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(Heinz Rudolf Kunze: "Froschmann", aus dem Album "Korrekt", 1999)
Draußen im Garten, am Grunde des Pools
wartet der Froschmann, wartet der Froschmann
Er zieht mich hinunter am hellichten Tag
unter den Augen der Frühstücksfamilie
Zucken und Gurgeln - ich reiße die Arme
wie betend empor, den Himmel zu kratzen
Die Spitzen der Finger durchstoßen nicht einmal
die Wolken des Wassers, die reglose Fläche
Draußen im Garten, am Grunde des Pools
wartet der Froschmann, wartet der Froschmann
Er beißt meine Beine unter all euren Augen
Schneeflocken im Tee, Herbstblätter im Toaster
Und du meinst tatsächlich, es spielt eine Rolle
dass kein Wasser im Pool ist - seit Jahren nicht mehr
Draußen im Garten, am Grunde des Pools
wartet der Froschmann, wartet der Froschmann
Da kann ich nur lachen - das spielt keine Rolle
nicht einmal die Frage, ob in unserem Garten
Jemals ein Pool war - das spielt keine Rolle
doch nicht für den Froschmann, nicht für den Froschmann
Draußen im Garten, am Grunde des Pools
wartet der Froschmann, wartet der Froschmann
Auf der hochseriösen Internetseite der "Tagesschau" gab es im April 2013 unter anderem die folgenden Ergüsse des öffentlich-rechtlichen Qualitätsjournalismus' zu lesen:
(Screenshot via wdr.de)
Hinter der Schlagzeile "So viele Arbeitslose wie noch nie in der Eurozone" verbarg sich dieser "Mouse-over"-Text: "Der März hat der Eurozone wieder einen neuen Höchststand bei der Arbeitslosigkeit gebracht. Insgesamt waren mehr als 19 Millionen Menschen ohne Job. Die EU warnte wegen der besonders hohen Jugendarbeitslosigkeit vor einer 'verlorenen Generation'."
So weit, so schlimm. Wenn man mit dem Mauszeiger auf die Schlagzeile direkt unterhalb dieser sensationell überraschenden Nachricht deutete, bekam man zur Überschrift "Generation Y: Spaß, Selbstverwirklichung und Yoga" den folgenden Text zu lesen: "Eine neue Generation revolutioniert den Arbeitsmarkt. Sie wollen sich im Job nicht langweilen, ein bisschen die Welt verbessern und das Gehalt soll auch stimmen. Die Generation stellt Arbeitgeber vor Herausforderungen - und kann es sich leisten."
Ich denke, ich muss das nicht weiter kommentieren. Einen solchen Irrsinn hätte sich nicht einmal die Redaktion der Titanic ausdenken können - das ist Qualitätsjournalismus in seiner reinsten, perfektesten Form. Ich geh' dann mal zum Yoga.
Über Steinbrücks Beziehung zum Geld und seine Mühe mit sozialdemokratischen Inhalten ist viel geschrieben worden. Sein steinernes, ja stählernes Gebaren, die Befehlston-Ästhetik seiner Sprachmelodie, der stiere Blick über dem zum umgekehrten "U" gebogenen Mund waren aber noch zu wenig Gegenstand der Analyse. Zeit für eine Glosse zur Kandidatur des Sozialdemokraten Peer Steinbrück. Hobby-Psychologe Sigmund Leid schürft tief und fördert eine altbekannte Weisheit zutage: Auch das Private ist politisch.
(Weiterlesen)
Anmerkung: Diesen wunderbaren Text solltet Ihr Euch nicht entgehen lassen, wenn Ihr Euch noch näher über den Merkel-Mehrheitsbeschaffungskandidaten Steinbrück informieren (oder einfach mal wieder herzhaft lachen) wollt. Über die "sozialdemokratischen Inhalte" würde ich indes mit dem Autor (nicht mit Steinbrück, um Himmels Willen) nur zu gern einmal ausführlich diskutieren und in Erfahrung bringen, was er denn genau mit diesem Begriff meint. Sind dies vielleicht der "Radikalenerlass" des Willy Brandt, der "NATO-Doppelbeschluss" des Helmut Schmidt oder die "Hartz"-Deformierungen des Gerhard Schröder? Oder muss man noch tiefer in der verstaubten und in allzu grellem, absurdem Rot angestrichenen Geschichte dieser ständigen Verräterpartei buddeln, um auf tatsächlich "sozialdemokratische Inhalte" zu stoßen?
Man weiß so wenig. Gewiss ist aber die offensichtliche Tatsache, dass der neoliberale, asoziale, demokratie- und menschenfeindliche Katastrophenkurs der Kohls, Schröders und Merkels auch dann eisern beibehalten wird, wenn wider Erwarten und wider jede nachvollziehbare Logik Steinbrück zum Kanzler gewählt würde. Ich hege ja manchmal die naive Hoffnung, dass diese Offensichtlichkeit der nicht vorhandenen Unterschiede zwischen den Blöcken der neoliberalen Einheitspartei vielleicht doch dazu führen könnte, dass im Herbst mehr Menschen den Alternativen ihre Stimme geben - und dabei nicht den braunen Rattenfängern der Menschenfeinde vom noch rechteren Rand ins Netz gehen. Diese Hoffnung wird enttäuscht werden, das weiß ich schon jetzt - aber ich darf sie doch trotzdem formulieren, oder?
Ich will es mal drastisch ausdrücken: Wenn man die Wahl hat zwischen Kotze, Scheiße, Eiter, Pisse und einem Wasser, von dem man nicht weiß, ob es gut schmeckt oder gut tut - wieso um alles in der Welt wählt die überwältigende Mehrheit dann nicht dieses Wasser? Ich werde die Gedankengänge der schwarz-gelb-rot-grünen WählerInnen wohl nie nachvollziehen können - wobei die SPD-WählerInnen da noch besonders zu bewerten sind, weil sie sich immer wieder aufs Neue verarschen und verraten lassen, und das seit über 100 Jahren schon. Sind das denn alles Masochisten?
Ich muss mir bei diesem Thema an die eigene Nase fassen, denn ich selber war seinerzeit so dämlich, den Grünen meine Stimme zu geben, weil ich der irrigen (aus heutiger Sicht geradezu irrwitzigen) Meinung war, es sei sinnvoll und hilfreich, wenn Kohls furchtbarer Dauerregentschaft samt seiner asozialen Politik endlich ein Ende gesetzt würde - mit dem Ergebnis, dass Rot-Grün noch viel umfassender, nachhaltiger und asozialer im Land gewütet hat, als Kohl sich das jemals getraut hätte. Mir ist erst ein Licht aufgegangen, als der Freitag anlässlich Schröders Agenda-Politik titelte: "Dagegen war Kohl modern".
Und nun tritt also der Agenda-Genosse mit dem umgekehrten "U" im Gesicht an, um die Katastrophen-Angela mit dem umgekehrten "U" im Gesicht abzulösen und auch ordentlich Knete zu scheffeln wie diese, wie Gaz-Gerd, Panzer-Joschka und all die anderen rot-grünen GenossInnen und schwarz-gelben Christ-Liberallas. Was haben wir gelacht.
Bis zum bitterbösen Erwachen jedenfalls - einmal mehr.
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Der Bergmann
"Sie frieren nicht, sie brauchen keine Kleider, sie haben keine Zeit zum Essen - und wollen doch mehr verdienen."
(Zeichnung von Wilhelm Schulz [1865–1952], in "Simplicissimus", Heft 32 vom 07.11.1927)
Am gestrigen Abend ist mir Gewalt angetan worden. Ich bin von einem angeblichen "Freund" unter Androhung übelster Sanktionen dazu genötigt worden, mir den "Eurovision Song Contest" anzusehen, was ich freiwillig nicht einmal als Insasse einer Einzelhaftzelle nach drei Monaten Dauerfinsternis getan hätte. Und - was soll ich sagen: Meine schlimmsten Befürchtungen sind erfüllt worden.
Es war wirklich alles dabei, was das Klischee begehrt - dummes Herumgehüpfe, Anspielungen auf schwule/lesbische Sexualität, vermeintlich "hippe" Frisuren und modeübertünchte Outfits für Insassen der Psychiatrie, eine überaus "witzige" schwedische Moderatorin, ein noch dämlicherer deutscher Kommentator - und natürlich durfte auch der in der heutigen Zeit obligatorische Mützendepp nicht fehlen, der mit seiner Kopfbedeckung offenbar vergeblich verhindern wollte, dass ihm das Gehirn aus dem Schädel fällt. Eine erste Lachsalve nahm mir schon am Anfang für mehrere Minuten den Atem, als der Kommentator die an diesem "Wettbewerb" teilnehmenden Gestalten allen Ernstes und ohne den Hauch eines satirischen Anstrichs "Künstler" nannte.
Da war doch noch etwas? - Ach ja: die "Musik". Oder was man in solchen Kreisen eben so nennt. Es war die altbekannte Abfolge der ewig gleichen drei Akkorde, in Szene gesetzt mit den üblichen synthetischen Instrumenten - ein Sammelsorium von Versatzstücken und Plagiaten, die es schon tausendmal zuvor gab - also das, was man gemeinhin unter "Popmusik" oder auch "Schlager" versteht. Schauderhaft, belanglos, inhaltsleer, dumpf, in ewiger Wiederholung - alles im befürchteten Rahmen. Diese Schmerzen waren wahrlich erheblich.
Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass dieses "musikalische Angebot" eine exakte Kopie des politischen neoliberalen Parteienspektrums darstellte - es war alles gleich und gleich übel.
Es gab dennoch Höhepunkte, wenn auch negativer Art - beispielsweise als die "Vertreterin Deutschlands" ihr Stücklein trällerte. Ich weiß nicht, wen sie da genau zu vertreten meinte, aber ich gehöre offensichtlich nicht zu Deutschland - es war ein Zenit der Peinlichkeit, was ich da zwangsweise miterleben musste: Eine grotesk geschminkte (man verzeihe mir das folgende Wort) Tusse mit angeklebten Wimpernbüschen in Rabenflügelgröße trällerte ihr "Glorious" zu billigstem Synthie-Pop der übelsten, simpelsten Bohlen-Sorte, um kurz danach wie ein Elefant über die Bühne zu stampfen und Sätze wie "We can set the world on fire" und "The world is ours" ins Mikrophon zu plärren. Ich wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken, als ich das sah und hörte - ich kann mich niemals wieder im europäischen Ausland blicken lassen, ohne völlig zu Recht ausgepfiffen und beschimpft zu werden. "We can set the world on fire" ... in der Tat, das können "wir" Deutschen.
Ich muss fairer Weise sagen, dass diese Dame, die sich aus unerfindlichen, wahrscheinlich nicht existierenden Gründen "Cascada" nennt, aus "künstlerischer" Sicht nicht unbedingt noch schlechter war als die übrigen Hampelmänner und -frauen auf dieser Bühne - es war größtenteils eben derselbe abgekupferte Stumpfsinn auf gleichem, bodenlosem Niveau. Allerdings war es vorhersehbar, dass niemals eine Mehrheit der Menschen in Europa, die an solchen bescheuerten "Votings" teilnehmen, für Deutschland stimmen wird - es ist doch gerade die Politik dieses Staates, die gerade halb Europa in Schutt und Asche legt und die Menschen brutal verarmt. Und wenn dann ausgerechnet die deutsche Trällerin ein Lied mit dem Titel "Glorious", das solche Textzeilen enthält, zum Besten gibt, braucht man für den Spott wahrlich nicht mehr zu sorgen.
Jener "Freund", der mir das angetan hat, wird sich angesichts meiner kommenden Revanche noch sehr lange an diese üble Tat, die ich ohne alkoholische Drogen niemals überlebt hätte, erinnern! ;-)
"We can set the world on fire"