Samstag, 12. August 2017

Fragmente: Gedanken aus den Fieberträumen


Nach einigen Tagen des persönlichen Totalausfalles aus gesundheitlichen Gründen reiche ich heute ein paar kommentierte Meldungen der letzten Wochen nach, die ich eigentlich viel ausführlicher im Blog behandeln wollte. Ich bitte um Nachsicht, dass dies nun nur fragmentarisch geschieht und ich nur wenige meiner Gedanken dazu hier unterbringen kann.

1. Mythos Elektroauto

In der Zeit war vor einigen Wochen zu lesen:

Ab 2040 dürfen in Großbritannien keine Dieselfahrzeuge oder Benziner mehr verkauft werden. Ähnliche Pläne werden nun auch in Deutschland diskutiert.

Gerade dies ist ein Thema, zu dem ich mich eigentlich sehr ausführlich äußern wollte, denn ich halte diesen Elektro-Hype und die zugrundeliegende, aufgrund eines "plötzlichen Skandals" in Bewegung gesetzte Verteufelung des Verbrennungsmotors (aktuell muss der Diesel dafür herhalten, aber dabei wird es gewiss nicht bleiben) nicht nur für einen wahnwitzigen Irrweg, sondern für gezielt verdummende, kapitalistische Propaganda, die einzig dazu dient, der Automobilindustrie zu noch mehr Neuwagenverkäufen zu verhelfen, um den Profit weiter zu steigern.

Die Indizien dafür sind so reichhaltig wie der Sand im Watt von Ostfriesland. Es ist beispielsweise jedem, der ein halbwegs funktionsfähiges Gehirn besitzt, bekannt, dass jede automobile "Dreckschleuder" im Vergleich mit einem Neuwagen um Längen "ökologischer" ist, je älter sie ist. Soviel Dreck kann eine alte Karre auch in hundert Jahren nicht ausstoßen, wie die Produktion eines Neuwagens – egal welcher Art – an ökologischen Schäden und Ressourcenverschwendung verursacht.

Die Fragen nach der Herkunft und der Speicherung des benötigten Stroms sind ebenso ungeklärt wie die alltagstauglichen Lademöglichkeiten für Millionen von Fahrzeugen. Von den benötigten Rohstoffen allein für die heute verwendeten Batterien, die erforderlich wären, wenn dieser Irrweg weiter verfolgt wird, will ich gar nicht erst reden.

Die Gründe liegen indes auch klar und offen auf dem Tisch: Im Kapitalismus muss stetig neuer Schrott produziert und verkauft und "Altes" entsorgt werden, sonst funktioniert dieses absurde, zerstörerische System nicht einmal scheinbar. Dennoch sieht diese Gründe niemand und die Propagandapresse brüllt weiterhin im Chor mit den Irren aus der Politik und Wirtschaft das alte, böse, so unsäglich dämliche Lied: "Wachstum, Fortschritt, Wachstum, Fortschritt! Krebs bis zur Unendlichkeit!"

2. Flächendeckende Gesichtserkennung im deutschen Orwell-Staat

Jörg Schieb hat zum entsprechenden "Pilotprojekt" in Berlin Stellung bezogen. Dort werden am "Ostkreuz" seit dem 01.08. "probehalber" Kamerasysteme eingesetzt, die in Echtzeit Gesichter erkennen und mit staatlichen Datenbanken abgleichen können. Es versteht sich von selbst, dass niemand weiß, wie diese ominösen Datenbanken zustandekommen, wer die Kriterien festlegt, nach denen ein Mensch dort geführt wird oder von wem das ganze eigentlich kontrolliert wird. Das interessiert in Kapitalistan aber auch niemanden – Hauptsache, die Bevölkerung wird flächendeckend überwacht und zukünftig auch sofort "erkannt".

Schieb, der in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Redakteur nun wahrlich nicht dem Verdacht ausgesetzt ist, irgendwelchen Verschwörungstheorien anzuhängen, kommt zu dem Resümee:

Dem Überwachungsstaat ist damit Tür und Tor geöffnet. Harmlose Menschen verhüllen sich nicht – und werden zuverlässig erkannt. Der Schwarzfahrer. Der Sprayer. Vor allem Du und ich. Es setzt schon eine Menge Vertrauen voraus, davon auszugehen, dass solche Technologien nicht missbraucht werden – jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Dieses Vertrauen habe ich nicht. (Hervorhebung von mir, Anm.d.Kap.) / Lässt sich zusammenfassen: Die echten Straftäter haben nichts zu befürchten. Alle anderen schon. Klingt nach keinem guten Deal.

Das ist zwar arg harmlos formuliert, enthält aber trotzdem wesentliche Elemente der allzu nötigen und dennoch ignorierten Kritik – wenngleich, wie immer, die kapitalistischen Ursachen konsequent ausgeblendet werden.

3. Die unsäglichen Freuden des Kapitalismus

Diese Meldung muss ich eigentlich nicht weiter kommentieren, denn sie spricht für sich. n-tv meldete vor zehn Tagen:

9.500 Euro erhalten Bundestagsabgeordnete seit dem 1. Juli monatlich als Diät. Doch jeder vierte Parlamentarier verdient nebenbei dazu – in der Summe mindestens 26,5 Millionen Euro. Vor allem Abgeordnete von CDU und CSU bessern ihren Verdienst auf.

Das sind übrigens dieselben schmierigen Gestalten, die – inzwischen sogar unter Strafandrohung – Millionen von zwangsverarmten Menschen strikt verbieten, auch nur läppische 50 Euro hinzuzuverdienen. Das wird dann nämlich auf die Diät "Transferleistung" angerechnet. Wundert sich ernsthaft jemand darüber, dass solche Figuren den Kapitalismus toll finden, obwohl auch sie nur zu den Schuhputzern der Reichen gehören?

4. SPD: "Dinner for One"

Im Verlauf des bekannten Kindergartenspieles "Bäumchen, wechsle dich" innerhalb der kapitalistischen Einheitspartei hat es natürlich die SPD mal wieder zu Höchstleistungen des absurden Rinderwahnsinns gebracht. Nachdem die olle Eiter-Elke in Niedersachsen von der rechts-olivgrünbraunen auf die rechts-olivschwarzbraune – im Propagandasprech der alarmistischen Medien natürlich "völlig konträre" – Seite gewechselt war, meinte der rechts-olivrotbraune Thomas Oppermann voller Entrüstung (das Wort darf bitte nicht ernstgenommen werden, denn "Rüstung" ist schließlich ein wesentliches Kernthema des Kapitalismus):

Der ganze Vorgang verstößt gegen den politischen Anstand und ist ein beispielloser Verfall der politischen Moral.

Ich verschluckte mich heftig, als ich das las, und riss mir danach – wahrscheinlich irre lachend und hasenhaft umherhüpfend – büschelweise die Haare aus dem Schädel, um den Schmerz zu bändigen, den dieser Ausspruch ausgelöst hatte: "Politischer Anstand" und "politische Moral"!!! Mir blieb am Ende die Luft weg, ich lief blau an und schämte mich deswegen, weil ich um alles in der Welt nicht mit den Rechtsradikalen der AfD in Verbindung gebracht werden wollte. Der Oppermann muss einfach ein U-Boot der Titanic-Redaktion sein! Er muss! Er muss! Er muss! – Ich wiederholte diese Aussage solange, bis mein Kopf, den ich bei jedem dieser Worte mit sozialdemokratischer, schrödianischer Wucht auf die Tischplatte geknallt hatte, endlich dem blutigen Brei der CDU-Hirne glich, die in diesem lächerlichen Propagandatheater nicht minder hirnzersetzende Äußerungen in die Welt gefurzt und gekackt hatten.

Ich weise explizit darauf hin, dass ich der CDU hier immerhin etwas Blut, also ein Mindestmaß an Sauerstoffversorgung in der Hirnregion, unterstellt habe. Oh ja, ich weiß, ich bin völlig irre.

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Vielleicht bleibe ich doch lieber weiter krank und beschäftige mich nicht mehr mit diesem hirnverbrannten, menschenfeindlichen, abgrundtief dämlichen Bockmist, über den man so herzlich lachen könnte, wenn er nicht so unsagbar fürchterliche Auswirkungen auf die Menschen und diesen verzweifelt um Gnade winselnden Planeten hätte. Realitätsfluchten sind doch so viel schöner.

Komm, Fieber, oh komm schnell zurück.

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Wald draußen



(Gemälde von Renate Sautermeister [1937-2012] aus dem Jahr 1982, Acryl auf Leinwand, unbekannter Verbleib)

Dienstag, 8. August 2017

Das Jägerschnitzel


Ich gehe bzw. ging ja sehr gerne essen. Aus bekannten, finanziellen Gründen kann ich mir das heute aber so gut wie nie leisten, so dass es ein kulinarisches Highlight war, dass ich am vergangenen Sonntag endlich wieder in diesen Genuss kam. Ich hatte mich mit einem alten Freund verabredet und wollte – hungrig, wie ich war – eines dieser wundervollen Jägerschnitzel zu mir nehmen, das ich Wochen zuvor in jenem Etablissement am Nachbartisch gerochen und gesehen hatte.

Natürlich hatte ich extra nicht gefrühstückt – einen solchen kulinarischen Höhepunkt gilt es schließlich zu feiern. So saßen wir also entspannt quasselnd in diesem Bistro, mit einem Tässchen Kaffee und einem weitläufigen Blick über den geruhsam in der Sonntagssonne dahinplätschernden Fluss, als mein Blick irgendwann auf die Karte fiel: Das Jägerschnitzel war durchgestrichen.

Mir stockte das Herz. Da hatte ich nun wochenlang gespart, um endlich mal wieder mein Leibgericht zu mir nehmen zu können – um vom Kellner sodann zu erfahren, dass dieses Gericht, das als "Snack" auf der Karte aufgeführt ist, in den kommenden drei Wochen nicht mehr verfügbar sei. Der Grund ist natürlich ein kapitalistischer: Da der Inhaber des Bistros mehrere Geschäftsstätten betreibt und die "Mutter" gerade Betriebsferien habe, könne das Essen nun auch in diesem "Tochterunternehmen" zeitweise nicht angeboten werden. Ich glotzte wohl wie eine Dampflok oder sedierte Kuh, während der junge Mann mir das offenbarte.

Ähnlich erging es anderen Gästen dieses Bistros – ich schnappte Gesprächsfetzen auf wie "Aber wir sind doch gerade wegen der Schnitzel hier!" – Mein Freund und ich beschlossen also, den Kaffee schnell auszutrinken und eine andere Futterstelle aufzusuchen. Nach einigem Herumirren – am Sonntagmittag ist es in dörflichen Gefilden sogar mitten im Ruhrgebiet nicht so einfach, eine geöffnete Küche jenseits des üblichen Fast-Food-Mists zu finden – nahmen wir also Platz in einem anderen Bistro. An den Nachbartischen saßen schon die besagten Herr- und Frauschaften, die wir schon vom Schnitzel-Gate-Bistro kannten.

Inzwischen war mein Hunger auf die Stufe "Ich esse jetzt alles, Hauptsache es macht satt" angeschwollen. Der Kellner pries mir das Tagesgericht an: Ein Schweinebraten mit köstlicher Soße an Salzkartoffeln mit Rotkohl. Ich bestellte es begierig. Kurze Zeit später kam der Mann wieder an unseren Tisch und sagte: "Tut mir leid – es handelt sich um einen Rinder- und nicht um einen Schweinebraten." Ich winkte ab und sagte: "Egal, ich habe Hunger!" Zehn Minuten später bekam ich endlich mein Essen: Zwei dünne Scheiben Rindfleisch, die so zäh waren wie meine Schuhsohlen, garniert mit sechs maschinell geschälten Kartoffeln (vermutlich aus dem Glas) und einem Haufen Rotkohl, der ebenfalls aus dem Glas stammte. Dazu gab es eine leckere Tüten-Soße. Das ganze war offenbar in der Mikrowelle – ohne Abdeckung – erhitzt worden, so dass sowohl das Fleisch, als auch die Kartoffeln eine trockene Haut aufwiesen, die dem Messer tapfer widerstand.

Ich aß nicht einmal ein Viertel dieser Speise, bezahlte dennoch 8,90 Euro und ging hungrig nach Hause. Mein Freund meinte beim Abschied nur lachend: "Loriot war ein Realist."


(Wovon ich träumte)

Montag, 7. August 2017

Wir haben die Wahl ... ?


Gestern ist der hochgeschätzte Stefan Gärtner in seinem sonntäglichen Frühstückskommentar zu gar wunderlichen Schlüssen gelangt: Neben vielen nachvollziehbaren Schlussfolgerungen kommt er dort unter anderem auch zu dieser:

Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands, nebenbei, kann ich leider nicht wählen, denn neben durchgehend Richtigem will sie "Freiheit für Palästina", und ich muss im Leben nicht mehr viel werden, und linker Antisemit schon gar nicht.

Der Text sitzt wie gewohnt, und ich habe dem dennoch einiges hinzuzufügen. Denn ich fragte mich beim Lesen, ob es aus linker Sicht denn tatsächlich schon ausreicht, eine Partei, die ansonsten "durchgehend Richtiges" anstrebt, allein aufgrund dieser dummen, fast schon traditionellen Palästina-Groteske als "unwählbar" zu klassifizieren. Ich habe nicht einmal nachgeschaut, ob die MLPD diese dämliche Forderung tatsächlich in ihr Wahlprogramm geschrieben hat – ich vertraue darauf, dass der Herr Gärtner das stattdessen getan hat.

Freilich ist es dumm und kontraproduktiv, eine solche "palästinensische" Position einzunehmen, die weder etwas mit der Sozialpolitik, noch mit den gerade in Deutschland – dem großen "Vorreiter" des kapitalistischen Wahns – dringend notwendigen Korrekturen zu tun hat. Alberne Alibi-Parteien wie die korrumpierte "Linke" samt ihren Systemschranzen können und wollen dieses Vakuum nicht füllen, weshalb Alternativen zwingend nötig sind – und seien sie auch noch so marginal. Ich hätte dem Gärtner eine so überaus oberflächliche Behandlung dieses Themas jedenfalls nicht zugetraut. – Sicherlich ist die kapitalistische Politik-"Elite" in Israel ganz genauso scharf zu kritisieren wie in allen anderen kapitalistisch verseuchten Regionen dieser verkommenen Welt – weshalb der Mann aber ins propagandistische Gegenteil verfällt und dieser nötigen Kritik den Stempel "Antisemitismus" aufdrückt, weil sie gängigen pseudolinken Klischees widerspricht, erschließt sich mir nicht.

Es geht hier, daran sei noch einmal erinnert, um die "Wählbarkeit" einer linken Partei in Deutschland aus humanistischer Sicht. Wenn dem geschätzten Herrn Gärtner tatsächlich kein anderes Argument einfällt, um die MLPD als "unwählbar" zu diskreditieren, kann ich das nur als ideologisch verbohrten Blödsinn bezeichnen.

Ich wiederhole noch einmal: Ein Slogan wie "Freiheit für Palästina" ist so unsäglich dumm, dass das entsetzte Gebälk im Hirnbereich mit dem dumpfen Knarzen gar nicht mehr nachkommt; gleichzeitig ist aber die Aussage, dass eine Partei, die dies neben vielem anderen fordert, "unwählbar" sei, ebenso absurd. Die Fähigkeit zur Differenzierung hätte ich dem Gärtner dann doch noch zugetraut. Was wählt er stattdessen? Gar nichts? Die "Bibeltreuen Christen" oder die "Vegane Front"?

Ich jedenfalls werde diese kommunistische Splitterpartei im September wählen – und ich bin mir sehr bewusst, dass ich damit genauso viel erreiche wie mit meinen Bemühungen, die lästigen Fliegen vor meinem Computermonitor durch hektische Handbewegungen zu vertreiben. Durch alberne Wahlen ist der beschlossene kapitalistische Untergang ganz sicher nicht mehr aufzuhalten – dies ist lediglich ein letztes Zeichen meinerseits, das ich noch setzen kann, bevor das kapitalistische Grauen den letzten Rest der Hoffnung aufgefressen hat wie ein Zombie das kleine Kind.