In einem Klima der Angst ist jeder verdächtig. Das merkte ein marokkanischer Student, der während des Oktoberfestes inhaftiert wurde - ohne Tatverdacht.
Metallzäune, Panzerfahrzeuge, Hunderte Polizisten, bis an die Zähne bewaffnet - wer in der letzten Septemberwoche des Jahres 2009 zum Oktoberfest aufbricht, kommt leicht auf die Idee, sich im Datum geirrt zu haben. Einen vergleichbaren Großeinsatz erlebt München sonst nur zur alljährlichen Sicherheitskonferenz im Februar. Aber eine Bannmeile um die Bierzelte, das gab es bisher nie. Die Wiesn 2009, ein Fest hinter Gittern: drinnen ein Prosit der Gemütlichkeit, draußen Alarmstufe Rot. Und Tariq Samir ist draußen.
Der Informatikstudent sitzt am Morgen des 26. September zehn Kilometer entfernt im Münchner Norden am Schreibtisch und lernt für seine Diplomprüfung. Sein Blick schweift aus dem Fenster, zum Firmenparkplatz gegenüber seiner Wohnung. An Wochenenden ist der sonst wie leer gefegt, jetzt steht dort ein silbergrauer BMW. Eigentlich würde sich Samir nichts dabei denken. Aber da war dieser Mann vor drei Monaten in der Uni-Bibliothek, der ihn mit einer Handy-Kamera filmte. (...)
Als der BMW gegen zwölf Uhr immer noch nicht verschwunden ist, läuft Samir die Treppe hinunter, um sich den Wagen genauer anzuschauen. Zwei Männer sitzen darin, einer starrt ihn an, der andere wendet den Blick ab. Samir notiert das Kennzeichen und ruft mit dem Handy die Polizei an. Er hat das Telefonat kaum beendet, als der Beifahrer aus dem BMW steigt und zu Samirs Wohnblock läuft. Dann heult der Motor auf, und der BMW entschwindet Richtung Hauptstraße.
Samir ruft noch mal bei der Polizei an. Der BMW gehöre zur Polizei, beruhigt ihn der Beamte, aber "die sind nicht wegen Ihnen da". Der Informatikstudent verständigt eine Anwältin, die er schon länger kennt. Gegen 16 Uhr erhält er eine SMS von ihr: "Sind die immer noch da?" Wieder verlässt Samir die Wohnung, um nach den Beobachtern zu schauen. Nun geht alles sehr schnell: Zwei VW-Busse bremsen neben ihm, Männer springen heraus. Samir sieht eine Nachbarin und schreit, sie solle die Polizei anrufen. Einer der Männer, er trägt eine Sonnenbrille, lacht nur: "Wir sind doch von der Polizei." Samir wird in einen VW-Bus gedrängt und davongefahren.
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Anmerkung: Absolute Leseempfehlung! Dies ist eine der vielen schrecklichen Folgen, die der politisch und medial seit fast zehn Jahren verbreitete Terrorwahn hat: Im Deutschland des Jahres 2009 gibt es wieder willkürliche, tatverdachtslose Verhaftungen, weil jemand eine andere Hautfarbe hat oder einer anderen Religion angehört. Willkommen in der Zukunft.
Metallzäune, Panzerfahrzeuge, Hunderte Polizisten, bis an die Zähne bewaffnet - wer in der letzten Septemberwoche des Jahres 2009 zum Oktoberfest aufbricht, kommt leicht auf die Idee, sich im Datum geirrt zu haben. Einen vergleichbaren Großeinsatz erlebt München sonst nur zur alljährlichen Sicherheitskonferenz im Februar. Aber eine Bannmeile um die Bierzelte, das gab es bisher nie. Die Wiesn 2009, ein Fest hinter Gittern: drinnen ein Prosit der Gemütlichkeit, draußen Alarmstufe Rot. Und Tariq Samir ist draußen.
Der Informatikstudent sitzt am Morgen des 26. September zehn Kilometer entfernt im Münchner Norden am Schreibtisch und lernt für seine Diplomprüfung. Sein Blick schweift aus dem Fenster, zum Firmenparkplatz gegenüber seiner Wohnung. An Wochenenden ist der sonst wie leer gefegt, jetzt steht dort ein silbergrauer BMW. Eigentlich würde sich Samir nichts dabei denken. Aber da war dieser Mann vor drei Monaten in der Uni-Bibliothek, der ihn mit einer Handy-Kamera filmte. (...)
Als der BMW gegen zwölf Uhr immer noch nicht verschwunden ist, läuft Samir die Treppe hinunter, um sich den Wagen genauer anzuschauen. Zwei Männer sitzen darin, einer starrt ihn an, der andere wendet den Blick ab. Samir notiert das Kennzeichen und ruft mit dem Handy die Polizei an. Er hat das Telefonat kaum beendet, als der Beifahrer aus dem BMW steigt und zu Samirs Wohnblock läuft. Dann heult der Motor auf, und der BMW entschwindet Richtung Hauptstraße.
Samir ruft noch mal bei der Polizei an. Der BMW gehöre zur Polizei, beruhigt ihn der Beamte, aber "die sind nicht wegen Ihnen da". Der Informatikstudent verständigt eine Anwältin, die er schon länger kennt. Gegen 16 Uhr erhält er eine SMS von ihr: "Sind die immer noch da?" Wieder verlässt Samir die Wohnung, um nach den Beobachtern zu schauen. Nun geht alles sehr schnell: Zwei VW-Busse bremsen neben ihm, Männer springen heraus. Samir sieht eine Nachbarin und schreit, sie solle die Polizei anrufen. Einer der Männer, er trägt eine Sonnenbrille, lacht nur: "Wir sind doch von der Polizei." Samir wird in einen VW-Bus gedrängt und davongefahren.
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Anmerkung: Absolute Leseempfehlung! Dies ist eine der vielen schrecklichen Folgen, die der politisch und medial seit fast zehn Jahren verbreitete Terrorwahn hat: Im Deutschland des Jahres 2009 gibt es wieder willkürliche, tatverdachtslose Verhaftungen, weil jemand eine andere Hautfarbe hat oder einer anderen Religion angehört. Willkommen in der Zukunft.
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