Freitag, 19. November 2010

Lasst die Armen leiden! oder: Kognitive Dissonanzen eines Libertären

  1. Der "Thilo-Sarrazin-Preis für Menschlichkeit und Nächstenliebe" wird diese Woche verliehen an Gerd Habermann für seinen Kommentar "Hartz IV: Ein seltsames Recht, auf Kosten anderer zu leben!" in der Welt. Habermanns Ausführungen, dass Arme eben keiner Hilfe bedürften, dass sie auch kein Recht auf ein menschenwürdiges Leben hätten, sondern [dass] diese Arbeitsunwilligen und Sozialschmarotzer vielmehr schmerzliche Strafe verdient hätten, seien wegweisende Gedanken, so die Begründung der Jury.

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  2. Sehr geehrter Herr Habermann,

    was für ein Menschenbild muss man eigentlich haben, um einen Artikel wie "Ein seltsames Recht, auf Kosten anderer zu leben!" zu schreiben? Sie bezeichnen sich selbst als "Wirtschaftsphilosoph" – welche Philosophie und welche Ideologie liegt Ihnen eigentlich am Herzen? (...)

    Gerd Habermann ist Mitglied der FDP, Geschäftsführer der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft und Mitglied der elitären Mont Pelérin Society. Habermann lehrt als Honorarprofessor an der Uni Potsdam die "Philosophie des Wohlfahrtsstaates".

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Anmerkung: Und schon wagt sich nach Sarrazin der nächste Wegbereiter des Faschismus aus der Deckung und verbreitet übelriechende Worte, für die er noch in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts medial geschlachtet worden wäre. Nicht so heute: Jetzt nennt man das "Debatte" und den verbreiteten faschistoiden Schmutz "Thesen". - Ich empfehle nicht nur zarten Gemütern, zuerst den offenen Brief des Spiegelfechters (siehe 2. oben) zu lesen, bevor man sich den Originaltext aus Springers Welt antut. Die Zeiten scheinen nicht mehr so fern, in denen erneut fiese faschistische Karikaturen in feinster Stürmer-Manier zu solchen widerwärtigen, menschenverachtenden Texten wie dem von Habermann abgedruckt werden.

Die Armen sind unser Unglück - nicht wahr, Herr Habermann? - Nur mit Grausen mag man sich vorstellen, wie irgendwelche Seminare oder Vorlesungen dieses Gesellen zum Thema der "Philosophie des Wohlfahrtsstaates" an der Uni Potsdam wohl aussehen mögen.

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