Dienstag, 9. Februar 2010

Schwarz-gelbes Gesundheitssystem: Abschied von der Solidarität

  1. (...) Erstens: Die Krankenkassen verlangen die acht Euro, bei denen es natürlich nicht bleiben wird, pauschal. Die alleinstehende Friseurin, die finanziell kaum über die Runden kommt, muss sie genauso berappen wie der üppig verdienende Abteilungsleiter für sich, seine Frau und seine vier Kinder. Bislang richteten sich die Kassenbeiträge, zumindest bis zu einer Obergrenze, immer nach dem Einkommen. Und zweitens: Die Arbeitgeber sind raus. Sie müssen nicht paritätisch mitbezahlen, sie werden noch nicht mal mit dem Abbuchen der sogenannten Zusatzbeiträge behelligt.

    Beides ist, um das klar zu sagen, ein Systemwechsel. Was wir gerade erleben, ist nichts weniger als der noch ein wenig schüchtern daherkommende Abschied vom solidarischen Prinzip. Eine Weichenstellung, die den Zug in Regionen leitet, die sich merklich frostiger anfühlen werden. Und die, auch das ist interessant, nicht etwa von den neoliberalen Gesellen einer Klientelpartei ersonnen wurde, sondern von einer Koalition der Volksparteien, mit tatkräftiger Hilfe der SPD. Die aufgesprungene FDP kann sich jetzt sogar den Luxus gönnen, die Zusatzbeiträge als Zumutung für Geringverdiener zu bezeichnen – obwohl sie selber ein Pauschalsystem ansteuert, das viel weiter will und die Hälfte der Bürger zu Sozialausgleichsbedürftigen machen würde.

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  2. Das Strickmuster ist so simpel, die bestellten Expertisen so unverfroren, die Interessenlage derart transparent, dass man sich wundert, wie glatt das alles durchgeht. Die Einführung von Zusatzbeiträgen bei der gesetzlichen Krankenversicherung war nicht nur absehbar. Sie war kalkuliert und politisch gewollt. 2007 hat der Bundestag dazu mit den Stimmen von Unionsparteien und SPD die Weichen gestellt. Wenn CSU-Chef Horst Seehofer heute die "Flucht in die Beitragserhöhung" bejammert oder die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann sagt, es dränge sich der Eindruck auf, dass der jetzige Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) "die Zusatzbeiträge für Millionen von Versicherten willentlich in Kauf nimmt, um sein Lieblingsprojekt, die Kopfpauschale, durch die Hintertür einführen zu können", sind das nichts als Nebelkerzen.

    Tatsächlich arbeiten Christlich-Konservative und Sozialdemokraten genau wie die FDP seit Jahren daran, das mehr als ein Jahrhundert alte Modell der Sozialversicherung zu unterminieren. Wer dahinter steht, ist offensichtlich. "Arbeitgeber" fordern seit langem, die Gesundheitskosten einseitig den "Arbeitnehmern" aufzubürden.

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Anmerkung: Und wer hat diese Parteien, die nun nachweislich nicht für das Wohl der Mehrheit der Bürger in diesem Land arbeiten, gewählt? Und weshalb werden sie trotz alledem immer wieder gewählt? Ist Deutschland ein Land voller Masochisten?

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