Samstag, 14. November 2009

Oskar Lafontaine: Die falsche Regierung zur falschen Zeit

Die Linke in NRW: Mehr Demokratie wagen

Empörung bei SPD, CDU, FDP und Grünen: Die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen hält konsequent an linker Politik fest. Auf einem Landesparteitag in Hamm beschlossen die 240 Delegierten am gestrigen Sonntag ihr Programm zur Landtagswahl am 9. Mai kommenden Jahres. Seine Partei wolle mit einer »starken Fraktion« ins Düsseldorfer Parlament einziehen, sagte Wolfgang Zimmermann, der gemeinsam mit Katharina Schwabedissen dem Landesverband vorsteht. (...)

Im Wahlprogramm fordert die mittlerweile fast 9000 Mitglieder zählende NRW-Linke u.a. die Vergesellschaftung von Energiekonzernen, die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Abschaffung von Schulnoten sowie die Freigabe von Marihuana bzw. Cannabis. Der Religionsunterricht in Schulen soll künftig kein Pflichtfach mehr sein. Außerdem macht sich die Partei für die Abschaffung von Studiengebühren, die Einführung einer Gemeinschaftsschule und kostenlose Mittagessen in Schulen und Kindertagesstätten stark. Der Parteitag forderte ferner die Vergesellschaftung des von Massenentlassungen oder gar Werksschließungen bedrohten Autoherstellers Opel.

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Steuersegen für Großerben - die Erbschaftssteuer-Lüge

  1. Koalition beschließt Wohltaten auch für Unternehmen und besserverdienende Familien (...)

    Mehr als die Hälfte entfällt auf die Anhebung des Kinderfreibetrages von derzeit 6024 Euro auf 7008 Euro, wovon Besserverdienende profitieren, sowie des Kindergeldes um jeweils 20 Euro pro Kind. Für Übernachtungen in Hotels und Gaststätten soll künftig der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten. Ferner werden Elemente der Unternehmensteuerreform 2008 korrigiert. Bei der Erbschaftsteuer sind Entlastungen für Geschwister und deren Kinder sowie bei der Unternehmensnachfolge vorgesehen. Ein Neffe, der 500.000 Euro erbt, müsste künftig 120.000 Euro Steuern zahlen, 24.000 Euro weniger als bisher. Bei einem Erbe von 50 Millionen Euro würde sich die Steuerlast gar um 3,5 Millionen auf rund 21,5 Millionen Euro reduzieren. Bei Erbschaften zwischen 600.000 und 6 Millionen Euro ändert sich indes nichts.

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  2. Die Bundesregierung will mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz Erben um rund 400 Millionen Euro entlasten. Künftig könnten Geschwister und Neffen mit deutlich günstigeren Steuersätzen rechnen, berichtete die "Stuttgarter Zeitung" unter Berufung auf den Gesetzentwurf. Je nach vererbtem Vermögen beginnt die Besteuerung demnach für Geschwister und Neffen bei einem Satz von 15 Prozent statt der bisherigen 30 Prozent. Der Höchstsatz sinkt demnach von bisher 50 auf 43 Prozent. Die geplante Korrektur bedeutet dem Blatt zufolge eine Entlastung von 370 Millionen Euro jährlich. Weitere Erleichterungen seien für Firmenerben geplant.

    Natürlich bevorteilt diese Reform mit der Absenkung des Höchstsatzes wieder einseitig die Reichen. Auch die Firmenerben, die ebenfalls bessergestellt werden sollen, gehören nicht zu den Armen. (...)

    Die meisten Nachbarländer haben eine weit höhere Belastung aus Vermögens- und Erbschaftssteuern. Deutschland kennt im Unterschied zu vielen anderen Ländern keine Vermögenssteuer mehr und erhebt nur einen relativ kleinen Erbschaftssteuersatz. Dementsprechend gering ist das Steueraufkommen gemessen im Anteil am Bruttoinlandsprodukt und verglichen mit anderen Ländern. Zu allem Überfluss wurde die Erbschaftssteuer bei Personengesellschaften ganz abgeschafft, wenn der Erbe das Unternehmen weiterführt. Eine solche Sondervergünstigung in der Regel wohlhabender Personen gibt es sonst nirgendwo in der Welt.

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Elitenkontinuität: Über die familiären und finanziellen Verbindungen Guttenbergs

Es wäre unangemessen, Personen nach ihrer Verwandtschaft zu beurteilen. Allerdings zeigen familiäre Beziehungen manchmal interessante Elitekontinuitäten auf. So ist Familienministerin Ursula von der Leyen etwa die Tochter des langjährigen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht und der neue Innenminister Thomas de Maizière der Sohn des ehemaligen Bundeswehr-Generalinspekteurs Ulrich de Maizière. In vielen Staaten der Erde werden formale Demokratien sogar regelrecht von Dynastien beherrscht.

Oft bleibt politische Macht über viele Generationen hinweg in den Händen einer Familie. Verteidigungsminister Karl Theodor von und zu Guttenberg ist ein besonders gutes deutsches Beispiel für diesen Effekt. Seine Vorfahren verfügen nachgewiesenermaßen seit dem 12. Jahrhundert über beträchtlichen Einfluss, ohne dass sich große Brüche ergeben hätten. Guttenbergs Großvater war in den 1960er Jahren außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion und parlamentarischer Staatssekretär im Bundeskanzleramt, sein Onkel Jakob Graf und Edler Herr von und zu Eltz genannt Faust von Stromberg saß nach der Abspaltung Kroatiens von Jugoslawien lange im dortigen Parlament.

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Musterland Bolivien

Wachstum, solide Staatsfinanzen, beispielhafte Sozialprogramme: Regierung Morales beeindruckt mit Wirtschaftserfolgen selbst den IWF

Applaus von unerwarteter Seite bekommt derzeit Boliviens Linksregierung. Überraschend deutlich lobte der für sein marktradikales Weltbild bekannte Internationale Währungsfonds (IWF) die »Bewegung zum Sozialismus« (MAS). Mit einer »angemessenen« und »vorsichtigen« Wirtschaftspolitik habe die Morales-Administration der weltweiten Krise die Stirn geboten. Die zweitärmste Volkswirtschaft Südamerikas kann im Jahr 2009 ein Wachstum von vier Prozent verzeichnen, lobte IWF-Chefanalyst Gilbert Terrier vergangene Woche bei der Präsentation des Berichts »Ökonomische Perspektiven der Amerikas 2009«. (...)

Das war nicht immer so. Noch in den 90ern galt Bolivien als Musterknabe des »Washington Consensus«. Vorgängerregierungen befolgten seit den 80er Jahren die Rezepte des Währungsfonds. Eins zu eins wurden dessen Strukturanpassungsmaßnahmen (SAP) umgesetzt: drastische Absenkung der Staatsausgaben, Privatisierung von Gas- und Ölbusiness, Bergbau, Renten- und Gesundheitssystemen, von Fluglinien, Telekommunikationsanbietern, Wasser- und Stromversorgung sowie Liberalisierung des Bankensystems. Genau diese gierige Rücksichtslosigkeit aber führte in Bolivien letztlich zur Entmachtung der Verfechter neoliberaler Politik.

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Anmerkung: Möge diese gierige Rücksichtslosigkeit, die weltweit immer weiter um sich greift, doch bitte überall - auch in Deutschland - ebendiese Folgen haben.

EU will Extra-Steuern erheben

Vor der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages in allen EU-Ländern hörte man aus Brüssel bemerkenswert wenig an neuen Ideen. Nun, da mit Vaclav Klaus auch das letzte Staatsoberhaupt eines EU-Landes den Vertrag unterschrieben hat, holt die Kommission neue Vorhaben aus der Schublade. Als Erstes scheint die Einführung einer EU-Steuer an die Reihe zu kommen. In einem "Diskussionspapier" zur Aufstellung des Haushalts ab dem Jahr 2014 wird gefordert, die Debatten über die Höhe der Beiträge der einzelnen Mitgliedsstaaten dadurch zu beenden, dass Brüssel unmittelbar von den Bürgern eine Steuer erhebt.

Die Entscheidung über die Einführung solch einer neuen Steuer liegt jedoch nicht bei der Kommission oder beim Parlament, sondern beim Ministerrat. Dort stimmen auch jene Unions- und FDP-Minister mit ab, die vor der Wahl Steuererhöhungen kategorisch ausschlossen. Allerdings fällt der Bruch von Versprechen beim "Spiel über die EU-Bande" traditionell weniger auf, als wenn er auf nationaler oder regionaler Ebene geschieht.

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Manchmal hilft bei all dem frustrierenden Unfug nur noch Spott

Lloyd Blankfein, Chef der US-Bank Goldman Sachs, tritt in die propagandistischen Fußstapfen der Missionare des Mittelalters. Das ist zwar eine erprobte Methode. Am Ende des Tages handelt er sich aber damit die gleichen Probleme ein wie die kriselnden Kirchen. (...)

Welch Schachzug also von Lloyd Blankfein, (...) katholischer Umtriebe gänzlich unverdächtig, als er nun in einem Interview mit der "Sunday Times" die Arbeit seiner Bank verteidigte: "Wir dienen einem sozialen Zweck. Ich bin bloß ein Banker, der Gottes Arbeit verrichtet."

Heiliger Bonifaz, was für ein rebranding! Die Religionen, gleich welcher Konfession, gehen im Kapitalismus auf. Die Bank eine Kathedrale, der Börsentag ein Gottesdienst, mit der Börsenglocke eingeläutet. Bald wird das Kirchgründungsfest Pfingsten ersetzt durch den Weltspartag. Und das Heilsversprechen der Schuldenfreiheit am Ende eines jahrzehntelangen Immobiliendarlehens ist schon jetzt genauso überprüfbar wie das ewige Leben. Man muss eben daran glauben.

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Folgen der Privatisierung (15): Straßenbau

Auf über 72 Kilometern reiht sich eine Baustelle an die nächste: Die A1 zwischen dem Bremer Kreuz und dem Buchholzer Dreieck bei Hamburg wird sechsspurig ausgebaut. Eine Megabaustelle unter Führung der A1mobil GmbH. Die baut und kassiert dafür während der kommenden 30 Jahre einen Teil der Lkw-Maut, die auf der Strecke eingenommen wird.

Etwa 17.000 Lastwagen rollen jeden Tag über diesen Autobahnabschnitt, zur Freude des Betreibers, zum Leid vieler Autofahrer. Denn in der Mega-Baustelle sind die Fahrspuren so eng, dass es dort immer wieder zu Unfällen kommt, oft sind Lastwagen beteiligt. Allein in diesem Jahr krachte es über 1.000 Mal, fünf Menschen starben.

Wenn weniger Lkw durch die Baustellen fahren würden, könnten die Unfallzahlen gesenkt werden. Doch das ist gegen die Interessen der A1Mobil. Jeder Lkw bringt Maut in die Kassen des privaten Betreibers. Jetzt vermuten Kritiker des Projekts, die Lkw würden deshalb nicht mit Empfehlungen und orangefarbenen Umlenkpfeilen weiträumig von der Baustelle fern gehalten. "Hier wird die Einnahmeerwartung des Betreibers höher gewichtet als das Interesse daran, Unfälle zu vermeiden", meint der unabhängige Raumplaner Gerhard Joksch.

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Kapitalismus: Die Systemfrage

Es war nicht alles schlecht im Kapitalismus - wird es vielleicht in ferner Zukunft einmal heißen. Heute lassen die Menschen an diesem Wirtschaftssystem kaum ein gutes Haar, wie eine Umfrage im Auftrag der BBC in 27 Ländern ergeben hat: Nur elf Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Kapitalismus so funktioniert, wie er ist.

Immerhin hält mehr als die Hälfte (51 Prozent) den Patienten für heilbar: Die Probleme des Kapitalismus könnten durch Regulierung und Reformen gelöst werden. Aber 23 Prozent beurteilen den Kapitalismus auch als grundfalsch und glauben, ein anderes System sei nötig. 15 Prozent hatten keine Meinung, gaben keine Antwort oder sagten: "Kommt drauf an." (...)

Der Chef des mit der Studie beauftragten Meinungsforschungsunternehmens Globe Scan, Doug Miller, sagte: "Offenbar war der Fall der Berliner Mauer 1989 doch nicht der Kantersieg der kapitalistischen freien Marktwirtschaft, der er damals zu sein schien."

Glaubt man der Studie, bricht die Weltrevolution demnächst in Frankreich aus: Mit 43 Prozent wünschten sich dort die meisten Menschen einen Systemwechsel, gefolgt von Mexiko (38 Prozent), Brasilien (35 Prozent) und der Ukraine. Die Kritik an der Marktwirtschaft ist zwar in den 27 Ländern der Studie unterschiedlich stark ausgeprägt. Fast überall aber fanden die Forscher eine Mehrheit für ein stärkeres Eingreifen von Regierungen.

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Das schwarz-gelbe "Wachstumsbeschleunigungsgesetz": Fromme Wünsche, hübsche Wohltaten

Die Milliarden, die der Staat verschenkt, werden ihm noch schmerzlich fehlen.

Zugrunde liegt der milliardenschweren Steuerentlastung die Philosophie dieser Regierung, wonach Entlastungen Wachstum schaffen oder stützen, das dem Staat alsbald viel mehr Steuern einbringen wird. Diese Philosophie ist nach den jüngeren Erfahrungen mit Steuerentlastungen aber nur ein frommer Wunsch, ein Glaubenssatz. Die sprudelnden Steuereinnahmen kamen entweder später oder nie. In Zeiten gefesselter Staatsfinanzen wäre er besonders kritisch zu hinterfragen. (...)

Weil die Entlastung dem Muster folgt, dass mehr bekommt, wer mehr verdient, ist erstens der Effekt für Wachstum und Konjunktur ungewiss. Zweitens aber wird sich die soziale Schräglage für die Staatsfinanzen rächen. Wir leben in einem Land, in dem jedes sechste Kind von Hartz IV lebt, die allesamt von dieser Kindergelderhöhung nichts haben. (...)

Es ist nicht die Zeit, den öffentlichen Sektor weiter zu schwächen, der sich in die Geiselhaft der Finanzjongleure begeben musste. Nicht nur des Geldes wegen. Die Frage ist nicht beantwortet, warum auf einmal Milliarden für Banken da waren, wo Millionen für Schulen oder Kindergärten nicht aufgebracht werden konnten.

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20 Jahre Mauerfall – wir kaufen uns eine DDR

Auf den Tag genau vor zwanzig Jahren fiel die Mauer und ganz Deutschland war wie besoffen vor Freude. Zu recht – schließlich war es eine äußerst glückliche Wendung der Geschichte, dass die kollabierende Sowjetunion sich friedlich von ihren Satellitenstaaten in Osteuropa trennte und deren Völkern die Entscheidung über ihre Zukunft selbst überließ. Noch ein halbes Jahr vor dem Mauerfall hätte kein ernst zu nehmender Historiker und Politologe diese Entwicklung auch nur erahnt. Der real existierende Sozialismus hatte sich selbst abgewirtschaftet und war ökonomisch und vor allem moralisch am Ende. Auch die Ostdeutschen wollten ihre Geschichte selbst in die Hand nehmen und ihr System reformieren. Diese Gelegenheit wurde ihnen vom Westen aber nicht gegeben. In einem politischen Parforceritt ohne Gleichen wurde die DDR angegliedert und dann Stück für Stück abgewirtschaftet. Heute stehen die osteuropäischen Länder Slowenien und Tschechien ökonomisch sogar schon besser da als Ostdeutschland, obgleich die DDR zu Comecon-Zeiten weitaus konkurrenzfähiger war als ihre sozialistischen Bruderländer. Schlimmer noch, Ostdeutschland stagniert und auch Ungarn, Polen und die Slowakei werden aller Voraussicht nach den deutschen Osten bald ökonomisch überholen.

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Wolfgang Lieb: Mein Mauerfall

Heute ist es genau zwanzig Jahre her, dass am Abend in Berlin die Grenzübergänge von Ost- nach Westberlin geöffnet wurden. Dieses wohl für die allermeisten Menschen in ganz Deutschland völlig überraschende Ereignis wurde in den letzten Wochen in allen Medien zu Recht gefeiert. Von konservativer Seite wurde das Ereignis allerdings wieder einmal politisch instrumentalisiert. Da wurde etwa einmal mehr Helmut Kohl als der "Held" der Einheit gefeiert und nur selten wurde erwähnt, dass [dies] die vorausgegangene Entspannungspolitik ("Glasnost" und "Perestroika") in der damaligen Sowjetunion ermöglicht hat. Weitgehend außer Betracht blieb, dass es vor allem die Sowjetische Regierung, die Polen, die Tschechen und die Ungarn waren, die das verkrustete Regime in Ostdeutschland politisch soweit isoliert hatten, dass es die mutigen Demonstrationen der Menschen in der DDR nicht mehr mit Staatsgewalt zu unterdrücken wagte.

Besonders beliebt bei der Jubiläumsberichterstattung waren Bekenntnisse von Zeitzeugen, wie sie den "Fall der Mauer" erlebt haben. Allzu viele dieser Schilderungen wichen deutlich von meinem Erleben ab. Deshalb erlaube ich mir, mich an meinen 9. November 1989 zu erinnern.

(Weiterlesen - ein sehr interessanter, aufschlussreicher Bericht)

Wachen die Studenten auch in Deutschland endlich auf?

  1. Studierende starten öffentlichkeitswirksame Aktionen vor dem zweiten Bildungsstreik, der bundesweit zwischen [dem] 17. November und 10. Dezember geplant ist. In dieser Woche waren gleich mehrere Hochschulstädte Schauplatz von studentischen Protesten gegen die Missstände im deutschen Bildungssystem. Im Anschluss an eine Vollversammlung besetzten am Donnerstag vormittag Aktivisten der Universität Potsdam spontan das Audimax am Neuen Palais. Ein Anlass war die fast zeitgleiche Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung von SPD und Linkspartei im Brandenburger Landtag. Zugleich solidarisierten sich die Studierenden mit ihren Mitstreitern aus Heidelberg und Münster, die ab Dienstag bzw. Mittwoch Hörsäle ihrer Universitäten besetzt hatten. Sie fordern unter anderem die Demokratisierung und öffentliche Ausfinanzierung des Bildungswesens sowie das Ende der Ökonomisierung von Bildung.

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  2. Bei einem Sternmarsch durch Wien protestieren 20.000 Menschen gegen die Bildungspolitik. Die Besetzungen der Universitäten dauern an, die Politik reagiert hilflos. (...)

    Studierende protestieren jetzt auch wieder in Deutschland: Am Freitag besetzten rund 300 Studierende die Akademie der bildenden Künste in München. In Heidelberg wurde am Dienstag ein Hörsaal in der Altstadt besetzt, seit Mittwoch halten Studierende in Potsdam das Audimax besetzt. Besetzungen gab es auch in Tübingen und Darmstadt. In Münster wurde am Mittwoch das Audimax besetzt, am Freitagmorgen räumte es die Polizei. Münsteraner Studierende rufen für Montag zu einer erneuten Besetzung auf. Die Studierenden in Deutschland solidarisieren sich mit der Bewegung in Österreich, sehen ihre Aktionen aber vor allem als Fortsetzung des bundesweiten Bildungsstreiks vom Sommer. Sie fordern weiterhin die soziale Öffnung der Hochschulen, die Abschaffung des Bachelor/Master-Systems, eine demokratischere Gestaltung der Hochschulen und bessere Studienbedingungen. Das Bündnis Bildungsstreik 2009 kündigt einen "heißen Herbst" an. Vom 9. bis 20. November sollen in der "Global Week of Action - Education is not for Sale" weitere Aktionen folgen.

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Mittwoch, 11. November 2009

Zitat des Tages (18)

Zusammenhänge

Der eine möchte nicht sehen,
was der andre nicht sieht.
Alles könnte geschehen.
Aber nur manches geschieht.

(Erich Kästner [1899-1974]: Kurz und bündig. Epigramme. Zürich 1950)

Immer mehr Gesetz-Outsourcing in Ministerien

Immer häufiger wirken externe Unternehmen an Gesetzen mit. Das zeigt die Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion zum Thema Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen. Neben dem Spiegel berichtet nun die WAZ über den wachsenden Beratungsbedarf von Ministerien - und fragt, wo der Sachverstand aufhört und wo Korruption beginnt.

Allein im Jahr 2009 wurden 16 Gesetze verkündet, an denen Externe mitgewirkt haben. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war es gerade mal ein Gesetz. Diese Praxis, die unter Rot-Grün begonnen wurde, setzte die Große Koalition munter fort und baute sie noch weiter aus. Aus dem Dokument geht hervor, in welchem Ministerium an wie vielen Gesetzen Externe mitgewirkt haben. Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare für Unternehmen, die mehrfach von der Großen Koalition beauftragt wurden, werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien über 4 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das Bundeswirtschaftsministerium und das Finanzministerium den beteiligten Anwaltskanzleien für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten.

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Wettbewerb bei der Bahn schadet den Kunden

Transnet-Chef Alexander Kirchner sieht den Fernverkehr auf der Schiene in Gefahr und fordert neue Regeln. (...)

Kirchner: Ich mache mir Sorgen um den gesamten Fernverkehr. Ein Preiskrieg auf einigen Strecken wird unvermeidlich sein, das kostet Geld. Wenn die Bahn Einnahmeverluste hat, wird sie womöglich Randbereiche im Schienennetz nicht mehr bedienen. Städte wie Kiel, Bremen oder Cottbus könnten dann bald komplett vom Fernverkehr abgekoppelt werden. Die Verbindungen dorthin sind ein Zuschussgeschäft. Die Mischkalkulation von heute wird dann keine Zukunft mehr haben. (...)

Wer in den Markt will, muss teure Züge kaufen. Die bekommt er nur zwischen den großen Städten ausgelastet. Zusätzlichen Druck auf den Fernverkehr wird es geben, weil die neue Regierung Fernreisebusse zulassen will. Womöglich gibt es in zehn Jahren nur noch zwischen den großen Städten Fernzüge – und nach Potsdam, Konstanz, Dresden oder Saarbrücken fährt dann nur noch der Bus. Das Problem ist aus dem Schienengüterverkehr bekannt.

Dort gab es früher eine Mischkalkulation aus dem Einzelwagen- und dem Ganzzugverkehr, bei dem Kohle oder Öl transportiert wird. Als der Wettbewerb kam, haben sich die privaten Wettbewerber auf die lukrativen Ganzzüge gestürzt, und die Preise sanken, auch für die Bahn. Darunter gelitten hat aber das Geschäft mit dem Einzelwagenverkehr. Und im Ergebnis gibt es weniger Güterverkehr in der Fläche und mehr Staus auf den Straßen.

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Der geplante EU-Überwachungsstaat

Wenn die EU-Innen- und Justizminister im Dezember ihr neues Mehrjahresprogramm zur Inneren Sicherheit beschließen, haben die dort projektierten Maßnahmen Konsequenzen für zukünftige Investitionen in Produkte der europäischen Sicherheitsindustrie. Dabei geht es vor allem um immense Datenhalden, deren dort verborgene Informationen die Verfolgungsbehörden mittels neuer Technologien nutzbar machen wollen. Das im "Stockholmer Programm" (Stockholm Programm: Überwachung und Kontrolle) erneut bekräftigte "intelligence-led law enforcement" ist die Implementierung eines ursprünglich militärischen Konzepts im Innern.

(Weiterlesen und Teil 2)

Wie Finanzlobbyisten EU-Gesetze machen

Eine heute in Brüssel präsentierte Studie des NGO-Netzwerks ALTER-EU zeigt detailliert, wie Finanzlobbyisten in der Europäischen Union Gesetze mitgestalten. Die große Mehrheit der Berater der Europäischen Kommission im Finanzbereich kommt aus jenen Banken und Unternehmen, die für die Finanzkrise mitverantwortlich sind.

Die Studie „Die Kommission der Konzerne – die Rolle der Finanzindustrie bei der EU-Gesetzgebung“ belegt: Die Kommission hat sich vor, während und selbst nach der Finanzkrise fast ausschließlich von Finanzlobbyisten beraten lassen. Die neunzehn Expertengruppen für Finanzpolitik werden von Vertretern der Finanzindustrie dominiert. Sie machen die Vorschläge zur Regulierung von Banken, Hedge Fonds und Steueroasen, zu Rating Agenturen und Bilanzierunsgvorschriften. Ihre Anzahl übertrifft zahlenmäßig sogar jene der europäischen Beamten in diesem Bereich. Wissenschaftler, Verbraucherverbände und Gewerkschaften sind hingegen deutlich unterrepräsentiert.

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Felsenfester Marktglaube: Wie die FDP zur Gefahr fürs Gemeinwohl wird

So sieht offenbar, zugespitzt, liberale Logik aus: Je stärker die Staatseinnahmen zurückgehen, desto mehr müssen die Steuern sinken. Denn solche Entlastungen finanzierten sich ja quasi von selbst, weil die Menschen dann mehr Geld haben und mehr investieren.

Soweit die Theorie. Genauer: die Ideologie. Sie stammt aus den 1980er Jahren. Ist also bald 30 Jahre alt. Und hat schon damals nicht so richtig funktioniert, als Ronald Reagan in den USA und Margaret Thatcher in Großbritannien sie praktizierten. Mit den Konsequenzen ihrer Voodoo-Ökonomie sind die Nachfolger noch beschäftigt: explodierende Schulden, wachsende Armut, steigender Reichtum. (...)

Gern behaupten sie: Ihre Steuergeschenke nützen den unteren und mittleren Einkommensschichten. Tatsache ist: Nur die normal und, proportional stärker, die besser Verdienenden hätten etwas davon. Geringverdiener zahlen gar keine Lohnsteuer, wohl aber Sozialabgaben. Die aber dürften angesichts leerer Kassen eher steigen - eine ungerechte Politik, die zudem Arbeitsplätze eher vernichtet als schafft.

Leistung müsse sich lohnen, so die Liberalen. Was, bitte, ist dann mit der Leistung von immer mehr Niedriglöhnern? Lohnt die sich? Und: Ist es eine Leistung, wenn sich Vermögen von selbst vermehren? Setzt sich die FDP durch, dann droht die Gefahr einer neuen Blase, einer zweiten Krise: Wer Steuergeschenke erhält, gibt sie nicht aus, sondern sucht nach renditeträchtigen Anlagen, von denen wiederum die Banken profitieren. Das wachsende untere Drittel geht leer aus (...)

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Lobbyisten in Bundesministerien: Transparenz mangelhaft

Das Innenministerium veröffentlicht zum dritten Mal, welche Ministerien wie viele externe Mitarbeiter beschäftigten. Lobbycontrol und Linkspartei fordern, die Beschäftigung Externer zu stoppen. (...)

Die neue Dimension des Lobbyismus wurde Ende 2006 durch das ARD-Magazin Monitor enthüllt – zahlreiche Beispiele der Einflussnahme der Privatwirtschaft an Gesetzgebungsprozessen inklusive. Nach dieser Enthüllung trat Mitte 2008 eine Verwaltungsvorschrift in Kraft. Demnach dürfen Externe nicht mehr an Gesetzen mitschreiben, sollten nicht in ihrem Fachgebiet eingesetzt werden und "im Regelfall" nicht länger als sechs Monate beschäftigt sein.

Diese Regeln werden von der Regierung jedoch nur lax eingehalten. "Hauptsächlich sind das Soll-Vorschriften ohne Sanktionsmöglichkeit", erklärte Lobbyexperte Müller. Von den zehn neu aufgelisteten Fällen sind zudem nur drei für einen Zeitraum bis zu sechs Monaten entsandt. "Damit ist die Ausnahme, was die Regel sein sollte", sagte Müller.

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Gesundheitssystem: Die schwarz-gelbe "Kopfpauschale" kommt

In den Berliner Ministerien sind die Neuen angetreten. Auch im Gesundheitsministerium. Der neue Gesundheitsminister hat bei seinem Amtsantritt sogleich bekräftigt, dass er einen "Systemwechsel" in der Gesundheitspolitik herbeiführen werde. Was kann das bedeuten? Ein Blick in den Koalitionsvertrag sollte Aufklärung bringen können. Ich möchte dem ohne Vorurteile begegnen, aber alles bleibt ein wenig nebulös.

Die Vielfalt wird beschworen, die Effizienz und die Qualität. Wird alles besser? Da steht etwa: "Auf Grund des medizinischen Fortschritts und des demographischen Wandels müssen Struktur, Organisation und Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung angepasst werden." Was könnte wohl mit "angepasst" gemeint sein? Hoffentlich, denke ich mir, werden da jetzt nicht wieder die alten Märchen aus dem Ärmel gezogen - das Märchen von der Kostenexplosion und das Märchen von der Unbezahlbarkeit wegen der ständig steigenden Lebenserwartung.

Also weiterlesen: "Die Versicherten sollen auf der Basis des bestehenden Leistungskatalogs soweit wie möglich ihren Krankenversicherungsschutz selbst gestalten können." Jetzt wird mir mulmig. Wie kann man Krankenversicherungsschutz selbst gestalten? Kann man denn seine Krankheit gestalten, je nach Versicherungsschutz? Nun wächst in mir der Verdacht, dass das Prinzip der Autoversicherung, mit Teilkasko und Vollkasko, mit Selbstbehalt und Prämienrückzahlung bei Unfallfreiheit auf die Krankenversicherung übertragen werden soll. Aber vielleicht ist das auch wieder nur ein Vorurteil von mir.

Also weiterlesen: "Langfristig wird das bestehende System überführt in eine Ordnung mit einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen, die sozial ausgeglichen werden." Jetzt ist es raus! Einkommensunabhängige Beiträge sind nichts anderes als die Einführung der Kopfpauschale. Zu dieser unsozialsten aller Finanzierungsideen ist längst alles gesagt. Dass die Verfechter dieser ungerechten Idee das genau wissen, geben sie mit dem Zusatz kund, dass "sozial ausgeglichen" werden muss. Warum ein soziales System zerstören, um das neue, unsoziale System dann sozial ausgleichen zu müssen?

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Steuerschätzer können FDP nicht bremsen: 2,9 Milliarden weniger Einnahmen in diesem Jahr erwartet

Auf steigende Steuereinnahmen kann Schwarz-Gelb zunächst nicht hoffen: Bund, Länder und Gemeinden müssen konjunkturbedingt 2009 mit knapp drei Milliarden Euro weniger auskommen als noch im Mai angenommen. Dies ergab die neue Steuerschätzung. Wie das Bundesfinanzministerium am Donnerstag mitteilte, fließen im laufenden Jahr insgesamt 524,1 Milliarden Euro in die Staatskassen, kommendes Jahr sollen es 511,5 Milliarden Euro sein. (...)

Die FDP beharrt dennoch auf Steuersenkungen. Der stellvertretende Parteichef Andreas Pinkwart drohte: »Wenn die Union weiter die Verbindlichkeit der Beschlüsse in Zweifel zieht, werden wir das zum zentralen Thema der Landtagswahl in NRW machen. Dann werden wir die Bürgerinnen und Bürger noch einmal abstimmen lassen über unsere Steuerpläne«, sagte Pinkwart dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitagausgabe).

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Anmerkung: 2008 betrugen die Steuereinnahmen noch 561,2 Milliarden Euro. Wo mögen die verschwundenen Milliarden wohl gelandet sein?

Hitler-Attentäter Georg Elser: Kein Terrorist - ein Held

Im kommenden Monat jährt sich das versuchte Attentat Georg Elsers auf Hitler zum siebzigsten Mal. Am 8. November 1939 explodiert um 21.20 Uhr im Bürgerbräukeller die Bombe, die den Führer töten soll - und verfehlt ihn, weil er den Saal früher verlässt als vorgesehen. Verschiedene Veranstaltungen würdigen zum Jahrestag die Tat Elsers, eines einfachen Schreiners aus einem Dorf in Württemberg. Das Gedenken ist keine Selbstverständlichkeit. München hat sich lange schwergetan mit der Erinnerung an den mutigen Einzeltäter, der kurz vor Kriegsende im KZ Dachau ermordet wurde. Ein Gespräch mit dem Historiker Peter Steinbach, Leiter der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand, der in dieser Woche für ein Symposium über Georg Elser nach München kommt. (...)

Steinbach: Man muss sich klar machen, dass Elsers Familie, seine Mutter, sein Sohn, nach dem Krieg diffamiert wurden. Lange Zeit hielten sich Gerüchte um angebliche Auftraggeber. Als man die Deutschen in den fünfziger Jahren fragte, ob eine Straße oder eine Schule nach einem Regimegegner oder einem Emigranten benannt werden soll, hat die Mehrheit der Deutschen dies fast immer abgelehnt. Die Auseinandersetzung mit dem Widerstand beinhaltete ja die Einsicht, dass es eine Alternative gab zum eigenen Mitläufertum. Und das wollte man nicht so gerne sehen. Lieber sollte die eigene Lebenslüge aufrechterhalten werden, dass alle in einem kollektiven Zwangssystem lebten, aus dem es keinen Ausweg gab. Dabei wissen wir heute: Die NS-Gesellschaft war eine Denunziantengesellschaft. Menschen verrieten andere Menschen und lieferten sie aus.

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Dienstag, 10. November 2009

Zitat des Tages (17): Nacht und Nebel



Wer von uns wacht hier und warnt uns, wenn die neuen Henker kommen? Haben sie wirklich ein anderes Gesicht als wir? Irgendwo gibt es noch Kapos, die Glück hatten, Prominente, für die sich wieder Verwendung fand, Denunzianten, die unerkannt blieben; gibt es noch all jene, die nie daran glauben wollten - oder nur von Zeit zu Zeit.

Und es gibt uns, die wir beim Anblick dieser Trümmer aufrichtig glauben, der Rassenwahn sei für immer darunter begraben, uns, die wir dieses Bild entschwinden sehen und tun, als schöpften wir neue Hoffnung, als glaubten wir wirklich, dass all das nur EINER Zeit und nur EINEM Land angehört, uns, die wir vorbeisehen an den Dingen neben uns und nicht hören, dass der Schrei nicht verstummt.

(Jean Cayrol [1911-2005]: Schlusskommentar in der Dokumentation "Nacht und Nebel" [1955], übersetzt von Paul Celan [1920-1970])


Der Fall Anne Frank

Wohin der Neoliberalismus führt: Sechs Euro im Monat

Die Verlierer des Turbokapitalismus: Mehr als 700 Millionen Menschen weltweit arbeiten in ungesicherten Jobs. Vor allem Frauen leiden.

Maria Torero Avalos kneift die Augen zusammen, fädelt einen Faden ein, packt ein T-Shirt und stickt kleine silberne Perlen auf. Ihr Lohn variiert, doch meist zahlt der Zwischenhändler für ein T-Shirt fünf bis zwölf Cent. Monatlich verdient die 48-Jährige kaum mehr als sechs bis acht Euro und damit nur einen Bruchteil des staatlichen peruanischen Mindestlohns von 150 Euro. Avalos ist eine aus dem Heer von Menschen, die weltweit im sogenannten informellen Sektor arbeiten. Das heißt, sie gehen einer regelmäßigen Beschäftigung nach, ohne dass sie sozialversichert sind. Avalos Fall schildern das Siegburger Südwind-Institut und die evangelische Kirche in einer Studie zur informellen Wirtschaft, die sie an diesem Dienstag veröffentlichen.

Die Autoren beschreiben, dass sich die Arbeitsbedingungen durch die Globalisierung nicht verbessert haben [sic!]. Vor allem in den ärmeren Ländern sind während der Phase des Turbokapitalismus in den vergangenen zehn Jahren fast ausschließlich informelle Jobs entstanden. Die Menschen arbeiten daheim oder in kleinen, unangemeldeten Firmen. Ihre Jobs sind gering bezahlt und unsicher.

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Anmerkung: Es ist nicht überraschend, dass die Süddeutsche mit keinem Wort erwähnt, dass eine ähnliche Entwicklung auch in Deutschland stattgefunden hat - schließlich hat diese Zeitung jahrelang ins selbe neoliberale Horn gestoßen und tut dies in weiten Teilen heute noch immer. Die immense Zunahme von Leih- und unfreiwilliger Teilzeitarbeit, Niedrigstlöhnen und Zwangsarbeit bei gleichzeitigem Wegfall so vieler sozialversicherungspflichtiger Arbeitsstellen sorgt auch hierzulande für extreme Existenzängste, Not und Armut der Betroffenen. Und die Ausplünderung der Armen geht munter weiter, Tag für Tag.

Die schwarz-gelbe Koalition vertieft die Kluft zwischen Arm und Reich

Aufgrund des gegenwärtigen Krisendebakels, das sie ohne Zweifel mit verursacht hat, schien die neoliberale Hegemonie, d.h. die Meinungsführerschaft des Marktradikalismus, vielen Beobachtern in der Bundesrepublik endgültig gebrochen. Dass der Neoliberalismus hierzulande keineswegs im Niedergang, sondern auf dem besten Weg zu einer Renaissance im schwarz-gelben Gewand ist, zeigt der am 24. Oktober vorgestellte Koalitionsvertrag.

Nach zügigen, aber wegen der akuten Haushaltsprobleme nicht unkomplizierten Verhandlungen, aus denen relativ wenig und meist Widersprüchliches nach außen drang, einigten sich CDU, CSU und FDP auf ein Regierungsprogramm, das hauptsächlich für sozial Benachteiligte, die durch ihre überdurchschnittlich hohe Wahlenthaltung am 27. September zum Negativrekord im Hinblick auf die Beteiligung an der Bundestagswahl und damit indirekt zum Wahlsieg von CDU/CSU und FDP beigetragen haben, Anlass zu schlimmen Befürchtungen gibt. Denn das schwarz-gelbe Regierungsbündnis droht entgegen den Beschwichtigungen, mehrdeutigen Formulierungen und Vagheiten, die das Dokument enthält, zur verteilungspolitisch ungünstigsten Konstellation zu werden.

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Willkommen zur geistig-moralischen Wende

Als Helmut Kohl 1982 Kanzler in einer schwarz-gelben Koalition wurde, drohte er dem Volk mit einer „geistig-moralischen Wende“. Aus der von Kohl erhofften Rückkehr der konservativen Werte in die Köpfe der Meinungsbildner wurde bekanntlich nichts. Die Revolution in den Köpfen der Eliten löste vielmehr Kohls kleiner Koalitionspartner aus. Die im gleichen Jahr verfassten „Lambsdorff-Papiere“ wurden über die Jahre hinweg zur politischen und medialen Agenda. Doch der Neoliberalismus der „Lambsdorff-Papiere“ hat noch nicht einmal im Kern etwas mit konservativen Werten zu tun. Wer konservativ denkt, will meist die „guten alten Werte“ bewahren und die „gute alte Zeit“ zurückhaben. Im Jahre 1982 war die „gute alte Zeit“ die Periode vor den tiefgreifenden gesellschaftlichen Umwälzungen um das Jahr 1968 herum.

Chancengleichheit und Egalitarismus nehmen für Konservative keinen besonderen Stellenwert ein. Für waschechte Neoliberale – die sich im politischen Spektrum eher bei den Libertären, als bei den Liberalen verorten lassen – spielen solche Begriffe keine Rolle. Die Freiheit ist das Maß aller Dinge, der Staat hat sich nur um die Sicherung der individuellen Freiheit zu kümmern und den Rest erledigt der Markt. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied und wer eine schlechtere Ausgangsposition hat, der hat nun einmal Pech. Das Leben ist schließlich kein Ponyhof.

Mehr als ein Vierteljahrhundert später hat erneut eine schwarz-gelbe Koalition die Regierungsgeschäfte übernommen. Heute spricht niemand mehr von einer „geistig-moralischen Wende“. Konservative Werte sind allenfalls noch in den Köpfen einiger „ewig gestriger“ Unionspolitiker vorhanden. Eine Rückkehr in die „guten alten Zeiten“ der 50er und 60er will heute niemand mehr. Wenn man heute öffentlich von den „guten alten Zeiten“ und den „guten alten Werten“ spricht, so spukt in den meisten Köpfen – abhängig vom Lebensalter und von der Herkunft – das Bild von einer Zeit, in der Chancengleichheit und soziale Mobilität noch mehr waren als bloße Phrasen. Von einer Zeit, in der man den Begriff Zukunft noch mit Hoffnung und nicht mit Angst verband. Von einer Zeit, in der man fest davon überzeugt war, dass der eigene Nachwuchs gute Chancen hat, sich ein eigenes Leben aufzubauen, das nach sozio-ökonomischen Standards besser ist als das eigene Leben. In diesen Zeiten sorgte der Staat noch dafür, dass die individuellen Freiheiten aller Bürger in einem hohen Maße gewahrt blieben. Eine Rückkehr in diese Zeit wollen paradoxerweise genau diejenigen nicht, die sich die Maximierung der individuellen Freiheiten auf ihre Fahnen geschrieben haben. Denn nun zeigt sich, was zu Zeiten der „Lambsdorff-Papiere“ vielen Beobachtern noch nicht klar war – den Neoliberalen und den Libertären sind die Freiheiten der Masse egal, es geht ihnen letztendlich nur um die ökonomischen Freiheiten einiger Weniger.

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Eine fast geheime Armee: Der Aufbau einer Truppe gegen den "inneren Feind" ist weit fortgeschritten

Deutschland verfügt über eine neue unbekannte Heimatarmee. 441 Kommandos aus jeweils zwölf ständig einsetzbaren Reservisten sind in sämtlichen kreisfreien Städten, Landkreisen und Regierungsbezirken eingerichtet worden. Sie stehen unter dem Kommando der Bundeswehrführung und haben kurzfristig Zugriff auf weitere rund 80.000 bis 100.000 speziell ausgebildete Reservisten. Eingebunden in die zivilen Katastrophenschutzstäbe, erhalten sie Einsicht in die Bereitschaftsstände von zivilen Behörden, Polizei, technischem Hilfswerk und Feuerwehr. Sie sollen vor allem den Katastrophenschutz verbessern.

Doch was ist außerdem ihre Aufgabe? Und wie kam es zu dieser zusätzlichen Armee mit einer Truppenstärke von ca. 5300 Männern und Frauen - plus X?

Am 17. Februar 2005 wurde des Nachts vom Bundestag das Gesetz über die Neuordnung der Reserve der Streitkräfte und zur Rechtsbereinigung des Wehrpflichtgesetzes beschlossen. Ohne mündliche Aussprache – und fast ohne Berichterstattung der Medien. Der Kern des Gesetzes ist die Anhebung des Alters auf 60 Jahre, bis zu dem Zeitsoldaten als Reservisten zu Einsätzen mobilisiert werden können, die sich dazu bereit erklärten. Reservistinnen und Reservisten sollen in den Umbau – man sagt hier Transformation - der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer weltweit agierenden Interventionsarmee aktiv einbezogen werden. Mit § 6c des Gesetzes wird der Einsatz der Bundeswehr im Inneren der Bundesrepublik Deutschland geregelt. Er weist Reservistinnen und Reservisten entsprechende Aufgaben zu.

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Die Angst vor der Hyper-Inflation: Bürgerkrieg in Europa

Im Kanzleramt existiert seit 2009 eine Geheimliste. Man nennt sie intern den "Atlas der Wut". Darin sind die Regionen aufgeführt, in denen die Bundesregierung Bürgerkriegs-Zustände erwartet. Mitten in Deutschland.

Die Liste wächst. Ein Sicherheitsmitarbeiter, der den "Atlas der Wut" bei deutschen Sicherheitsbehörden einsehen durfte, sprach anschließend von aktuell 165 Regionen, die dort aufgeführt sind. Genannt werden zum Beispiel Teile von München, Berlin, Nürnberg, Passau, Stuttgart, Frankfurt, Heidelberg, Köln, Leipzig. Auch Bad Godesberg, Freilassing, Friedrichshafen und Ratingen. Erstmals warnten sogar Politiker und Wirtschaftslenker vor dem Volkszorn. SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan, DGB-Chef Michael Sommer, Deutsche-Bank-Boss Josef Ackermann. Und auch der luxemburgische Ministerpräsident und dienstälteste Regierungschef Europas, Jean Claude Juncker. Alle warnten unabhängig voneinander im Frühjahr 2009 vor sozialen Unruhen. (...)

"In Europa brennt es bereits", vermeldet Anlegerschützer und Autor des Buches "Staatsbankrott", Dr. Martin Weiss, in seinem neuen Brandbrief "Sicheres Geld", der dem Finanznachrichtendienst GoMoPa.net vorliegt. Die Europäische Union rüstet nach Recherchen von Weiss heimlich für innere Unruhen. Im Januar 2009 wurde ein Beobachtungszentrum für innere Unruhen in Europa eingerichtet. Seit Frühjahr 2009 werden in den EU-Staaten große Vorräte angelegt. An Tränen- und Brechreizgas. Eine Eingreiftruppe, sie heißt EUROGENDFOR und besteht aus 3.000 Mann, soll Aufstände niederschlagen. Sie ist übernational und kann in jedem EU-Land eingesetzt werden. Warum? Im Ernstfall eilt sie dem Militär voraus. Damit es nicht heißen kann: Soldaten schießen auf die eigenen Bürger. Deutschland verlässt sich aber dennoch lieber auf eigenes Militär. Ein Sprecher des Bundesverteidigungs-Ministeriums sagte dazu: "Die Aufgaben von EUROGENDFOR übernimmt bei uns die Feld-Gendarmerie."

Weiss spricht die drohende Gefahr aus: "Immer mehr Menschen werden künftig brutal enteignet. Die Seuche Hyper-Inflation macht sich bereit. Ein Symptom dieser Seuche ist, dass die Staatshilfe bei Banken nicht funktioniert. Im Gegenteil."

Letztes Wochenende wurden erneut sieben US-Banken geschlossen. Waren es 2008 insgesamt 25 Banken, die von der US-Einlagensicherungsbehörde Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) geschlossen wurden, sind es im laufenden Jahr schon 106.

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Sloterdijks Klassenkampf von oben

Wo bleibt der Bürgerkrieg? - Mehr als eine Professorenschlacht: Im Streit um Peter Sloterdijks Steuerthesen geht es um die Zukunft der Demokratie

Das ist nicht nur ein Streit unter einigen älteren Philosophieprofessoren über fachinterne Angelegenheiten. Es geht vielmehr um Grundfragen der Gerechtigkeit und Solidarität, um die Umverteilung von Reichtum und also die Berechtigung des Steuernehmens durch den Staat. Verhandelt werden sie zwar im eingehegten Bezirk der Theorie, doch spätestens seit Karl Marx weiß man, dass Theoreme handfeste politische Folgen haben können. Denn Theorien zur Gesellschaft sind immer auch Phantasien über die Welt als eine veränderbare. Die Frage ist freilich, in welche Richtung sie geändert werden soll. (...)

[Sloterdijks] Pamphlet mündet daher in einen Gegenvorschlag: An die Stelle des durch Steuern finanzierten Sozialstaates solle die freiwillige Mildtätigkeit der Wohlhabenden treten. Diese "Revolution der gebenden Hand" will die "Zwangssteuern" in freiwillige "Geschenke an die Allgemeinheit" umwandeln. Nichts sagt Sloterdijk darüber, wie diese Freiwilligkeit institutionell abgesichert werden könnte, nichts darüber, dass Schenkungen dieser Art auf quasi-feudalistische Verhältnisse hinauslaufen.

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Statt einer Anmerkung: "Wer gehofft hatte, Sloterdijks Provokation gegen den Sozialstaat und eine solidarische Gesellschaft in der wirtschaftsliberalen FAZ würde als das Krähen eines in die Jahre gekommenen eitlen Gockels abgetan, das allenfalls im Feuilleton ein Echo auslösen würde, hat sich getäuscht. Der Hahn krähte offenbar auf einem großen Misthaufen, auf dem sich die selbsternannten Zeitgeistinterpreten wonnig suhlen und den Gestank der Jauche als Hauch einer neuen Epoche verkünden wollen. Da sind nicht nur die derben Zyniker von Sarrazin bis Buschkowsky, sondern von der „Welt“ über die Sendung von Anne Will bis hin in die Frankfurter Rundschau verteilt sich jetzt der reaktionäre Mief der Verächter einer solidarischen Gesellschaft über die Medien." (Wolfgang Lieb)

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Schweinegrippe: Höchste Warnstufe

Die Angst vor der Schweinegrippe geht um – und beschert Pharmakonzernen Milliardenprofite. Viele Experten macht das skeptisch: Die Pandemiegefahr halten sie für eine Inszenierung der Industrie – und das Virus sogar für nützlich.

Die Besprechung ist eigentlich Routine. In schneller Folge tragen die 15 versammelten Wissenschaftler aktuelle Daten über die globale Verbreitung von Influenzaviren zusammen. Von der Ankunft des neuen „pandemischen“ Erregers in Ruanda ist die Rede und dem Befall australischer Schweineherden.

Dann aber berichtet der Teamleiter von einer überraschenden Beobachtung: In China und anderen Ländern, wo sich die neue Variante des Virustyps H1N1 ausbreite, „gehen die Befunde mit H3N2 gleichzeitig schnell nach unten“, sagt er. Die Kollegen merken auf. Heißt das, die neuen Viren, Verursacher der weltweit verbreiteten Schweinegrippe, verdrängen die bisherigen, saisonalen Grippeviren, weil sie im Körper ihrer Wirte um den gleichen Platz konkurrieren? Werden damit die „pathogeneren“ Viren ausgerottet, diejenigen also, die mehr schwere Erkrankungen und Todesfälle verursachen? „Das wäre ja eine gute Nachricht“, sagt einer der Virologen.

Könnte die Schweinegrippe am Ende mehr Leben retten, als sie bedroht?

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FDP denkt über Abschaffung der Familienversicherung nach

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger will das gegenwärtige Modell der kostenfreien Familienmitversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung abschaffen. Für Familien würde das neue Kosten bedeuten.

„Das ist ein sozialer Ausgleich, der über das Steuersystem finanziert werden sollte“, sagte Homburger am Freitag zu sueddeutsche.de. Die Gewerkschaft IG Metall warf Union und FDP vor, sie planten einen „Frontalangriff“ auf das System der Krankenversicherung.

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Koalitionsvereinbarung: So beschenkt Schwarz-Gelb die Bosse

Der Bundesverband der Deutschen Industrie feiert den Koalitionsvertrag – und er weiß, warum. Union und FDP arbeiten seinen Wunschzettel restlos ab. Eine Analyse der Steuerpolitik - und sechs Beispiele. (...)

Schwarz-Gelb legt zugunsten der Wirtschaft nicht nur bei der Unternehmenssteuer nach, sondern auch bei der Erbschaftsteuer, und darüber hinaus vor allem und in noch nicht absehbarem Ausmaß bei den Sozialabgaben.

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Zur Zukunft der SPD: Links blinken wird nicht reichen

Der designierte Parteivorsitzende hat unzweifelhaft bessere Qualitäten, den alten Wein in neuen Schläuchen erfolgreicher zu verkaufen, als sein Vorgänger mit seinem »Heuschreckengerede«. Die tiefste Krise der SPD nach 1945 wird aber trotz einer verjüngten Führungsmannschaft nicht überwunden werden können, wenn es nicht eine ehrliche Analyse ihrer Ursachen gibt. Davon ist bisher nichts zu spüren, sieht man von einigen Ansätzen bei den Jusos und der Klage Sigmar Gabriels wegen des seit Schröder eingerissenen oligarchischen Führungsstils ab. Bis jetzt bewegt sie sich auf dem Niveau banaler Standardsätze: »Wir müssen uns inhaltlich neu aufstellen« und Flügelkämpfe unterlassen, »wir müssen unsere Politik besser kommunizieren«.

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