Donnerstag, 11. März 2010

Debatte um “faule Arbeitslose”: Immer vor der Wahl und in der Flaute

  1. Im April 2001 war es wieder soweit: Mit der markigen Äußerung "Es gibt kein Recht auf Faulheit" rügte der Bundeskanzler die Arbeitslosen der Republik, die zu bequem seien, einen Job anzunehmen. Seitdem wird wieder landauf landab in Talkshows und Presseclubs debattiert, ob es den Arbeitslosen nicht vielleicht doch zu gut gehe. – So eine Debatte sei weder neu noch komme sie von ungefähr, sagen Wissenschaftler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in einer gerade erschienenen Studie.

    Vielmehr ließe sich die Entstehung einer Faulheitsdebatte immer mit einer wichtigen bevorstehenden Wahl, die in einer Konjunkturflaute stattfindet, in einen deutlichen Zusammenhang bringen. Die Wissenschaftler sprechen sogar von einem "fast prognosefähigen Gesetz", nach dem solche Faulheitsdebatten entstehen.

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  2. Kampagnen gegen vermeintlich faule Arbeitslose haben Tradition. Dabei ergänzen sich Politik und Medien perfekt

    Eine "wichtige Debatte über die Zukunft des Sozialstaates" sei mit den Äußerungen von Außenminister Guido Westerwelle über Hartz IV und "anstrengungslosen Wohlstand" angestoßen worden, heißt es von allen Seiten. Das ist beunruhigend. Denn man fragt sich, was wurde eigentlich in den vergangenen fünf Jahren seit Einführung von Hartz IV debattiert? Hatten wir sie nicht schon bis zum Erbrechen, diese Kampagnen gegen "Sozialschmarotzer" und "Missbrauch", für "härtere Strafen" und "Lohnabstand"?

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Anmerkung: Es hätte keiner wissenschaftlichen Studie bedurft, um diesen Zusammenhang herzustellen - aber es ist gut, dass es sie gibt. Dass die Politik und die Medien es vermeiden, über die wirklichen Schmarotzer und Abzocker unserer Gesellschaft zu reden und zu berichten - die Banken, Konzerne, Superreichen, für die der Begriff "anstrengungsloser Wohlstand" tatsächlich zutrifft, während er in Bezug auf Arbeitslose ein brutaler Zynismus ist -, folgt ja ebensolchen Gesetzen. Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing'. "Faule Arbeitslose" erfüllen in dieser heutigen politischen und medialen Welt dieselbe Funktion, die einstmals die Juden über sich ergehen lassen mussten, bevor man sie millionenfach ermordete. Wiederholt sich Geschichte?

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