Samstag, 9. September 2017

Der Wahl-o-mat: Ein Angebot der AfD


Ein Gastbeitrag des Altautonomen

Die Bundeszentrale für politische Bildung ist Herausgeberin des als Informationsangebot und Entscheidungshilfe bezeichneten Fragenkatalogs des "Wahl-o-maten". Einige Fragen sind darunter, die fernab jeglicher Information schlichte AfD-Propaganda darstellen. Als Reaktion darf die so examinierte Testperson innerhalb eines engen Entscheidungskorsetts wählen zwischen "stimme zu", "neutral" und "stimme nicht zu".

Eine Auswahl:

1/38: Bundeswehr im Inneren
Bei der Terrorismusbekämpfung soll die Bundeswehr im Inland eingesetzt werden dürfen.

Mit dieser inneren Militarisierung wird nicht nur gegen das Grundgesetz verstoßen, sondern gleichzeitig werden die Bürger an die Terrorismusbekämpfung gegen die Bevölkerung gewöhnt. Die schwarz-gelbe Koalition hatte dies im Jahr 2009 in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Leider hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 4.7.2012 den Einsatz der Bundeswehr im Inland unter bestimmten Bedingungen nicht gänzlich ausgeschlossen.

3/38: Obergrenze für Asylsuchende
Für die Aufnahme von neuen Asylsuchenden soll eine jährliche Obergrenze gelten.

Und der Rest ersäuft im Mittelmeer, während Herr Seehofer mit Frau Merkel und Herrn Gabriel ein Bier trinkt und bajuwarischen Spaß hat.

13/38: Kindergeld für Deutsche
Kindergeld soll nur an deutsche Familien ausgezahlt werden.

Ein AfD-Klassiker in Sachen Menschenfeindlichkeit.

17/38: Erinnerungskultur
Der Völkermord an den europäischen Juden soll weiterhin zentraler Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur sein.

Hier zitiere ich Leo Fischer, der im "Neuen Deutschland" schrieb: "So ist über den Umweg der sogenannten politischen Bildung letztlich gelungen, woran rechtsextreme Parteien seit Jahrzehnten scheitern: die Schlussstrichdebatte auf das Niveau eines Sportpalastentscheids herunterzubrechen. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie viele in der Anonymität des Internets hier ihrem antisemitischen Ressentiment freien Lauf lassen."

24/38: Nationale Währung
Deutschland soll zu einer nationalen Währung zurückkehren.

Diese Forderung könnte direkt von Gauland und seinen SpießgesellInnen erfunden und diktiert worden sein.

27/38: Verurteilung von Kindern unter 14 Jahren
Für begangene Straftaten sollen auch Kinder unter 14 Jahren verurteilt werden können.

Jawoll! Kriminelle Rotzgören gehören hinter Gitter. Ohne Bewährung.

29/38: Projekte gegen Rechtsextremismus
Der Bund soll weiterhin Projekte gegen Rechtsextremismus fördern.

Der Kampf gegen Rechts wird hier zur Disposition gestellt.

34/38: Leistungskürzungen für Flüchtlinge
Anerkannten Flüchtlingen, die sich Integrationsmaßnahmen verweigern, sollen die Leistungen gekürzt werden können.

Wie sagte schon der berühmte sozialdemokratische Philosoph Müntefering: "Wer nicht integrationswillig ist, soll auch nicht essen."

Was mich weniger wundert, ist die Tatsache, dass ausgerechnet mal wieder so jemand wie Lapuente von den "Sozialdemokratenrebellen" auf das System des Wahl-o-maten hereinfällt und mit seinem gruseligen Hofstaat über die persönlichen Ergebnisse wie über das Jahreshoroskop diskutiert, ohne dieses Instrument in Grund und Boden zu kritisieren. Als Kinder sagten wir immer:

DBDDHKPUKKU ("Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen und keine kalten Umschläge").

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Anmerkung von Charlie: Es bleibt noch die Frage offen, wie weit nach rechts die Journaille, die Politik und die Gesellschaft noch rücken können, bis das "TILT!"-Zeichen erscheint. Weit entfernt ist dieser Zustand sichtlich nicht mehr. Aber auch dann wird der braune Reigen munter weitergehen, darauf verwette ich meinen noch immer knackigen Arsch ...

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Aufstieg der Begabten


"Man sollte ihnen die Regierungsbildung nicht verweigern – irgend 'ne Bildung muss der Mensch schließlich haben!"

(Zeichnung von Olaf Gulbransson [1873-1958], in "Simplicissimus", Heft 28 vom 06.10.1930)

Freitag, 8. September 2017

Schöne neue Welt, Beispiel 759: Die Strahlenkanone


Ich bin ja ein bekennender und enthusiastischer Science-Fiction-Fan, der liebend gerne gute SF-Bücher liest oder SF-Filme schaut und sich auch ansonsten sehr gerne mit Zukunftsszenarien befasst. Schlimm wird es aber – natürlich nicht überraschend – stets dann, wenn SF-Szenarien in den realen, kapitalistischen Untergang Einzug halten. Die – stets dystopischen – Beispiele dafür sind inzwischen schon so mannigfaltig, dass ich sie hier nicht alle auflisten kann: Staatliche Überwachungsorgien, Mikrowellenwaffen gegen DemonstrantInnen oder flächendeckende DNA-Datenbanken, um nur drei völlig willkürliche Beispiele zu nennen, sind heute keine Science Fiction oder Verschwörungstheorien mehr, sondern bereits Realität oder zur solchen in naher Zukunft auserkoren.

In diesen finsteren Reigen reiht sich nun die sagenumwobene "Strahlenkanone" aus den Anfängen der SF ein. Bei Zeit Online war kürzlich zu lesen:

Aufgrund der jüngsten Attacken in Barcelona und Cambrils rückt daher eine neue Technik in den Fokus der Sicherheitskräfte: eine Strahlenpistole, mit der elektromagnetische Impulse und Hochleistungs-Mikrowellen abgefeuert werden können. Trifft die Strahlung ein Auto, versagt dessen Elektronik – der Motor bleibt abrupt stehen und lässt sich auch nicht wieder starten, solange der Strahlenbeschuss andauert. / Was nach einer futuristischen Waffe klingt, hat die EU-Kommission in den vergangenen Jahren mit zwei Forschungsprojekten vorangetrieben.


(Die "Strahlenkanone" von Captain Proton, aus der Holodeck-Episode "Bride of Chaotica" der Serie "Star Trek: Voyager", 1999; basierend auf den amerikanischen SF-Filmen aus den 1940er Jahren.)

Eigentlich lohnt sich die Lektüre dieses gruseligen Textes nicht, denn dort wird lediglich blödsinnige Propaganda betrieben, aber keine sinnvolle Information geliefert. Es liegt auf der Hand, dass sich mit einer solchen Technik kein einziger Terroranschlag verhindern ließe – es sei denn, man installierte diese "Kanonen" flächendeckend und könnte sie im "Notfall" innerhalb von wenigen Sekunden aktivieren. Dieses Szenario ist indes so utopisch bzw. albern, dass es selbst in der Science Fiction meines Wissens noch nicht angedacht wurde. Die eigentliche Anwendungspraxis soll also wohl eine ganz andere sein, für die der Terrorwahn wie so oft nur als dümmliche Scheinbegründung herhalten muss.

Welche das sein könnten, lässt sich leicht vermuten – schließlich ist es kein Geheimnis, dass die kapitalistische Welt seit Jahren eine immense militärische Aufrüstung betreibt, die insbesondere erwartete "soziale Unruhen" ins Visier nimmt. Da ließen sich Bullenpanzer, die mit einer solchen Waffe ausgerüstet sind, doch sehr gut einsetzen. Auch gegen jede andere Art von Elektronik – seien es nun Dumpfphones, Computer, Laptops oder was auch immer – ließe sich das herrschaftliche Spielzeug zur elektronischen Abschaltung aus der Ferne sehr wirkungsvoll benutzen.

Dabei ist aus propagandistischer, also streng kapitalistischer Sicht weniger wichtig, welche eventuellen Auswirkungen die Strahlen auf Menschen – auch auf "Unbeteiligte" (als sei dieser alberne Hinweis von Belang für die Schlips-Borg) – haben könnten. Im Text heißt es dazu lapidar:

Die Ergebnisse zeigen, dass von der Strahlung wahrscheinlich keine Gefahr ausgeht.

Na, dann ist doch alles gut und die Strahlenkanone kann kommen: Hier gibt es schließlich einen totalitären Überwachungsstaat aufzubauen, wodurch Konzerne nebenbei ordentlich Profite generieren sollen. Bullshit-Technologie wie diese, die keinen sinnvollen, dafür aber einen äußerst repressiven und zudem propagandistischen Zweck erfüllt, ist das perfekte Beispiel für die Denkweise der korrupten Bande. Was schert diese Leute denn auch das Wohlergehen der Menschen, die sie stattdessen konsequent verarmen – hier geht es, wie immer, nur um Geld, um Macht und um Kontrolle für eine kleine selbsternannte "Elite" – und die Maximierung von alledem. – "1984" oder das schöner-schlimmere "Brave New World" waren einmal Science Fiction, sind es heute aber längst nicht mehr.

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Orgelmann



(Gemälde von Felix Nussbaum [1904-1944] aus dem Jahr 1943, Öl auf Leinwand, Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück.)

Mittwoch, 6. September 2017

Rassistischer Hass und semi-religiöse Selbsterhöhung: Der "bürgerliche" Nazi


In der Frankfurter Rundschau war vor kurzem ein Beitrag zu lesen, in dem die Autorin Katja Thorwarth sich einiger widerlicher Kommentare annahm, die LeserInnen zum Thema "Rettung von Ertrinkenden im Mittelmeer" hinterlassen hatten. Zunächst umreißt sie die Ausgangslage:

Was wurden öffentlichkeitswirksame Krokodilstränen vergossen, als in der Nacht zum 19. April 2015 etwa 500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertranken. Selbst Innenminister Thomas de Maizière fand die Seenotrettung "erheblich" verbesserungswürdig. "Wir sind es uns insgesamt selbst schuldig, dass wir hier mehr tun", lehnte sich gar Chefin Angela Merkel aus dem Fenster. / Wie mittlerweile bekannt, viel zu weit. Denn was die EU bis dato verweigert, hatten bis vor kurzem noch NGOs wie Sea-Eye übernommen: das Massensterben im Mittelmeer einzudämmen. Und obwohl Sigmar Gabriel sich von den "KZ-ähnlichen Zuständen" (Auswärtiges Amt) in libyschen Flüchtlingslagern ein Bild machen konnte, ist der Berliner Politapparat nach wie vor einzig daran interessiert, die personifizierte Armut gefälligst dort zu belassen, wo sie hingehört – auf dass sie niemandem das Abendbrot verhagelt.

Das sind sehr deutliche, viel zu selten geäußerte Worte zu diesem Themenkomplex, vor denen ich demütig meinen Hut ziehe. Was danach allerdings an Beispielen aus dem Kommentariat genannt wird, zerfetzt mir eben jene Hutschnur rückstandslos: Ich möchte nichts davon hier wiederholen, lest Euch das drüben bei der FR durch. Was sind das bloß für widerwärtige Gestalten, die einen solchen rassistischen, menschenfeindlichen Nazi-Dreck in die Welt koten und das allen Ernstes für eine "legitime Meinung" halten? Sind die alle irre oder einfach so dumm, dass jede halbtote Mücke es intellektuell mit ihnen aufnähme? Ich glaube das nicht und komme somit zu dem Schluss, dass es schlichtweg dumpfe FaschistInnen sind, die ganz bewusst elitäres Denken hegen und sich selbst für (weitaus!) wertvoller halten als andere Menschen. Damit sind sie de facto nicht mehr zu unterscheiden von den vielen braunen Arschlöchern unter unseren Vorfahren, die willig und enthusiastisch "dem Führer gefolgt" sind und die größte humanistische Katastrophe angerichtet haben, zu der Menschen auf diesem Planeten – bislang – jemals fähig waren.

Ich bin allerdings sicher, dass die degenerierte Bande diesen "Rekord" im nächsten, sich längst ankündigenden Versuch noch toppen kann. Sie ist auf dem besten übelsten Wege dorthin.

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Flüchtlinge



(Gemälde von Abdalla Al Omari [*1986] aus dem Jahr 2016, das unter anderem Merkel, Putin und Obama als Flüchtlinge zeigt. Mehr Infos dazu.)

Montag, 4. September 2017

Das "TV-Duell": Wenn fiese Revolverhelden aufeinander schießen


Auf Seite 37 der heute in der Reichshauptstadt Bonn erscheinenden Tageszeitung "Das Narrenschiff" – direkt zwischen einer Empfehlung für den besten Hundefriseur für schwule Pudel und einem Party-Rezept für die "zeitgemäßeste Bowle" namens "Das gänzliche, reuelose Vergessen" – findet sich die folgende kurze Notiz des rasenden Reporters Charlie Charlieson, die er vermutlich direkt vom Ort des Grauens, der nationalen Messe für Schlafanzüge, Nachthemden und pharmazeutische Ergänzungsnahrungsmittel in der brandenburgischen Provinz "Berlin", an die Redaktion geschickt hat:

Am Sonntag taten zwei schaurige, zombieeske, jederzeit austauschbare Gestalten der kapitalistischen Einheitspartei so, als stritten sie miteinander, obwohl beide Blöcke (oder waren es Böcke?) dasselbe wollen. Ich empfehle zum Schlafengehen dann doch lieber ein großes Glas mit heißer Milch, in das man einen deftigen Liter billigen Fusels von Herrn Albrecht ("Aldi"; sehr reich), Herrn Schwarz ("Lidl"; noch reicher), Herrn von und zu Guttenberg ("Hirnfäule", am ekeligsten) oder ein beliebiges Dokument der AfD ("Mein Führer!", doch noch ekeliger) schütte.

Tippfehler wurden für diese Online-Meldung korrigiert. Charlieson hat den national mit anhaltender Schlafsucht erwarteten Showdown des "12 Uhr nachts"-Dramas der beiden Gesinnungsgenossen Cherkel und Mulz gar nicht verfolgt, sondern befand sich zu diesem Zeitpunkt längst im Delirium und träumte von einem beherzten Eingreifen Darth Vaders, einem dunklen Sinfoniekonzert und einer verflossenen Jugendliebe.

Unbestätigten Berichten zufolge soll Charlieson um 20:15 Uhr, als die bleierne Nocturne begann, noch Wortfetzen wie "Auferstanden aus Ruinen ..." und "Peitsche und quäle mich, Angie" gelallt haben. Es ist dennoch nicht auszuschließen, dass der Reporter tatsächlich den Bezug zur Realität verloren hat und die beiden Scheinkontrahenten am Ende wirklich für ernsthafte Vertreter verschiedener politischer Strömungen gehalten hat. Der Verlag trennte sich noch am Abend wortkarg von dem zwielichtigen Gesellen.

Derweil steht das Ergebnis des "Duells" von der Schlafanzugsmesse fest, ohne dass auch der Praktikant, der diesen Bericht verfasste, es verfolgt hat (die "Lindenstraße" war einfach spannender): Der Kapitalismus, wer denn auch sonst, siegt – es ist ja auch niemand sonst angetreten. Lol. Täterää! Und die deutsche Fußballdeppenbevölkerung grölt trotzdem weiter wie von Sinnen im stumpfsinnigen Chor:

He-ho-hey-ho!
Wir sind asozial!
Wir sind dumm!
Wir finden Eliten geil!

He-ho-hey-ho!
Wir sind völkisch!
Wir schlafen!
Wir schicken Fremde ins KZ!

He-ho-hey-ho!
Wir merken nicht,
dass wir uns ins Knie ficken
und verarscht werden!

He-ho-hey-ho!
Wir merken nichts!
Wir merken nichts!
Wir merken nichts!

Wir sind Elite!
He-ho-hey-ho!

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Unterwegs


"Emil, die Politik ist zum ---" — "--- Wem sagste das, Otto?!"

(Zeichnung von Henry [Henri] Bing [1888-1965], in "Simplicissimus", Heft 42 vom 12.01.1925)

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Anmerkung des Verlages: Der durch besorgniserregende Terrorgedanken infiltrierte Praktikant wurde ebenso wie Herr Charlieson inzwischen entfernt. Die Misere ermittelt. Wir bitten den Zwischenfall zu entschuldigen und setzen unsere Qualitätsberichterstattung fort. Und nun das Wetter.