Samstag, 10. Juli 2010

Lachnummer des Tages (8): Union fordert "IQ-Test für Migranten"

(...) In der "Bild"-Zeitung haben der innenpolitische Sprecher der Berliner CDU, Peter Trapp und der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber neue Einwanderungskriterien gefordert, "die dem Land auch wirklich nützen". Dabei müsse neben einer guten Berufsausbildung und fachlichen Qualifikation "auch die Intelligenz ein Maßstab sein", sagte Trapp. Intelligenztests für Einwanderer dürften nicht länger tabuisiert werden.

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Anmerkung: Man fragt sich unwillkürlich, wie es innerhalb der CDU/CSU und anderer neoliberaler Parteien wohl aussähe, wenn es einen IQ-Test für Parteieintrittswillige gäbe. - Es ist zu vermuten, dass diese Parteien in diesem Fall Splitterparteien, bestehend aus einer handvoll Mitgliedern, wären - was mich schnurstracks zu der glühenden Empfehlung an die Herren Ferber und Trapp treibt, diese Maßstäbe doch bitte schnellstmöglich für die eigene Partei anzusetzen.

Denn wie intelligent diese Bande handelt, führt sie uns ja seit Jahrzehnten eindrucksvoll tagtäglich vor.


Was Deutschland in Wahrheit am Hindukusch verteidigt

(...) Die Mission am Hindukusch wird zum Prüfstein für das Nordatlantischen Bündnis erklärt – Bündnisräson dient als Ersatz für mangelnden sicherheitspolitischen Verstand. Die deutschen Soldaten sterben und töten für das Bündnis mit den USA, für den Fortbestand der NATO, für mehr politisches Gewicht Deutschlands auf der Weltbühne und nicht zuletzt für Wirtschaftsinteressen. Nicht aber für die Afghanen und erst recht nicht für die Rechte der Afghaninnen.

Eine gewisse Ehrlichkeit diesbezüglich hielt mit Deutschlands neuem Kriegsminister zu Guttenberg Einzug, als dieser Ende Januar dieses Jahres am Rande des Weltwirtschaftsgipfels im schweizerischen Davos völlig unverhohlen aussprach, worum es bei dem Bundeswehreinsatz am Hindukusch in Wahrheit geht, nämlich dass man "auch das Thema Afghanistan (...) im energiepolitischen Kontext sehen [müsse]". Die Stabilität dieses Landes habe große Auswirkungen auf die gesamte Region, die für die Gewinnung und die Weiterleitung von Energierohstoffen eine große Rolle spiele. Die jüngst zum wiederholten Male durch die internationale Presselandschaft gewogten Pentagon-Meldungen über enorm ergiebige Rohstoffvorkommen in Afghanistan bestätigen diese Aussage nur allzu nachdrücklich.

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Anmerkung: Diese Tatsachen sind inzwischen allseits bekannt und wurden sogar teilweise in den Systemmedien benannt. Dass sich dennoch an der Situation nichts ändert und die neoliberale Bande ihren Krieg einfach fortführt, als habe es diese Veröffentlichungen gar nicht gegeben, zeigt deutlich, wie unverhohlen die imperialistische Politik verfolgt wird und wie gering die Hemmschwellen inzwischen geworden sind.

Und wie immer sitzen die Kriegsverantwortlichen in ihren feinen Stuben auf weichen Kissen, während anderswo in ihrem Namen Menschen sterben, zu Mördern gemacht und Menschrechte mit Füßen getreten werden. Was unterscheidet diese Praxis eigentlich noch von einer Diktatur?

Die neoliberale Bande sollte wenigstens so konsequent sein und der Bundeswehr einen neuen, passenderen Namen geben: Worte wie "Milliardärssicherungstruppe" oder "KKfW - Kriegskommando für Wirtschaftsinteressen" böten sich da an. - Willkommen in Eurasien.

Wovon Neoliberale nicht reden: Über das Glück und wie man es (nicht) misst

Es ist Krisenzeit. Die Blicke aller Politiker heften sich fiebrig an die Kurve des Bruttoinlandsprodukts, ihren Gott, das Barometer ihres Erfolgs. Es muss steigen, immerfort steigen. Mehr BIP bedeutet Erfolg. Mehr BIP ist großartig. Es bedeutet Sonnenschein, grüne Wiesen, glückliche Kinder ... oder doch nicht? (...)

Ist es nicht verrückt? Dass der Erfolg einer Nation an seiner wirtschaftlichen Leistung gemessen wird, zeigt eine haarstäubende Ignoranz unseres Denkens gegenüber den tatsächlichen Bedürfnissen von Menschen. Offenbar ist es unserer Politik gleich, wenn zehn Prozent der Bevölkerung unter Zerstörung unserer Lebensgrundlagen Reichtum anhäufen, während die übrigen 90 Prozent ihr Leben in deprimierenden Jobs oder gar Armut verbringen. Es zeigt, wie fehlgeleitet unsere Vorstellung von Erfolg wirklich ist. (...)

Warum muss ein kleines Land wie Bhutan uns erst darauf aufmerksam machen, wie absurd unser Denken ist? Dort ist nicht das Bruttoinlandsprodukt, sondern das Bruttonationalglück oberste Maßgabe der Politik. Auch in Bolivien ist "das gute Leben" inzwischen verfassungsmäßig verankert. (...)

Wir können und müssen nun Glück fordern, Selbstverwirklichung, Lebensfreude und unsere Gesellschaft entsprechend gestalten. Wir brauchen nicht zu erwarten, dass dies jemals von oben kommen wird. Es liegt an uns allen, nicht mehr auf dem niedrigsten Level unserer Bedürfnisse herum zu kriechen, sondern das zu fordern, was wir wirklich wollen.

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Anmerkung: Ein erfrischend anderer Denkansatz - man sieht förmlich die verächtlich herabhängenden Mundwinkel Merkels vor dem inneren Auge, wenn sie ernsthaft mit diesem Denken, das sie gewiss nicht verstünde, konfrontiert wäre. Für die neoliberale Bande gilt die Formel "Glück = Reichtum" - wer möglichst viel materiellen Reichtum anhäuft und diesen stetig zu vermehren sucht, sei automatisch glücklich und könne dieses Glück ins Unendliche steigern. Wie absurd eine solche Sichtweise ist, muss vielen Menschen, die der neoliberalen Propaganda so lange ausgesetzt waren, wohl erst wieder vor Augen geführt werden.

Glück oder "das gute Leben" waren und sind in Deutschland kein Maßstab mit Relevanz. Vielleicht sind Bhutan oder Bolivien ja denkbare Alternativen, wenn demnächst auch hierzulande die löchrige Fassade des "zivilisierten, demokratischen Rechts- und Sozialstaates" einstürzt. Es stehen ja sowieso nur noch verfallende Relikte herum.

Freitag, 9. Juli 2010

Anathema: Temporary Peace

Temporary Peace from Anathema on Vimeo.

WM-Randnotiz: Nordkoreas Jubelchinesen

Ohne Fans kein Jubel. Ohne Jubel kein Erfolg. Damit genau das nicht passiert, hat sich der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Il was ganz Besonderes einfallen lassen.

Damit Nordkorea bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika auch ja auf dem Siegertreppchen steht, müssen jubelnde Fans her. Da die Landsleute in Nordkorea aber nahezu alle einkaserniert sind und nicht nach Südafrika reisen dürfen und können, greift der Diktator auf Menschen aus dem Nachbarland China zurück. Damit die auch die Fahnen für Nordkorea schwenken, werden sie bezahlt. Das nationale Sportkomitee bringt daher in Peking 1000 Gratis-Tickets für die WM-Spiele gegen Brasilien, die Elfenbeinküste und Portugal unters Volk. Die einzige Bedingung, die an die Karten geknüpft ist: Die Chinesen müssen für Nordkorea klatschen, schreien und jubeln.

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Anmerkung: Man soll nicht glauben, dass eine solche Vorgehensweise nicht auch in anderen Ländern denkbar wäre. In der Politik beispielsweise macht die CDU (und sicherlich nicht nur die) das hierzulande auch gerne so, wie schon die Süddeutsche 2009 schrieb: "Bis zu 1000 Mandats- und Funktionsträger aus der ganzen Republik sollen ins BCC [zu einem "Kongress" der CDU] gekarrt worden sein, um der Jubelveranstaltung den überzeugenden personellen Rahmen zu geben. Der Plan: Auf dem Podium wird Einigkeit zelbriert, das Publikum klatscht. Wortmeldungen einfacher Parteimitglieder sind weder vorgesehen noch erwünscht. Es ist der Tag der Claqueure für Merkel."

Man fragt sich nun, was verwerflicher ist - gekauftes Klatschvolk beim Fußball oder in der Politik?

Was kaum jemand weiß: Staat zahlt Gehälter für "kirchliche Würdenträger"

Die Bundesregierung spart und streicht, doch kirchliche Gehälter verschont sie. Die Bezüge werden seit 200 Jahren vom Staat getragen, und niemand scheint daran etwas ändern zu wollen - obwohl 2009 fast eine halbe Milliarde Euro gezahlt wurde. (...)

Nur ein Kostenfaktor bleibt von den Sparmaßnahmen verschont: Die Gehälter kirchlicher Würdenträger. / Hier könnten jährlich mehrere Millionen Euro eingespart werden, denn die Gehälter von Bischöfen, Priestern und Vikaren werden von Steuergeldern bezahlt. Völlig unabhängig von der Kirchensteuer.

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Anmerkung: Wie bitte? Gibt es außer mir noch jemanden, der bislang keine Ahnung davon hatte, dass die Männer in Frauenkleidern vom Staat und nicht von den Kirchen bezahlt werden? - Die Begründung, die das ehemalige Nachrichtenmagazin im Text mitliefert, ist geradezu putzig: "Am 25. Februar 1803 enteignete die Reichsdeputation in Regensburg die alte Reichskirche mit ihrem enormen Besitz: Es ging um vier Erzbistümer, 18 Bistümer, 80 reichsunmittelbare Abteien und mehr als 200 Klöster. Mit diesen Immobilien wurden die weltlichen Fürsten für jene Gebiete entschädigt, die sie an Napoleon hatten abtreten müssen. Bayern erhielt das Siebenfache, Preußen das Fünffache des Verlorenen. Im Gegenzug bekommen seither die Kirchen für ihre Vermögensverluste jährliche Zahlungen aus der Staatskasse."

Wäre es nicht so grotesk, müsste man schallend darüber lachen, dass die armen, armen Kirchen nach über 200 Jahren noch immer für ihren Verlust "entschädigt" werden ... und ein Ende scheint nicht absehbar zu sein. In diesem Land scheint wirklich jede Absurdität umsetzbar und dauerhaft zu halten zu sein - es sein denn, die Bürger profitierten davon, natürlich.

Der Überwachungsstaat kommt - sie machen Nägel mit Köpfen

Das Bundeskanzleramt machte die Sache eilig. Ohne Diskussion im Bundestag sollte der Bundesrat noch schnell vor der Fußballweltmeisterschaft eine Rechtsverordnung abnicken, welche die heute schon umfangreichen Karteien des Bundeskriminalamtes auf ein rechtliches Fundament stellt. (...)

Der Bundesrat winkte die Verordnung durch – zu groß dürfte die Sorge gewesen sein, das Public Viewing könne zum Bürgerkrieg mutieren. Ob den Verantwortlichen aber wirklich klar war, was sie verabschiedet haben? Ich bezweifle es. Es geht nämlich keineswegs nur darum, die bereits bekannten Dateien (Gewalttäter Sport, Gewalttäter links und rechts, Anti-Terror-Datei) zu legalisieren. Vielmehr ist die Regelung (PDF) ein Blankoscheck für die Einrichtung von Dateien zu praktisch jeder Thematik. Es gibt künftig eine Schublade für jeden von uns. (...)

Das Bundeskriminalamt führt die bestehenden und die kommenden Dateien als "Zentralstelle" für die Polizeibehörden der Länder. Dies bedeutet: Jeder Polizeibeamte kann künftig die Daten abrufen und auswerten. Wer es, auch ohne einer Straftat überführt zu sein, in eine der Dateien geschafft hat, wird schon dem Verkehrspolizisten bei einer Kontrolle absolut nichts mehr zu erzählen haben.

Der Beamte weiß nach einem Blick in den Computer ohnehin mehr als der Betroffene selbst.

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Anmerkung: Und wieder einmal stockt einem der Atem, wenn man realisiert, was sie da mit uns vorhaben. Die Lektüre dieses Textes aus dem Lawblog ist ein absolutes Muss - schließlich klären uns die Medien ja nicht darüber auf, welche perfiden Gesetze und Regelungen da klammheimlich und (nicht nur) im Schatten der WM durch die Instanzen gewunken werden.

Es wird einem schwindelig, wenn man im Text die Aufzählung liest, welche Daten da gesammelt und dauerhaft gespeichert werden sollen. Wer möchte in einer solchen alptraumhaften Welt leben? Die Orwell-Vision nimmt allmählich Gestalt an ...


Donnerstag, 8. Juli 2010

Zitat des Tages (43): Letzte Schmiede im Vorort

Akazienduft und Rauchgeruch der Esse,
Die tief im warmen, guten Zwielicht glüht,
Sie mischen sich im Winkel leis: es sprüht
Der Funke so, dass ich ihn nicht vergesse.

Der Funke der Erinnrung, den der Schmied
In meine Seele schlug; der Blasbalg zischt,
Das Eisen krümmt sich läutend; bald erlischt
Die weiße Glut, von der ich zögernd schied.

Geduldig harrt der Gaul vorm offnen Tor,
Vor schweren Eichenflügeln; bald verhallt
Der letzte Hammerschlag; maschinenkalt
Ist sie, die neue Eisenzeit; mich fror.

(Ernst Waldinger [1896-1970]: Zwischen Hudson und Donau. Wien 1958)


Die Post, das Briefgeheimnis und das Amt - ein Paukenschlag

  1. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will künftig Briefe an die Arbeitsagenturen und Papierakten von der Deutschen Post öffnen und einscannen lassen. Von der Digitalisierung erhoffe sich die Behörde eine schnellere Bearbeitung der Vorgänge, erläuterte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker am Freitag der Nachrichtenagentur dpa.

    Das Projekt "Elektronische Akte" (eAkte) solle von 1. Oktober an zunächst in Sachsen-Anhalt und Thüringen erprobt werden. Über die Pläne hatte auch die "Bild"-Zeitung berichtet. Das Erwerbslosen Forum Deutschland sieht mit dem Projekt den Datenschutz außer Kraft gesetzt.

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  2. BA gibt Datenschutz auf und schafft den gläsernen Erwerbslosen

    (...) Unter dem Titel "Fünf Richtige für Ihre Briefe" soll - laut Mitteilung der BA - die eingehende Post von der Deutschen Post AG geöffnet und digitalisiert und an die zuständigen Arbeitsagenturen und Familienkassen weitergeleitet werden. Die BA verspricht den Betroffenen angeblich "zielgerichtete und schnellere Bereitstellung" der Unterlagen für die Bearbeitung und "zügige Beantwortung" der Anfragen.

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Anmerkung: Ein Schritt folgt dem nächsten - erst schenkt man uns "Elena", nun sollen also Briefe an die Behörden vom privatisierten Unternehmen Post AG geöffnet und digitalisiert werden. Ein Bankgeheimnis oder die Unverletzbarkeit der Wohnung gibt es für Erwerbslose ja ebenfalls längst nicht mehr. Wird denn nun auch dem Letzten deutlich, in welche perverse Welt die neoliberale Bande steuert?

Besonders sei auf den letzten Absatz des Artikels aus der Frankfurter Rundschau hingewiesen - wussten Sie davon??? - "Bei der Deutschen Post ist das Einscannen von Briefen schon seit vielen Jahren üblich. Die Post handele dabei im Auftrag und in Abstimmung mit den Empfängern, darunter auch Behörden, sagte Post-Sprecher Uwe Bensien am Freitag in Bonn. Der Datenschutz sei gewährleistet. (...) Das Einscannen von Briefen mache die Post schon seit Jahren 'millionenfach und pannenfrei' etwa für Banken, Versicherungen und auch Behörden, sagte Bensien. Beanstandungen habe es bisher nicht gegeben. Die Arbeit werde in Hochsicherheits-Scannzentren nahe Briefzentren erledigt. Geöffnet würden die Briefe maschinell, bevor sie von Mitarbeitern eingescannt würden."

Es ist also seit Jahren (!!) gängige Praxis, Briefe zu öffnen, sie zu digitalisieren und nicht mehr in der ursprünglichen Papierform an die Empfänger auszuliefern? Was macht man dann mit den geöffneten Briefen, wie werden sie "entsorgt"? Wer hat Zugriff auf die digitalen Daten, wer befasst sich mit der Sicherheit? Einem verschlossenen Briefumschlag sieht man in der Regel an, ob er vorher geöffnet worden ist - eine Datei sagt hingegen nichts darüber aus, wie oft sie geöffnet oder gar kopiert worden ist. - Wieso ist über diese Praxis in der Öffentlichkeit nahezu nichts bekannt? Das ist doch eine Ungeheuerlichkeit!

Wie lange werden diese digitalisierten Briefe von der Post gespeichert? Und wo? Und wer hat Zugriff darauf? Wer hat das legitimiert, und auf welcher rechtlichen Grundlage geschieht das? - Unfassbar! Das sind Methoden aus einem totalitären Orwell'schen Überwachungsstaat, die in einer wirklichen Demokratie nicht einmal theoretisch diskutiert werden dürften!

Über Steinbrücks "Nebentätigkeiten"

Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ist mit "lukrativen Nebentätigkeiten" in die Kritik geraten. Die Grünen sprechen von einem unanständigen Verhalten, zumal der SPD-Politiker [sich] kaum noch seiner Aufgabe als Abgeordneter im Deutschen Bundestag widmet. (...)

Laut Angaben Steinbrücks, die er gegenüber der Parlamentsverwaltung gemacht hat, hielt er hoch dotierte Vorträge unter anderem bei der von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann geleiteten Alfred-Herrhausen-Gesellschaft, beim Hasso-Plattner-Institut, bei der französischen Großbank BNP Paribas, der Alliance Möbel Marketing, der Münchner Kommunikationsagentur Serviceplan und der in Bielefeld sitzenden Handelskooperation EK Servicegroup. Hinzu kommt Steinbrücks Verdienst aus seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp. Für einfache Mitglieder wie Steinbrück hatte der Konzern dafür in der Vergangenheit zwischen 130.000 Euro und 230.000 Euro im Jahr gezahlt.

Grünen-Politiker Ströbele erklärte, Steinbrück sei mit seinen "lukrativen Nebentätigkeiten" kein Einzelfall. "Es gibt immer wieder Fälle von Abgeordneten, die mit ihrem mandatswidrigen Verhalten Kopfschütteln auslösen", sagte er. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht klar geregelt, dass der wesentliche Teil der Abgeordnetentätigkeit dem Mandat gewidmet werden müsse.

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Anmerkung: Dass sich gerade die Grünen hier so weit aus dem Fenster lehnen, ist lächerlich - aus ihren eigenen Reihen gibt es mehr als genug Beispiele für "mandatswidriges Verhalten". Dies betrifft alle neoliberalen Parteien des Bundestages - was auch erklärt, wieso diese Praxis nicht einfach durch entsprechende Regelungen unterbunden wird. Die eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus - nur in der Zeitung hackt man ein bisschen auf dem anderen herum, ohne jedoch Konsequenzen zu ziehen bzw. einzufordern. Kasperletheater vom Feinsten.

Dienstag, 6. Juli 2010

Zitat des Tages (42): Der Visionarr

Lampe, blöck nicht.
Aus der Wand fuhr ein dünner Frauenarm.
Er war bleich und blau geädert.
Die Finger waren mit kostbaren Ringen bepatzt.
Als ich die Hand küsste, erschrak ich:
Sie war lebendig und warm.
Das Gesicht wurde mir zerkratzt.
Ich nahm ein Küchenmesser und zerschnitt ein paar Adern.
Eine große Katze leckte zierlich das Blut vom Boden auf.

Ein Mann indes kroch mit gesträubten Haaren
einen schräg an die Wand gelehnten Besenstiel hinauf.

(Jakob van Hoddis [1887-1942], in "Die Aktion", Berlin 1914)


Privater Reichtum – öffentliche Armut: eine Groteske

Nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Banken ist das Geldvermögen der Deutschen im vergangenen Jahr um 239 Milliarden Euro gestiegen und erreichte insgesamt 4,67 Billionen Euro. Es wäre interessant, neben die "Schuldenuhr" eine "Reichtumsuhr" zu stellen, die den Zuwachs an Geldvermögen in Deutschland in jeder Sekunde misst. Der Betrachter würde vermutlich staunen, dass die Reichtumsuhr erheblich schneller laufen würde. Die Schulden der öffentlichen Hand haben in den letzten 10 Jahren von 1.199 Milliarden Euro (1999) auf 1.657 Milliarden Euro (2009), also um 458 Milliarden zugenommen. Das Geldvermögen stieg im gleichen Zeitraum von 3.539 Milliarden Euro auf 4.672 Milliarden Euro, also um 1.133 Milliarden Euro. Ein Anstieg des privaten Reichtums um [das] Zweieinhalbfache der öffentlichen Schulden. Man könnte auch sagen, das Geldvermögen der Kreditgeber ist fast um 1.133 Milliarden gestiegen, während die Schuldenlast der Steuerzahler um 458 Milliarden gewachsen ist. Darin zeigt sich die ganze Perfidie, dass die Bundesregierung mit ihrem "Sparpaket" das Geld nun gerade von denen holen will, die in den letzten Jahren ihr einziges "Vermögen", nämlich ihre Arbeit, verloren haben. (...)

In der öffentlichen Debatte oft übersehen, wird ein wichtiger Zusammenhang zwischen der steigenden öffentlichen Verschuldung und dem steigenden privaten Geldvermögen ausgeblendet. Die Steuersenkungen zugunsten der Vermögenden in den vergangenen zwei Jahrzehnten zeigen ihre Wirkung. Der Staat verzichtet einerseits auf die Einnahme von Steuern aus sprudelnden Quellen und ist andererseits gezwungen, seine Unterfinanzierung über die Verschuldung wieder auszugleichen. Gleichzeitig profitieren die Vermögenden in zweifacher Hinsicht: Zum einen zahlen Spitzenverdiener und Vermögende aufgrund der mehrfachen Senkung des Spitzensteuersatzes oder der Nichterhebung der Vermögensteuer weniger Steuern. Zum zweiten sind sie die Gläubiger der öffentlichen Verschuldung und erhalten vom Staat dafür gute Zinsen.

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Anmerkung: Auch die Nachdenkseiten bleiben an der Oberfläche des Problems, wenn sie zwar richtig erkennen, dass die "Elite" in mehrfacher Hinsicht der einzige Gewinner dieses ganzen absurden Spiels ist, aber andererseits die Frage nach dem Geldsystem nicht stellen. Ist es den Herren Lieb und Müller, deren Arbeit unverzichtbar und aus dem Informationspool nicht mehr wegzudenken ist, nicht bekannt, dass die superreichen "Gläubiger" des Staates diesem niemals wirkliches Geld geliehen haben? Sondern dass es dabei um virtuelles Geld geht, das in dem Moment das Licht der Welt erblickt hat, als es in Form von Schulden auf ein Konto gebucht worden ist?

Die "guten Zinsen" sind genau das, was die "Gläubiger" anstreben - denn so lässt sich aus dem Nichts leistungslos erhebliches Geld aufs eigene Konto zaubern - Geld, das der Staat allerdings real einnehmen muss, um diese Zinsforderungen zu bedienen, so dass letzten Endes die Bürger diesen ganzen wahnsinnigen Zirkus erwirtschaften und bezahlen.

Dieses System ist ein System aus dem Tollhaus. Es besteht die Gefahr, selber irre zu werden, wenn man darüber nachdenkt.

Folgen der Privatisierung (28): Der Patient ist eine Ware

  1. "NotRuf 113" heißt die Initiative von Ärzten, Juristen und Mitarbeitern des Uni-Klinikums Marburg sowie Patienten und Angehörigen. Die Initiative hat ihre Kritik an der Rhön-Klinikum AG unterstrichen. Ihr Vorwurf: Seit der Privatisierung vor fünf Jahren bricht die Qualität der Behandlung und Versorgung dramatisch ein. (...)

    "Die Rhön Klinikum AG als Betreiber des Uni-Klinikums ist natürlich ein profitorientiertes Unternehmen", sagt Susanne Deuker. Aus diesem Grund stehe nicht das Wohl der Patienten im Vordergrund, sondern die Gewinnmaximierung.

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  2. Das Gesundheitssystem und die ärztliche Versorgung in Deutschland sind in einer Krise. Überlastet, überteuert und sich von sozialen Prinzipien immer weiter entfernend, hat sich vor allem im stationären Sektor eine kommerziell ausgerichtete, industrialisierte Medizin entwickelt. Durch den Arbeitsdruck - verursacht durch die Jagd von Krankenhausträgern nach wirtschaftlichem Gewinn - verlieren viele Mitarbeiter ihre ursprünglichen Ideale. Groteske Beispiele für fatale administrative, organisatorische und medizinische Fehler häufen sich. Warum das so ist, kann man von einer promovierten Chirurgin erfahren, die schon einige Jahre Berufserfahrung als diplomierte Krankenschwester im Krankenhaus hinter sich hatte, als sie mit Anfang 30 das lang ersehnte Medizinstudium aufnahm und nun diesen "Roman" über ihre Erfahrungen geschrieben hat.

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Anmerkung: Man darf nicht müde werden, immer und immer wieder auf diese katastrophalen Folgen hinzuweisen, denn der Weg der "Privatisierung" wird von der neoliberalen Bande weiter stoisch verfolgt - ganz egal, welche Ergebnisse und Trümmerhaufen sich in allen Bereichen einstellen, während auf dem Rücken der Beschäftigten und Patienten ordentlich Geld verdient wird. Auf der Internetseite der Rhön-Klinikum AG findet man folgende Zahlen:

"Konzerngewinn nach IFRS: Januar bis März 2010: 34,3 Mio. Euro (Januar bis März 2009: 30,7 Mio. Euro, das sind plus 11,7%)." Und nun darf munter nachgedacht werden, woher diese fast 35 Millionen Euro allein in drei Monaten stammen und wie sich das auf die Behandlung der Patienten und auf die Arbeit der Beschäftigten auswirkt. Und so fließen die Millionen Monat für Monat weiter in die Kassen des Konzerns ...

Die Linke und der Verfassungsschutz: Ein Feind, der keiner ist

Auch im neuen Bericht des Bundesverfassungsschutzes taucht die Linke auf. Neue Erkenntnisse: Fehlanzeige. Dafür überrascht Innenminister Thomas de Maizière mit einer Botschaft. (...)

Und auch das, was es über die ["beobachteten" Gruppen innerhalb der Linken] zu berichten gibt, erscheint im Zuge aktueller politischer Entwicklungen zum Teil überholt. Als Beleg für den umstürzlerischen Charakter der Kommunistischen Plattform (KPF) etwa, mit 1100 Mitgliedern der laut Verfassungsschutzbericht größte "offen extremistische Zusammenschluss" innerhalb der Linken, wird angegeben, die KPF wolle eine Gesellschaft, in der die "Herrschaft des kapitalistischen Privateigentums überwunden und dessen reale Vergesellschaftung erreicht wird."

Mit der Verstaatlichung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate und der faktischen Übernahme der Commerzbank durch den Bund hat die reale Politik der großen Koalition dafür mehr Vorarbeit geleistet, als es Verfassungsschützern lieb sein kann. Und selbst Konservative haben bereits eine Zerschlagung der Energiekonzerne gefordert, um die Energiepreise für ihre Bürger erschwinglich zu halten. Die nennen das nur anders: Rekommunalisierung.

Aus Dokumenten der ebenfalls beobachteten Strömung "Sozialistische Linke" wird zitiert, die Aufhebung des Widerspruchs zwischen Kapital und Arbeit sei "Bedingung für eine Gesellschaft des demokratischen Sozialismus". Wenn schon der Begriff "demokratischer Sozialismus" reicht, um im Verfassungsschutzbericht erwähnt zu werden, dann fehlt die SPD in dem Bericht. Der demokratische Sozialismus ist nach wie vor eine der Kernforderungen in ihrem Grundsatzprogramm.

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Anmerkung: Man darf nicht zuviel von der Süddeutschen erwarten, aber immerhin ist dieser Artikel ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Es wird allerdings das Geheimnis des Autors und natürlich Herrn de Maizières bleiben, weshalb die Überwindung der Herrschaft des kapitalistischen Privateigentums in irgendeiner Weise gegen das Grundgesetz verstoßen sollte.

Die offensichtliche Tatsache, dass der Verfassungsschutz schon längst nicht mehr die Verfassung schützt, sondern das herrschende Wirtschaftssystem, wird auch in der Süddeutschen natürlich nicht thematisiert. Das Grundgesetz ist der neoliberalen Bande das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht.

Montag, 5. Juli 2010

Das Ende der Marktwirtschaft oder: Und täglich grüßt das Murmeltier

Sie haben das Ende der DDR vorausgesagt. Und einen Plan zur Verwandlung von Volkseigentum in Privateigentum entworfen, den Vorläufer der Treuhandanstalt, die am 17. Juni 1990 ins Leben gerufen wurde. Heute sagen die beiden Forscher: Es wird bald wieder eine Zeitenwende geben.

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Anmerkung: Ein langer Text, zugegeben, aber wer sich ein bisschen mehr darüber informieren möchte, was der Zusammenbruch der DDR, der scheinbare Siegeszug des Neoliberalismus, der Rücktritt Köhlers, die "Griechenland-Krise" und das Ende der Marktwirtschaft miteinander zu tun haben, sollte diese 10 Minuten investieren. Nach der Lektüre steht man zwar mit einem Berg weiterer Fragen relativ ratlos da - durchschaut das Kasperletheater, das sich "Demokratie" nennt, aber um so nachhaltiger.

Der Bericht des Tagesspiegel endet mit den Worten: "Das Desaster. Verschuldete Staaten verschulden sich, damit sie Geld an Automobilkonzerne geben können, damit die Gewinne machen, damit die Steuern zahlen. Verschuldete Staaten schaffen neues Geld, das sie an Banken geben können, damit die nicht zusammenbrechen, sondern auch Gewinne machen und Steuern zahlen. Verschuldete Staaten verschulden sich und schaffen neues Geld, um damit einen verschuldeten Staat oder eine Währung zu retten. Die Summen werden größer, die Abstände zwischen den einzelnen Rettungsaktionen kürzer. / Würde man das in einem Diagramm darstellen, bekäme man eine immer steiler ansteigende Kurve, sie zeigt eine 'beschleunigt beschleunigte Beschleunigung', sagt Gebhardt. Er geht zu seinem Computer, sucht etwas. Nach einer Weile findet er so eine Kurve, es ist die DDR-Prognose aus seiner Doktorarbeit. Und dann gibt es da noch eine weitere, zum Verwechseln ähnlich. Sie zeigt die Entwicklung der marktwirtschaftlich organisierten Welt."

Nicht hinterfragt wird auch in diesem Artikel das Geldsystem und die Art und Weise der "virtuellen Geldschöpfung". Es ist frappierend, dass selbst in diesen Kreisen nicht einmal gedanklich an dem Dogma gerüttelt wird, dass Superreiche nicht existierendes Geld virtuell an Staaten "verleihen" dürfen, das sie dann samt Zins und Zinsezins auch wieder zurück verlangen dürfen. Dabei ist im Text ja auch schon die Rede davon, dass Geld "geschaffen" wird - Geld, das es vorher nicht gab, das dann aber in der Form von Schulden plötzlich existiert. Und dass kein westlicher Staat seit dem Tag seines Bestehens auch nur einen Cent dieser "Schulden" zurückgezahlt hat, dafür aber um so mehr Zinsen und Zinseszinsen, die immer weiter ansteigen, scheint auch keinem dieser Experten einen Gedanken wert zu sein.

Ich werde das bei meinem Nachbarn demnächst auch mal ausprobieren, wenn er mich fragt, ob ich ihm für den Rest des Monats 100 Euro borgen kann. Auch wenn ich die Kohle dann nicht habe, schreibe ich ihm einfach einen Schuldschein aus, mit dem er dann einkaufen gehen kann - und für die nächsten 500 Jahre möge er mir dann die Zinsen dafür (und für die nachfolgenden Schuldscheine) zurückzahlen, aber bitte niemals (!!!) den ursprünglich geborgten Betrag! Wie fatal wäre das - dann würde ich ja nicht reich werden, während ich grinsend auf dem Sofa sitze und die Zinszahlungen rings um mich auf den Boden fallen, obwohl ich selber ja nie etwas wirklich "verliehen" habe.

Ja, eine Bank müsste man sein. - In dieser perversen Welt darf man das aber leider nur dann, wenn man sowieso schon Milliardär ist - "Normalbürger" dürfen nichts verleihen, was sie gar nicht haben.

Das Ende der Marktwirtschaft ist dennoch nicht in greifbarer Nähe - auch wenn alle Zeichen in diese Richtung deuten mögen. Genauso, wie es schon viele Male zuvor in der Geschichte gewesen ist (diese hochalberne Ideologie führt sich selbst ja nun schon zum zigten Male ad absurdum), wird auch diesmal wieder ein Plan in der Schublade liegen, der die durchdrehenden, irren Uhren und Diagramme wieder auf null zurückstellt. Bisher war das meistens Krieg, einhergehend mit Faschismus. Da das bislang immer "wunderbar" funktioniert hat - wieso sollte es diesmal anders sein? Die Reichen bleiben reich - der Rest der Menschheit krepiert, kämpft, strauchelt, stirbt. Die "Marktwirtschaft" wird wieder neu anfangen, auf den Trümmern der vorherigen, und alles geht seinen gewohnten Gang.

Und täglich grüßt das Murmeltier.

Elterngeld: Willkürliche Sparpläne - oder doch geplante Umverteilung?

Das Versagen der schwarz-gelben Regierung zeigt sich in vielen Facetten, in den Ungerechtigkeiten der Politik, der Entscheidungsschwäche der Verantwortlichen, dem ewigen Streit. Vollständig wird das Bild einer überforderten Koalition aber erst, wenn man einen weiteren Negativfaktor berücksichtigt. Dies sind die erstaunlichen handwerklichen Fehler in der Regierungsarbeit.

Dieses Versagen zeigt sich besonders drastisch am Beispiel Elterngeld. An zwei Stellen wollen Familienministerin Kristina Schröder und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) sparen. Erstens streichen sie Hartz-IV-Empfängern die Leistung komplett. Zweitens senken sie für mittlere bis höhere Einkommen die Ansprüche moderat. Wer mehr als 1240 netto im Monat verdient, soll künftig 65 Prozent statt 67 Prozent des Lohnes als Elterngeld erhalten.

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Anmerkung: Und wieder einmal muss man konstatieren, dass auch der so genannte "linke Qualitätsjournalismus", der dieses Land mit seinen Ergüssen überzieht, in der Realität kein Standbein mehr hat. Dieser Artikel aus der Frankfurter Rundschau verdeutlicht diese niederschmetternde Diagnose gleich doppelt: Zunächst wird wieder einmal "vergessen", welch eine himmelschreiende Umverteilung von unten nach oben mit der Einführung des so genannten "Elterngeldes" unter Federführung von Ursula von der Leyen (CDU) stattgefunden hat - ärmere Eltern bekamen plötzlich nur noch die Hälfte, Reiche hingegen, die vorher gar nichts bekommen haben, bis zu 1.800 Euro monatlich. Dieses bis heute als "Erfolgsmodell" verteidigte Konzept wird nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt oder gar kritisiert.

Den nächsten kapitalen Fehler begeht der Autor, wenn er die nun in Rede stehenden weitergehenden Umverteilungen - wieder von Arm zu Reich - als "handwerklichen Fehler" bezeichnet. Es kann doch offensichtlicher nicht sein, dass hier keine "handwerklichen Fehler" begangen werden, sondern dass ein neoliberales Konzept konsequent durchgezogen wird, das genau diese Umverteilungen zum Inhalt hat. Wer als Journalist bzw. als Medium ernstgenommen werden möchte, sollte sich und seinen Lesern derartige Peinlichkeiten ersparen.

Die Kritik an den erneuten Anschlagsplänen der neoliberalen Bande auf die Bevölkerung ist nur allzu berechtigt - aber die gelieferten Begründungen sind schlichtweg absurd. Man darf getrost davon ausgehen, dass die jetzt verlautbarten Pläne schon längst in der Schublade lagen, als das "neue Elterngeld" eingeführt wurde - vermutlich, wie so oft, vorformuliert von irgendwelchen beauftragten (und dafür aus Steuergeldern bezahlten) Lobbyorganisationen oder Anwaltskanzleien - nur auf den "richtigen" Zeitpunkt wartend.

Von wegen Willkür. Es ist grotesk, wenn das "Krankheitsbild" relativ klar erkannt wird und als "Diagnose" sodann nur ein "Oh, sorry, das war nur ein Versehen, sie haben das nicht wirklich durchdacht" genannt wird. Das war bei allen neoliberalen "Reformen" der jüngeren Vergangenheit der Fall - auch bei Hartz IV. So viele "erstaunliche handwerkliche Fehler" auf einem riesigen Haufen ... aber der Frankfurter Rundschau scheinen keine Bedenken zu kommen, dass da vielleicht doch Kalkül dahinterstecken könnte. Wer hat da mit gezogener Waffe vor dem Schreibtisch dieses Redakteurs bzw. dem seines Chefs gestanden, als dieser Text abgenommen wurde?

Diese erneute Umverteilung ist klar erkennbar ein weiteres inszeniertes neoliberales Schauspiel, das nicht "versehentlich", sondern mit voller Absicht und geplant geschieht.

Der "erzchristliche" Bundespräsident

(...) Seit 2005 sitzt Wulff im Kuratorium von Pro Christ, einer theologisch erzkonservativen Bewegung, deren Ziel die "Bekehrung von Menschen zum Glauben an Jesus Christus" ist. Die Gruppierung organisiert mehrtägige missionarische Großveranstaltungen, die über Satellit in viele Städte übertragen werden. Charismatische Führungsfigur ist Ulrich Parzany, früher Pfarrer der rheinischen Landeskirche. Kenner der evangelikalen Szene rechnen Pro Christ dem gemäßigten Spektrum zu. Aber auch hier wird ein rigides Familienbild propagiert. Was nicht ins Bild passt wie etwa Scheidung, Abtreibung, Homosexualität, wird diffamiert. Christian Wulff ist geschieden.

Parzany wendet sich gegen "praktizierte Homosexualität" und ist wie viele evangelikale Christen der Meinung, Homosexualität sei heilbar. "Selbstverständlich gibt es Fachleute, die die Möglichkeit sehen, dass Menschen ihre homosexuelle Neigung verändern und dass da Hilfe möglich ist", sagte er in einem Gespräch mit dem Grünen-Politiker Volker Beck. (...)

Für noch bedenklicher halten Kritiker Wulffs Engagement beim "Arbeitskreis Christlicher Publizisten" (ACP). 2004 hatte er dem Verein ein Grußwort geschickt, im Mai dieses Jahres hielt er dort den Vortrag "Politik aus christlichem Geist in der modernen Welt". Der Gruppierung mit Sitz in der Nähe von Kassel werden extrem rechte Sichtweisen vorgeworfen. Die Zentralstelle für Weltanschauungsfragen der evangelischen Kirche rät zur Distanz: Der Name ACP sei irreführend, seriöse Publizisten seien dort nicht vertreten.

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Anmerkung: Nun, dann wissen wir ja, wer jetzt der "Präsident aller Deutschen" ist. Dass in dieses Amt niemals ein Revolutionär oder Visionär "gewählt" werden wird, liegt ja in der Natur der politischen Struktur - aber dass nun gerade jemand aus evangelikalen Kreisen (die nicht nur in den USA so viel Unheil angerichtet haben und es weiterhin tun) den "Präsidenten aller Deutschen" gibt, ist an groteskem Hirnkrampf beinahe nicht mehr zu überbieten - selbst Gauck als "rot-grüner" Kandidat mit schwarz-gelber Seele wäre keine schlimmere Karikatur gewesen.



(Bild: Titanic)