Mittwoch, 17. März 2010

Hartz IV oder Menschenwürde

  1. Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts über Hartz IV kam zur richtigen Zeit – mitten in einem erneut anschwellenden Bocksgesang über die angeblich zu hohen Hartz-IV-Leistungen. Erst kurz zuvor hatte Roland Koch – der seine Bezüge aus Steuergeldern eigentlich dafür erhält, das Wohl der seiner Regierung anvertrauten Menschen zu mehren, anstatt eine große Zahl von ihnen zu diffamieren – hart ausgeholt. Er hatte gefordert, dass jedem Hartz-IV-Empfänger als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung zugemutet werden könne, eine – sprich: jede – Beschäftigung anzunehmen. Niemand dürfe, so Koch, das Leben mit Hartz IV "als angenehme Variante" ansehen.

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  2. Ein "vernichtendes Urteil" habe das Bundesverfassungsgericht über "Hartz IV" abgegeben, freute sich Gregor Gysi im Namen der Linkspartei. Schön wär's. Doch der Jubel ist fehl am Platze, denn nach der Entscheidung aus Karlsruhe wird der Streit über sozialstaatliche Hilfen für ein "menschenwürdiges Existenzminimum", wie das Gericht den Zielhorizont nannte, erst richtig beginnen. Noch ist nicht entschieden, wer da wem etwas abringt oder wegnimmt, ob die Regelsätze und Zuwendungen in sehr bescheidenem Umfange angehoben oder ob sie am Ende gekürzt werden. (...)

    Die von Gerhard Schröder eingeleitete "Hartz"-Politik hatte den Sinn, für viele Jahre Lohndumping staatlich zu organisieren; das ist gelungen, und es hat die ökonomisch-sozialen Kräfteverhältnisse in der Bundesrepublik massiv zugunsten der Kapitalseite verändert. "Hartz IV" war der Hebel, um den Niedriglohnsektor hierzulande rasant zu vergrößern und damit Druck auch auf die Lohnforderungen der Arbeitnehmer in "Normalarbeitsverhältnissen" auszuüben.

    Würden die staatlichen Leistungen an "Hartz IV"-EmpfängerInnen in nennenswertem Umfange angehoben, ließe der Zwang nach, jede noch so schlecht bezahlte Arbeit zu übernehmen – so argumentieren die unternehmerischen Experten, es fehle dann an "Abstand" zum Lohneinkommen im "Niedrigsektor". Hier das Lohnniveau zu heben, würde Profite schmälern. Der Arbeits-Reserve-"Armee" muss das Wasser bis zum Halse stehen, sonst wird sie übermütig ...

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Anmerkung: Wir dürfen sicher sein, dass es keine nennenswerte Anhebung der Hartz-IV-Sätze geben wird - das widerspräche dem gesamten Konzept, das die neoliberale Bande seit Jahrzehnten verfolgt. Sie wollten einen riesigen Niedriglohnsektor - sie haben ihn geschaffen. Nun wollen sie ihn ausbauen. Da können sie die Sätze gar nicht anheben, ohne ihren Plan aufgeben müssen. Also wird sich diese Bande spitzfindig etwas einfallen lassen, um dem schwammigen Urteil aus Karlsruhe "gerecht" zu werden und gleichzeitig ihre perfiden Pläne der systematischen Verarmung großer Bevölkerungsteile weiterhin verfolgen zu können.

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