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Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern
der Hoffnung über dem Herzen.
Er wird verliehen,
wenn nichts mehr geschieht,
wenn das Trommelfeuer verstummt,
wenn der Feind unsichtbar geworden ist
und der Schatten ewiger Rüstung
den Himmel bedeckt.
Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.
(Ingeborg Bachmann [1926-1973], in: "Die gestundete Zeit", 1953)
Anmerkung: Diese Worte der großartigen Ingeborg Bachmann sollten wir uns alle zu Herzen nehmen und sie tief verinnerlichen - sie sind heute aktueller und wichtiger denn je. Ganz nebenbei wirft dieses Gedicht auch ein etwas realistischeres Licht auf die heutzutage allzuoft strunzdämlich verklärte Nachkriegszeit des so genannten "Wirtschaftswunders" in Deutschland.
Ganz persönlich bin ich äußerst begeistert von der Formulierung "Tapferkeit vor dem Freund" - als Synonym für die uneingeschränkte Solidarität mit den Ausgebeuteten, Unterdrückten, Verfolgten und im Elend Versinkenden dieser Welt.
Ein Hochgeschwindigkeitszugnetz, das alle Großstädte miteinander verbindet? In Europa klingt das nach einem unerfüllbaren Traum. In Afrika könnte er Wirklichkeit werden - dank China.
(Weiterlesen)
Anmerkung: Man kommt beim Lesen dieses merkwürdigen Artikels aus dem Staunen gar nicht mehr heraus: Wenn man über die Frage, was ein gebeutelter Kontinent wie Afrika, in dem vielerorts die bitterste Armut, der Hunger und vor allem der Hungertod regiert, denn wohl am dringendsten bräuchte, käme wohl jeder Kapitalist auf diese naheliegende Antwort: Wenn 95 Prozent der Bevölkerung krepieren, während die restlichen (für das Kapital einzig relevanten) fünf Prozent ein tolles, aber teures Bahnnetz bekommen, dessen Nutzung sich außer dieser "Elite" ohnehin keiner leisten kann, ist das eine tolle und berichtenswerte Sache.
Es sollte sich auch niemand durch die Tatsache, dass es in diesem Fall "Investoren" aus China sind, die solche glorreichen Pläne hegen, verblenden lassen: Westliche Kapitalisten haben diesen "Markt" offensichtlich nur verpennt - ansonsten täten sie längst exakt dasselbe. Da es hier aber einmal nicht um die heimische "Elite" geht, dürfen wir auch sofort im Propagandatext der heimischen Journaille lesen: "Aufbauhilfe aus Eigeninteresse? / (...) Kritiker werfen der führenden asiatischen Wirtschaftsmacht vor, weniger an Entwicklungshilfe und stärker am Rohstoffreichtum des Kontinents interessiert zu sein."
Ach, wirklich? Nein, wie überraschend ist das denn, dass "Investoren" im Kapitalismus aus Eigeninteresse handeln und ganz andere Ziele haben, die mit dem Gemeinwohl in der dortigen Region nicht das Geringste zu tun haben? Diese fiesen Chinesen - man sollte sie alle ... - Und wenn westliche "Investoren" dort tätig werden würden, ja, dann verliefe alles völlig anders, denn die handeln ja sicher nicht aus "Eigeninteresse", sondern aus reiner und fürsorglicher Menschenliebe?
Allerspätestens seit in dieser Bananenrepublik der schmierige Teppichschieber Dirk Niebel (FDP) "Entwicklungsminister" gewesen ist (und damit bis an sein kümmerliches Lebensende finanziell ausgesorgt hat und nie wieder arbeiten muss), müsste jedem denkenden Menschen klar sein, was diese korrupte, geldgierige Bande unter "Entwicklungshilfe" versteht. So gesehen ist der Vorstoß aus China geradezu ein Leuchtturm für die kapitalistische, habgierige Bande hierzulande - auf solche "innovative" Ideen muss man erst einmal kommen! Ein Hochgeschwindigkeitszugnetz, das alle Großstädte Afrikas miteinander verbindet - darauf können nur geldgeile Schlips-Borg, die ihre Zunge tief im Anus des Kapitals versenkt haben und gierig das Braune vom verkrusteten Rand lecken, kommen.
Diese Menschheit ist dem Untergang geweiht - ihre selbsternannte "Elite" macht das jeden Tag offenkundiger.
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Zukunftsträume
"Was willst du einmal werden, Fritzl?" - "Satt."
(Zeichnung von Wilhelm Schulz [1865–1952], in "Simplicissimus", Heft 11 vom 10.06.1919)
(Goethes Erben: "Stumme Zeugen", aus der MC "Der Spiegel, dessen Weg durch stumme Zeugen zum Ende führt", 1990; wiederveröffentlicht auf dem Album "Erstes Kapitel", 1994)
Karge, kahle Stämme
werfen strenge Schatten,
schemenhaft und bedrohlich:
Stumme Zeugen der Grausamkeit,
die hier geschah.
Damals, der Mann mit dem starren Blick -
er hielt etwas in der Hand,
als er auf dem Auto sitzend
durch ein monotones Klopfen
ein junges Mädchen in einen Abgrund der Angst riss.
Seit Stunden wartete sie verzweifelt
auf ihren Freund, in diesem Wald ...
Nur der Mond war anwesend ...
Das Auto war stehen geblieben,
und er wollte Hilfe holen -
doch er kam nicht zurück,
nur dieser Mann,
und mit ihm dieses Klopfen:
Dumpf und bedrohlich -
Fleisch auf Blech - Fleisch auf Blech ...
Verkrustetes Blut
überzog das Gesicht ihres Freundes,
abgetrennt vom Rumpf, zum Klopfen missbraucht.
Schlag um Schlag
krachte der abgehackte Schädel auf das Blechdach -
im Takte der Angst ...
Nur die kahlen Stämme
waren die stummen Zeugen,
und auch wenn das Mädchen gerettet wurde:
So bleibt doch ein Fluch erhalten
auf diesem Wald -
dem Wald der stummen Zeugen.
Anmerkung: Man mag das heute kaum mehr glauben, aber es gab tatsächlich einmal eine recht gut funktionierende Independent-Musikkultur, die auf Musik-Cassetten und vom konzerngesteuerten Musikalienhandel völlig unabhängigen Vertriebswegen begründet war, und die auf diese Weise auch vor dem Zeitalter der CD und des Internets bereits "abweichende" Musik einem kleinen, interessierten Publikum zugänglich gemacht hat. Goethes Erben ist eine der Bands aus diesem Dunstkreis, die damals noch von jeder Plattenfirma rausgeschmissen worden wäre und es auf diesem Wege dann aber doch geschafft hat, in den Kreis der Besserverdiener aufzusteigen - womit auch ihr künstlerischer Niedergang eingeläutet war, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Wenn im Kapitalismus das schnöde Geld lockt, ist es - von seltenen Ausnahmen abgesehen - aus mit jeder Innovation, jeder Kunst und jeder Kreativität. Diese Weisheit ist so alt wie der Kapitalismus selbst.
Ich erinnere mich noch heute allzu gerne an einen Auftritt dieser Band in einem Club irgendwo im Ruhrgebiet, bei dem die Musiker auf jedwede Beleuchtung aus elektrischen Quellen verzichtet haben und einzig auf hunderte von Kerzen vertrauten, die überall rund um die Bühne und darauf aufgestellt waren. Ein atmosphärisch dichteres Konzert habe ich seitdem nicht mehr erlebt.
Als der Mensch
Unter den Trümmern
Seines
Bombardierten Hauses
Hervorgezogen wurde,
Schüttelte er sich
Und sagte:
Nie wieder.
Jedenfalls nicht gleich.
(Günter Kunert [*1929], in: "Erinnerung an einen Planeten. Gedichte aus 15 Jahren", 1963)
Anmerkung: Unsere kriegslüsternen Politmarionetten und Propagandamedien stimmen uns auch heute wieder in trauter, aber eindringlicher Eintracht auf den kommenden Krieg ein - auf dass einmal mehr das Kapital blühe und die Menschheit blute, elendig leide und krepiere: Hauptsache, die Profite der "Elite" sprudeln weiter.
Dabei ist es wichtig zu bemerken: Nicht die bereits vollzogene Ungleichverteilung des Reichtums dieser Welt, die bereits völlig perverse, absurde Ausmaße angenommen hat, ist die Ursache für diese "Krise" des Kapitalismus - sondern die in naher Zukunft "drohende" Stagnation des weiteren Wachstums dieser wenigen Supervermögen und der damit verbundenen weiteren Umverteilung von Arm zu Reich. Die Ursache für die jetzt wieder geplanten Kriege ist also nicht bloß Geld, wie man mancherorts lesen kann, sondern in erster Linie die drohende Unterbrechung oder Abschwächung des permanenten Wachstums der längst vorhandenen Supervermögen - obwohl diese bereits so absurde Höhen erreicht haben, dass niemand mehr etwas - und wenn es auch etwas vollkommen Sinnfreies oder Stumpfsinniges wäre - damit anfangen kann.
Das ficht die Gläubigen dieses grotesken Systems aber nicht an - da wird weiter wie von Sinnen auf "Wachstum" gesetzt; und wenn das System nicht mehr genug davon generieren kann, muss eben ein Krieg her, damit das heilige Wachstum wieder angekurbelt werden kann. Der Kapitalismus geht - welch ein Wunder - immer wieder dieselben finsteren Wege. Und die dummgehaltene Bevölkerung bemerkt es einmal mehr nicht, sondern lässt sich erfolgreich ablenken und auf dumpfe Abstellgleise führen, wo sie sich gegenseitig bekämpfen kann und das auch vehement tut.
Dieser Planet ist so dermaßen verkommen, dass ich Günter Kunert berichtigen möchte - denn dieses Staubkorn im Weltall verdient keine Erinnerung, die mit Menschen zu tun hat: Es wird völlig zu Recht untergehen und in der Vergessenheit entschwinden. Das würde zwar auch ohne Zutun der pervertierten Menschheit irgendwann geschehen - aber der Kapitalismus wird dafür sorgen, dass es deutlich früher und wesentlich elendiger vonstatten gehen wird.