Heute (2012):
Richard Peppiatt: "Mit Journalismus nichts mehr zu tun" / Der britische Journalist Richard Peppiatt kündigte seinen Job beim "Daily Star", weil er die Praktiken seines Arbeitgebers nicht weiter verantworten wollte. Mit der "Presse" sprach er über seine Erfahrungen. (...)
Der "Daily Star" brachte schon länger islamophobe Geschichten. Aber im Februar brachte ein Kollege von mir einen Text über die EDL (Anm.: English Defence League, eine rechtsextreme politische Gruppe, die u.a. den Koran verbieten will), die angeblich eine politische Partei werden wollte. Politisch war der Artikel völlig unkritisch und vor allem entsprach er nicht den Tatsachen: Auf Telefonanfrage hatte der EDL-Vorsitzende gesagt, im Moment sei das kein Thema. Aus dem "im Moment nicht" wurde ein Aufmacher: "Bald ist die EDL eine Partei". Das hatte mit der Wahrheit nichts zu tun, aber der EDL gab es Auftrieb. Mein Kollege musste die Story so schreiben, auf Anweisung von oben. Das brachte für mich das Fass zum Überlaufen.
(Weiterlesen)
Damals (1929):
Revolverpresse
(Holzschnitt von Karl Rössing, in "Simplicissimus", Heft 20 vom 12.08.1929)
Anmerkung: Wer vermutet hat, dass die BLÖD-"Zeitung" und ähnliche Presseerzeugnisse ein Phänomen der Neuzeit seit den 60er oder 70er Jahren des letzten Jahrhunderts sind, wird hier eines Besseren belehrt. Auch 1929 (und freilich auch schon weit früher) gehörte dieses Instrument der Manipulation, Verdummung, Desinformation, gesellschaftlichen Spaltung und Ablenkung zum alltäglichen Wahnsinn des Kapitalismus.
Das oben genannte aktuelle Beispiel bezüglich des "Daily Star" steht hier nur stellvertretend für eine Vielzahl vergleichbarer Fischeinwickelblätter, Internetseiten und Fernsehsender, die allesamt nach den altbewährten Prinzipien arbeiten. Auch die schon 1929 karikierte Rubrik "Sport" öffnet uns die Augen.
Die allgemeine Tendenz dieser Gossenerzeugnisse ist stets stark rechtslastig, da die Urheber sich per definitionem der Kapitalseite verpflichtet fühlen bzw. von dieser bezahlt und eingesetzt werden. Es sollte uns aber sehr hellhörig machen, dass diese Rechtslastigkeit in der letzten Zeit wieder in unkaschierten und zunehmenden Rechtsextremismus ausgeartet ist. Die oben verlinkte Geschichte ist nur ein Beispiel von so vielen - ein Blick in die BLÖD-"Zeitung" beispielsweise zu den Themen Griechenland, Hartz IV oder Islam reicht aus, um gleich massenhaft faschistische Tendenzen zu erkennen - analog zu den fast identischen Hetzthemen der Zeit der Weimarer Republik: Frankreich, Arbeitslose, das Judentum.
Einmal mehr stelle ich fest: Es ist alles beim Alten.
Richard Peppiatt: "Mit Journalismus nichts mehr zu tun" / Der britische Journalist Richard Peppiatt kündigte seinen Job beim "Daily Star", weil er die Praktiken seines Arbeitgebers nicht weiter verantworten wollte. Mit der "Presse" sprach er über seine Erfahrungen. (...)
Der "Daily Star" brachte schon länger islamophobe Geschichten. Aber im Februar brachte ein Kollege von mir einen Text über die EDL (Anm.: English Defence League, eine rechtsextreme politische Gruppe, die u.a. den Koran verbieten will), die angeblich eine politische Partei werden wollte. Politisch war der Artikel völlig unkritisch und vor allem entsprach er nicht den Tatsachen: Auf Telefonanfrage hatte der EDL-Vorsitzende gesagt, im Moment sei das kein Thema. Aus dem "im Moment nicht" wurde ein Aufmacher: "Bald ist die EDL eine Partei". Das hatte mit der Wahrheit nichts zu tun, aber der EDL gab es Auftrieb. Mein Kollege musste die Story so schreiben, auf Anweisung von oben. Das brachte für mich das Fass zum Überlaufen.
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Damals (1929):
Revolverpresse
(Holzschnitt von Karl Rössing, in "Simplicissimus", Heft 20 vom 12.08.1929)
Anmerkung: Wer vermutet hat, dass die BLÖD-"Zeitung" und ähnliche Presseerzeugnisse ein Phänomen der Neuzeit seit den 60er oder 70er Jahren des letzten Jahrhunderts sind, wird hier eines Besseren belehrt. Auch 1929 (und freilich auch schon weit früher) gehörte dieses Instrument der Manipulation, Verdummung, Desinformation, gesellschaftlichen Spaltung und Ablenkung zum alltäglichen Wahnsinn des Kapitalismus.
Das oben genannte aktuelle Beispiel bezüglich des "Daily Star" steht hier nur stellvertretend für eine Vielzahl vergleichbarer Fischeinwickelblätter, Internetseiten und Fernsehsender, die allesamt nach den altbewährten Prinzipien arbeiten. Auch die schon 1929 karikierte Rubrik "Sport" öffnet uns die Augen.
Die allgemeine Tendenz dieser Gossenerzeugnisse ist stets stark rechtslastig, da die Urheber sich per definitionem der Kapitalseite verpflichtet fühlen bzw. von dieser bezahlt und eingesetzt werden. Es sollte uns aber sehr hellhörig machen, dass diese Rechtslastigkeit in der letzten Zeit wieder in unkaschierten und zunehmenden Rechtsextremismus ausgeartet ist. Die oben verlinkte Geschichte ist nur ein Beispiel von so vielen - ein Blick in die BLÖD-"Zeitung" beispielsweise zu den Themen Griechenland, Hartz IV oder Islam reicht aus, um gleich massenhaft faschistische Tendenzen zu erkennen - analog zu den fast identischen Hetzthemen der Zeit der Weimarer Republik: Frankreich, Arbeitslose, das Judentum.
Einmal mehr stelle ich fest: Es ist alles beim Alten.
4 Kommentare:
Das ist tatsächlich erstaunlich. Und nebenbei befinde ich diese Grafik auch noch für ein großartiges Kunstwerk, auch wenn mir die Biografie des Herrn Rössing bei Wikipedia einige Bauchschmerzen bereitet. Aber das dürfte wohl relativ "normal" für diese dunkle Zeit gewesen sein.
Dank dieser kleinen Reihe der Vergleiche zwischen "heute und damals" sehe ich inzwischen jedenfalls vieles sehr viel kritischer und aufmerksamer, was heute geschieht. Und ich bin gespannt auf weitere Parallelen.
Hallo Anabelle,
es ist erfreulich, dass Du mein Erstaunen, das sich beim Lesen der alten Blätter immer wieder eingestellt hat, nachvollziehen kannst. Die Liste der Parallelen, die ich mir angelegt habe, ist in der Tat noch ziemlich lang ... :-(
Nebenbei bemerkt: Ich finde diesen Holzschnitt auch grandios und war ebenso entsetzt wie Du, als ich las, dass der Künstler nach 1933 - wie so viele, viele andere Deutsche - opportunistisch zu den Nazis "übergelaufen" ist. Auch dazu gibt es ja heute so viele Beispiele - auch wenn die herrschende "Elite" sich "demokratisch", "christlich" oder sogar "sozial" oder "ökologisch" nennt, ohne es zu sein. Noch haben wir aktuell das historische Datum des 30.01.1933 nicht erreicht (so dass auch noch eine gewisse Pluralität der Meinungen möglich ist) - aber weit davon entfernt sind wir gewiss nicht mehr. Die "parteiübergreifende" (womit die NED - die neoliberale Einheitspartei Deutschlands - gemeint ist) Nominierung des streng neoliberalen Asozialen und Blenders Gauck zum Nachfolger des peinlichen Schnäppchenjägers Wulff spricht da Bände.
Man kann gar keine passenden Worte dafür finden, dass ausgerechnet die BLÖD-"Zeitung", der man guten Gewissens nicht einmal einen gebrauchten Rasierer abkaufen würde, diesen "Wechsel" zurück zum Stasi-Mann und Möchtegernbürgerrechtler Gauck in die Wege geleitet hat.
Die Gossenpresse geht ihrer Aufgabe nach - damals wie heute. Die übrigen Themen, von denen ich oben einige exemplarisch genannt habe, laufen freilich parallel weiter. Es ist geradezu irrsinnig, dass diesem grotesken Sermon tatsächlich noch Menschen gedanklich folgen.
Das Beispiel aus dem "Daily Star" finde ich aber auch sehr apart. In Deutschland tut man sich mit dieser Offenheit noch etwas schwer - lange wird es aber auch hier nicht mehr dauern, bis diese Kreise ganz offen und unverhüllt rechtsextreme Gruppierungen umgarnen. Mehr oder weniger versteckt tun sie das ja nun schon seit Langem.
Wirklich fatals wird es aber erst dann, wenn die rechtsextreme Lügenpropaganda der Gossenpresse Hand in Hand mit einer alles anderen als kritischen, vielmehr gleichgeschalteten Mainstreampresse daher kommt. In dieser Form gibt es das erst wieder seit einigen Jahren - und so fügt sich ein Puzzleteil ins andere und man erkennt die Strategie, die damals dahinter stand und die auch heute wieder vorherrschend ist.
Das elitäre Gesindel möchte einmal mehr davon ablenken, dass Kapitalismus, Superreichtum, Umverteilungen, Wachstumswahnsinn und Geldsystem unweigerlich erneut ins Aus führen - statt dessen sollen sich die Menschen lieber einmal mehr gegenseitig die Köpfe einschlagen. Dies ist der Hauptzweck der Gossenpresse - so war es damals, so ist es heute.
Einen Punkt hast du dabei noch vergessen: Nebenbei soll die Gossenpresse auch noch Profit machen und so der Bevölkerung, die ja das eigentliche Opfer dieser Machenschaften ist, auch noch das schrumpfende Geld aus der Tasche ziehen und es denjenigen zukommen lassen, die ohnehin schon übermäßig viel davon haben. So bezahlen die Bürgerinnen und Bürger für ihre eigene Verarmung, Verdummung und Entrechtung.
Friede Springer und anderen Damen und Herren treibt das die Freudentränen in die kaltherzigen Eisaugen.
Schön formuliert, Anabelle, danke. Ich glaube allerdings, die elitäre Bande würde die Gossenpresse auch dann am Laufen halten, wenn sie Defizite bescheren würde. Der propagandistische Nutzen ist weitaus größer als der finanzielle Profit.
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