Donnerstag, 5. August 2010

Fußball-WM 2010: Brot und Spiele im neokolonialen Stil

(...) Der Neokolonialismus kommt in Südafrika auf leisen Sohlen: Der Weltfußballverband bestimmt die Lage der Stadien, lässt Pretoria rd. 1 Mrd. Euro allein für die überdimensionierten Sportanlagen verbauen, setzt horrende Kartenpreise durch, die für kaum einen Schwarzen erschwinglich sind (die Hälfte lebt unterhalb der Armutsgrenze); die Verkehrsinfrastruktur kommt vor allem den Weißen zugute, nicht den Armen in den Townships; die Bauarbeiter mussten sich ihre Lohnerhöhungen erstreiken (Mindestlohn liegt bei umgerechnet 200 Euro im Monat laut IG BAU), um ihre Existenz zu sichern. Und dank der exklusiven Werbeverträge von FIFA und westlichen Getränkeherstellern werden die heimischen Verkäufer ausgeschlossen. Vielen fehlt so der Broterwerb. Die Bevormundung durch weiße Funktionäre schlüpft in ein neues Gewand. Die Milliarden für die WM fehlen dem Land bspw. für eine dringend notwenige Bildungsoffensive. Schert das die FIFA? Der einzige Akteur, der garantiert an der WM verdient, ist die FIFA, urteilen die Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: Allein durch den Verkauf der Fernsehrechte werden 2010 mehr als 2 Mrd. Euro eingenommen. Die DIW-Experten haben jüngst in einer Studie dargelegt, dass die WM die Ungleichheit im Lande zementieren und Südafrika letztlich nur eines aus der WM herausziehen werde: ein stärkeres Identitätsgefühl.

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Anmerkung: Es ist zwar erfreulich, solche Töne auch endlich einmal aus der gewerkschaftlichen Ecke zu vernehmen - allerdings ist das doch wenig glaubwürdig angesichts des Verhaltens des DGB und anderer Gewerkschaften in den letzten Jahren (einschließlich der Fußball-WM in Deutschland). Dennoch ist dem Text inhaltlich insoweit zuzustimmen, dass die WM der großen Mehrheit der Bevölkerung Südafrikas natürlich nichts gebracht hat, dass in erster Linie selbstredend die FIFA sich ein weiteres goldenes Näschen verdient hat (der starke Ausdruck "Neokolonialismus" glüht quasi gewerkschaftlich) und dass die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland wieder einmal ihrem Bildungsauftrag nicht nachgekommen sind. - Und welche Konsequenzen hat das nun?

Dreimal darf man raten: Keine. Vielen Dank, lieber DGB, dass wir mal darüber gesprochen haben.

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