktion dieses Blattes.

Ist das etwa auch noch offizielles Mitteilungsblatt der Linkspartei?

Wenn das so sein sollte, lässt das dann nicht auch Rückschlüsse darüber zu, wie die sich ihren "Sozialismus" so vorstellen, wenn die überhaupt noch eine Idee davon haben sollten?

Ich hätte dazu noch ein paar Gedanken, ehrlich. Das wird inzwischen allerdings so unendlich Mühsal, dass es wirklich nicht mehr der Anstrengung lohnt.

Ich wage jetzt mal meine Lieblingsthese: SPD und Partei "Die Linke" sind Parteien in der parlamentarischen Demokratie, die den wütenden und unberechenbaren Hund, diese sog. unkultivierten Prolls und das zahlreiche andere linke Gesockse an der Kette halten sollen.
Und weil das derzeit immer weniger gelingt, deshalb machen sie sich so viel Gedanken,wie das gehen kann, wie man den widerspenstigen Bürger dazu bringt, seine verordnete Verarmung einfach hinzunehmen.

LG









Charlie hat gesagt…

@ Altauto: In diese Reihe passt auch wunderbar Plattas neuester Erguss, in dem er sich wohlwollend über gleich drei Weihnachtskitschfilme, die jedes Jahr wieder die ZuschauerInnen beleidigen, auslässt. Es geht - man fasst es nicht - um die "Weihnachtsgeschichte" (nach Dickens), um die schmalzige Schmonzette "Der kleine Lord" und den uralten Schinken "Ist das Leben nicht schön?".

Wie er da - sprachlich holprig - um den heißen Brei herumlaviert und selbst in der Mitte der Jauchegrube - fast verzweifelt - noch etwas "Schönes" bzw. "Positives" zu entdecken versucht, ist negativpreisverdächtig. Ich warne ausdrücklich vor der Lektüre - so viel unausgegorener, unlogischer und geradezu dummer Schmalz könnte den Monitor zerstören.

Über Lapuente verliere ich kein Wort mehr, da jedes eines zuviel wäre (auch wenn der ausgemachte, völlig aus der Luft gegriffene Unsinn, den er jüngst über "die Dystopie" erbrochen hat, eine steile Vorlage wäre); Wellbrock indes katapultiert sich mit Anlauf ebenfalls ins Abseits und straft seine eigenen Worte bezüglich einer "Querfront" Lügen. Gegen diese Blubber-"Linken" erscheint selbst eine Wagenknecht noch wie eine Revolutionärin - und das will wahrlich etwas heißen.

Liebe Grüße!

altautonomer hat gesagt…

Im besagten Text benutzt Püntes das Wort "kritikabel", das ich bis dato nicht kannte. Heidi Kabel dagegen schon. Auch das Breitbandkabel. Aber das gibt es wirklich. Der Duden sagt dazu:
Gebrauch: bildungssprachlich
Häufigkeit: 1 von 5 Balken, bedeutet, dass das Wort jenseits der Top 100 000 liegt und nur selten oder gar nicht im Dudenkorpus belegt ist.

Armes Würstchen.