Montag, 25. März 2013

Lied des Tages: Über die Grenzen des All




(Alban Berg [1885-1935]: "Über die Grenzen des All", aus: "5 Orchesterlieder nach Ansichtskartentexten von Peter Altenberg", Op. 4, 1912)

Über die Grenzen des All blickest du sinnend hinaus:
Hattest nie Sorge um Hof und Haus!
Leben und Traum vom Leben ...
- Und plötzlich ist alles aus.

Über die Grenzen des All blickst du noch sinnend hinaus ---

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Anmerkung: Auch 100 Jahre nach der Entstehung dieser ungewöhnlichen, beeindruckenden Musik ist sie noch immer nicht mehrheitsfähig - oder sogar noch weiter von diesem Zustand entfernt als sie es jemals war. Das ist mir sehr bewusst. Dennoch sollte jeder Kritiker einmal den Versuch unternehmen, sich Filmmusik ohne die zugehörigen Filmbilder anzuhören - vorzugsweise aus Psychothrillern oder Horrorfilmen in dramatischen Momenten - und jene Klänge sodann mit dieser Musik vergleichen. An diesem Vergleich wird sehr schnell deutlich, wie tief ins Mark unserer menschlichen Emotionen die revolutionären Komponisten der "Moderne" um die Jahrhundertwende eigentlich getroffen haben, ohne dass die Mehrheit das in den vergangenen 100 Jahren tatsächlich bemerkt hat.

Die allermeisten Musikstücke aus Filmen der vergangenen Jahrzehnte, die Spannung, Dramaturgik, Angst, Verfolgungen, Horror, Einsamkeit und viele andere Stimmungen mehr hörbar gemacht haben, sind nichts weiter als musikalische Kopien eben dieser kompositorischen Epoche oder zitieren sie zumindest ständig - kombiniert mit Versatzstücken aus der Zeit der Romantik.

Hier hören wir also den Ursprung dieser Klänge - den Neubeginn nach der Romantik, als das überstrapazierte Tongefüge der vorangegangenen Jahrhunderte, deren berühmteste Vertreter vielleicht Gustav Mahler und Richard Strauß waren, sich auflöste und einer völlig neuen Form der Musik, die bis dato niemand gehört hatte, Platz machte. Und es überrascht nicht weiter, dass dies eine Form des hörbar gemachten Untergangs, und gerade nicht des Neubeginns, war - wie neben der Musik an sich auch die Auswahl des Textes für dieses Orchesterlied belegt: Ansichtskartentexte, die vielleicht mit einem kommerziellen Pseudo-Kunstprojekt wie den "Edgar-Postkarten" von heute vergleichbar sind. Manchmal treffen aber auch solche Pseudo-Kunstwerke, die stets einzig kommerziellen Interessen dienen sollen, unfreiwillig des Pudels Kern:

Und plötzlich ist alles aus. Auch wenn es gar nicht so plötzlich kommt, während die perverse Glitzerwelt uns das Gegenteil stets glauben machen wollte.


(Bild: Edgar-Postkarte)

2 Kommentare:

Mechthild Mühlstein hat gesagt…

Daß man sowas bei youtube findet… habe mir gleich auch die anderen vier lieder angehört. Danke für den hinweis.

Charlie hat gesagt…

@ Mechthild: Nichts zu danken - ich war selber sehr erstaunt, dieses Werk in einer guten Aufnahme bei youtube zu finden - und den ganzen restlichen Liederzyklus gleich noch dazu! Wahrscheinlich hat die GEMA das bloß noch nicht entdeckt, sonst wäre es in D. wohl längst nicht mehr abrufbar.

Liebe Grüße!