Ein müder Lichtstrahl küsst eine Ruine,
In feuchten Kellern wird es langsam Nacht.
Ein blasser Mond verzieht höhnisch die Miene -
Das ist die Fratze dieser Zeit, - die lacht.
Aus kahlen Trümmern kriecht ein fahles Dämmern,
Der Abendwind umsäuselt einen Baum.
Von irgendwo erklingt noch müdes Hämmern,
Vier Menschen drängen sich in einem Raum.
Verfaultes Leben schleimt auf allen Gassen,
Die Abfallgruben stinken widerlich.
Und während in den Luxusvillen Bonzen prassen,
Gehn Huren müde auf den Abendstrich.
Vor einer Haustür steht ein fetter Mann,
In einer nahen Gosse spielen Kinder.
In einer Kirche betet's dann und wann:
Herrgott! Wir sind doch alle arme Sünder!
Und irgendwo lieben sich frohe Menschen,
Und irgendwo lauert der kalte Mord.
In einem kleinen, reichen Ländchen
Schmieden die Dichter noch das Rettungswort.
Der letzte Lichtstrahl küsst eine Ruine,
In feuchten Kellern ist stockdunkle Nacht.
Zu eines bleichen Abendhimmels Miene -
Die graue Elendsfratze höhnisch lacht.
(Heinz Schneekloth [*1924], in: "Der Simpl", Nr. 19 vom Oktober 1947)
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Dämmerstunde an der Küste
(Gemälde von Kurt Klamann [1907-1984] aus dem Jahr 1946, Öl auf Holz, Privatbesitz)
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