Montag, 13. Februar 2012

Politik heute und damals: Steuer für Kinderlose

Heute (2012):

Vorstoß aus der CDU: Kinderlose sollen zahlen / (...) Zur Entlastung der Kranken- und Pflegeversicherung hat eine Gruppe jüngerer Unionsabgeordneter eine Sonderabgabe für Kinderlose gefordert. Die Gruppe um den sächsischen CDU-Politiker Marco Wanderwitz macht sich laut einem Bericht des Magazins "Spiegel" für eine "solidarische Demografie-Rücklage" stark, die bereits ab 2013 erhoben werden solle. Bis 2025 soll auf diese Weise ein zweistelliger Milliardenbetrag zusammenkommen.

(Weiterlesen)

Damals (1930):

Steuer für Junggesellen und kinderlose Ehepaare


"Die Bande macht bloß Kinder, um sich vor der Steuer zu drücken!"

(Zeichnung von Karl Arnold, in "Simplicissimus", Heft 12 v. 16.06.1930)

Anmerkung: Hiermit möchte ich eine kleine, sporadische Reihe beginnen, welche nicht nur die bloßen Ähnlichkeiten zwischen der zuende gehenden Weimarer Republik und der heutigen politischen Lage, sondern sogar exakte Themengleichheiten aufzeigen soll. Derer gibt es erschreckender Weise nicht wenige - und die Tatsache, dass die satirische Zeitschrift Simplicissimus aus der Zeit der Weimarer Republik komplett im Netz einsehbar ist, erleichtert dies ungemein.

Was noch weiter zu belegen sein wird: Die Politik, die wir momentan erdulden müssen, ist in weiten Teilen eine Kopie der Ereignisse aus den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dieser ewig gestrige "Vorstoß" aus der CDU bezüglich der Zusatzabgaben für Kinderlose, die von Reichskanzler Brüning 1930 kurzzeitig erhoben wurden, bildet nur den Einstieg in diese Reihe, an deren Ende hoffentlich nicht dasselbe furchtbare Verhängnis auf uns wartet wie seinerzeit.

Nur am Rande sei bemerkt, dass diese abstruse Forderung sogar noch älter ist - die Simplicissimus-Seite vermerkt für die erste Erwähnung das Jahr 1907 und weist darauf hin, dass diese Abgabe erstmals 1911 in Mecklenburg eingeführt wurde. Sonderlich erfolgreich und langlebig war sie indes anscheinend nicht - was die CDU natürlich nicht daran hindert, denselben Unfug 101 Jahre später erneut zu fordern.

10 Kommentare:

Dede hat gesagt…

Das ist ja mal ein Anfang für diese Serie, der es in sich hat - klasse! Mich wundert gar nichts mehr. Und daß es nun ausgerechnet wieder die CDU ist die solche Forderungen ausspricht, nun ja, das wundert wohl nur Schaufensterpuppen.

Ich bin auch kinderlos, jedenfalls zurzeit noch. Und weshalb soll ich da jetzt bitte mehr zahlen als sowieso schon? Was ist mit Leuten die keine Kinder kriegen können? Und was mit denen die zu wenig verdienen oder zu unsichere Jobs haben um sich Kinder erlauben zu können? Und was mit denen die einfach keine wollen? Oder die nicht den richtigen Partner für Kinder haben? Was ist das überhaupt für ne saudämliche Argumentation?

Ich schlage vor daß lieber die Reichen die zusätzlichen Milliarden einzahlen und daß Politiker die so eine Grütze aus der Mottenkiste hervorkramen die Diäten gekürzt ("sanktioniert") bekommen.

Ich befürchte es gibt noch viel mehr solche Paralellen....? Ich stell wieder mal fest daß ich viel zu wenig über die Weimarer Zeit weiß. Sehr aufklärned, Charlie, danke!

Anonym hat gesagt…

Mal wieder versuchen unsere Politiker die Einnahmen zu steigern, Kosten senken wäre ja die schwierigere Alternative. Dieser Vorschlag hat noch weiter den Vorteil, dass Wählerstimmen von Links gewonnen werden können.
Aber nun zum Thema. Unser Kinderwunsch wurde leider nicht erfüllt. Wir haben so einiges Probiert und haben dann aber das Urteil der Natur akzeptiert. Obwohl sich dieser Steuer-Vorstoß der CDU für uns beide vor diesem Hintergrund, haben wir doch fast alles versucht um Gesellschaftskonform zu werden , so anfühlt wie eine Ohrfeige , bin bereit solidarische Steuern zu bezahlen. Aber unter Bedingungen.
Unfruchtbarkeit ist also unsolidarisch und Steuern sollen erhoben, werden dieser persönliche Eigenschaft – also unsolidarische müssen mehr Steuern bezahlen. Nun, wir haben unsere Zeit und Energie anstatt in Kinder in unsere Karriere investiert, in teure Fortbildungen investiert und damit die Grundlage für einen fetten monatlichen Steuerbetrag geschaffen. Ich bezahle jeden Monat 2.000 Euro Lohnsteuer plus 550 Euro Rentenversicherung. Das ist doch schon mal ein ganz schöner Solidarischer Beitrag. Aber ich will nicht unken, es geht uns gut und ok, ich bin bereit noch eine Schippe draufzulegen – aber nur dann, wenn alle anderen auch mitmachen. Wer das ist, da kommen wir zu meinem Grundproblem dieser Steuer auf Eigenschaften wie z.B. Unfruchtbarkeit. Müssten wir dann nicht auch Steuern auf Raucher erheben? Nein, das ist nicht Tabaksteuer, sonst könnte die Kollegen der CDU eine Steuer auf die Antibabypille erheben. Es betrifft alle Personen, die durch eine bestimmte Eigenschaft „unsolidarisch“ sind, der Gesellschaft mehr Geld kosten als Sie bringen! Raucher, Alkoholiker, Eltern von Straftätern, schlechte Skifahrer die wochenlang im Krankenhaus liegen .. wo fängt man an – wo hört man auf? Vielleicht noch eine Steuer auf dumme Politiker (sorry dafür). Aber jeder von uns der in einem Unternehmen arbeitet weiß, wenn die Einnahmen fehlen müssen die Ausgaben reduziert werden. Hier muss der Staat ran, genau hier sind unsere Politiker gefordert, jetzt zu agieren und nicht erst wie in Griechenland, wenn es 5 vor 12 ist. Aber wie soll man denn Wahlen gewinnen, wenn das Volk Einschnitte hinzunehmen muss? Ja, das ist schwer. Aber genau dafür haben wir Euch, liebe Politiker gewählt. Regiert uns – verwaltet uns nicht. Ich schlage z.B. vor, dass Beamte zukünftig in die Rentenkasse einbezahlen, das wäre doch echte Solidarität! Leicht ist dagegen einen solch unqualifizierten Vorschlag zu unterbreiten, der wahrscheinlich sogar gegen unsere Verfassung, dort heißt es: “Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. „ Und ja, es ist eine Behinderung wenn man süchtig ist, bestimmte seelische und körperliche Einschränkungen hat – und ja: Zeugungsunfähigkeit gehört für mich hier dazu. Arbeitet härter liebe Politiker – das reicht mir und unserem Land nicht!

Anonym hat gesagt…

Vor zwei Jahrzehnten wurde der Soli eingeführt angeblich befristet mittlerweile Gesetzliche Abgabe ohne Zeitbegrenzung. Als vor vielen Jahren Hartz IV eingeführt wurde, waren auf einmal alle WG's Bedarfsgemeinschaften egal aus welchen Gründen man sich eine Wohnung gemeinschaftlich teilte. Selbst Frührentner mit minimal Einkommen wurden nicht verschont. Jetzt schon zahlen Kinderlose mehr steuern als Fam. mit Kindern. Jetzt sollen Kinderlose Zusatzsteuern zahlen, würde heißen das jeder zweite Singel davon betroffen ist. Und für wass werden die Steuermilliarden ausgegeben. Denn wie so oft werden die Armen der Armen nichts davon haben. Seien es Hartz IV Empfänger oder Alleinerziehende. Geschweige denn die jenigen die täglich zwischen 50 - 100 km in die Arbeit fahren müssen, 14 Stunden am Tag wegen der Maloche auf den Beinen sind und zum Kinder machen eh keinen Bock mehr haben.
Abgesehen davon, was wird wenn dann die Geburtenrate steigt und wir einen Babyboom erleben. Denn wenn es so weit ist haben wir ja aus Kostengründen eh keine Kikaplätze oder genug Lehrer die unseren Kitz was beibringt. Abgesehen davon möchte ich nicht mal erahnen welche Arbeitschancen sie in 20 Jahren hätten wo wir ja heute schon keine Beschäftigung für unsere 50 ig jährigen haben. Und ausgerechnet ein Sachse der es eigentlich besser wissen sollte hebt so etwas auf die Bühne.

Charlie hat gesagt…

In einem Punkt muss ich widersprechen, Dede: Dieser uralte "Vorschlag" hätte heute selbstredend auch von der FDP, der SPD oder den Grünen kommen können. Wir werden in diesem Jahr sicher noch viele weitere Vorschläge für solche "Notverordnungen" vernehmen, die der Staatskasse Geld einbringen sollen ...

Charlie hat gesagt…

Ich kann Deine Argumentation weitesgehend nachvollziehen - nur denke ich nicht, dass zwingend Ausgaben reduziert werden müssten. Ganz besonders gilt das für die Bereiche, in denen das in den vergangenen Jahrzehnten massiv getan wurde (Sozialsysteme, Stellenabbau im öffentlichen Dienst in wichtigen Bereichen, Privatisierungen u.v.a.). Schließlich hat das neoliberale Gesindel seit Jahrzehnten den Reichen, insbesondere den Superreichen, Massen von Geld geschenkt - und genau dort sollte der Staat es sich vermehrt holen.

Einsparungen an den richtigen Stellen wären freilich auch sinnvoll - z.B. Diäten, fürstliche Spitzenpensionen, die bereits nach kürzesten Amtszeiten gezahlt werden, Steuerverschwendungen wie S21 usw. Allerdings ist an solche sinnvolle Einsparungen nicht gedacht - da kürzt man lieber ordentlich bei den Renten, der Bildung, den Arbeitslosen, den Kranken ...

Oder eben bei Kinderlosen. Wie ich schon oben schrieb: Derlei "Vorstöße" werden wir noch viele erleben, wenn das Geld weiter knapp wird und die Krise sich weiter verschärft. Und das wird sie tun - Merkels Kurs hat das zwingend zur Folge.

Charlie hat gesagt…

Ich stimme Dir vollkommen zu - und frage mich sowieso seit Längerem, was dieses alberne Geschrei über eine angeblich zu niedrige Geburtenrate in Deutschland angesichts einer aus allen Nähten platzenden, völlig überbevölkerten Erde überhaupt soll.

Mo331 hat gesagt…

Es ist so abgefahren. Ich wußte nicht daß es sowas schonmal gab und ich kann über solche Vorstellungen nur herzlich lachen. Zahlt man demnächs auch wenn man raucht, Allohol trinkt oder neben nem Atomkraftwerk wohnt?

Das Merkel hat ja inzwischend schon gesagt daß es solche Ideen nicht toll findet, aber ich frag mich echt, ob das nicht nur Tacktiererei ist. So wars doch auch mit der Rente mit 67: Erst posaunen das immer wieder irgentwelche Polittrottel ins Land, dann wird das immer wieder verleugnet, und dann kommt es am Ende doch. Mir kommt das SOOO bekannt vor.....

Jetzt wo ich weiß daß das alles schon uhralt ist finde ich es noch perverser also sowieso schon. Mir schwirren sowieso die Ohren und mir ist schwindlig seid den letzten Einträgen hier im Blog.

Charlie hat gesagt…

Tut mir ehrlich leid, wenn das Blog Dir körperliches Unwohlsein beschert ... ;-) Trotzdem hast Du recht: Diese ewigen "Vorstöße", die zumeist nichts als ein wildes Kramen in der verstaubten Mottenkiste sind, sind tatsächlich Taktik - ebenso wie die regelmäßigen Dementis. Aktuell ist ja die "Rente mit 72" in der "Diskussion" - noch wird das immer wieder vehement dementiert, aber warten wir mal ab ... wenn die "Finanznot" richtig evident wird, werden wir auch diese Pille vorgesetzt bekommen, jede Wette.

Und derlei Themen gibt es mannigfach ... die Reste des Sozialstaates werden so nachhaltig ruiniert, dass nicht ein Stein auf dem anderen bleibt.

Dede hat gesagt…

Stimmt schon, aber daß er eben nicht von denen sondern von der CDU kam spricht ja auch Bände. :-) Mißfelder war übrigens auch dabei, natürlich, hab ich gestern irgendwo gelesen. Klar daß der dabei sit wenn irgendwo in der CDU wieder ne olle braune Gülle hochkocht.

Anonym hat gesagt…

.. ich habe gerade eine Analyse gelesen indem die "Kosten" für eine verwahrloste Jugend/Kindheit beziffert wurde... (Beispiel) ein "abgestürzter" Jugendlicher Drogendealer dessen Vater und Mutter im Leben ca. 7 Jahren (ohne Zahlung von ESt etc.) gearbeitet hatten, haben einen Sohn gezeugt und erzogen ( ich bezweifel dieses!) der laut der Studie 4.900 Euro monatlich dem Staat kostet. (Ärztliche Betreung, Methadonprogramm, komplettes "Sorglosprogramm" vom Steuerzahler)
In dem Bericht werden schon lange nicht mehr "Einzelfällen" erwähnt die dem rechtschaffenden Kinderlosern das Geld aus der Tasche ziehen.
Auch die Kosten für Kindergarten, Schule, Ausbildung etc. sind erschreckend und aus dem Fenster geworfen .... vor allem wenn man sieht welches Ergebnisse erreicht wurde:

"Die Schüler der Hauptschule xyz erreichten nur noch 9,8% des Bildungsstand, der in der selben Hauptschule 1972 erreicht wurde"
... "die Kosten für Sonderprogramme" (gemeint sind psychologische, finanzielle, arbeitstechnische Hilfen) für die "Problemfälle" sind dagegen um 1.800 % gestiegen - leider meist ohne positive Auswirkungen.

.. und jetzt werd ich mich mal "Rauchgift" beteuben... als steuerzahlender Junggeselle der immer fleißig und steuerzahlend war/ist...


M.f.G.
Prof. Dr. Don Martin

P.S. Auf Nachfragen wurde mir "verschämt" mitgeteilt, das Geschäftsführer die gewählt waren Jungendliche dieser Schule einzustellen dies ablehnten, nachdem diese hörten das "Box-Programme" auf Staatskosten die Schüler "fit" machten für die Berufliche Laufbahn! (und keine Förderung in den wichtigen beruflichen Fächer; aber im Schlagen!)