Thomas Frantz ist die Hauptfigur von "Gehwegschäden". Er ist freier Journalist, am Rande des Existenz-Minimums, wie so viele Kreative in Berlin. Dort geraten immer mehr Kreative wie er in Bedrängnis.
(Kurzrezension des Buches von Helmut Kuhn: "Gehwegschäden". Roman, 2012, aus der Sendung "Kulturzeit" von 3sat)
Anmerkung: Allmählich hält die zwangsverarmte Mittelschicht auch Einzug in die etablierte Literatur - ausgerechnet im angeblich so paradiesischen Deutschland, dem es laut Merkel ja "gut gehe". Die klaffende, sich stetig verbreiternde Lücke zwischen Reichen und Verarmten wird hier sehr deutlich sichtbar.
"Mit brillanter fragmentarischer Ästhetik, in scharfsinnigen und grotesken Miniaturen beschreibt 'Gehwegschäden' die schleichende, gewaltige Veränderung einer Gesellschaft, in der gradlinige Lebensgeschichten längst der Vergangenheit angehören. In literarischer Auseinandersetzung mit Döblins 'Berlin Alexanderplatz' und Musils 'Der Mann ohne Eigenschaften' nimmt es dieses Buch mit einem Thema auf, das keine klassische Form mehr zulässt und das evident wird in einer Stadt, in der die auf Gehwegschäden hinweisenden Schilder an jeder Ecke zur Normalität geworden sind: Es wird hier nichts mehr repariert, wir haben uns abgefunden." (Quelle: sf magazin)
Ich will und kann mich mit dieser an Fahrt aufnehmenden Katastrophe jedoch nicht abfinden und lege dieses Buch daher allen ans Herz. Vielleicht kann es ein wenig dazu beitragen, etwas von der in Deutschland so schmerzlich vermissten revolutionären, solidarischen Energie aus dem lähmenden Tiefschlaf zu wecken. Der Held des Buches macht uns schließlich ausgiebig vor, wie es ganz gewiss nicht geht ...
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"Es ist kaum zu glauben, so habe ich [vor acht Jahren] ausgesehen!"
(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 25 vom 21.09.1931)
(Kurzrezension des Buches von Helmut Kuhn: "Gehwegschäden". Roman, 2012, aus der Sendung "Kulturzeit" von 3sat)
Anmerkung: Allmählich hält die zwangsverarmte Mittelschicht auch Einzug in die etablierte Literatur - ausgerechnet im angeblich so paradiesischen Deutschland, dem es laut Merkel ja "gut gehe". Die klaffende, sich stetig verbreiternde Lücke zwischen Reichen und Verarmten wird hier sehr deutlich sichtbar.
"Mit brillanter fragmentarischer Ästhetik, in scharfsinnigen und grotesken Miniaturen beschreibt 'Gehwegschäden' die schleichende, gewaltige Veränderung einer Gesellschaft, in der gradlinige Lebensgeschichten längst der Vergangenheit angehören. In literarischer Auseinandersetzung mit Döblins 'Berlin Alexanderplatz' und Musils 'Der Mann ohne Eigenschaften' nimmt es dieses Buch mit einem Thema auf, das keine klassische Form mehr zulässt und das evident wird in einer Stadt, in der die auf Gehwegschäden hinweisenden Schilder an jeder Ecke zur Normalität geworden sind: Es wird hier nichts mehr repariert, wir haben uns abgefunden." (Quelle: sf magazin)
Ich will und kann mich mit dieser an Fahrt aufnehmenden Katastrophe jedoch nicht abfinden und lege dieses Buch daher allen ans Herz. Vielleicht kann es ein wenig dazu beitragen, etwas von der in Deutschland so schmerzlich vermissten revolutionären, solidarischen Energie aus dem lähmenden Tiefschlaf zu wecken. Der Held des Buches macht uns schließlich ausgiebig vor, wie es ganz gewiss nicht geht ...
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"Es ist kaum zu glauben, so habe ich [vor acht Jahren] ausgesehen!"
(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 25 vom 21.09.1931)
7 Kommentare:
Zum Vergleich: Bei mir haben weniger als 5 Jahre, die Insolvenz meines ehemaligen Arbeitgebers und Hartz IV ausgereicht, um mich von einem gut verdienenden Mitglied der Mittelschicht zu einem völlig verarmten Menschen zu machen, der sich nicht einmal eine neue oder gebrauchte Waschmaschine leisten kann und somit seit geraumer Zeit wieder per Hand die Wäsche wäscht.
Ich denke, daß "Gehwegschäden" ein zu harmloses Bild sind für das, was in diesem Land wirklich geschieht. (Gelesen habe ich das Buch allerdings nicht, ich könnte es mir aber auch gar nicht leisten.)
Vielleicht solltest du ein Buch erst lesen und dann ein Urteil abgeben? Ich habe es auch noch nicht gelesen, aber die Renzensionen, die ich darüber gefunden habe, legen den Schluss nahe, dass ich das bald mal tun sollte, weil es sich offenbar sehr lohnt.
Dass, völlig unabhängig davon, deine persönliche Situation, die du beschreibst (ebenso wie die so vieler anderer Menschen in diesem Land, die unter die Räder zu kommen drohen), skandalös und furchtbar ist, ist ein anderes Thema. Eines, das mich sehr berührt und tierisch aufregt, wie ich hier schon öfter geschrieben habe. Ich halte die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe (die Hartz-Gesetze) für das schlimmste Verbrechen in Deutschland seit 1945. Und eigentlich müsste diese Gesetze Schröder-Fischer-Gesetze heißen - wobei die Schwarz-Gelben da genauso involviert waren.
Aber zurück zum Buch: Wenn ein Roman allen Ernstes mit Robert Musil und Alfred Döblin in einen Bezug gesetzt wird, ist es schon fast ein Muss, es auch zu lesen. Ich erkläre mich gerne bereit, dir eine Ausgabe zu schenken oder (wenn du das nicht möchtest) zu leihen. Ich denke, daß Charlie nichts dagegen hat, eine Mail, die du bei Interesse an ihn schickst, an mich weiterzuleiten.
"Es ist kaum zu glauben, so habe ich [vor acht Jahren] ausgesehen!"
Und ich fürchte daß ich in Kürze so aussehen werde wie die bemitleidenswerte Figur rechts unten im Bild, wenn das JobCenter mit mir fertig ist. Weit ist der Weg nicht mehr.
Mich allein würd das ja noch nicht mal dazu animieren, hier was zu schreiben. Leider betrifft das aber meine gesamte Familie, die dann genauso gerupft dastehen wird, und ganz besonders meine Kinder.
Und da hört jeder Spaß unwiderruflich auf. Seit auf der Hut, kann ich den asozialen Verarmern nur nahelegen.
Willkommen im Club der Zwangsverarmten. Gerade jemandem wie Dir müsste das genannte Buch eigentlich sehr zusagen - ich unterstütze Anabelle da sehr gerne (s.u.).
Off topic: Ist Dir bewusst, dass Du ein ziemlich geschichtsträchtiges Pseudonym benutzt, unter dem ein recht bedeutender Dichter des Expressionismus ebenfalls publiziert hat - oder ist das eher Zufall?
Keine Einwände - ganz im Gegenteil!
So schrecklich ich es finde, wenn ausgerechnet Kinder von diesen unsäglichen Zuständen des Hartz-Terrors betroffen sind, so halte ich sie auch dann für skandalös, menschenverachtend und faschistisch, wenn "nur" Erwachsene betroffen sind.
Mit anderen Worten: Gegenwehr soll und muss auch dann in vehementer Form stattfinden, wenn keine Kinder involviert sind. Die Menschenwürde ist nicht ans Lebensalter gebunden.
Ein Einwand zu dem SF-Magazin-Text da oben: "Wir haben uns abgefunden", das stimmt doch so nicht. Ich gehöre jedenfalls nicht zu diesem "wir". Es ist doch eher die politische Gaunerbande, die sich "abgefunden" hat mit den kaputten Verhältnissen (bzw. diese erst herbeigeführt hat).
Aber dafür kann der Autor nix, schon klar. :)
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