Sonntag, 10. November 2013

Als die Synagogen brannten


(...) / 75 Jahre, das ist nicht lange her, mein Vater war schon auf der Welt, und während er Bauklötze stapelt, schließen gute Großdeutsche und Angehörige der Partei, die von der übergroßen Mehrheit der Deutschen, wie passiv auch immer, unterstützt wird, ein Kind, das kaum älter ist als sein Enkel heute, in einer Wohnung ein, versiegeln sie und lassen seinen Enkel sterben, verdursten, allein. Ein großdeutscher Wachposten steht davor, wahrscheinlich wird er während der zwei Tage abgelöst, in denen meines Vaters Enkel schreit, also hören zwei, drei oder vier großdeutsche Wachposten, wie sein Enkel, mein Sohn, schreit, immer wieder, erst laut, dann wimmernd, zwei volle Tage lang, und dies durchgehalten zu haben und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen – anständig geblieben zu sein, ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte, einer Geschichte, die so lange nicht vergeht, wie das Schönfärben, Abwälzen, Aufrechnen und Exkulpieren nicht aufhört, das Lügen um einer nationalen Sache willen, die so aus Herzensgrund verflucht sei wie die vor 75 Jahren.

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Statt einer Anmerkung:



Es gibt (mindestens) eine wesentlich bessere, faktenreichere, nicht ganz so offensichtlich auf "Dramatik und Emotionen" setzende Dokumentation zu diesem furchtbaren Thema als den oben eingebundenen ZDF-Beitrag "Nacht über Deutschland" von Peter Hartl und Gordian Maugg - nämlich den Film "Als die Synagogen brannten. Die Novemberpogrome 1938" von Michael Kloft. Den kann ich im Netz aber leider nirgends finden.

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