- Etwa 500.000 Vollzeitbeschäftigte in der Bundesrepublik Deutschland nehmen ihren Anspruch auf staatliche Unterstützung nicht wahr. Dies geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Die Betroffenen lassen ihren geringen Verdienst nicht mit ergänzendem Arbeitslosengeld II "aufstocken", obwohl das rechtlich möglich wäre, heißt es in dem Papier. Damit übersteige die Zahl der Vollzeitbeschäftigten, die in verdeckter Armut leben, deutlich die Zahl der vollzeitbeschäftigten "Aufstocker" (rund 400.000). Nimmt man auch Beschäftigte mit geringerer Stundenzahl hinzu, dürfte die Zahl derer, die einen Anspruch auf staatliche Unterstützung nicht realisieren, noch weitaus höher sein, so die Schlussfolgerung der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker. (...)
Dass die betroffenen Menschen trotz Niedriglohn und ohne staatliche Ergänzung einer Vollzeittätigkeit nachgehen, stehe in "auffallendem Kontrast" zu der These, dass die staatliche Grundsicherung "negative Arbeitsanreize" schaffe.
(Weiterlesen) - (...) Wir benötigen dringend eine andere Debatte als eine pauschale und unzutreffende Verdächtigung von Sozialhilfeempfängern. Anstöße dazu sind uns allen aktuell vom Bundesverfassungsgericht gegeben (...). Reden wir also über Menschenwürde und deren materielle Grundlagen. Reden wir also über Bildung als Zugang zum gesellschaftlichen Leben und Ausdruck einer menschenwürdigen Existenz.
Reden wir also über faire Löhne und die weitersteigende Zahl von Menschen, deren tarifliche Entlohnung durch staatliche Hilfen aufgestockt werden muss (mit deren Arbeit aber Gewinne gemacht und ein auskömmliches Arbeitgebereinkommen erzielt werden kann).
Reden wir also über das steigende Ausmaß der Leiharbeit. Und fragen wir nach einer effektiven Förderung von Kindern, dem Verhältnis von Eigennutz und Gemeinwohl und von Menschenwürde und Sozialstaat.
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Anmerkung: Die Lobhudelei des Autors der Süddeutschen in Bezug auf das Hartz-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) ist nicht nachvollziehbar. Das BVG hat Hartz IV gerade nicht kritisiert - es hat lediglich die Berechnungsweise, nach der die Höhe der Regelsätze berechnet wurde, für nichtig erklärt. Ob nach einer "Neuberechnung" höhere, gleiche oder gar niedrigere Regelsätze herauskommen, ist ungewiss und wurde vom Gericht auch nicht bewertet. - Im Übrigen ist die Frage des Titels natürlich längst beantwortet: Hartz IV bewirkt (gewollt), dass Unternehmen ihre Arbeitnehmer und den Staat ausnutzen. Man kann dieses faschistische Geschrei dieser (zumeist wohlhabenden) Leute nicht mehr ertragen, die einem anderen Menschen alberne 359 Euro im Monat nicht gönnen wollen - ganz egal, ob er sich nun massiv um einen der wenigen offenen Arbeitsplätze bemüht, oder ob er das - warum auch immer - unterlässt. Dass es schlichtweg nicht genug Arbeitsstellen für alle gibt, wird allzu oft unterschlagen und vergessen. 6 Millionen Hartz-IV-Bezieher, denen 500.000 offenen Stellen gegenüberstehen (die zudem in einem erheblichen Maße aus Niedriglohn- und Leiharbeitsstellen bestehen, die wiederum zur Folge haben, dass eine "Aufstockung" durch Hartz IV beantragt werden kann) - das spricht eine sehr deutliche Sprache. - Die systematische Verarmung der Bevölkerung wird einfach fortgesetzt.
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