Samstag, 24. April 2010

Überwachungsstaat: Elenas dreiste Neugier

Der Bundesregierung droht die nächste Niederlage beim Bundesverfassungsgericht, diesmal wegen der zentralen Arbeitnehmerdatenspeicherung "Elena". Erst am 2. März haben die Karlsruher Richter der Vorratsspeicherung von Telefonverbindungsdaten – jedenfalls in der bisherigen Form – eine Absage erteilt (s. Ossietzky 6/10). Dabei benutzten sie eine für die vornehme Juristenzunft ungewöhnlich klare Sprache: Bei einer solchen Speicherung handele es sich um einen besonders schweren Eingriff "mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt". Darüber hinaus würden die mit einer solchen Datensammlung verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten deren belastende Wirkung verstärken. Schließlich sprach das Gericht von einem "diffus bedrohlichen Gefühl des Beobachtetseins", das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen könne.

Das liest sich wie eine vorweggenommene verfassungsrichterliche Würdigung von "Elena". Wieder geht es um eine anlass- und verdachtslose Massensammlung sensibler Daten. Die "Streubreite" ist beträchtlich, denn mehr als 40 Millionen Arbeitnehmer sind betroffen. Diese könnten sich bedrohlich beobachtet fühlen, wenn sie zum Beispiel ihr Streikrecht wahrnehmen; sie könnten dadurch in der Ausübung von Grundrechten erheblich beeinträchtigt werden. Schließlich sind die Möglichkeiten zum Missbrauch einer Datensammlung um so größer, je umfangreicher sie ist.

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Anmerkung: Es ist der pure Wahnsinn, was diese Überwachungsfetischisten da vor- bzw. bereits in die Tat umgesetzt haben. Man stelle sich doch nur einmal für einen Augenblick vor, das Nazi-Regime hätte über eine solche umfassende Datensammlung nahezu aller erwachsenen Bürger des Landes verfügt - dann wird schlagartig klar, wieso der Datenschutz unbedingte Priorität vor behördlicher Datensammelwut haben muss. Ein Staat, der alles über seine Bürger weiß, entspricht 1:1 einer dystopischen Horrorvision wie Orwells "1984" und hat mit einem demokratischen Rechts- und Sozialstaat nichts mehr zu tun. Diese Entwicklung ist mehr als nur bedrohlich.

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