Samstag, 7. Juli 2012

"Home" (is where the money is)




Anmerkung: Vermutlich kennen die meisten diesen aufwühlenden Film bereits, der nach dem Willen der Filmemacher ausdrücklich zur freien Verwendung und ohne finanzielle Interessen produziert worden ist (hier geht's zur englischsprachigen Fassung). Im Prinzip zeigt der Film die ursprüngliche Schönheit und Einzigartigkeit unseres Planeten und das, was der unter dem bösen Fluch des Kapitalismus stehende Mensch innerhalb kürzester Zeit daraus gemacht hat. Die Macher bringen tatsächlich das Kunststück fertig, scharfe Kapitalismuskritik zu üben, ohne das Wort "Kapitalismus" ein einziges Mal zu benutzen.

Lediglich der allzu optimistische Schluss des Films wirkt deplatziert und willkürlich aufgesetzt - ich halte die dort genannten Maßnahmen allesamt für nutzlose Feigenblätter, die meines Erachtens keinesfalls den Beginn einer radikalen Umkehr oder Besinnung illustrieren. Das Gegenteil ist klar erkennbar der Fall: In Japan gehen die Atomkraftwerke wieder ans Netz und weltweit wird weiter dem Krebsgeschwür des permanenten Wachstums und Profits nachgehechelt - egal um welchen Preis.

Falls tatsächlich einmal Aliens in unserem Sonnensystem vorbeischauen sollten, könnten sie angesichts unseres beeindruckenden Planeten tatsächlich entzückt sein - seine sich selbst als "intelligent" bezeichnenden Bewohner aber dürften lediglich Entsetzen und Fassungslosigkeit hervorrufen.

Fazit: Die Menschheit hat wenige Jahrzehnte gebraucht, um den halben Planeten nachhaltig zu zerstören - für die zweite Hälfte wird sie noch weniger Zeit benötigen. Das klingt apokalyptisch - und ist es auch.

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Der Gold-Aberglaube


"Das goldene Kalb hat sich im Lauf der Zeit zum Stier ausgewachsen, der die Weltwirtschaft auf die Hörner nimmt und alles zertrampelt."

(Zeichnung von Olaf Gulbransson [1873-1958], in "Simplicissimus", Heft 46 vom 16.02.1932)

Mittwoch, 4. Juli 2012

Wagenknechts Brandrede: "Das ist doch Wahnsinn, Frau Merkel!"




Anmerkung: Es versteht sich von selbst, dass die anwesenden schwarz-gelb-grün-roten Marionetten der neoliberalen Einheitspartei sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat diesem asozialen, antidemokratischen Wahnsinn des ESM und "Fiskalpaktes" zugestimmt haben. Wenn das Bundesverfassungsgericht diesem widerwärtigen Treiben der Superreichen nicht in letzter Sekunde noch einen Riegel vorschiebt, ist der entscheidende Schritt über die Klippe des Abgrunds damit getan und der Euro, Europa und die Ruinen der europäischen Sozialsysteme befinden sich im freien Fall. Wagenknecht fasst das prägnant zusammen: "Sie retten nicht den Euro, Sie retten die Euros der Millionäre!"

Man sollte Sahra Wagenknecht sehr gut zuhören, um die Dimension dieses Vorganges zu erfassen. In den wenigen Momenten, in denen die Kamera während der Rede die ausnahmsweise anwesende Kanzlerin einfängt, lohnt sich auch das Studium ihrer kaltherzigen, teilnahmslosen, eher gelangweilten Miene - da läuft einem ein eisiger, entsetzlicher Schauer den Rücken herunter. Diese Person interessiert das Wohl der Menschen in Deutschland, Europa und der Welt nicht die Bohne. - Die Weimarer Endzeit lässt grüßen.

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"Emil, die Politik ist zum ---" - "--- Wem sagste das, Otto?!"

(Zeichnung von Herman Bing [1889-1947], in "Simplicissimus", Heft 42 vom 12.01.1925)

Dienstag, 3. Juli 2012

Song des Tages: Intrigue In Tangiers




(The Chameleons: "Intrigue In Tangiers", aus dem Album "What Does Anything Mean? Basically", 1985)

When it's summer and the skies are glass
I just have to make the evenings last
They're always flying past

When it's raining and the sky is black
I just love to hear the thunder roll
And see the lightning crack

With fading powers we sit for hours by a television screen
With funny cigarettes and talk for hours of the places that we've seen

Brother can you hear my voice
Every second that you cling to life you have to feel alive

It's an easy thing to sell your skin
When the Devil's banging on your door
You always let him in

With fading powers we dream of hours that will never come again
Old defenders are themselves defenceless when the mad attack the sane

What can you do when you see no future in front of you
Food for the few - so many it seems are in front of you
I see my face reflected there in your sweating brow
You hate what you see - what can be done when there's no way out
NO WAY OUT, NO

Brother can you hear my voice
Every second that you cling to life you have to feel alive

But when you sleep ...
Where do you go?
(I don't know.)



Anmerkung: Gerade dieser Song ruft bei mir so heftige Emotionen und Erinnerungen an Begebenheiten "that will never come again" hervor ... all die düsteren, verrauchten Läden, die gelebten Ausschweifungen, die geplanten Revolutionen und die verlorenen Träume eines halben Lebens gehen in Stellung. Nennt es die Sentimentalität eines alternden Sackes - aber dieser Song bedeutet mir etwas. Wenn ihr ihn anhört, hört ihn laut. Und berauscht.

"Old defenders are themselves defenceless when the mad attack the sane" - das ist die ganze Geschichte des Scheiterns der Menschheit. 1985 ahnte ich das, heute weiß ich es.

Montag, 2. Juli 2012

Zitat des Tages: Pogrom


Am Sonntag fällt ein kleines Wort im Dom,
Am Montag rollt es wachsend durch die Gasse,
Am Dienstag spricht man schon vom Rassenhasse,
Am Mittwoch rauscht und raschelt es: Pogrom!

Am Donnerstag weiß man es ganz bestimmt:
Die Juden sind an Russlands Elend schuldig!
Wir waren nur bis dato zu geduldig.
(Worauf man einige Schlucke Wodka nimmt ...)

Der Freitag bringt die rituelle Leiche,
Man stößt den Juden Flüche in die Rippen
Mit festen Messern, dass sie rückwärts kippen.
Die Frauen wirft man in diverse Teiche.

Am Samstag liest man in der "guten" Presse:
Die kleine Rauferei sei schon behoben,
Man müsse Gott und die Regierung loben ...
(Denn andernfalls kriegt man eins in die Fresse.)

(Klabund alias Alfred Henschke [1890-1928]: Die Harfenjule. Neue Zeit-, Streit- und Leidgedichte, Berlin 1927)



Anmerkung: Parallelen zum aktuellen Zeitgeschehen sind selbstverständlich rein zufällig - gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Loben Sie Merkel und die übrigen Europa-Retter! Verdammen Sie Assad oder wahlweise einen anderen Despoten oder eine Minderheit Ihrer Wahl, aber stellen Sie niemals die Kompetenz oder das Wohlwollen unserer lieben Regierung in Frage! (Andernfalls gibt's was in die Fresse. Ist ja klar. Denn sie haben einzig das Wohlergehen der Menschen im Sinn.)

Die Rückkehr des Mittelalters: Über "heilbare Homosexualität"


(...) Vor allem können und wollen wir [der "Bund katholischer Ärzte", Anm.d.Kap.] nicht schweigen:

- zu den oft nicht zur Kenntnis genommenen Leiden dieser [homosexuellen] Menschen,

- [zu den] möglichen Behandlungsoptionen und

- zu den gesundheitlichen Gefahren und Schäden (z.B. Infektionen) und seelischen Schädigungen, die aus dieser Lebensweise drohen.

(Weiterlesen - aber nur, wer starke Nerven oder einen ausgeprägten Sinn für schrägen Humor hat)

Anmerkung: Eigentlich muss man zu diesem Pamphlet dieser mir zuvor völlig unbekannten ärztlichen Vereinigung nichts weiter sagen - die Sprache, die vielen Rechtschreib- und Formulierungsfehler, die Form und natürlich der hanebüchene Inhalt sprechen für sich. Dennoch ist es auffällig, dass in den letzten Jahren verstärkt solche und ähnliche (scheinbar religiös motivierte) Dummheiten in die Welt posaunt wurden. Als Beispiele sind da in Bezug auf radikal-christlich orientierte Kreise neben der allseits bekannten (und angesichts der sich häufenden Fälle in der katholischen Kirche selbst völlig grotesken) Homophobie auch der "Kreationismus" und das "intelligent Design" zu nennen.

Wer sich die verlinkten Wikipedia-Texte antut, sollte aber ebenfalls ein starkes Nervenkostüm besitzen, da sich die Fußnägel beim Lesen gleich mehrfach kräuseln.

Der "Bund katholischer Ärzte" steht diesem Grusel- bzw. Humorfaktor aber in nichts nach: Was es in dem oben genannten Beitrag an grotesken Highlights zum Thema der ach-so armen, leidenden, erkrankten (!) Homosexuellen zu lesen gibt, sprengt tatsächlich jeden mir zuvor bekannten Rahmen in Bezug auf die Geistlosigkeit der katholischem Kirche. Nur ein Beispiel von so vielen: "Der BKÄ sieht die Möglichkeit einer homöopathischen Entgiftungs- und Konstitutionstherapie für junge - unter ihrer homosexuellen Neigung leidenden - Geistliche und Studenten." (Quelle - "Hilfe ist möglich")

Hilfe ist in der Tat möglich, aber mir ist es nicht möglich, solche Menschen wirklich ernst zu nehmen. Ich empfehle ihnen einen längerfristigen Aufenthalt in einer (um Gottes Willen nicht von der Kirche infiltrierten) Nervenheilanstalt oder den Berufswechsel (Komödiant).


(Bild: Titanic)