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(Anathema: "A Dying Wish", aus dem Album "The Silent Enigma", 1995)
I bear the seed of ruin
A golden age turned to stone
Elysium ... to dust
For this, a tragic journey
A vision of a dying embrace
Scattered earth
Silence ...
Where Echonia wept
I sank into the silent desert
Fallen am I,
In a solitude of a broken promise
... I cried alone
My empyrean is a scar
From the memory of her beautiful life
Forever was her name
Fulfillment lost in a lifetime of regret
Ornate peace would cover me
As I would die now ...
For one last wish
Anmerkung: Es kann angesichts der inflationären Anzahl der veröffentlichten Abgesänge und Untergangshymnen seit mehr als 20 Jahren niemand mehr behaupten, es habe keine Anzeichen oder Warnhinweise gegeben - die Analogie zur ins Nihilistisch-Apokalyptische driftenden Musik, Malerei und Literatur der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts ist mehr als offensichtlich. Dieses dunkle Stück von Anathema ist prinzipiell nichts anderes als beispielsweise das leider wegweisende, weil allzu prophetische Gedicht "Weltende" von Jakob van Hoddis aus dem Jahr 1911:
Weltende
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.
(Jakob van Hoddis [1887-1942], in: "Der Demokrat", 1911)
Wie damals ignoriert aber auch heute die große Mehrheit der Menschen diese Hinweise, bleibt passiv, zieht sich ins Private zurück oder vergeudet ihre Kraft sinnlos auf albernen Nebenschauplätzen - oder radikalisiert sich sogar im Sinne des Kapitals, indem die vorhandenen und stetig wachsenden, immer existenzieller werdenden Probleme irgendwelchen Minderheiten in die Schuhe geschoben werden, die damit nicht das Geringste zu tun haben, während die wirklich Schuldigen in ihren Palästen sich feist ins goldene Fäustchen lachen und den beginnenden Faschismus von ihren Lakaien munter anheizen lassen. So ist das erneute "Weltende" vorprogrammiert und nicht aufzuhalten - und einmal mehr werden wir miterleben müssen, wie der Kapitalismus aus einem vermeintlichen "golden age" eine große Kloake des Todes, Irrsinns und Untergangs macht.
Der Kunst bleibt einmal mehr nur die leidvolle Rolle des kommentierenden Begleiters in den Untergang - mit dem kleinen, aber sehr feinen Unterschied, dass die "offizielle" Kunst (also die, die aus den entsprechenden Töpfen noch halbwegs bezahlt wird) heute auch längst korrumpiert ist und wir deshalb meist in den alternativen Nischen suchen müssen, um nicht manipulierte Kunst zu finden. Mit jedem vollendeten Zyklus des kapitalistischen Wahnsinns lernt die widerliche Bande etwas dazu - ich will mir gar nicht ausmalen, wie das in 80 Jahren aussehen wird, sofern der Planet und die verbliebene Menschheit diese Perversionen so lange überhaupt noch aushalten. Ich befürchte, dass es dann gar keine Kunst, keine Alternativen, keine Meinungsäußerungen wie diese mehr geben wird, sondern nur noch Dauerbeschallung, Dauerpropaganda, Dauerberieselung - das ist heute ja schon (bezogen auf den größten Teil der westlichen Bevölkerung) erfolgreich umgesetzt. Und das trotz prinzipiell noch vorhandener Alternativen wie dem Internet.
"Der Sturm ist da" - in der Tat. Und wenn die Welt ihm standhalten soll, müssten unsere Politiker und ein Großteil der hier lebenden Menschen Gedanken zulassen, denen sie nicht einmal im wildesten Fiebertraum frönten. Folgt man der bitteren Logik, bleibt da nur noch eine Alternative übrig, und die heißt: Stellen wir die Uhr zurück auf 1933 - ohne die Festlegung, wo der furchtbare Alptraum erneut beginnen soll. Der Ort ist der kapitalistischen Bande nämlich egal, ihren Palast in Griechenland, Portugal, auf der Krim oder wo auch immer kann sie jederzeit durch ein neues Domizil ersetzen.
Wir steuern einmal mehr in eine wahrlich glorreiche, so finstere Zukunft - und müssten es eigentlich doch so viel besser wissen.
Alle sind sie hinter ihm her. Alle grenzen sie ihn aus und schweigen ihn tot. Meint Thilo Sarrazin. Aus diesem diffusen Gefühl hat er ein Buch gemacht (siehe Rezension) und er posaunt es weitgehend unwidersprochen in Talkshows und Interviews hinaus. Christoph Baumgarten wagt einen persönlichen Blick in die Untiefen des Sarrazinschen Geistes. (...)
Um es in den Stammtischparolen zu sagen, derer er sich befleißigt: Thilo Sarrazin ist ein geistiger Minderleister und war Zeit seines Lebens Sozialschmarotzer auf hohem Niveau, ein Parteibonze, wie er im Buche steht [-] und hält das alles für seine eigene Leistung. Er ist eine lächerliche und widerliche Figur, die allen, die nicht seiner Meinung sind, den Mund verbieten will.
Das wird man doch noch sagen dürfen.
(Weiterlesen)
Anmerkung: Eigentlich sollte man einem hohlbirnigen Rechtsradikalen gar keine Plattform mehr bieten - auch nicht in kritischer Form. Angesichts der im Text genannten Zahlen (inzwischen 1,5 Millionen verkaufte Exemplare seines ersten Schmutzergusses und einer Anfangsauflage von 100.000 Stück dieses neuerlichen Angriffes auf alles Humanistische) erscheint es aber dringend geboten, hier doch immer wieder zu intervenieren und dem Brandstifter fortdauernd in die böse, braune Glut zu pinkeln.
Der Text des Humanistischen Pressedienstes ist eine wahre Offenbarung - wenn man einmal von dem Fauxpas absieht, dass der Autor die taz sowie ausgerechnet die Zeit für die "führenden linken Medien" zu halten scheint. Andererseits muss ich konstatieren, dass er mit dieser Feststellung ja leider gar nicht so falsch liegt, denn andere führende Medien in diesem Land, die links von diesem journalistischen Elend einzuordnen sind, gibt es tatsächlich nicht mehr. Da versöhnt mich die benutzte Formulierung etwas, wenn in diesem Zusammenhang von "halbwegs linken Medien" die Rede ist.
Wie auch immer: Wer das gruselig-schmierige Phänomen Sarrazin auf den Punkt gebracht nachlesen möchte, sollte sich diesen Text nicht entgehen lassen - auf genau diesem Niveau muss sich eine Auseinandersetzung mit dieser schaurigen, erbärmlichen Figur abspielen. Intellektuell kann es keine sinnvolle Auseinandersetzung mit erstunkenem, erlogenem und aus tiefbraunen Zeiten hervorgekramtem Blödsinn geben. Als Fazit bietet sich hier bloß noch eine der vielen Subüberschriften aus dem Text an: Sarrazin und seine an debilen Schwachsinn grenzenden Äußerungen sind nichts weiter als ein "Verbrechen am An- und Verstand". Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wunderbar ist übrigens auch das für diesen Artikel ausgewählte Foto, das den sauberen Kämpfer für reine Gene und Ariertum auf einer Veranstaltung der rechtsradikalen Haider-Partei FPÖ in Österreich zeigt. Braune Haufen ziehen Fliegen eben unweigerlich magisch an. Im Ein-Euro-Blog gibt's noch mehr dazu.
Der Mann ist nach wie vor SPD-Mitglied - während die SPD-Oberen aktuell öffentlich darüber diskutieren, ob beispielsweise ein Edathy (dessen einziger Verstoß darin besteht, legale Fotos angeguckt zu haben) nicht besser aus der Partei ausgeschlossen werden müsse. Da weiß man, was man hat - Sieg H..., äh, guten Abend.
(Thilo Sarrazin, wie er sich vermutlich selber sieht)
I
Wie kann man nur
gegen den Hunger in der Welt kämpfen,
glückliche Schweine sind wichtiger.
Wie kann man nur
Fleischkonsum befürworten,
sollen die Menschen doch Gras essen.
Wie kann man nur
den Kapitalismus in Frage stellen,
der für Wohlstand bei manchen gesorgt hat.
Wie kann man nur
den Kampf für eine bessere Welt so torpedieren,
den einzigen Weg dahin kennen schließlich nur wir.
II
So wundern sich manche
der Kämpfer für eine bessere Welt,
während sich andere verwundert die Augen reiben
und nicht mehr verstehen,
wieso es überhaupt Streit gibt. Derweil
zerstört der Kapitalismus wieder die Welt.
III
Und nach dem erwartbaren Ende
werden alle Beteiligten wieder proklamieren:
"Aber wir - wir gehörten doch zum Widerstand!"
[to be repeated endlessly]
---
(Variation des Gedichtes "Wie kann man nur" von Holdger Platta, veröffentlicht im Blog "Hinter den Schlagzeilen" am 05.03.2014)
(Jim Matheos: "Remembering Rain", aus dem Album "First Impressions", 1993)
Anmerkung: Jim Matheos, im "Hauptberuf" Gitarrist in Metal-Bands wie Fates Warning, OSI oder Arch, wandelt auf diesem Album auf rein akustischen Pfaden, die einmal mehr seine Virtuosität und Klasse unterstreichen. Dieser Musiker hat mit diesem leisen Album schon sehr früh deutlich gemacht, dass das alleinige Eindreschen auf sein Instrument im Metal-Stil ihn nicht erfüllt. Gleichzeitig ist es aber ein bewegendes Beispiel dafür, dass gerade auch in Metal-Musikern oftmals allzu zarte Seelen wohnen. Die Melancholie ist das tragende Element des gesamten Albums.
Um wieviel schöner und lebensfreundlicher wäre diese pervertierte Welt, wenn so mancher Schlips-Borg diese Ambivalenz teilte! Aber nein, die Habgier ist viel größer. Metaller können es auch leise, Kapitalisten können es aber niemals sozial.
Wal-Mart ist der größte Arbeitgeber der Welt. Und wie die Aldi-Kette ein Familienbetrieb: Hinter dem Handelsriesen stehen die Waltons, die reichste Familie der Erde. Sie zahlt ihren Mitarbeitern Billiglöhne. Und spendet Milliarden.
(Weiterlesen - aber bitte nur mit eingeschaltetem Gehirn)
Anmerkung: Hier haben wir wieder ein solches Beispiel, in dem nahezu sensationsheischend über den "reichsten Clan der Welt" berichtet wird - stets getreu dem absurden Motto: "Wer will und genug arbeitet, kann es ebenso 'weit' bringen" und natürlich der impliziten Umkehrung: "Wer es nicht so weit bringt, ist ein persönlicher Versager und somit selbst schuld". Ich weiß gar nicht, wo genau ich mit meiner Kritik beginnen soll, denn auch dieser Text lässt wie gewohnt jegliche Ursachenerwähnung aus und behauptet statt dessen wie immer auf dummdreiste Weise, dass es diesen Personen auf wundersame Weise gelungen sei, von "Tante-Emma-Laden-Besitzern" zu den reichsten Menschen auf diesem Globus zu mutieren, als sei nichts "normaler" und nachvollziehbarer auf der Welt. Dieses Szenario für sich genommen ist schon so grotesk, dass nicht nur jeder tatsächlich hart arbeitende Mensch auf diesem Planeten dem Verfasser einen ganzen Reigen von Ohrfeigen verpassen müsste - es genügt tatsächlich auch das schlichte Nachdenken, dass an diesem Märchen angesichts des gewaltigen globalen Elends und der gleichzeitigen Konzentration von absurden Summen Geldes in sehr wenigen Händen irgendetwas nicht stimmen kann. Und auch die einzig kritisch erwähnten Dumpinglöhne, die nicht nur Wal-Mart oder Aldi ihren "Angestellten" zahlen, können das "Wunder" eines solchen Superreichtums allein natürlich nicht erklären - der ganze Rattenschwanz von allen möglichen Abhängigkeiten, Erpressungen und sklavenähnlichen Zuständen im gesamten kapitalistischen Produktions- und Vertriebsprozess kommt im Text erst gar nicht vor. Über das Geld- und Zinssystem will ich da besser gar nicht erst beginnen zu schreiben.
Fast im gleichen Atemzug wie die zahnlose und völlig unzureichende Anklage bezüglich der Billiglöhne wird auch gleich ein entsprechender "Ausgleich" mitgereicht: Diese hochsozial denkenden Profitgeier spenden ja schließlich "Milliarden" ihres hart erworbenen Vermögens für soziale Zwecke und sind somit augenblicklich wieder rehabilitiert. Genaueres weiß man zwar nicht - der Text schwadroniert da etwas von einer "Familienstiftung" sowie von "Umweltschutz, Bildung und [der] Förderung der Region Arkansas" - das war's dann aber auch schon in Sachen Information. Mehr soll und darf der Pöbel nicht wissen, Details verwirren ihn bloß. Leider lässt allein der Begriff "Familienstiftung" bei kritischen Zeitgenossen unverzüglich alle Alarmglocken schrillen und er möchte dringend mehr wissen - aber kritische Zeitgenossen sind leider eine kleine Minderheit in unserer schönen kapitalistischen Glitzerwelt und werden daher geflissentlich ignoriert. (Randnotiz: Eine Milliarde Dollar entspricht angesichts eines Vermögens von 145 Milliarden Dollar einem Volumen von weniger als 0,7 % - eine wahrlich fürstliche Spendenbereitschaft, die man gar nicht ehrfürchtig genug bewerten kann!)
Das ganz große Highlight seines preisverdächtigen Textes hat der Autor Hannes Vogel aber ganz am Schluss versteckt, wenn er dort schreibt: "Doch nicht nur die Armen, sogar die Freunde der Wal-Mart-Brüder hat die Firma reich gemacht (...)". Nein, welch eine Offenbarung: Die Firma des reichsten Clans dieses Planeten macht nicht nur (alle?) Arme reich (!!!), sondern entfaltet sogar noch segensreichere Kräfte, indem sie die (zuvor offenbar nicht armen?) "Freunde" des Clans auch noch viel reicher macht, als sie es vorher gewesen sind! Der Segen des kapitalistischen Systems beschert uns hier also gleich eine dreifache Win-win-win-Situation, um im Orwell-Sprech der neoliberalen Bande zu bleiben - Verlierer gibt es laut diesem Text hier nicht mehr. Das Paradies ist nicht mehr jenseitig - wir erleben es hier und jetzt! Man soll den Superreichen auf Knien dafür danken, dass sie uns allen ein so wundervolles, sorgenfreies und luxuriöses Leben ermöglichen. Gebenedeit sei die Frucht eurer heiligen Geldbörsen!
Wenn man dem üblen Propagandatext bis zu diesem finalen Blattschuss tatsächlich (ohne psychische oder intellektuelle Schäden zu nehmen) gefolgt ist, weiß man allerspätestens an diesem Punkt, dass man das Leben in einem freiheitlich-demokratischen oder gar sozialen System Zeit seines Lebens voraussichtlich niemals kennenlernen wird. Aber die gütigen Waltons spenden Milliarden (Milliarden!!!) für soziale Zwecke und die Armen werden reich - und die "Freunde" der Reichen sowieso.
Die allerbitterste Pointe an der Sache bleibt aber diese: Und fast keiner merkt's. Alle rennen weiterhin wie von Sinnen dem Geld hinterher und wundern sich vielleicht gelegentlich über die perversen Auswüchse, die das selbstredend hat, kommen aber nicht auf den naheliegenden Gedanken, dass das Behandeln von Symptomen nichts an der Situation an sich ändert. Die Farce könnte aussichtsloser kaum sein. Geld, Geld, Geld über alles - ganz besonders über die Vernunft.
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Börsenpanik
"Wie meine beiden Söhne fielen, war ich nicht so verzweifelt wie Sie, da Ihre Papiere gefallen sind."
(Zeichnung von Wilhelm Schulz [1865–1952], in "Simplicissimus", Heft 31 vom 29.10.1918)
Die Kinder spielen ein Märchen. Hauptpersonen sind ein Wirt, ein Soldat auf Herbergssuche, eine Tochter des Wirts und der Teufel.
Wir erleben achtmal das gleiche Stück. Wirt, Tochter und Soldat werden sehr unterschiedlich dargestellt.
Der Teufel ist durchwegs glänzend besetzt.
(Heinz Stalder [* 1939], aus dem Programmheft des Schauspielhauses Zürich zur Uraufführung seines Bühnenstückes "Ein Pestalozzi", 1979)
Anmerkung: Quod erat demonstrandum.