Sonntag, 20. Dezember 2009

Das verrückte Kapital

Antonio Negri über die Krise, prekäre Arbeitsverhältnisse, die Multitude und den Kommunismus

Nun ist der Kapitalismus nicht kollabiert, wie von Feuilletonisten mit Ausbruch der Finanzkrise schon orakelt worden ist?

Der Kapitalismus in seiner neoliberalen Form ist am Ende. Das ist offensichtlich. Er steckt in einer tiefen Krise und sucht nun nach neuen Formen der Macht. (...)

Kann der Schock, den die Finanzkrise dem Kapitalismus doch immerhin in die Glieder gejagt hat, ihn zum Wandel nötigen – hin etwa zu einem aufgeklärten oder moderaten Kapitalismus?

Der Kapitalismus ist immer ein Dieb. Es gibt keinen guten oder besseren Kapitalismus, keinen moderaten, rationalen oder gerechten. Es gibt nur einen Kapitalismus, der funktioniert – das ist der Räuber. Und einen, der nicht funktioniert und Formen von "Verrücktheiten" annimmt, die sehr gefährlich sein können. Das Kapital lebt von Ausbeutung. Und Ausbeutung ist nie gerecht. Die Vorstellung, es könnte eine gerechte, gar egalitäre kapitalistische Herrschaft geben, ist absurd. Was man innerhalb des Empires [gemeint ist der globalisierte Kapitalsmus, Anm.d.Red.] tun kann und muss, ist: den Kapitalismus dazu zu bringen, nicht "verrückt" zu werden.

Seine Kriege sind "verrückt", mörderisch und selbstmörderisch.

Ebenso wie die Arbeit hat sich der Charakter der Kriege geändert. Wir haben es heute nicht mehr mit den klassischen, zwischen Nationen geführten Kriegen zu tun. Der Krieg dient heute vielmehr dazu, die Weltordnung zu justieren und zu reorganisieren. Er ähnelt heute eher einer Polizeiaktion hoher Intensität. Er hat die großen Industrie- und Finanzmächte gegen alles abzuschirmen, was ihnen gefährlich werden könnte, soll ihre Herrschaft bewahren, reorganisieren. Das Empire wird von einer manischen Gier getrieben, seine Kontollmechanismen global stetig zu erweitern und zu perfektionieren.

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