Montag, 10. Januar 2011

Propaganda: Warum der Neoliberalismus trotz seines Scheiterns weiter den Ton angibt

Paul Krugman ist ein kluger Mann. Wir zitieren ihn oft und meist mit Respekt und Wohlwollen. Gestern erschien in der Frankfurter Rundschau ein Kommentar aus der New York Times, der beispielhaft zeigt, wie sich auch kluge Leute erfolglos abmühen, die Welt zu verstehen, wenn sie nicht verinnerlicht haben, welche Bedeutung Meinungsmache für die öffentliche Meinungsbildung und damit für politische Entscheidungen hat. Ich gehe auf diesen Vorgang nicht ein, um Paul Krugman zu kritisieren, sondern um Nachdenkseiten-Lesern und Interessierten an diesem Beispiel sichtbar zu machen, wie erfolgreich man analysieren kann, wenn man Orwells und unseren Denkansatz begriffen hat.

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Anmerkung: Was Albrecht Müller "Meinungsmache" nennt, ist in Wahrheit nichts anderes als gezielte Propaganda. Er benutzt dieses Wort im zitierten Text ja ebenfalls - vermutlich ist seine Vorliebe für das Wort "Meinungsmache" darauf zurückzuführen, dass sein Buch diesen Titel trägt und ein besser passender Titel vom Verlag seinerzeit abgelehnt wurde. Aber das sind nur Mutmaßungen.

Die Kernaussage bleibt davon unberührt: Wir sind durch die Medien massenhaft Propaganda-Kampagnen ausgesetzt, die eine bestimmte - nämlich neoliberale - Weltsicht kolportieren. Diese Kampagnen betreffen nahezu alle Medien - private ebenso wie öffentlich-rechtliche. Selbst in Blättern, die gelegentlich recht ansehnliche journalistische Fundstücke anbieten, finden sich immer wieder auch Teile dieser Propaganda-Kampagnen.

Wer von Kampagnen spricht, muss zwangsläufig auch davon ausgehen, dass es Drahtzieher gibt, die diese Kampagnen starten. Die Schlussfolgerung, welche Drahtzieher das denn wohl sein mögen, fällt ziemlich leicht, wenn man sowohl bei der tagesschau, als auch im Spiegel, in der Frankfurter Rundschau und beim WDR Beiträge findet, die beispielsweise die "private Rente" unkritisch in den Himmel loben. Derlei Themen-Beispiele und involvierte Medien gibt es sehr viele.

Albrecht Müller hat also recht, wenn er sich erneut auf George Orwell bezieht und feststellt: "Wenn man immer wieder das Gleiche sagt und dies von einigen anderen auch sagen lässt, dann wird die Lüge zur Wahrheit." Genau so läuft das in unserer Welt - wir bekommen nicht verschiedene Meinungen oder gar tiefere Analysen präsentiert, sondern das immer gleiche aus verschiedenen Quellen - also "muss es ja wahr sein". Das ist die schlüssigste - und nach meiner Wahrnehmung auch einzige - Begründung dafür, dass der Neoliberalismus, der auf allen Ebenen in Gänze (wiederholt) versagt hat, immer noch das vorherrschende Glaubensbekenntnis ist - nicht nur bei den wenigen Profiteuren, sondern auch bei vielen normalen Bürgern, die ja zu den Opfern dieser Ideologie gehören.

Um beim Beispiel der "privaten Rente" zu bleiben: Durch einfaches Nachdenken müsste jedem Menschen sofort klar sein, dass ein soziales System in dem Augenblick, in dem irgendein Konzern oder Unternehmen darin involviert ist, keine Verbesserungen für die beteiligten Bürger mehr bieten kann - denn dieses Unternehmen ist in diesem Wirtschaftssystem darauf angewiesen und ausgerichtet, Profit zu machen und so Geld aus dem System abzuziehen. Die Logik lässt da keinen anderen Schluss zu, als dass eben unterm Strich weniger Geld für die Menschen übrig bleibt. - Dass es dennoch dazu gekommen ist, dass ein solches System eingeführt wurde (und auch viele Menschen daran "glauben", dass es ihnen Vorteile bringt, was ja absurd ist), ist auf genau diese Propaganda zurückzuführen. Und die Rente ist nur ein Beispiel von sehr, sehr vielen.

Im Übrigen zeigt dieses Beispiel auch die Perfidie, die hinter diesem ganzen Irrsinn steckt: Jeder soll animiert werden, den eigenen Vorteil zu entdecken. Es wird plump eine möglichst egoistische Weltsicht jedes Einzelnen befördert - was genau dem perversen "Wettbewerbsdenken" der neoliberalen Ideologen entspricht. Mit Verlaub - aber in einer solchen mutierten Welt will ich nicht leben.

Es ist an der Zeit sich zu entscheiden. Wollen wir egoistische Vorteile auf Kosten von anderen, wollen wir ein vereinzeltes Leben in "Wettbewerb" und "Konkurrenz", oder wollen wir gemeinschaftlich leben? Diese Orwell'sche Propaganda-Show jedenfalls findet auch weiterhin ohne mich statt.

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