Freitag, 29. Januar 2010

Ein Lehrstück aus Hessen: Wenn man eine Wahl verliert, aber nicht die Macht, sie wirkungslos zu machen

Freie und geheime Wahlen sind ein Wesensmerkmal einer parlamentarischen Demokratie. Was aber passiert, wenn sich der Wählerwille gegen mächtige Wirtschaftsinteressen durchgesetzt hat? (...)

Obwohl sich die hessische CDU im Wahlkampf 2008 ihre rassistischen Kampagnen (z.B. die Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsangehörigkeit 1999) mit dem Kampf gegen ausländische Kriminelle zu krönen wusste, die sie von einer Kuscheljustiz verhätschelt sah und mit Warnschussarrest vor einer lebenslangen kriminellen Karriere retten wollte, verlor sie deutlich die Wahl. Ihr Wahlkampfmotto: "Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen", eine bewusste Anspielung auf Undeutsches und Kommunistenangst, ging nicht auf.

Die SPD mit der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wurde stärkste Partei und hatte sogleich ein Problem: Auch mit den Grünen zusammen wäre sie auf eine Tolerierung durch die Partei Die Linke angewiesen gewesen. Genau diese schloss sie jedoch aus – in der Hoffnung, so den Einzug der Linken verhindern zu können. Um dennoch rot-grüne Politik machen zu können, brach sie ihr Wort und handelte ein Tolerierungsabkommen mit der Partei Die Linke aus.

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gab es schon viele Wortbrüche, ohne dass diese den jeweiligen Parteien geschadet hätten. Doch dieses Mal passierte etwas Ungewöhnliches: Eine parteiübergreifende Koalition aus Wirtschafts-, Partei- und Medienunternehmen fand sich zusammen, um den "linker Putsch gegen den Wählerwillen" zu verhindern. Die Initiatoren, Unterstützer und Sponsoren der Wortbruch-Kampagne reichten von Bild, FAZ bis [zur] Frankfurter Rundschau, vom wirtschaftsfreundlichen Flügel der SPD bis zu unternehmensnahen Gewerkschaftsgliederungen.

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