Freitag, 8. April 2016

Song des Tages: The Final Cut




(Pink Floyd: "The Final Cut", aus dem Album ""The Final Cut. A Requiem for the Post War Dream", 1983)

Through the fish-eyed lens of tear-stained eyes
I can barely define the shape of this moment in time
And far from flying high in clear blue skies
I'm spiraling down to the hole in the ground where I hide

If you negotiate the minefield in the drive
And beat the dogs and cheat the cold electronic eyes
And if you make it past the shotguns in the hall,
Dial the combination, open the priesthole
And if I'm in, I'll tell you what's behind the wall

There's a kid who had a big hallucination
Making love to girls in magazines
He wonders if you're sleeping with your new found faith
Could anybody love him -
Or is it just a crazy dream?

And if I show you my dark side
Will you still hold me tonight?
And if I open my heart to you
And show you my weak side
What would you do?

Would you sell your story to Rolling Stone?
Would you take the children away
And leave me alone?
And smile in reassurance
As you whisper down the phone?
Would you send me packing
Or would you take me home?

Thought I oughta bare my naked feelings,
Thought I oughta tear the curtain down.
I held the blade in trembling hands
Prepared to make it, but -
Just then the phone rang
I never had the nerve to make the final cut.


Donnerstag, 7. April 2016

Veganer: In der Republik der Bekloppten


In meinem Lieblingsblog "Jenseits der Realität" gab es vor kurzem ein Gastspiel, das der Realsatire in den Mund gesprungen ist. Ein Autor namens Hartwut Schmerz ließ sich dort über die böse, intelorante Gesellschaft aus, die seinem veganen Ansinnen böswillig im Wege steht. Der Tenor des Sermons lautet schlicht: "Ihr seid intolerant, weil ihr mir nicht an jeder Wegecke vegane Speisen anbietet!"

Deutlicher könnte man den Unsinn gar nicht in Worte fassen - und dennoch toppen ihn einige Kommentare mühelos. Nein, Herr Schmerz: Wenn du dich nur von Pflaumen und Haferflocken ernähren möchtest, ist Dir das unbenommen - aber die Forderung, dass derlei Schmonzes auch sonst überall verfügbar sein müsse, ist - um es diplomatisch zu formulieren - grober Bullshit.

Wie immer bei solchen Themen handelt es sich auch hier um einen Nebenschauplatz, der mit viel Energie beackert wird - während die tatsächlichen Probleme unter den Tisch fallen. Wenn man die ekelhafte Massentierquälung kritisiert, muss man zwangsweise das kapitalistische System kritisieren, das eine solche Perversion nicht nur ermöglicht, sondern erzwingt. Und das hat nichts mit Intoleranz zu tun, sondern nur mit systeminterner Logik. Selbstverständlich findet man im verlinkten Bullshit-Text nichts, das darauf hindeutet, denn dem Autor geht es nicht um die Menschen (also das System), sondern einzig um die Tiere.

Die Deppen, die bei "Jenseits der Realität" kommentieren, verstehen das freilich nicht: Dort wird die geforderte Toleranz gleich umgewandelt in ihr Gegenteil. So spalten diese Gesellen munter die so dringend notwendige Opposition - als hätten sie eifrig in der Weimarer Republik gelernt. Es ist ein Fanal der Dekadenz und des Unterganges, dass sich solche Stimmen einmal mehr Gehör verschaffen.

Es lebe die Biene Maja in der Republik der Bekloppten.

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Geheimnis und Melancholie einer Straße



(Gemälde von Giorgio de Chirico [1888-1978] aus dem Jahr 1914, Öl auf Leinwand, Museum of Modern Arts, New York, USA)

Zitat des Tages: Patriotisches Bettgespräch


Hast du, was in der Zeitung stand, gelesen?
Der Landtag ist mal wieder sehr empört
von wegen dem Geburtenschwund gewesen.
Auch ein Minister fand es unerhört.

Auf tausend Deutsche kämen wohl pro Jahr
gerade 19 Komma 04 Kinder.
04! Und sowas hält der Mann für wahr!
Dass das nicht stimmen kann, sieht doch ein Blinder.

Die Kinder hinterm Komma können bloß
von ihm und anderen Ministern stammen.
Und solcher Dezimalbruch wird mal groß!
Und tritt zu Ministerien zusammen.

Nun frag ich dich: Was kümmert das den Mann?
Er tut, als käm er für uns auf und nieder.
Es geht ihn einen feuchten Kehricht an!
Mir schläft der Arm ein. So. Nun geht es wieder.

Geburtenrückgang, hat er noch gesagt,
sei, die Geschichte lehrt es, Deutschlands Ende,
und deine Fehlgeburt hat er beklagt.
Und dass er, dass man abtreibt, grässlich fände.

Jawohl, wir sollen Kinder fabrizieren.
Fürs Militär. Und für die Industrie.
Zum Löhnesenken. Und zum Kriegverlieren!
Sieh dich doch vor. Ach so, das war dein Knie.

Na, komm mein Schatz. Wir wollen ihm eins husten.
Dein Busen ist doch wirklich noch famos.
Ob unsere Eltern, was wir wissen, wussten ...
Wer nicht zur Welt kommt, wird nicht arbeitslos.

Der Kinderreichtum ist kein Kindersegen.
Deck uns schön zu. Ich bild mir ein, es zieht.
Komm, lass uns den Geburtenrückgang pflegen!
Und lösch die Lampe aus. Des Landtags wegen.
Damit er es nicht sieht.

(Erich Kästner [1899-1974]: "Patriotisches Bettgespräch", in: "Ein Mann gibt Auskunft", Atrium 1930)


Montag, 4. April 2016

Dauerpropaganda und AfD: Wenn die Saat aufgeht


Die Dummheit der AfD-WählerInnen und ihrer politischen Helfershelfer ist bekanntlich legendär - sie übertreffen die ganzen Vollpfosten, die nach wie vor CDU/CSU, SPD, Grüne, die Linke oder gar die FDP wählen und unterstützen, in dieser Hinsicht problemlos um Längen. Gerade einem nicht geringen Anteil des Wahlpöbels der CDU, FDP und inzwischen auch der Grünen kann man bedenkenlos schlichte Menschenfeindlichkeit und dumpfe, eigennützige Intentionen auch wider besseres Wissen unterstellen - bei der AfD sieht das - abgesehen natürlich, wie immer in diesem System, vom "Führungspersonal" - etwas anders aus: Dort scheint tatsächlich mehrheitlich die schlichte Dummheit zu dominieren, die äußerst fatal wirkt, wenn sie auf braunen Boden fällt.

Die Frankfurter Rundschau hat vor 14 Tagen einige dieser Figuren - am Beispiel Sachsen-Anhalts - etwas ausführlicher vorgestellt. Ich empfehle diesen Bericht, auch wenn er - wie in derlei Massenmedien üblich - die wesentlichen Fragestellungen und Hintergründe vollkommen außer acht lässt und sich neben dem üblichen subtilen DDR-Bashing auf die reine Symptombeschreibung und Systempflege beschränkt:

Die AfD ist ein Ventil / Früher war man verdrossen und still und wählte nicht. Heute gibt es ein Ventil, die AfD. Aus Frust werden Stimmen, aus Gottfried Backhaus, Orgelbauer, Fahrlehrer und am Ende Hartz IV, wurde ein Abgeordneter mit fortan 5.655 Euro Diäten plus 1.600 Euro Aufwandspauschalen.

Der Text ist gewohnt oberflächlich und in Teilen schlicht dämlich, gewiss; er erlaubt aber dennoch einen gewissen Einblick in die Gedankenwelt, in der beispielsweise ein engagierter "evangelischer Christ", der fortan für die AfD im Kommunalparlament tätig ist, lebt. Dummheit ist kein ausreichendes Wort für eine derlei verquere, stumpfsinnige, realitätsferne Weltsicht, und dennoch wird sie mit einer Vehemenz und Selbstverständlichkeit vorgetragen, dass man als Leser zweimal nachschauen muss, ob man nicht versehentlich beim "Postillon" gelandet ist. - Dasselbe gilt indes für die zitierten Gegenstimmen.

Der Autor der FR irrt aber natürlich gewaltig, wenn er diese Partei lediglich für ein "Ventil" hält - zu einem solchen Schluss kann man eigentlich nur kommen, wenn man partout nicht wahrnehmen will, dass die Kritik am bestehenden Parteien- und Politiksystem samt angeschlossenen Hofmedien vollkommen berechtigt und die AfD lediglich ein weiterer "Player" in diesem korrupten, widerwärtigen Sumpf ist, der die Menschen auf leicht modifizierte Weise am blutigen Nasenring durch die Manege und letzten Endes noch schneller ins Verderben führt. Die AfD ist kein "Ventil" - sie ist die sattsam bekannte, auf die Spitze getriebene Opfer-Täter-Verkehrung, wie sie im Kapitalismus am Ende stets stattfindet, um von den tatsächlichen Ursachen und Verursachern des um sich greifenden Elends der Massen, das von der restlichen neoliberalen Einheitspartei gemeinschaftlich organisiert und gesetzlich verankert wurde, abzulenken.

Es ist auch ein Verdienst der Medien - unter anderem auch der Frankfurter Rundschau -, dass "engagierte Christen" wie der vorgeführte Kommunalpolitiker aus Sachsen-Anhalt und dessen keifende Gattin einfachste Zusammenhänge nicht einmal im Ansatz begreifen und so medial begleitet und politisch gewollt zu rassistischen, dumpfen, egoistischen Menschenfeinden "erzogen" wurden. Damit möchte ich diese furchtbaren GesellInnen keinesfalls entschuldigen - das eigene Gehirn bleibt ihnen ja trotzdem erhalten. Dennoch ist es eine Binse, dass Dauerpropaganda erwiesenermaßen wirkt - nicht bei allen, aber leider bei vielen.

Dass heute neben den verdeckten auch wieder ganz offen Rechtsradikale - nicht nur in Deutschland, sondern fast überall in Europa - in den Parlamenten Quasselbuden sitzen und mit staatlichem Geld fürstlich alimentiert werden, hat nichts mit Flüchtlingen, sondern ausschließlich mit dem Endzucken des raffenden Kapitalismus, seinen Demagogen und seiner willfährigen, devoten Presse zu tun, deren Dauerpropaganda einmal mehr auf fruchtbaren Boden gefallen ist.

Das kennen wir alles schon bis zum Erbrechen.

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Der bayerische Bürger in den Wahlen


oder: Die Furcht vor dem roten Mann.

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 44 vom 28.01.1919)