Montag, 1. Februar 2016

Unser freundlicher Überwachungsstaat: Schutz der Staatsmacht


Wie unser korruptes Regime tickt, kann man beispielhaft an einer kleinen Randnotiz, die auf den Seiten des WDR am vergangenen Donnerstag veröffentlicht wurde, ablesen. Dort heißt es:

Mit sogenannten Body-Cams geht die Bundespolizei seit [sic!] Freitag (29.01.2016) an den Hauptbahnhöfen in Köln und Düsseldorf auf Streife. Ein Jahr lang sollen die tragbaren Kamerasysteme von Beamten getestet werden. Danach sollen die Body-Cams möglicherweise zur Standard-Ausrüstung der Bundespolizei gehören. Hintergrund der Aufrüstung sei "die zunehmende Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber der Polizei", sagte der Präsident der Bundespolizeidirektion St. Augustin, Wolfgang Wurm.

Ich möchte mich an dieser Stelle selbstverständlich nicht über den Namen des hochverehrten Präsidenten lustig machen (obwohl es mir arg in den Fingern juckt), sondern auf ein kleines Detail hinweisen, das NRW-Innenminister Jäger (ASPD) dieser akuten Orwellisierung hinzugefügt hat. Es heißt in der Meldung nämlich weiter:

Ob [diese Maßnahmen] zum Schutz der Polizei beitragen könnten, und ob die Auswertung der Bilder zur anschließenden Strafverfolgung rechtlich möglich sei, werde noch geprüft. Im Herbst solle das Ergebnis der Innenministerkonferenz vorgelegt werden.

Das lassen wir mal sacken. Da wird also eine neue Eskalationsstufe in der Bevölkerungsüberwachung für ein ganzes Jahr zu "Testzwecken" eingeführt, um ausdrücklich lediglich die Polizei - und nicht etwa die Bevölkerung oder gar irgendwelche Minderheiten - zu schützen. Außerdem wissen die Verantwortlichen nicht, ob eine solche Maßnahme überhaupt sinnvoll ist, sondern hegen zusätzlich noch arge Zweifel, ob sie sich überhaupt im grundgesetzlich erlaubten Rahmen bewegen. Das macht aber alles nichts, "getestet" wird trotzdem - und in einem Jahr kräht ohnehin kein Hahn mehr danach, so dass einzig eine Klage vorm Bundesverfassungsgericht noch eventuelle Abhilfe verspräche. - Ob sich die "testende" Bundespolizei nun wohl im Fokus des "Verfassungsschutzes" befindet? Wir wissen ja so wenig.

Wenn Staatsschergen (in diesem Fall Bundespolizisten) in einem zunehmend autoritär auftretenden Staat mit Kameras durch die Gegend laufen und anlasslos alles filmen und speichern, was ihnen bei ihren "Streifen" und Einsätzen vor die Linse gerät - was soll da schon passieren? Datenschutz war schließlich gestern - heute muss in erster Linie die Staatsmacht geschützt werden - natürlich vor der Bevölkerung. Vor wem denn auch sonst.


5 Kommentare:

Matthias Eberling hat gesagt…

"Schutz der Polizei" - da habe ich noch mehr lachen müssen als über "Wolfgang Wurm". Danke erst mal, Charlie.

Aber "alles anlasslos filmen und speichern" - das macht inzwischen die halbe Welt mit ihren Smartphones. Wir alle sind der Überwachungsstaat - und bei Bedarf kann dieser Wurm (jetzt in jedem siebten Überwachungsei) auf die von uns gesammelten Daten (inkl. social media) zurückgreifen.

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Moin Charlie,
na da sieht man es doch, der Tanker Toitschlant nimmt endlich Fahrt auf.
Der feuchte Traum eines jeden Überwachers wird endlich wahr.

Nun gut,ich kaufe jetzt in China ein paar Mio. Bodycams incl. Tonübertragung und elektronischer Gegenmaßnahmen (Jammer), verticke die Dinger in der Bucht, werde Stinkreich und der Überwachte kann dann den Überwacher überwachen.
Suppi


LG
p.s. du bekommst eine BC natürlich für noppes von mir.

altautonomer hat gesagt…

Ausgerechnet vom Jäger kommen solche Ideen. Dieser Mann ist ja bereits durch diverse Skandale negativ aufgefallen: Love-Parade Diusburg - na ja, da war er noch nicht lange im Amt. Dann das von ihm zu verantwortende Versagen anläßlich der HoGeSa-Randale in Köl, und die Misshandlung von Flüchtlingen durch das Wachpersonal in Burbach, letztlich die Vorfälle in der Silvesternacht. Der Mann hat vermutlich kein Sitzfleisch, sondern Pattex extra stark am Arsch.

Und nun dies. Dabei hat die rot-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag „eine individualisierte anonymisierte Kennzeichnung der Polizei beim Einsatz geschlossener Einheiten (Hundertschaften)“ festgelegt. Das heißt, Nummern auf der Uniform, um Sadisten unter den Einsatzhundertschaften identifizieren zu können. Berlin (Name oder Nummer - seit 2011) Bremen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg (seit 2014 rot-rote Koalition)haben dies bereits umgesetzt. Die GdP in NRW ist strikt dagegen und beharrt auf der Anonymität ihrer Klientel auch beim Missbrauch des staatlichen Gewaltmonopols.

NRW führt stattdessen Krawattenkameras ein, um jeden Passanten zu überwachen. Aber es ist ja nur ein Test, vergleichbar der elektronischen Gesundheitskarte.


Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Tjaja, der Jäger ... über den könnte ich mich auch in epischer Breite auslassen, weil er ein Paradabeispiel für spezialdemokratische Widerwärtigkeit darstellt. Allein: Es führt zu nichts. Personen sind im politischen Theater ausnahmslos austauschbar - wenn der eine den schmutzigen Job nicht mehr macht, weil er beispielsweise "zurücktreten" muss, zaubert die Bagage unweigerlich den nächsten Kasper aus dem Hut, der ihn womöglich noch viel schmutziger und hartnäckiger erledigt.

Die politische Bande in diesem verkommenen, korrupten System ist eine Hydra.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

Ach ja, das habe ich vergessen zu schreiben: Jäger ist in diesem Falle (laut WDR-Meldung) nicht der Urheber, sondern lediglich der Kommentator dieser "Idee". Sowohl Jäger, als auch der WDR fassen das offensichtlich als "Kritik" an der offenbar von der Bundes-CDU stammenden Testregelung (siehe URL der verlinkten WDR-Meldung) auf, was wiederum eine Menge über Jäger sowie den Kölner Sender aussagt.

Filz, Irrsinn und Realitätsverleugnung, wohin man auch schaut.