Die Frage, wem die EU gehört, kann und muss auf verschiedenen Ebenen beantwortet werden. Zunächst einmal, und das entspricht dem gegenwärtigen Stand des Eindringens in diese Problematik, geht es um die Frage der Vermögenskonzentrationen, seit der europäische Integrationsprozess so richtig in Gang gekommen ist. Die Reichen sind immer reicher geworden und dafür gibt es eine Fülle von empirischen und statistischen Indizes, auch wenn sie bislang in keiner Weise zureichend systematisch erschlossen und analysiert worden sind und auch wenn hinsichtlich der Frage, was Eigentum – und sogar Geld - unter den heutigen Bedingungen ist, Klärung aussteht.
Zweitens geht es um das klassentheoretische Problem, also um die Frage, ob sich in Europa eine (neue) herrschende Klasse auf der Grundlage dieser Akkumulationsprozesse herausbildet. Hier finden sich die unterschiedlichsten Erklärungsansätze und noch bei weitem kein Konsensus unter den kapitalismuskritischen Beobachtern – und vornehmlich in diesem Milieu wollen wir uns im Folgenden bewegen.
Drittens schließlich geht es um eine epochen- oder formationsspezifische Bestimmung dieses historisch einmaligen Akkumulationsprozesses. Wir werden versuchsweise (3.6.) von einer kapitalismusbasierten High-Tech-Refeudalisierung Europas sprechen, in deren Kern sich eine "transkapitalistische" Konzentration von Geldmacht durch Privatisierung (wealth condensation) vollzieht. (...)
In diesem "Geldmachtapparat" genannten Netzwerk beginnen sich verschiedene, per se höchst interessante Gruppen heimisch zu machen: teils in Gestalt eines über Generationen vererbten Reichtums, teils in Gestalt alten oder neuen europäischen Adels, teils in Gestalt eines mithilfe technischer, finanzpolitischer oder marketingmäßiger Innovationen zusammengerafften Neureichtums, teils in Gestalt eines durch korrupte Privatisierungspraktiken erzeugten Oligarchentums, teils in Gestalt von Mafia-Milliardären.
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Anmerkung: Diese Studie des Soziologie-Professors Hans-Jürgen Krysmanski von der Universität Münster ist zwar schon einige Jahre alt (2006/07), bietet aber dennoch wichtige und grundlegende Erkenntnisse und Informationen, die zum Verständnis der gegenwärtigen Lage und Ereignisse in Europa erheblich beitragen.
Die Lektüre sei jedem, der die Zeit aufbringen kann, wärmstens empfohlen. Krysmanski kommt zu dem wenig hoffnungsfrohen Schluss:
"Die Geldeliten verselbständigen sich, beginnen im wahrsten Sinne des Wortes in dieser Winner Takes All-Gesellschaft auf eigene Faust zu operieren. Die Dinge entwickeln sich dramatisch. Klimawandel und Ressourcenprobleme deuten auf ein kommendes globales Szenario nackter Überlebenskämpfe. Und für eine solche Rette-sich-wer-kann-Welt glauben sich die Geldeliten - souveräne, wohlgeschützte Eigner des Besten, was diese Welt zu bieten hat - gut gerüstet. Was für eine Illusion."
Dem möchte ich entgegenhalten: Für so illusorisch halte ich die Vorstellung des elitären Gesindels nicht, auch nach der nächsten Totalkatastrophe wieder zu den Gewinnern und Machthabern zu zählen. Nach dem letzten großen - und bis dato größten - Knall zwischen 1933 und 1945 hat das ja auch wunderbar funktioniert und die kapitalistische Alptraumwelt wurde von Neuem installiert und gehegt und gepflegt bis zum neuerlichen Crash, vor dem wir jetzt stehen. Ich befürchte, dass sowohl die abartig dumme Leidensfähigkeit der Menschen, als auch die Strapazierfähigkeit der planetaren Natur noch längst nicht ihr Ende gefunden haben - auch wenn die katastrophalen Konsequenzen der Ausbeutung immer schrecklicher werden.
Dennoch wird das Pack nicht innehalten - Luxus, Macht und elitäres Denken sind viel zu tief verwurzelt und zu verlockend, als dass ein Haufen von Egoisten und Eigennutzmehrern darüber hinaus denken könnte. Und die gegenwärtigen und zukünftigen Proteste gegen diese "Elite" müssen allein schon daran scheitern, dass sie größtenteils nur "diffus" sind - denn die große Mehrheit der unterdrückten und ausgebeuteten Menschen ist vollkommen ahnungslos bezüglich der wirklichen Verhältnisse. Dafür sorgen nicht zuletzt die elitegesteuerten Massenmedien und religiöse / spirituelle / esoterische Ablenkungen.
Mein Fazit fällt also eher so aus:
"Die Biester sind Gott sei Dank genau wie die Menschen. Wenn sie nichts zu fressen kriegen, sind sie zu schlapp zum Beißen, und wenn sie zu fressen haben, zu faul."
(Zeichnung von Marcel Frischmann [1900-1952], in "Simplicissimus", Heft 12 vom 16.06.1930)
Zweitens geht es um das klassentheoretische Problem, also um die Frage, ob sich in Europa eine (neue) herrschende Klasse auf der Grundlage dieser Akkumulationsprozesse herausbildet. Hier finden sich die unterschiedlichsten Erklärungsansätze und noch bei weitem kein Konsensus unter den kapitalismuskritischen Beobachtern – und vornehmlich in diesem Milieu wollen wir uns im Folgenden bewegen.
Drittens schließlich geht es um eine epochen- oder formationsspezifische Bestimmung dieses historisch einmaligen Akkumulationsprozesses. Wir werden versuchsweise (3.6.) von einer kapitalismusbasierten High-Tech-Refeudalisierung Europas sprechen, in deren Kern sich eine "transkapitalistische" Konzentration von Geldmacht durch Privatisierung (wealth condensation) vollzieht. (...)
In diesem "Geldmachtapparat" genannten Netzwerk beginnen sich verschiedene, per se höchst interessante Gruppen heimisch zu machen: teils in Gestalt eines über Generationen vererbten Reichtums, teils in Gestalt alten oder neuen europäischen Adels, teils in Gestalt eines mithilfe technischer, finanzpolitischer oder marketingmäßiger Innovationen zusammengerafften Neureichtums, teils in Gestalt eines durch korrupte Privatisierungspraktiken erzeugten Oligarchentums, teils in Gestalt von Mafia-Milliardären.
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Anmerkung: Diese Studie des Soziologie-Professors Hans-Jürgen Krysmanski von der Universität Münster ist zwar schon einige Jahre alt (2006/07), bietet aber dennoch wichtige und grundlegende Erkenntnisse und Informationen, die zum Verständnis der gegenwärtigen Lage und Ereignisse in Europa erheblich beitragen.
Die Lektüre sei jedem, der die Zeit aufbringen kann, wärmstens empfohlen. Krysmanski kommt zu dem wenig hoffnungsfrohen Schluss:
"Die Geldeliten verselbständigen sich, beginnen im wahrsten Sinne des Wortes in dieser Winner Takes All-Gesellschaft auf eigene Faust zu operieren. Die Dinge entwickeln sich dramatisch. Klimawandel und Ressourcenprobleme deuten auf ein kommendes globales Szenario nackter Überlebenskämpfe. Und für eine solche Rette-sich-wer-kann-Welt glauben sich die Geldeliten - souveräne, wohlgeschützte Eigner des Besten, was diese Welt zu bieten hat - gut gerüstet. Was für eine Illusion."
Dem möchte ich entgegenhalten: Für so illusorisch halte ich die Vorstellung des elitären Gesindels nicht, auch nach der nächsten Totalkatastrophe wieder zu den Gewinnern und Machthabern zu zählen. Nach dem letzten großen - und bis dato größten - Knall zwischen 1933 und 1945 hat das ja auch wunderbar funktioniert und die kapitalistische Alptraumwelt wurde von Neuem installiert und gehegt und gepflegt bis zum neuerlichen Crash, vor dem wir jetzt stehen. Ich befürchte, dass sowohl die abartig dumme Leidensfähigkeit der Menschen, als auch die Strapazierfähigkeit der planetaren Natur noch längst nicht ihr Ende gefunden haben - auch wenn die katastrophalen Konsequenzen der Ausbeutung immer schrecklicher werden.
Dennoch wird das Pack nicht innehalten - Luxus, Macht und elitäres Denken sind viel zu tief verwurzelt und zu verlockend, als dass ein Haufen von Egoisten und Eigennutzmehrern darüber hinaus denken könnte. Und die gegenwärtigen und zukünftigen Proteste gegen diese "Elite" müssen allein schon daran scheitern, dass sie größtenteils nur "diffus" sind - denn die große Mehrheit der unterdrückten und ausgebeuteten Menschen ist vollkommen ahnungslos bezüglich der wirklichen Verhältnisse. Dafür sorgen nicht zuletzt die elitegesteuerten Massenmedien und religiöse / spirituelle / esoterische Ablenkungen.
Mein Fazit fällt also eher so aus:
"Die Biester sind Gott sei Dank genau wie die Menschen. Wenn sie nichts zu fressen kriegen, sind sie zu schlapp zum Beißen, und wenn sie zu fressen haben, zu faul."
(Zeichnung von Marcel Frischmann [1900-1952], in "Simplicissimus", Heft 12 vom 16.06.1930)
4 Kommentare:
Ich hab diesen langen Text nicht gelesen, mir reicht die Zusammendassung hier schon. Was ich dazu sagen will: Der uhralte Comic triffts so richtig gut, ich versteh nähmlich auch nicht wieso es in D nicht schon längst Massenaufstände giebt.
Das war ja scheinbar fast schon immer so, auch 1930 wo die Gefahren noch wesendlich schlimmer waren. Die Frage ist doch, WIESO wehren die Leute sich nicht? Hat da jemenad ne Antwort?
Da gibt's viele Antworten, Mo, das Thema ist komplex. Einige davon findest Du beispielsweise in Orwells Roman "1984", eine weitere im nächsten Posting. Propaganda (also gezielt und massenhaft verbreitete Falsch- und Desinformationen) haben damals die "öffentliche Meinung" bestimmt und tun das heute selbstverständlich noch immer - vielleicht sogar in einem noch stärkeren (weil perfektioniertem) Maße.
Du kannst die Frage auch anhand Deiner eigenen Person beantworten: Woher hast Du deine Informationen und wieso bist Du so kritisch, während viele andere es nicht sind? Kritische Menschen sind ja nicht per se "schlauer" als andere - dafür muss es also andere Gründe geben.
Puh... schweres Thema! Eigentlich kann ich mir das ja nicht vorstellen daß das ganze so übel werden könnte und das auch noch ganz bewußt so gemacht wird.... aber in Griechenland hat sich vor ein paar Jahren wohl auch keiner vorstellen können daß die Krankenhausversorgung zusammenbricht, daß so viele hungern und frieren und alles den Bach runtergeht.... http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/2.220/nach-dem-ja-zum-sparpaket-welche-zumutungen-die-griechen-nun-ertragen-muessen-1.1282482
Und das alles nur damit Reiche die sowieso schon nicht mehr wissen was sie mit ihrer Kohle machen sollen noch mehr davon kriegen. Ausgerecvhnet von denen die nix mehr haben!
Man sollte wenn man ordenlich kotzen will mal die Kommentare unter diesem Artikel lesen (Link von den Nachdenkseiten): http://www.focus.de/finanzen/boerse/finanzkrise/ruege-von-griechischen-praesidenten-wer-ist-schaeuble-dass-er-griechenland-verhoehnt_aid_714468.html So viel Dummheit und Schwachsinn ist schon fast mit den Nazis vor kurzem hier im Blog vergleicbar..
Über solche Kommentare beim "Focus" wundere ich micht - wer ein solches "Magazin" liest und es für ein "Qualitätsmedium" hält, der kann nur grauen Brei in der Birne haben. ;-)
Davon abgesehen: So schwierig ist das Thema eigentlich gar nicht. Wenn Du mal Zeit hast, lies die Studie einfach mal - abgesehen von ein paar (für eine wissenschaftliche Studie unvermeidlichen) Fachbegriffen ist sie sehr gut verständlich.
Zum Thema Griechenland sammle und recherchiere ich gerade noch - dazu kommt aber auch in Kürze etwas.
Einige rechte Gesellen treiben sich hier immer noch herum, Dede - ich musste mehrere Kommentare, die deutlich über jedes vertretbare Maß der Toleranz hinausgingen, löschen.
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