Freitag, 3. Mai 2013

Denunzianten- und Überwachungsrepublik Deutschland


Flaschen im falschen Container - Bußgeldbescheid

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Anmerkung: Diese so banal erscheinende Meldung des WDR birgt wahrlich Ungeheuerliches in sich. Ich fasse den Sachverhalt mal zusammen: Ein Mensch wirft fünf Glasflaschen in einen Altglascontainer - und wird dabei von einem nicht näher benannten Mitbürger "beobachtet", dem sodann "auffällt", dass das KFZ-Zeichen des Wagens, mit dem jener Mensch unterwegs war, frevelhafter Weise aus der Nachbargemeinde (!) stammt. Daraufhin fotografiert der "Beobachter" das Geschehen und denunziert den Glasentsorgenden sowohl beim Amt, als auch beim beauftragten Privatunternehmen, das die Glasentsorgung durchführt.

Bis zu diesem Punkt ist der Vorgang schon schrill und kann zu einigem Nachdenken über die Gesinnung mancher unserer Zeitgenossen - aber immerhin auch noch zur Heiterkeit animieren. Letztere geht aber schnell verloren, denn die Geschichte geht weiter: Der brave altglasentsorgende Mensch erhielt danach allen Ernstes einen Bußgeldbescheid mit der irrwitzigen und selbstredend falschen Begründung: "Das Befüllen von Depotcontainern mit Abfällen, die nicht im Verbandsgebiet angefallen sind, ist somit unzulässig." Es ist selbstverständlich völliger Quatsch, was da behauptet wird - natürlich darf jeder Bürger jeden Glascontainer im gesamten Bundesgebiet "benutzen" und damit der involvierten Recycling-Industrie kostenlose Rohstoffe schenken, mit denen diese eine Menge Geld scheffelt - allein vor diesem Hintergrund ist dieser Vorgang schon so überaus grell, dass einem die Schädelwände unverzüglich schmerzen. Aber nein, die Posse geht immer noch weiter:

Das zuständige Amt nimmt die Denunziation sehr gerne zur Kenntnis und lässt daraufhin eine Halteranfrage beim Straßenverkehrsamt durchführen, um den Namen und die Anschrift des Altglas-Terroristen zu erfahren. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, um den wirklichen Geschmack erahnen zu können: Jemand wirft Flaschen in einen Container, daraufhin ermittelt das Amt, wer sich so etwas Abscheuliches herausnimmt. Selbstverständlich hat diese Anfrage Erfolg - wir leben schließlich nicht in einem Rechtsstaat, sondern in einem totalüberwachten Alptraum. Und obwohl es keine auch nur annähernd greifende Rechtsgrundlage für einen Bußgeldbescheid in diesem absurden Szenario gibt, wird dieser Bescheid trotzdem erstellt und verschickt.

Der betroffene Mensch hat dann den WDR informiert, und das Amt begann erst dann zurückzurudern, als von dort entsprechende Anfragen kamen. Das Irrwitzigste ist dabei die "Begründung" des Amtes, wie es zu diesen Orwell'schen Auswüchsen kommen konnte. Der WDR berichtet aktuell: "(...) einem Mitarbeiter sei ein Fehler unterlaufen, das Ganze sei ein Irrtum" - weiter unten im Text wird dann aus einem Schreiben des Amtes zitiert, ein "Praktikant" sei der Schuldige - worauf ein Kommentator meint: "Praktikanten!! sind also selbständig und zunächst eigenverantwortlich mit der Überwachung der Bürger beauftragt?" (Kommentar von Aha am 02.05.2013, 15:37).

Wir sollen nun also glauben, dass einem Praktikanten oder Mitarbeiter eines Amtes ein "dummer Fehler" unterlaufen sei, während tatsächlich ein unglaubliches Prozedere in Gang gesetzt worden ist, das unter Anderem eine Halteranfrage beim Straßenverkehrsamt zum Inhalt hatte und in einem amtlichen Bußgeldbescheid gipfelte, der heutzutage gewiss nicht mit der Schreibmaschine erstellt worden ist, sondern für den es entsprechende Softwarevorgaben und Textbausteine geben muss - obwohl es gar keine Rechtsgrundlage für derartige Bescheide gibt? Und das alles geht zurück auf einen Denunzianten, der einen Menschen beim Befüllen eines Altglascontainers beobachtet, fotografiert und das alles ans Amt weitergeleitet hat?

Du weißt, dass du dich nur in Deutschland, der Welthauptstadt des Denunziantentums und des Irrsinns, befinden kannst, wenn du eine solche Meldung liest. Hier wird wahrlich alles zur Perfektion getrieben - das Denunziantentum ebenso wie der Irrsinn.

ICH WILL FORT VON HIER!

Donnerstag, 2. Mai 2013

Song des Tages: This Is Your Life!




(Threshold: "This Is Your Life!", aus dem Album "Dead Reckoning", 2007)

Five miles tall,
And everything is small -
Everything is small ...
Five miles down,
You see your patch of ground -
It's not so bad at all!

BREATHE IN, OUT
- AND DON'T STOP BREATHING!

'Cos this, this is your life,
This is your world!
And everything that you've been trusted with!
It's small in your eyes,
But great is your worth,
And you can do this right -
This is your life!

Five miles high,
Don't want to leave the sky -
Everything's so clear!
Five miles on,
When clarity is gone ...
Just make it re-appear!

BREATHE IN, OUT
- AND DON'T STOP BREATHING!

'Cos this, this is your life,
This is your world!
And everything that you've been trusted with!
It's small in your eyes,
But great is your worth,
And you can do this right -
This is your life!



Anmerkung: Ein ordentlicher Tritt in den Arsch kann gelegentlich auch ganz hilfreich sein, wenn man zeitweise keine Lust mehr hat, wieder aufzustehen und dem alltäglichen Irrsinn forsch ins überaus hässliche, triefende Antlitz zu blicken. Dieser Song hat mich schon durch so manche finstere Zeit in den vergangenen fünf Jahren begleitet - und wenn man ihn in der entsprechenden Lautstärke und natürlich in der passenden Stimmung und Umgebung anhört, kann er wahrlich versteckte Kraftreserven mobilisieren, von deren Existenz man zuvor nicht einmal etwas ahnte.

"When clarity is gone ..." - was bei mir momentan öfter mal vorkommt - ja, dann: "just make it re-appear!" So einfach ist das, wenn man sich denn dem kraftstrotzenden Sound und der spielerischen Virtuosität dieser musikalisch hochversierten Formation aus Britannien ausliefern mag. Ich empfehle das ausdrücklich nicht nur depressiven, resignierten oder in "innere Welten" flüchtenden Menschen.

Dienstag, 30. April 2013

Zitat des Tages: Fakt vs. Frage


Fakt: Papst Franziskus hat mit einer weiteren Tradition gebrochen und am Gründonnerstag anstatt wie sein Vorgänger bei Priestern an Kriminellen die rituelle Fußwaschung vollzogen.

Frage: Wo ist da der Traditionsbruch?

(Titanic-Magazin vom 29.03.2013)

Montag, 29. April 2013

Island: Die Rückkehr der irrsinnigen Normalität


(...) Island hat gewählt. Die oppositionellen Konservativen und die liberale Fortschrittspartei errangen nach ersten Auszählungen mit ca. 48% der Stimmen die absolute Mehrheit. Designierter Ministerpräsident ist der konservative Parteichef Bjarni Benediktsson. Er löst damit die Sozialdemokratin Jóhanna Sigurdardóttir ab, die das Land aus den Folgen der Banken-Krise führte, in die es die Konservativen 2008 gebracht hatten. Das international bewunderte Krisenmanagement Sigurdardóttirs konnte das Wahldesaster der Grün-Linksregierung nicht verhindern.

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Anmerkung: Wunderbar zusammengefasst - es fehlt nur das fällige Fazit: Ganz offensichtlich sind die Menschen sogar in Island schlicht und ergreifend zu dämlich, um weiter als von zwölf bis mittags zu denken.

Oder welche andere Erklärungen für dieses absurde Wahlergebnis bieten sich sonst an? Es ist so zermürbend und niederschmetternd, dass es wirklich weh tut.

Von Deutschland kennen wir eine solche Dämlichkeit des dumpfen Wahlvolkes ja zur Genüge, da wird es auch im kommenden Herbst keine positiven Überraschungen geben ... aber ausgerechnet ISLAND? Ich war so geschockt, als ich diese Jubelmeldungen am Wochenende auf den Seiten der spürbar erleichterten deutschen Systemmedien las, dass mir bis Sonntag die Spucke fehlte, um das angemessen kommentieren zu können.

Das Wort "Vergesslichkeit" trifft den Kern des Dramas aber nicht - es handelt sich (wenn nicht um Wahlfälschung, wovon wir alle mal gutwillig ausgehen wollen) wohl eher um eine krankhafte Ignoranz dieser Menschen, gepaart mit einer diffusen Hoffnung auf persönlichen Reichtum und persönliche Sicherheit - auch wenn das bedeutet, dass anderswo (und möglichst nicht im eigenen Land bzw. im eigenen Umfeld) massenhaft Menschen leiden, verarmen und sterben müssen. Das spricht man nicht aus, nimmt es aber stets billigend in Kauf, wenn die eigene Position dadurch scheinbar gesichert wird.

Kapitalismus im Normalzustand ist das, wie er überall in der westlichen Welt dargeboten wird - auch in Island hat sich nun wieder einmal gezeigt, dass Katastrophen beliebigen Ausmaßes nicht ausreichen, um das egoistische Treiben auf Kosten der anderen Menschen - obwohl es ja in Wahrheit stets nur einer verschwindend kleinen Minderheit nutzt, was der große Rest aber ignoriert bzw. gar nicht erst bemerkt - zu beenden. Ich habe dazu vor Kurzem ja schon ein paar Zeilen geschrieben.

Die neoliberale Bande kann den Karren offensichtlich so oft und so übel vor die Wand fahren, wie sie will - als Reaktion darauf erfolgen immer wieder nur zwei mögliche Varianten: Ein sehr schneller Neustart des kapitalistischen Katastrophensystems - oder ein etwas verzögerter Neustart des kapitalistischen Systems im faschistischen, scheinbar regional bzw. "völkisch" begrenzten Gewand, wie wir es heute in Griechenland oder besonders Ungarn beispielhaft sehen können. Eine so dringend nötige Abkehr vom Kapitalismus findet nie und unter keinen Umständen statt - jedenfalls nicht länger als für einen Augenblick.

Wenn man es realistisch betrachtet, war diese Entwicklung vorhersehbar und unausweichlich - auch in Island leben eben nicht mehrheitlich aufgeklärte, wache Menschen, die, anders als ihre geknechteten GenossInnen in den anderen Ländern, die kapitalistischen Folterinstrumente verstehen und den wenigen im überquellenden Luxus badenden Arschgeigen dauerhaft die rote Karte zeigen.

Es wäre ja auch viel zu schön gewesen. "Schön" im Sinne von "schön für alle" gibt es aber im Kapitalismus sowieso nicht. Island ist da weder eine Ausnahme, noch in irgendeiner Form ein Novum. Wir können schon froh sein, dass "nur" die üble korrupte Bande der kapitalistischen Eigennutzmehrer gewählt wurde - und nicht gleich die verwandte faschistische Jauche, die ganz offen Muslime, Sinti und Roma, Dunkelhäutige, Ringelschwanzinhaber oder meinetwegen auch Vierbeinige oder Dreiköpfige zu Sündenböcken stilisiert, die mit dem ganzen Terror nun so gar nichts zu tun haben. Hauptsache, die "Elite" ist aus der Schusslinie - das ist das erste und allerwichtigste Ziel all dieser Entwicklungen. Danach kann man dann gucken, was kommt - entweder ein dumpfer Faschismus wie in Ungarn, in dem diese fürchterliche Bande immer noch viel Geld verdienen kann, oder ein scheindemokratisches Schauspiel wie jetzt in Island, wo es - wie im Text ja auch erwähnt - ebenfalls darum geht, wieder Reichtum von der Bevölkerung zu ein paar Wenigen umzuverteilen.

Es ist wieder alles in bester, korrupter Ordnung im völlig irrsinnigen Reich des Kapitalismus. Auch im hohen Norden. Der Irrsinn ist die Normalität.

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Ein Mann, zwei Worte


"Als Parteimitglied muss ich sagen: Die Zustände schreien zum Himmel! Es ist ein unerhörter Saustall ---"

"--- aber als Minister kann ich nur erklären: Man muss sich auf den Boden der Tatsachen stellen."

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 40 vom 01.01.1921)