Donnerstag, 19. Dezember 2013

Zitat des Tages: Über das Eigentum


Es gibt kein Thema von gleich lebenswichtiger Bedeutung für das Wohl der Gesellschaft, das so wenig von allen Klassen und unter allen Bedingungen verstanden würde, wie das Eigentum, und infolgedessen wird nun das Eigentum zusammen mit der Religion und der Konvenienzehe dazu benutzt, die Menschheit ihrer Humanität zu berauben, aus den Menschen Dämonen und die Erde zu einem Pandämonium zu machen. / Das Elend der menschlichen Rasse wird im gleichen Verhältnis wachsen wie die menschlichen Wesen in einen Zustand der Ungleichheit beim Erwerb von Reichtum oder Wissen versetzt werden. Alle Einrichtungen, die das Anwachsen solcher Ungleichheiten unterstützen, sind auf falschen Prinzipien errichtet und müssen, wenn sie fortdauern und ausgedehnt werden, zu jeder Art von Vergehen und Elend führen. Sie müssen öffentlichen und privaten Frevel und Unglück verewigen, bis die Vernunft alle die unter dem Übel Leidenden erwecken wird, um durch Vernunft oder durch Gewalt jedes Überbleibsel dieser Hydra des menschlichen Elends zu zerstören.

(Robert Owen [1771-1851]: "Über das Eigentum" [1835], in: "Das soziale System", Reclam 1988 - zitiert nach dem "Blättchen")

Anmerkung: Was würde Robert Owen wohl heute, fast 180 Jahre später, zum verkommenen Zustand dieser Welt sagen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass er seine Hoffnungen nicht länger auf die "Vernunft" setzen würde, denn die Menschheit hat seitdem eindrucksvoll und nachhaltig bewiesen, dass sie - gerade im größeren Maßstab - zur Vernunft schlichtweg nicht fähig ist. Was im Kleinen vielleicht hin und wieder noch funktioniert, wird von dieser Spezies unverzüglich pervertiert und ad absurdum geführt, sobald der engste Familien- oder Freundeskreis verlassen wird.

Solche Binsenweisheiten, wie sie Owen noch vor Marx formuliert hat, klingen heute noch revolutionärer und utopischer als damals - ganz besonders natürlich, wie immer, in den Ohren der marktradikalen Schlips-Borg und Eigennutzmehrer in der Politik, den Medien und der Wirtschaft. Allein dies sagt schon genug darüber aus, welche unheilvolle Entwicklung in der Welt seit 1835 stattgefunden hat. Das von Owen prognostizierte "Pandämonium" ist unsere reale neoliberale Glitzerwelt der völligen Perversion. Von Vernunft ist nirgends ein Hauch zu erkennen - von Gewalt dafür umso mehr. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Gewalt, die zum Ziel hat, eine Veränderung dieser furchtbaren Zustände zum Besseren herbeizuführen (was ich ohnehin für blanken Unsinn halte), sondern um das genaue Gegenteil: Die Perversion soll verfestigt, geradezu für die Ewigkeit in Stein gemeißelt werden.

Herr Owen müsste sich angesichts dieser Faktenlage heute unverzüglich selbst entleiben, wenn er nicht auf der Stelle irrsinnig werden wollte.

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"Tja - große Gewinne erfordern kleine Opfer!"

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 7 vom 12.05.1920)

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