Mittwoch, 31. März 2010

Testfeld Griechenland: Pilotprojekt für den Angriff auf die Unter- und Mittelschichten in ganz Europa

(...) Mit anderen Worten, Griechenland hat mehr importiert als exportiert. Die griechische Wirtschaft sowie große Teile des EU-Währungsraumes bilden damit das Gegenstück zum deutschen "Exportweltmeister", der mit dem durch Hartz IV ermöglichten Lohndumping "unter seinen Verhältnissen" gelebt und gewirtschaftet hat. Genau das war aber mit der Währungsunion beabsichtigt, zumindest von denen, die etwas davon verstanden: Den exportorientierten Industrien Zentraleuropas sollten unabhängig vom Wechselkursrisiko die Absatzmärkte gesichert werden; die Möglichkeit, mittels einer Abwertung der eigenen Währung die Importe zu verteuern, die Exporte zu verbilligen und somit die Konkurrenzfähigkeit der eigenen Industrien zu erhalten, sollte den Ländern mit einer geringeren Arbeitsproduktivität genommen werden. An die Stelle der Währungsflexibilität trat die Lohnflexibilität nach unten. Dieses neoliberale Programm hatte im EU-Währungsraum die Senkung der gesamten Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft zum Ziel. Neben der Reduzierung der direkten Lohnkosten ging und geht es vor allem um eine Senkung des Rentenniveaus sowie der Kosten für die Sozialversicherungen. Dass mit den Maastrichter Konvergenzkriterien tatsächlich eine reale Annäherung der ökonomischen Verhältnisse erreicht werden könne, ist dagegen nur von neoliberalen Ideologen ernsthaft behauptet worden. (...)

Die Alternative zu einer Abschreibung der Kredite besteht in dem jetzt eingeschlagenen Weg: Wie Ende des 19. Jahrhunderts, als Griechenland aufgrund des Kriegsabenteuers gegen die Türkei erneut Kredite aufnehmen und daher seine Altschulden anerkennen musste, werden die griechischen Staatsfinanzen einer rigiden Kontrolle unterworfen, die den Gläubigern erlaubt, ihren Einfluss auf die griechische Wirtschaft maßgeblich auszuweiten. Das griechische Parlament büßt damit das vornehmste Recht eines jeden Parlaments, das Budgedrecht, ein. Ministerpräsident Papandreou fällt damit die Rolle eines von Frankreich und Deutschland mit Billigung Brüssels eingesetzten Staatskommissars zu, der sich – im Gegensatz zu den von den Großmächten im 19. Jahrhundert oktroyierten Monarchen – zumindest einer formalen demokratischen Legitimation erfreuen kann. Für die griechische Oberschicht ist diese Form der ökonomisch-politischen Diktatur in eigenem Interesse: Das griechische Handels-, Reederei- und Bankkapital ist traditionell weltmarktorientiert und insbesondere eng mit der herrschenden Klasse Großbritanniens verflochten, während das industrielle Kapital vor allem auf eine Akkumulationsstrategie setzt, die auf gering qualifizierter Arbeit und niedrigen Löhne basiert.

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Anmerkung: Ein sehr lesenswerter Aufsatz, der viele Hintergründe und Fakten nennt, die in unseren Massenmedien größtenteils verschwiegen oder verdreht werden. Wenn man diese Informationen mit dem vergleicht, was unsere Presse und das Fernsehen zum vielschichtigen Thema verbreiten, muss auch dem letzten Zweifler klar werden, dass es offensichtlich Absicht ist, die deutsche Bevölkerung nicht nur unzureichend und teilweise falsch zu informieren, sondern sie sogar gezielt zu manipulieren. Die gewollte Ausblutung der Mittelschicht hat - auch in Deutschland - längst begonnen.

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