Die Börse als Quelle des Wohlstands / (...) Wohl dem, der Aktien hat: Kursgewinne an den Märkten machen die Menschen weltweit trotz Krisen und Wachstumsschwächen so reich wie nie zuvor. Das Geldvermögen klettert einer Allianz-Studie zufolge auf kaum fassbare 111,2 Billionen Euro.
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Anmerkung: In schöner Regelmäßigkeit publiziert die Propagandapresse diese absurden Jubelmeldungen alle paar Wochen - und das schon seit so vielen, vielen Jahren. Ist es nicht toll, wie paradiesisch dieses kapitalistische System funktioniert, wenn der überquellende Reichtum "der Menschen weltweit" unaufhaltsam anschwillt und trotz Krisen, Kriege und anderer Lappalien keine Grenze zu kennen scheint? Wir sind unverkennbar im Paradies, allen Menschen fliegen unaufhaltsam immer mehr gebratene Tauben in den Mund, während sie sich jeden luxuriösen Wunsch unverzüglich erfüllen können, ohne auch nur einen Finger krumm zu machen.
Das gilt selbstredend nur für die ultrakleine, pervertierte Minderheit, die sich selbst "Elite" schimpft und den Rest der Menschheit und die gesamte Natur ausbeutet und aussaugt bis aufs Knochenmark. Derartige Texte und Inhalte, die von n-tv über Tagesschau bis zur Süddeutschen immer wieder verbreitet werden, bewegen sich auf dem Niveau von Klopapier, Uhl-Reden oder Filteranlagen in Klärwerken. Mit gleichem Anspruch könnte ich auch behaupten, dass eine Gruppe von beispielsweise 100 Menschen, von denen 99 nichts zu essen haben und einer 100 gebratene Hähnchen gehortet hat, alle mit einem Braten gut versorgt sind und demnach alles in bester Ordnung ist. Ein solcher Stumpfsinn wird uns - hier examplarisch von n-tv - als "journalistische Nachricht" verkauft - gerne noch mit dem Präfix "Qualitäts-" versehen.
Dass inzwischen nicht mehr nur in Afrika, Südamerika oder Asien Menschen hungern (dort ist der geneigte Dummpfosten der westlichen Sklavenwelt das ja gewohnt, das ist für ihn "normal", diese faulen Leute sind schließlich selber schuld an ihrem Elend), sondern auch mitten in Europa, in den USA und auch in Deutschland, das passt so gar nicht in das schöne, abstruse Glitzerbild der immer reicher werdenden Menschheit. Auch diese Verarmten müssen folglich selbst schuld an ihrem Hunger und ihrer Armut sein - die völlig perverse Gier einiger weniger Wahnsinniger, die Billionen auf ihren Konten anhäufen, mit denen sie gar nichts mehr anfangen können, kann damit gewiss nichts zu tun haben.
Allein dieser kleine und längst nicht ausreichende Denkanstoß geht aber weit über das hinaus, was die kapitalistische Propaganda herunterbetet - Armut kommt dort schlicht und einfach gar nicht vor, es gibt sie folglich gar nicht. Die Nachricht ist allein dies: "Die Welt" (= die "Elite") wird "immer reicher" - Arme zählen da gar nicht, kommen nicht vor, können bzw. müssen vergessen oder gar ausgemerzt werden. Die Botschaft ist klar, und unterschwellig dürfte sie nicht wenige der Menschen in ihrer stetigen Wiederholung mit giftigem Gedankengut infizieren, die noch nicht zu den Verarmten gehören, aber ebenso davon bedroht sind. So sorgen die Apologeten des menschenfeindlichen kapitalistischen Systems seit Jahrhunderten dafür, dass stets nach unten getreten wird und die Schwächeren, schon Abgehängten, Notleidenden für das verantwortlich gemacht werden, wofür in Wahrheit doch einzig die kleine habgierige Clique der Superreichen verantwortlich ist, die in ihrem perversen Luxus ertrinkt.
Eine noch perversere Welt hätte die Menschheit aus diesem Planeten kaum machen können.
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Die Enthaltsamen
"Wieviel Kartoffeln die Leute brauchen! Wir essen zu Mittag nicht mehr als zwei, drei Kartoffeln ---"
(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 29 vom 13.10.1924)
2 Kommentare:
Wenn von 100 menschen einer 100 brathähnchen hat und die restlichen 99 menschen haben keins, ist die welt völlig in ordnung, denn im durchschnitt hat schließlich jeder eins. Auch wenn 99 hungrig zu bett gehen mußten und einer beim besten willen mehr als 3 brathähnchen nicht verdrücken konnte und 97 brathähnchen auf dem müll gelandet sind.
Das mit dem wachsenden reichtum im kapitalismus ist eine perfide angelegenheit. Es ist überhaupt keine lüge, wenn behauptet wird, daß der reichtum in der welt immer größer wird. Das stimmt. Und er wird nicht trotz armut größer, sondern wegen armut.
Um an lebensmittel zu kommen, brauchen die leute in der kapitalistisch organisierten wirtschaft geld. Diese not wird in kapitalistischen system produktiv gemacht: Wer über keine produktionsmittel verfügt, muß, um leben zu können, seine arbeitskraft verkaufen. Und das geht nur, wenn irgendein fabrikherr aus der arbeit ein lohnendes geschäft machen kann.
An der stelle paßt das bild mit den brathähnchen nicht mehr: Einer der brathähnchen horten würde, wäre ganz schön blöd. Man kann maßlos fressen. Aber nicht endlos. Selbst der größte gierschlund müßte irgendwann einsehen, daß er bloß in gewissen grenzen fressen kann.
Mit dem geld verhält es sich anders. Damit ist tatsächlich ein unendliches bedürfnis in der welt. Davon kann man nie genug haben. Die billionen, die sich in privatbesitz befinden, liegen nicht im keller und rosten vor sich hin. Die sind irgendwo investiert und treiben die menschen zur arbeit. Und dadurch wird der reichtum größer. Bloß für wen?
Ach, gäbe es doch bloß viel mehr Menschen in dieser Welt, die das perfide System so klar durchschauen, wie Du es tust.
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