Freitag, 4. Dezember 2009

Die Arbeitszeitfrage drängt

Jahrelang waren Otto Meyer, Rainer Butenschön und ich [Eckart Spoo] fast die einzigen weit und breit, die zu kräftiger Verkürzung der Arbeitszeit aufriefen – mit dem Ziel, die Massenarbeitslosigkeit zu überwinden. Wir forderten, vom unaufhaltsamen technischen Fortschritt dürften nicht einseitig die Unternehmer profitieren. Wir argumentierten (und verrieten damit nichts Neues, aber lange Verdrängtes): Wenn sich die Arbeitszeit nicht entsprechend dem Produktivitätsfortschritt verringert, steigen zwangsläufig die Arbeitslosenzahlen; es entsteht ein Überangebot an Arbeitskräften. Die Unternehmer nutzen dieses Überangebot – und die Angst der Beschäftigten, ebenfalls arbeitslos zu werden – dazu aus, die Arbeitnehmerrechte einzuschränken, die Löhne zu drosseln. Je höher die Arbeitslosigkeit, desto geringer wird der Preis der Arbeitskraft. Das Interesse der Unternehmer an maximalem Kapitalertrag gebietet ihnen geradezu, die Arbeitsfähigen gegeneinander ausspielen, um die Personalkosten zu senken, und wo die Solidarität bröckelt, da verlieren die Gewerkschaften an Durchsetzungskraft.

Wir wiesen darauf hin, dass es Handel und Wandel lähmt, wenn Millionen Menschen auf ein Minimum an Kaufkraft reduziert sind; dass die Probleme der Kranken- und Altersversicherung direkte Folgen der Massenarbeitslosigkeit sind, weil Beitragseinnahmen fehlen; dass sich das gesellschaftspolitische Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit unerträglich zugunsten der ohnehin Mächtigen ändert; und wir erinnerten daran, dass nach 1945 weithin Konsens darüber bestanden hatte, niemals wieder Massenarbeitslosigkeit aufkommen zu lassen, damit nicht nochmals die Demokratie daran zerbreche. Gerade vor dem geschichtlichen Hintergrund der Zerstörung der Weimarer Republik hat die UNO das Recht auf Arbeit als allgemeines Menschenrecht deklariert.

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