Samstag, 17. Oktober 2009

Die EU wird gefährlich

Die irische Zustimmung zum Lissabon-Vertrag hat den Weg frei gemacht für eine neue EU. Aber kann das Projekt gelingen?

Nun haben sich die Iren und Irinnen also doch besonnen – und halb Europa atmet auf. Ein entschiedenes Ja sei das gewesen, lobten die Regierungen der anderen EU-Staaten, immerhin hatten am letzten Freitag 67 Prozent der Stimmenden für die Annahme des Lissabon-Vertrags votiert. Mit dem einzigen demokratischen Votum – in allen anderen EU-Staaten wurden Referenden entweder abgesetzt oder gar nicht erst erwogen – ist die Ratifizierung des Vertrags sehr viel wahrscheinlicher geworden. Dem wachsenden Druck dürfte auch der tschechische Staatschef Vaclav Klaus nicht lange standhalten.

Aber haben die IrInnen tatsächlich über den Lissaboner Vertrag abgestimmt? Die BefürworterInnen, die mit viel EU-Prominenz und noch mehr Geld hantieren konnten, sprachen die Inhalte des Vertrags vorsichtshalber gar nicht erst an. So entschied die irische Bevölkerung eher über ihre Mitgliedschaft in der EU und über das Versprechen von Arbeitsplätzen und Wirtschaftsaufschwung. Die IrInnen, deren Volkswirtschaft durch die Finanzmarktkrise in den Keller gefallen ist, «stimmten mit der Pistole an der Schläfe ab», wie die konservative polnische Zeitung «Rzeczpospolita» kommentierte. Selbst die Neutralität des Staates, ein für die meisten IrInnen zentraler Punkt, spielte im Wahlkampf kaum eine Rolle. Und wenn, dann wurde mit unhaltbaren Behauptungen argumentiert. Die Neutralität würde durch den Vertrag nicht berührt, hieß es. Dabei ist die Zusammenarbeit der EU mit der Nato ein wesentliches Element des Vertragswerks.

Nachdem das deutsche Bundesverfassungsgericht Ende Juni zwar das deutsche Begleitgesetz zum EU-Vertrag kassierte (mit ihm hatte die deutsche Regierung die Entscheidungsbefugnis des Bundestags über Kriegseinsätze deutscher SoldatInnen auszuhebeln versucht), den Vertrag selber aber nicht für verfassungswidrig erklärte, scheint der Weg frei für die Etablierung der Militärmacht EU. Denn der Vertrag verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten nicht nur zur Aufrüstung (Artikel 42), sondern im Konfliktfall auch zum gegenseitigen Beistand. Die militärische Solidaritätsklausel (Artikel 222) ist noch strikter formuliert als die Bündnisverpflichtung der Nato. Sie ermöglicht auch einen Einsatz des Militärs im Innern der EU – eine Maßnahme, die etwa das deutsche Grundgesetz ausdrücklich untersagt.

(Weiterlesen)

Keine Kommentare: