Mittwoch, 9. März 2011

Lohndumping im Journalismus

(...) Seit September laufen die Gespräche, nachdem die Journalistengewerkschaften den Gehaltstarifvertrag zum 31. Juli 2010 gekündigt haben. Aufgeheizt ist die Stimmung, seitdem die Arbeitgeber im Dezember ihre Pläne vorstellten: Im Kern geht es darum, dass sie die Einstiegsgehälter für Volontäre senken wollen - um mindestens 25 Prozent. Bislang verdienen Volontäre laut Tarif knapp 1.800 Euro im ersten und rund 2.000 Euro im zweiten Berufsjahr. Einbußen in vergleichbarem Ausmaß drohen allen Redakteuren, die bei einem Verlagswechsel neu eingestellt oder auch nur innerhalb eines Medienhauses in eine andere Firma verschoben werden. Wie alt oder wie gut qualifiziert sie sind, spielte künftig keine Rolle. Die Folge wäre eine zunehmende Erstarrung der Redaktionen, denn niemand würde dann noch freiwillig den Verlag wechseln.

(...) Untertarifliche Gehälter für neu eingestellte Redakteure sind bei solchen Verlagen bereits die Regel. Besonders absurd mutet es an, dass es legal ist, Journalisten als Leiharbeitskräfte zu beschäftigen, obwohl sie Dauerarbeitsplätze besetzen. Möglich ist das, weil es für den Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf einem Arbeitsplatz keine zeitliche Begrenzung mehr gibt. Rot-Grün schaffte sie 2003 ab.

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Anmerkung: Es herrscht überall derselbe Ungeist - natürlich auch im profitorientierten Verlagswesen. Wieso organisiert man nicht gleich auch alle Verbraucher- und Naturschutzorganisationen sowie alle Behörden nach kapitalistischen Grundsätzen? Es geht doch immer und überall nur um Geld - und zwar um das sich vermehrende Geld der "Elite".

Am besten machen wir alle Angestellten im ganzen Land zu "Leiharbeitern" - dann wird die Profitgier der Reichen eine (kleine) Weile ausreichend gestillt sein. Aber dabei darf es danach selbstverständlich nicht bleiben, die "Flexibilisierung" muss weitergehen! Wozu brauchen diese Leute denn einen Lohn? Sie sollen gut arbeiten - wohnen können sie im Zelt und essen können sie das, was von den Tischen der Reichen übrig bleibt. Wer arbeitslos oder krank wird, kann auswandern oder sterben gehen, Überflüssige braucht und will der Kapitalismus nicht.

Wird allmählich auch dem Letzten klar, wohin die neoliberale Horrorreise geht? Viele Journalisten dürften diese Erkenntnis schon länger besitzen - dürfen sie nur leider nicht publizieren. Und sie werden es sich angesichts der aktuellen Entwicklungen zukünftig dreimal öfter überlegen, ob sie einen wirklich kritischen Text zur Freigabe vorlegen oder doch lieber an das Überleben der eigenen Familie denken.

Wer angesichts dieser Zustände weiterhin von einer "freien Presse" redet, dem ist nicht mehr zu helfen. Die wenigen noch existierenden, nicht konzerngebundenen Blätter lassen sich an einer Hand abzählen und haben an der "publizistischen Front" kaum eine Bedeutung. Und jetzt wird die Daumenschraube für die Geknechteten mal etwas kräftiger angezogen, und wir dürfen uns auf weiter zunehmende wohlwollende neoliberale Propagandatexte in den Zeitungen und Zeitschriften freuen. Hurra, wir leben in "Freiheit und Demokratie".

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