Samstag, 30. Januar 2010

Die Militärpläne der EU-Großmächte für dieses Jahrzehnt

Als offizielle Geburtsstunde für die Militarisierung der Europäischen Union gilt der Ratsgipfel in Köln im Juni 1999. Auf ihm wurde die grundsätzliche Entscheidung getroffen, eine EU-Eingreiftruppe für globale Kriegseinsätze aufzustellen. Ein halbes Jahr später wurde auf dem Folgetreffen in Helsinki vom 10. bis 12. Dezember die Zielgröße der mittlerweile für einsatzbereit erklärten Truppe ausgegeben: 60.000 Soldaten (was aufgrund der erforderlichen Rotation und logistischen Unterstützung einem Gesamtumfang von zirka 180.000 Soldaten entspricht). Erste Einsätze folgten bereits im Jahr 2003, seither werden immer häufiger Militärs zur Durchsetzung europäischer Interessen eingesetzt. (...)

Einerseits sind Umfang und Tempo der EU-Militarisierung in der Tat beängstigend; andererseits ist man bei weitem noch nicht so weit, wie man gern wäre. Denn die Zielsetzungen sind überaus ambitioniert: So beschloss der Europäische Rat im Dezember 2008, schnellstmöglich die Kapazitäten aufzubauen, um künftig bis zu 19 ESVP-Einsätze gleichzeitig durchführen zu können – darunter je zwei hochintensive Kampfoperationen und zwei "Stabilisierungsmissionen", also Besatzungseinsätze wie der in Afghanistan. (...)

Besonders bedenklich ist auch die Militarisierung der Innenpolitik, die mit dem Vertrag von Lissabon ebenfalls einen weiteren Schub erhalten dürfte. Hier ist es die "Solidaritätsklausel" (Artikel 222), die Militäreinsätzen im Inland Tür und Tor öffnet. In ihr ist nicht nur festgehalten, dass die EU-Länder einem Mitgliedsstaat mit allen zivilen und militärischen Mitteln zur Seite eilen, sollte sich ein Terroranschlag ereignen, sondern auch bei "einer von Menschen verursachten Katastrophe". Da dies auch soziale Unruhen mit einschließt, betont EU-Militärstabschef Benté­geat, das "Originelle" an der Solidaritätsklausel sei keineswegs die Möglichkeit für Inlandseinsätze zur Terrorabwehr: "Das zweite Element ist interessanter, da es den Einsatz militärischer Mittel auf dem Gebiet eines Mitgliedsstaates auf Anforderung seiner politischen Autoritäten vorsieht."

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Anmerkung: Man reibt sich ungläubig und offenen Munds die Augen und spürt bereits den Schatten des kommenden Entsetzens.

Hartz IV: Falsche Kochrezepte für den Arbeitsmarkt

Eine Reform von Hartz IV darf nicht nur bei den Arbeitslosen ansetzen. Mehr Druck auf Hartz-IV-Empfänger fördert lediglich Lohndumping. Stattdessen müssen die Unternehmen in die Pflicht genommen werden

Die Debatte um eine Reform von Hartz IV hat am Wochenende mit den Einlassungen von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) einen neuen - eher aberwitzigen - Höhepunkt erreicht. Koch forderte eine strenge Arbeitspflicht von Hartz-IV-Empfängern und die "notwendige Härte" von der Politik, diese auch durchzusetzen. Was der CDU-Mann offenbar nicht weiß: Schon jetzt müssen Langzeitarbeitslose jeden zumutbaren Job annehmen, sonst droht ihnen eine Kürzung der staatlichen Unterstützung.

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Anmerkung: Es ist erfreulich, nun endlich auch (wieder) im Stern gelegentlich kritische Töne zur unsäglichen Politik von CDU und FDP zu lesen. Selbstverständlich geht diese Kritik aber - gerade im vorliegenden Fall - längst nicht weit genug. Mit einer "Reform der Reform" ist es nicht getan: Die Hartz-Gesetze müssen allesamt zurückgenommen werden - kein einziges der vormals von Schröder & Co. erklärten Ziele ist erreicht worden. Es war auch nie beabsichtigt, diese Ziele zu erreichen - Schröder hat schließlich immer wieder betont, wie wichtig ein groß ausgebauter "Niedriglohnsektor" ihm sei. Da verwundert es nicht, dass Hartz IV genau das geschaffen hat - und dass Leute wie Roland Koch eine Verschärfung dieser menschenunwürdigen Gesetze fordern. Es geht und ging in den Arbeitsämtern und ARGEN seit spätestens 2005 nie darum, Menschen in größerem Umfang wieder in (vernünftig bezahlte) Arbeit zu vermitteln, wenn sie ihren Job verloren haben. Den "Fallmanagern" war und ist klar, dass es diese Arbeitsstellen im erforderlichen Maße nicht gibt. Das Ziel war und ist es, diese Menschen in Zwangsarbeit ("Ein-Euro-Jobs") oder in den "Niedriglohnsektor" - oder wahlweise in die Obdachlosigkeit - zu drängen. - Es war nie dringlicher als heute, das System der Arbeitslosenhilfe wieder einzuführen, um ein Minimum an sozialer Sicherheit für Arbeitslose und Angestellte zurückzugewinnen.

Opel streicht 4000 Stellen in Deutschland

Opel will bei seiner Sanierung in Europa rund 8300 Stellen abbauen. Davon entfielen rund 4000 Stellen auf Deutschland, teilt Konzernchef Nick Reilly am Donnerstag in Brüssel mit. Bisher war von 4700 Stellen die Rede gewesen. Mit der Bundesregierung werde über eine Unterstützung für Opel gesprochen, erklärte Reilly. Einen Betrag nannte er nicht. "Wir gehen durch eine schwierige Phase", sagte der Manager. (...)

Der Opel-Betriebsrat warf Reilly in einer Mitteilung wirtschaftlich unsinniges Handeln und offenen Vertragsbruch vor. Ein eigentlich für Antwerpen vorgesehener Klein-Geländewagen der Marke solle nun wie der größere Antara bei General Motors in Korea produziert werden, erklärte der europäische Betriebsratschef Klaus Franz in Rüsselsheim. Die Antwerpener Beschäftigten hätten für den Zuschlag aber bereits seit dem Jahr 2007 auf 26 Millionen Euro jährlich verzichtet. Zudem habe die flämische Regierung eine halbe Milliarde Euro Staatshilfe in Aussicht gestellt, die von GM nun abgewiesen werde.

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Anmerkung: Ob die "schwierige Phase" wohl auch finanzielle Auswirkungen auf diesen Herrn Reilly und andere Manager hat oder haben wird?

Massiver Einfluss der Lobby auf Schwarz-Gelb

Mit der Botschaft, die Union und Frau Merkel seien "sozialdemokratisiert", wurden bei der letzten Bundestagswahl Stimmen von Menschen eingesammelt, die wünschen, dass es in der Politik sozial zugeht und das Allgemeinwohl im Mittelpunkt steht. Jetzt merken auch die Vertrauensseligsten, wie verlogen diese Parole war: Roland Kochs (CDU) aggressive Kampagne gegen die Unterschicht und gleichzeitig Steuersenkungen für die Spender zu Gunsten der regierenden Partei - das schmeckt nicht nach sozialer Demokratie. Die Süddeutsche Zeitung hat am 20. Januar dokumentiert, dass der Koalitionsvertrag "voller Zugeständnisse an Lobbygruppen" ist. "Die Steuersubvention für das Hotelgewerbe ist nur die Spitze des Eisbergs."

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Freitag, 29. Januar 2010

Hartz-IV'ler nach Afghanistan

Ein Lehrstück aus Hessen: Wenn man eine Wahl verliert, aber nicht die Macht, sie wirkungslos zu machen

Freie und geheime Wahlen sind ein Wesensmerkmal einer parlamentarischen Demokratie. Was aber passiert, wenn sich der Wählerwille gegen mächtige Wirtschaftsinteressen durchgesetzt hat? (...)

Obwohl sich die hessische CDU im Wahlkampf 2008 ihre rassistischen Kampagnen (z.B. die Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsangehörigkeit 1999) mit dem Kampf gegen ausländische Kriminelle zu krönen wusste, die sie von einer Kuscheljustiz verhätschelt sah und mit Warnschussarrest vor einer lebenslangen kriminellen Karriere retten wollte, verlor sie deutlich die Wahl. Ihr Wahlkampfmotto: "Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen", eine bewusste Anspielung auf Undeutsches und Kommunistenangst, ging nicht auf.

Die SPD mit der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wurde stärkste Partei und hatte sogleich ein Problem: Auch mit den Grünen zusammen wäre sie auf eine Tolerierung durch die Partei Die Linke angewiesen gewesen. Genau diese schloss sie jedoch aus – in der Hoffnung, so den Einzug der Linken verhindern zu können. Um dennoch rot-grüne Politik machen zu können, brach sie ihr Wort und handelte ein Tolerierungsabkommen mit der Partei Die Linke aus.

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gab es schon viele Wortbrüche, ohne dass diese den jeweiligen Parteien geschadet hätten. Doch dieses Mal passierte etwas Ungewöhnliches: Eine parteiübergreifende Koalition aus Wirtschafts-, Partei- und Medienunternehmen fand sich zusammen, um den "linker Putsch gegen den Wählerwillen" zu verhindern. Die Initiatoren, Unterstützer und Sponsoren der Wortbruch-Kampagne reichten von Bild, FAZ bis [zur] Frankfurter Rundschau, vom wirtschaftsfreundlichen Flügel der SPD bis zu unternehmensnahen Gewerkschaftsgliederungen.

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Billy Bragg: Warum ich bis auf Weiteres keine Steuern zahlen werde

Der britische Sänger Billy Bragg will so lange in den Steuerstreik treten, wie von seinem Geld Banker-Boni bezahlt werden (...).

Wie konnte es dazu kommen? Gestern schimpfte mich während eines Live-Interviews im Radio eine Frau, die als Headhunterin nach Talenten für die Börse fahndet, einen Anarchisten. Warum? Hatte ich vorgeschlagen, das Machtmonopol des Staates zu brechen? Hatte ich zum Sturz des kapitalistischen Systems aufgerufen? Was genau hatte ich getan, das sie zu der Annahme veranlasste, ich wollte die Grundfesten der Gesellschaft einreißen?

Ich hatte ihr gesagt, ich würde so lange meine Steuer zurückhalten, bis der Schatzkanzler etwas unternehme, um die Bonuszahlungen an die Investmentbanker bei der Royal Bank of Scotland zu beschränken. (...)

Einige von uns haben aber vor kurzem einen Brief vom Finanzministerium erhalten, in dem wir daran erinnert wurden, dass wir bis zum Ende des Monats unsere Steuerschuld zu begleichen haben. Am Tag, bevor diese Zahlungserinnerung mich erreichte, hatte ich im Fernsehen gesehen, wie Stephen Hester, der geschäftsführende Direktor der RBS, einem Sonderausschuss des britischen Unterhauses grinsend erklärte, er werde seinen Leuten im kommenden Monat Boni in Höhe von schätzungsweise 1,5 Milliarden Pfund Sterling auszahlen und dann für eine ganze Weile in den Urlaub verschwinden, um sich dem zu erwartenden Groll der Bevölkerung zu entziehen.

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Ein Einblick ins Casino: Als das Geld vom Himmel fiel

1,5 Billionen Euro haben die Zentralbanken seit der Finanzkrise erschaffen. Sie gaben sie den Banken, die damit der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen sollten. Doch bei Autoherstellern und Maschinenbauern ist das Geld nie angekommen. Wo ist es geblieben?

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Montag, 25. Januar 2010

Arbeitsmarkt Deutschland: Bankrotterklärung in einem der reichsten Länder der Welt

Es kommt einer Bankrotterklärung in einem der reichsten Länder der Welt gleich, wenn Menschen arbeiten und das erbärmlich niedrige Einkommen am Ende des Monats noch zu einem Einkommen auf unterstem Niveau aufgestockt werden muss. Ebenfalls eine Bankrotterklärung ist es, wenn Arbeitssuchenden anständige Arbeit mit angemessener Bezahlung gezielt vorenthalten wird. Zu Gunsten prekärer Arbeitsverhältnisse im Dumpinglohnbereich oder entwertet als "Ein-Euro-Jobber" ohne ordentlichen Arbeitsvertrag stehen sie wie Schuldige am Pranger der Gesellschaft. Einer, der es derzeit besonders auf die Spitze treibt, ist der Populist und CDU-Politiker Roland Koch. Als "Element der Abschreckung" will er nun die Arbeitspflicht durchsetzen. Eine Maßnahme, die es schon lange gibt. (...)

Entgegen anderslautender Bekundungen der Hartz-IV-Architekten und deren treuer Anhängerschaft macht die Abwärtspirale allerdings keineswegs vor den Qualifizierten und Bildungsbürgern halt. Akademiker aus vielen Fachbereichen dümpeln inzwischen im Niedriglohnbereich vor sich hin und der Wissenschaftsnachwuchs hüpft von einem unbezahlten Praktikum zum nächsten. Auch Verlage nutzen inzwischen alle Möglichkeiten der allzu leichtfertig und hastig zur Verfügung gestellten Instrumente, die dann auch hier zu desaströsen Arbeitsmarktbedingungen führen. So wurden Journalisten und Redakteure bereits rudelweise entlassen und einzelne "Glückspilze" unter ihnen dürfen sich glücklich schätzen, wenn sie sich – dann jedoch weit unter Tarif entlohnt - als Zeitarbeiter auf gleichem Posten wiederfinden. Eigene Verlags-Zeitarbeitsunternehmen sorgen für solche Zustände am Arbeitsmarkt und beschäftigen ihre Mitarbeiter zu miserablen Konditionen. Eine geradezu perverse Entwicklung in einer Branche, die einst als vierte Macht und Säule der Demokratie unerlässlich darauf achtete, Missstände und Fehlentwicklungen deutlich beim Namen zu nennen.

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Anmerkung: Roland Koch verfolgt das Konzept der Zwangsarbeit schon seit vielen, vielen Jahren (vgl. z.B. diesen Telepolis-Artikel aus dem Jahr 2002). Welche Ziele dahinterstecken, kann man diesem Text auch entnehmen – es geht vor allem darum, Hilfebedürftige aus dem staatlichen Leistungsbezug (wohin auch immer – in die "privaten" oder kirchlichen Hilfsorganisationen, in die Illegalität oder in die Obdachlosigkeit) zu drängen. Das findet Herr Koch offenbar gut. Und dass Zwangsarbeit noch den "positiven" Nebeneffekt hat, dass sie allgemein den Lohn drückt, reguläre Jobs verdrängt und überhaupt für ein Klima der Angst unter den noch verbliebenen Arbeitnehmern sorgt, scheint ihn erst recht zu freuen.

Käufliche Parteien - schlechte Demokraten

  1. Die Wiedereinführung des Drei-Klassen-Wahlrechts durch die Hintertür ist verfassungswidrig. Wer glaubt, die Grundregel der Demokratie – jede Wählerstimme ist gleichgewichtig, und die Abgeordneten sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden – mit Hilfe übermäßiger Geldzuwendungen an Parteien außer Kraft setzen zu können, handelt wider den Geist des Grundgesetzes. Daher legt das Parteiengesetz fest: Parteien sind nicht befugt, sogenannte Spenden überhaupt anzunehmen, "die erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden". Kein Reicher soll sich mehr Einfluss auf die parlamentarische Demokratie kaufen dürfen, als Ärmere oder Anständige mit ihrer einfachen Wählerstimme bewirken können. (...)

    Sollte sich herausstellen, dass mit den mittelbaren Riesenspenden einer reichen Familie an die FDP und die CSU nachweislich handfeste Erwartungen an die Gesetzgebung zum Mehrwertsteuersatz im Hotelgewerbe verbunden waren oder gar einschlägige Zusagen gemacht wurden, muss dies personelle Konsequenzen haben: Weder die Parteimitglieder noch die Abgeordneten können es hinnehmen, an der Nase herumgeführt worden zu sein.

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  2. Die Mövenpick-Spende ist nur die Spitze. Chapeau, Ihr Lobbyisten: effiziente Arbeit. FDP-Politiker hingegen sollten beim Thema "Politikverdrossenheit" in nächster Zeit tunlichst den Mund halten. (...)

    Dass die FDP – die Partei Otto Graf Lambsdorffs – knapp 30 Jahre nach der "politischen Landschaftspflege" des Flick-Konzerns nun erneut und so unmittelbar in den Ruf gerät, sich im Wahlkampf 2009 und in ihren ersten Regierungswochen für ein Steuergeschenk an eine Klientel eingesetzt und dafür auch noch Parteispenden in Kauf genommen zu haben, ist ein Skandal. Und zwar für die FDP selbst, die jahrelang moralische Einsicht beteuert und sich gemüht hat, das "Apotheker"-Image loszuwerden.

    Vorbei. Dem Internet und der medialen Obacht ist es zu danken, dass jedermann nachlesen kann, wie geschickt die Wahlkämpfer der FDP – und auch die der CSU – und die Lobbyisten der Hotellerie 2009 ihre Kräfte gebündelt haben. Die einen, um eine Steuersubvention abzugreifen, die anderen, um Wählerstimmen zu ergattern.

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Anmerkung: Wie der Tagesspiegel-Kommentator darauf kommt, ein generelles Verbot aller Parteispenden sei nicht praktikabel, da es alle Parteien "automatisch zu Staatsparteien" machen würde, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass "Staatsparteien" noch wesentlich weniger verwerflich wären als es "Konzernparteien" sind: Jeder Organisation, jedem Verein oder Verband steht es frei, sich auch anders zu finanzieren als über Spenden. Und politische Parteien, die darum buhlen, die Regierung eines Landes zu übernehmen und die damit die Interessen aller Menschen dieses Landes zu vertreten haben, haben gefälligst keine Spenden von Unternehmen, reichen Privatpersonen oder anderen Organisationen anzunehmen! Parteispenden müssten komplett verboten werden - was den postiven Nebeneffekt hätte, dass die teuren, albernen und nicht wahlrelevanten Wahlkämpfe auf ein erträglicheres Minimum reduziert würden.

Eine weitere Scheindebatte: Geplante Erhöhung des Schonvermögens für Hartz-IV-Empfänger

Die Anhebung des Schonvermögens für "Hartz IV"-Empfänger trifft offenbar nur einen winzigen Kreis der Antragsteller auf das Arbeitslosengeld II. Laut einer Berufung auf eine interne Erhebung der Bundesagentur für Arbeit, wurden von Januar bis September 2009 bundesweit 5,554 Millionen Anträge auf das Arbeitslosengeld II bewilligt oder abgelehnt. Darunter waren nur 11.000 Anträge, die wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit aufgrund von vorhandenem Vermögen abgelehnt worden sind, das entspricht 0,2 Prozent aller Anträge.

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Anmerkung: Aber die schwarz-gelbe Bande schwafelt weiter von angeblichen "Verbesserungen". Und der Großteil der Medien betet das einfach nach - im Westen also nichts Neues.

Wie Afrika erneut schamlos ausgebeutet wird

(...) Das International Food Policy Research Institute (Ifpri) schätzt, dass in den letzten beiden Jahren mindestens 20 Millionen Hektar afrikanischen Bodens in mehr als 30 Ländern [an internationale "Investoren"] entweder verkauft oder für einen Zeitraum von 30 bis 100 Jahren verpachtet wurden. (...)

Die erworbenen Flächen wollen die Käufer - zumal die aus den ölreichen Golfstaaten und China - als Offshore-Farmland nutzen, um damit ihre eigene Lebensmittelversorgung sicherzustellen, und sei es auf Kosten der Afrikaner. Auch sollen auf etlichen Flächen künftig Pflanzen für Biosprit wachsen: Nahrungsmittelpflanzen wie Zuckerrohr, Ölpalmen, Maniok und Mais oder andere Pflanzen wie Purgiernuss (Jatropha). Dabei ist gerade in den Ländern die eigene Nahrungsmittelversorgung stark gefährdet, weil ihre Wasservorräte schwinden und die Bodenerträge sinken (...). (...)

Zusätzlich angeheizt werden die Landkäufe durch die globale Nahrungsmittelkrise. Deren Ursache liegt nicht etwa in einem allgemeinen Nahrungsmittelmangel, sondern im Mangel an erschwinglichen Nahrungsmitteln für die rund eine Milliarde Menschen, die weltweit Hunger leiden. Als 2008 die Weltmarktpreise für Lebensmittel plötzlich in die Höhe schossen, ging dies zum Teil auf die wilde Spekulation zurück, die EU und USA mit ihren neuen Biospritvorgaben ausgelöst hatten. Der Run auf erneuerbare Treibstoffe (...) verstärkt paradoxerweise also auch den Run auf die afrikanischen Böden.

Auch die globale Finanzkrise treibt das land grabbing weiter an. Ausgelöst haben diese Krise dieselben risikoliebenden Banken, Investmentunternehmen und Finanzinstitute, die für ihr Kapital nun nach sicheren Anlagemöglichkeiten suchen. "Land bank" (Bodenbank) ist die neue Bezeichnung für Ackerland, das die Manager der Hedgefonds, der Private-Equity-Branche und der großen Pensionsfonds propagieren. Nach Ansicht des Finanzexperten Chris Mayer ist Landerwerb eine Wertanlage "wie Gold, nur besser".

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Sonntag, 24. Januar 2010

Ein Echtzeit-Experiment: Der Mensch wird zum Datensatz

"Wenn es ein Phänomen wie das absolute Böse überhaupt gibt, dann besteht es darin, einen Menschen wie ein Ding zu behandeln", schrieb John Brunner in seinem prophetischen Werk "Der Schockwellenreiter". Das war 1975. Fünf Jahre später war "Rasterfahndung" das Wort des Jahres. Richtig funktioniert hat Horst Herolds Vision der staatlichen Digitalbegleitung "von der Wiege bis zur Bahre" nie - bisher jedenfalls. Die Algorithmen waren zu schlecht, die Prozessoren zu langsam, die Datenbasis zu dünn, der Widerstand zu groß, das Verfassungsgericht auf der Hut.

Seit einigen Jahren hat sich die Lage grundlegend geändert, auch außerhalb der Computerkatakomben des BKA. Es gibt jetzt genügend digital erfasste Lebensäußerungen, Kommunikation, Bilder, Mobiltelefon-Bewegungsinformationen, Einkaufsentscheidungen, täglich werden es mehr. Getrieben vom reichlich verfügbaren Datendünger, sprießen die mathematischen und statistischen Methoden zur Auflösung der Persönlichkeit in klassifizierbare Einzelaspekte zu ungeahnter Güte. (...)

Wir müssen uns ernsthaft der Frage stellen, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, in der kleine und größere Übertretungen von moralischen und rechtlichen Normen nicht mehr verborgen bleiben. Wenn Übertretungen einmal aufgezeichnet sind, ist die Versuchung groß, sie auch - vorzugsweise automatisiert - zu ahnden. Ist ein solches Leben auszuhalten, erstrebenswert, menschenwürdig? Bisher wird nicht jedesmal, wenn jemand nachts um vier bei roter Ampel über die leere Straße läuft, automatisch ein Strafzettel erstellt. Bald ist das kein Problem mehr.

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Tiefe Pflöcke für den Leistungsträgerkern

Oder: Was hat Prof. Dr. Peter Sloterdijk mit hochwertigen Fortpflanzungspartnern zu tun?

Es ist an der Zeit zu überlegen, ob sich nicht eine neue gesetzmäßige Beziehung formulieren lässt, nämlich zwischen dem Grad an wohlgebetteter Rundumversorgung so manch deutscher Professoren und ihren Empfehlungen an die Unterschicht, endlich den Gürtel enger zu schnallen. Denn es scheint, dass ein unkündbarer Arbeitsplatz, gepaart mit der Aussicht auf eine solide Altersversorgung und diversen Nebeneinkünften, besonders dazu befähigt, jenen, die von derartigen Bedingungen nur träumen können, das Leben noch ein wenig prekärer zu machen.

Für diesen Zusammenhang zwischen dem eigenen respektablen Platz an den Futtertrögen und der Ermahnung an die sozial Verwundbaren, nicht zuviel Fett anzusetzen, steht zum Beispiel Prof. Dr. Friedrich Thießen von der Universität Chemnitz, der errechnete, dass 132 Euros im Monat für einen gesunden Langzeitarbeitslosen ausreichen. Auch Prof. Dr. Norbert Bolz beugt sich gerne von seinem Lehrstuhl für Medienwissenschaft an der TU Berlin hinab zu den sozialen Niederungen der Gesellschaft. Dort hausen die vom Wohlfahrtsstaat abhängig Gemachten, denn "Wohlfahrt ist heute eine Droge", eine "Art Opium fürs Volk". Es ist ja bekanntlich der Sozialstaat selbst – und nicht etwa die Arbeitslosigkeit – der die Sozialhilfeempfänger produziert.

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Die Grünen: Von Umweltaktivisten zu Wirtschaftslobbyisten

Grünen-Ikone JOSCHKA FISCHER, in der rot-grünen Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Außenminister und Vizekanzler, zog sich nach der Bundestagswahl 2005 aus der Politik zurück. Nach einem Lehrauftrag an der US-Eliteuniversität Princeton stieg er ins Beratergeschäft ein. Fischer gründete eine eigene Beraterfirma und wurde "Senior Strategic Counsel" bei der Albright Group der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright. Inzwischen hat er Verträge mit Siemens, BMW und dem Energiekonzern RWE, den er beim Bau der Gas-Pipeline Nabucco berät.

Mehr als zehn Jahre lang war REZZO SCHLAUCH für die Grünen im Bundestag. Von 1998 bis 2002 war er Fraktionschef, dann wurde er parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. 2005 kehrte Schlauch der Politik den Rücken und nahm seine Tätigkeit als Anwalt wieder auf. Auch wurde er Mitglied in mehreren Aufsichtsräten. Kritisiert wurde er wegen seines Sitzes im Beirat des Energieunternehmens EnBW, das mehrere Atomkraftwerke betreibt. Als sein Engagement bekannt wurde, wies Schlauch darauf hin, er setze sich in dem Gremium für die Förderung erneuerbarer Energien ein.

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Lobbyisten im Gesundheitsministerium: Röslers Privatsache

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler provoziert mit einer wichtigen Personalentscheidung erheblichen Unmut in der Opposition. Der Beschluss des FDP-Politikers, einen Spitzenmanager des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) zum Leiter seiner Grundsatzabteilung zu machen, sei "an Dreistigkeit kaum zu übertreffen", sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der Frankfurter Rundschau. (...)

Röslers designierter Spitzenbeamter sei der "zweitwichtigste Lobbyist der PKV in Berlin", rügte Lauterbach; "es ist schon unverfroren, ausgerechnet so einen auf diesen Posten zu hieven." Ein "schlechtes Signal" sieht auch die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Carola Reimann (SPD). "Hier soll ein System umgekrempelt werden." Rösler wolle sich offenkundig "hauptsächlich nicht um die 90 Prozent der gesetzlich Versicherten kümmern, sondern um die Belange der PKV", argwöhnt Reimann. Aus Kassenkreisen kommen ebenfalls Bedenken; man beobachte "mit Skepsis, wie sich die Gewichte zugunsten der PKV verschieben", ließ sich ein Kassenfunktionär anonym zitieren. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Biggi Bender, sagte der FR: "Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Übrig bleiben wird eine sozialpolitische Wüste."

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Anmerkung: Trotz dieser nur allzu berechtigten Kritik muss stets daran erinnert werden, dass die bereits existierende sozialpolitische Wüste von Rot-grün verursacht worden ist. Gerade Herr Lauterbach hat auch persönlich von der massiven Privatisierungspolitik der vergangenen Jahre profitiert - er sitzt im Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken AG, die viele ehemals kommunalen Krankenhäuser übernommen und im Jahr 2008 damit einen Umsatz von 2,1 Mio. Euro erzielt hat. - An den perfiden Vorhaben und Handlungen Röslers ändert das jedoch nichts.

FDP: Kesseltreiben gegen die Bahn

Mit dem Projekt "Busfernverkehre" der Bundesregierung bringen sich Auto- und Flugzeugindustrie sowie die Luftfahrtgesellschaften in Stellung

Es gibt seit einigen Wochen eine Debatte auch in Umwelt- und Ökologiekreisen, wonach die Zielsetzung der Bundesregierung, zukünftig Fernbus-Linienverkehre zuzulassen, nicht grundsätzlich abzulehnen sei. Fernbusse seien schließlich auch ein umweltfreundliches Fahrzeug usw. Tatsächlich ist die Fernbus-Ini­tiative der Bundesregierung ein wohlüberlegter Schachzug (der FDP), um den Schienenverkehr massiv abzubauen und die Bahnprivatisierung neu voranzutreiben. Dies soll auf zehn Ebenen begründet werden.

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Sozialverbände: Hartz IV ist gescheitert

(...) Nach Meinung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bedarf es einer "Totalrevision" von Hartz IV. Die Reform sei in fast allen Punkten gescheitert, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Er mahnte an, die Kriterien zur Zahlung des Arbeitslosengeldes zu lockern. Hartz IV müsse einer totalen Revision unterzogen werden, forderte er im Mitteldeutschen Rundfunk. Der ostdeutsche Sozialverband Volkssolidarität verlangte, das "Großexperiment Hartz IV endlich zu beenden". Ihr Präsident Gunnar Winkler forderte, den Regelsatz für Erwachsene von derzeit 359 auf mindestens 440 Euro zu erhöhen. Darüber hinaus fordern die Verbände die Anhebung der Regelsätze für Kinder. "Es stünde der Politik gut zu Gesicht, tätig zu werden, bevor sie durch das Bundesverfassungsgericht in den bereits anhängigen Verfahren dazu gezwungen wird", sagte Schneider.

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Leiharbeit kompakt

Nach der Aufdeckung von Lohndumping durch die Drogeriekette Schlecker, die Teile der Stammbelegschaft durch Leiharbeiter ersetzte, die nur die Hälfte des üblichen Gehalts bekommen, ist Leiharbeit zu einem öffentlichen Thema geworden. Selbst Arbeitsministerin von der Leyen will "genauer hinschauen". Sie tut so, als hätte sie dieser arbeitsmarktpolitische Skandal völlig überrascht. Dabei sind die Probleme schon längst bekannt. Wir dokumentieren aus aktuellem Anlass einige einschlägige Studien und Artikel.

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Das Missbrauchssyndrom - Wissen ist (Ohn-)Macht

Es wird immer mehr Menschen klar: Wir wurden jahrelang betrogen, ausgebeutet und belogen. Unsere Politik ist kaum mehr als eine Ganzjahres-Karnevalsveranstaltung zur Bespaßung der Massen - in Wirklichkeit diktieren längst Systemzwänge und Großkonzerne das Regierungsprogramm. Ob Pharma- oder Gentechnik-Lobby, Kriegslügen, Wirtschafts-Kasino, Schweinegrippe oder Geldsystem: Wir leben in einer einzigen großen Illusion, einem Betrug von historischen Ausmaßen.

Aber Hilfe naht! Eine breite Front von Bloggern, Magazinen, Filmemachern, Autoren und Einzelpersonen hat sich aufgemacht, die betrogene Öffentlichkeit zu informieren. Dabei wird manchmal vielleicht etwas über das Ziel hinausgeschossen und eine Lüge durch die nächste ersetzt, aber immerhin: Es wird infrage gestellt, eine Gegenposition formuliert. Und ein bisschen hilft's ja. Dass da "irgendwas nicht stimmt", dass den "Medien nicht zu trauen ist", dass es letztendlich "doch nur ums Geld geht" - dass glauben mittlerweile sehr viele Menschen quer durch alle Bevölkerungsschichten. (...)

Wo bitte bleibt die Revolution?

Aber trotzdem: Bei allem, was wir wissen, müssten wir eigentlich mitten in einer globalen Revolution stecken! Einem Aufbegehren der Betrogenen: "Es reicht!" müssten wir ihnen eigentlich entgegenrufen, "Wir sind menschliche Wesen, verdammt noch mal, nicht die Mitarbeiter einer Sklaven-GmbH!"

Aber gar nichts passiert! Wie kann das sein? Wie können wir all das ertragen, mit den Schultern zucken und stumpf die nächste Runde drehen in unserem täglichen Hamsterrad?

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Obama setzt 675 Millionen Muslime auf die Terror-Liste

Am dritten Januar wurde eine neue Terror-Liste herausgegeben; wer auf dieser Liste steht, ist verdächtig ein Terrorist zu sein und wird bei der Einreise in die USA intensiv kontrolliert und einer kompletten Leibesvisitation unterzogen.

Diesmal wurde die Liste, die ohnehin schon Millionen Menschen enthielt, radikal erweitert: Ab sofort sind alle Menschen, die aus Afghanistan, Algerien, dem Libanon, Libyen, dem Irak, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Somalia und dem Jemen kommen oder durch diese Länder hindurchgereist sind, terrorverdächtig. Grob geschätzt, sieht sich die USA damit von 675.000.000 potenziellen Terroristen bedroht. Paranoid ist da fast ein zu kleines Wort.

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