Mittwoch, 4. März 2015

Wenn Ikonen fallen: Friedrich Küppersbusch


Friedrich Küppersbusch, ehemaliges Enfant terrible des WDR, dessen journalistische Tätigkeit von 1987 bis 1997 nach heutigen marktkonformen Maßstäben nicht nur als linksradikal, sondern geradezu als ketzerisch und verfassungsfeindlich angesehen würde, war kürzlich Gast in Holger Kreymeiers durchaus kritikwürdigem Netzmagazin Fernsehkritik TV. Ich war sehr gespannt und habe mir das erwartungsfroh angesehen.

Was ich dort allerdings tatsächlich zu sehen und hören bekam, war ein gealtertes, abstoßendes Abziehbild eines aufgeblasenen Pseudolinken, der längst im kapitalistischen Irrsinn angekommen ist und dies wortreich und unlustig zu verschleiern versucht. Genausogut hätte da auch irgendein Hansel von der asozialen SPD oder den kriegslüsternen Grünen sitzen können, der ausufernd erklärt, wie toll doch damals die Zeit gewesen sei, in der man noch systemkritisch "sein konnte" - aber inzwischen sind sie ja alle "erwachsen" geworden, haben sich brav arrangiert und im kapitalistischen "Wettbewerb" ihren profitträchtigen Platz gefunden. Es ist zum formidablen Speien.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass Küppersbusch damals eine der Figuren gewesen ist, die mir geholfen haben, meine politische Weltsicht zu entwickeln und zu festigen. Wenn ich allerdings das traurige Zerrbild betrachte, das dieser Mann heute abgibt, habe ich unwillkürlich das Albtraumszenario vor Augen, in dem ein gewisser Herr Marx seine Bücher auf einer Schnäppchen-Messe meistbietend zum Verkauf anpreist. "Linke" Kapitalisten finde ich noch weitaus ekeliger als alle anderen, die wenigstens keinen Hehl aus ihrer schlimmen Menschenfeindlichkeit machen.

Es ist gut, dass Küppersbusch nach seinem Rauswurf beim WDR einen Weg gefunden hat, trotzdem materiell zu überleben - und es ist bezeichnend und gleichzeitig widerwärtig, dass er sein erzwungenes Hurendasein seitdem nicht auch als solches erkennt und benennt, sondern es stattdessen - wie in diesem perversen System allseits gefordert - in den buntesten oder eher schrillsten Farben schönredet und dabei sogar noch von "Kreativität" faselt. Der Mann ist heute verantwortlich für RTL-Formate wie "Raus aus den Schulden" oder den debilen ARD-Blubberquark "Menschen bei Maischberger" - wie kreativ muss man wohl sein, um einen solchen schmierigen Schmarrn in die Welt zu koten?

Wenn demnächst Klaus Bednarz Parteiwerbung für die AfD macht, hänge ich mich endgültig auf. Vielleicht kann Küppersbusch oder eine/r seiner kreativen KollegInnen ja eine tolle Doku-Soup daraus machen und noch etwas Geld damit verdienen.

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Der Stilllebenmaler


"Die Äpfel kann ich hinten anbeißen, man sieht ja ohnehin nur die vordere Seite."

(Zeichnung von Ladislaus Kmoch [1897-1971], in "Simplicissimus", Heft 29 vom 12.10.1921)

5 Kommentare:

altautonomer hat gesagt…

Als das Gespräch auf die Sendung "Raus aus den Schulden" überleitete und Küppersbusch sich als der Ehtikbeauftragte von RTL aufspielte, habe ich mit Rücksicht auf meinen Adrenalinspiegel nicht weiter zugeschaut.

Mir ist dazu aufgefallen, dass der professionelle Interviewer und routinierte Medienmann Küppersbusch ununterbrochen an seinen Fingern herumfummelt. War der so unsicher oder hat der ne Zwangsstörung?

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Wenn Du an dieser Stelle schon abgeschaltet hast, sind Dir einige dicke Klöpse entgangen, die Küppersbusch im weiteren Verlauf noch vom Stapel gelassen hat.

Was sein Herumgefummel betrifft: Der Mann ist wohl einfach starker Raucher. Ob ein eventuelles schlechtes Gewissen da auch eine gewisse Rolle spielt, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis. ;-)

altautonomer hat gesagt…

Charlie: Auch den 2. Versuch - Deiner Empfehlung folgend- mußte ich abbrechen, als er sagte, die öffentl.-rechtl TV-Anstalten seien ein kapitalunabhängiges Medium. Das kann er doch nicht ernst meinen.

Und dann seine Erklärung zu den Grenzen der Vorführung von Menschen beim Thema Alkoholsucht, als er sich auf das Einverständnis der Protagonisten bezog. Als "gelernter" Journalist sollte er wissen, dass das Einverständnis der Opfer des privaten Verblödungsfernsehens nicht von der journalistischen Ethik befreit. Insbesondere dann nicht, wenn wie in anderen Script Reality-Shows und Dokus Knebelverträge die Würde der Darsteller aushebeln.

Kreymeier versagt auf ganzer Linie, weil er dem Gast schmeicheln möchte.

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Ich pflichte Dir völlig bei, was Kreymeier betrifft. Der Mann sollte das Interviewen besser sein lassen - er kommt über seichtes, oftmals anbiederndes Geplaudere einfach nicht hinaus (aus welchen Gründen auch immer). Das kann ganz unterhaltend sein, wenn da beispielsweise ein Gast wie Oliver Kalkofe sitzt - aber im Fall Küppersbusch war das nur entnervend.

altautonomer hat gesagt…

Eine Ikone, die immer tiefere Risse bekommt, ist für mich Jutta Ditfurth. Ich bin Ihren wiederholten Spendenaufrufen mal auf den Grund gegangen. Sie schreibt, dass sie allein für die 1. Instanz Kosten in Höhe von 25.000 Euro hätte. Im Urteil wurde sie Verplflichte, auf der bais eines gerichtlich festgesetzten Streitwertes in Höhe 15.000 Euro Elsässers Anwaltskosten in Höhe von rd. 1.700 Euro zu übernehmen. Nun nehme ich mal an, dass noch Gerichtskosten und eigene Anwaltskosten hinzuzurechnen sind. Wie sie dabei auf eine Summe von 25.000 E. kommt ist mir unverständlich.

Zum Kernsatz dere Entscheidung der Richterin: "Denn in dieser Bezeichnung kommt zum Ausdruck, dass derjenige die Überzeugung teilt, die zu der Ermordung von 6 Millionen Juden unter der nationalsozialistiswchen Schreckensherrschaft geführt haben,und die Menschen alleine aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft angreifen und für die Übel der Welt verantwortlich machen."

Ditfurth interpretiert das auf ihrer Webseite so: "Ein Antisemit wäre nur dann einer, wenn er sich affirmativ auf die Jahre 1933 bis 1945, auf den NS-Faschismus und auf Auschwitz bezieht."

Das ist in meinen Augen falsch, zumal die Richterin inden Entscheidungsgründen sehr sorgfältig auch andere, aktuelle zeitbezogene Definitionen eines glühenden Anitesmiten aufgeführt hat.

Die Berufung wird sie, nachdem ich das Urteil las, ebenfalls verlieren.

Urteil:
http://www.jutta-ditfurth.de/dl/dl.pdfa?download=Elsaesser-gegen-Ditfurth-I-Instanz-20141210.pdf