Freitag, 25. Juni 2010

"Sparpaket": Leerverkauf der Mitte

Den politischen Offenbarungseid hat Angela Merkel längst geleistet. Wo immer die Bundeskanzlerin sich gerade aufhält, in welchen Sphären sie auch unterwegs sein mag - die Politik ist es mit Gewissheit nicht mehr. Denn in den letzten Monaten hat Merkel immer wieder die Alternativlosigkeit ihres Handelns beschworen, was nichts anderes heißt, als dass frei zu wählen ihr nicht mehr möglich ist. Selbst im Rahmen einer nur noch minimalen Bestimmung des Politischen, nämlich der, aus und in Freiheit zu handeln, agiert Merkel nicht länger politisch, sondern gehorcht einem nur noch unheimlich zu nennenden Zwang.

Vielleicht folgt sie dem Lauf der Gestirne oder richtet sich nach den Gezeiten. Das ist letztlich einerlei, denn sobald innerhalb der politischen Sphäre, deren normativer Sinn vor allem darin besteht, ein Freiheitsraum zu sein, nur noch mit naturgesetzhafter Eindeutigkeit regiert wird, verschwindet mit der Freiheit eben auch das Politische. Dieses Verschwinden ist seit langem, eigentlich seit Gerhard Schröders und Frank-Walter Steinmeiers Agenda-Setting zu beobachten. Offenbar überzeugt uns Globalisierungsstress- und Abstiegsangstgeplagte die Idee, Politik sei vor allem als soziale Käfighaltung zu verstehen. (...)

Dass es darüber nicht längst zu sozialen Aufständen, sondern nur zur Gründung der Linkspartei gekommen ist, muss wohl als der größte ideologische Erfolg des Kleinbürgertums gesehen werden. Scheinbar treibt auch noch das Prekariat die - völlig unbegründete, aber doch allemal disziplinierende - Gewinn- und Aufstiegshoffnung, ein Schnäppchen auf Kosten anderer zu machen. Ein solcher Geiz-ist-geil-Mob löst das Gesellschaftliche von innen her auf. Dessen Auflösung scheint allerdings ins Kalkül zu gehören, was nicht nur an der deutlich asozialen Tendenz im neuesten Sparhaushalt der Bundesregierung abzulesen ist.

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Anmerkung: Solche Kommentare wie dieser verleihen uns ein kleinwenig Hoffnung darauf, dass die Wahrheit letzten Endes doch die Propaganda besiegen könnte. Und nicht zuletzt erinnern solche Worte an ferne, vergangene Zeiten, zu denen es am Samstagmorgen ein intellektueller Genuss war, die Frankfurter Rundschau aufzuschlagen. Bravo! Weiter so! Mehr davon!

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