Donnerstag, 20. August 2015

Musik des Tages: Klavierkonzert Nr. 2




  1. Moderato
  2. Adagio sostenuto
  3. Allegro scherzando

(Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow [1873-1943]: "Klavierkonzert Nr. 2 in c-moll", Op. 18 aus den Jahren 1900/01; Nordwestdeutsche Philharmonie, Klavier: Anna Fedorova, Leitung: Martin Panteleev, 2013)

Anmerkung: Wenn ich diese entwaffnend grandiose Musik höre, verfalle ich immer wieder in den Wahn, dass die Evolution möglicherweise doch nicht so falsch lag, als sie den Menschen auf seine irrwitzige Reise ins höhere Primatendasein geschickt hat. Allerdings währt dieser Irrglaube stets nur für kurze Zeit - ein Blick in die Nachbarschaft oder die aktuellen Nachrichten reicht schon aus, um wieder auf den Jauchegrubenboden der stinkenden menschlichen Realität zurückzukehren.

Und dennoch liebe ich diese geistig-spinnerten Ausflüge in die abgeschiedene, sterile Welt der "Might-have-beens" der menschlichen Entwicklung ... einfach weil sie eindrücklich illustrieren, was Kapitalismus und stumpfe Habgier letzlich alles zerstören. Was im Elfenbeinturm der Musik inzwischen völlig selbstverständlich ist - ein deutsches Orchester (in dem freilich nicht bloß Deutsche spielen) und eine ukrainische Pianistin führen das Werk eines russischen Komponisten im niederländischen Amsterdam unter der Leitung eines bulgarischen Dirigenten auf -, bleibt der Lebensrealität im finsteren Lande Kapitalistan weiterhin und dauerhaft völlig fremd. Wie sollte das auch anders sein, wenn die offizielle Parole weiterhin mantraartig "Jeder gegen jeden (mit Ausnahme der Superreichen)!" lautet?

Ich bin es so müde, gegen den kapitalistischen Irrsinn anzuschreiben.

Mittwoch, 19. August 2015

Film des Tages: Moon




("Moon", Spielfilm von Duncan Jones aus dem Jahr 2009)

Anmerkung: Diesen Film, der momentan in der deutschen Fassung (wenn auch, wie gewohnt, leider in schlechter Qualität) auf youtube verfügbar ist, möchte ich nicht nur allen Cineasten sehr ans Herz legen. Wer ihn noch nicht kennt, sollte sich die 80 Minuten Zeit nehmen und das Werk aufmerksam anschauen - und zwar ohne zuvor den oben verlinkten Wikipedia-Text zum Film oder andere Inhaltsangaben voller Spoiler gelesen zu haben.

Ein Film, der in der nahen Zukunft spielt, der Themen wie "Energie", "Rohstoffausbeutung" und "Klontechnik" näher beleuchtet und mit einem wie gewohnt lächerlichen Werbevideo eines fiktiven kapitalistischen Energiekonzerns namens "Lunar Industries" beginnt, in dem die paradiesische "heile Welt für alle" nicht mehr nur beschworen, sondern als bereits "erreichtes Ziel" dargestellt wird, verdient in der Tat eine Menge Aufmerksamkeit.

Falls jemand diesen Film für nicht weiter zu beachtende Science Fiction halten sollte, ergebe ich mich umgehend, spende mein Gehirn als Futtermittel für die geheimen Zombiefabriken in der "Area 51" und lasse meinen Restkörper von der nächsten verfügbaren US-Drohne freudig in die Luft sprengen. - "Wake me" steht in dicken Buchstaben auf dem T-Shirt, das der Protagonist zu Beginn des Filmes trägt. Ob eine solch subtile Botschaft wohl ankommt?


Dienstag, 18. August 2015

Zitat des Tages: Erde


Warum stürzte mich gerade dieses Staubkorn
in Mitleid, Zorn und Tränen?
Sollen uns weiter die Götter verhöhnen?

Dass uns die Geier fraßen,
Abgrund nahm -
das Herz des Herrn schläft lahm,
er liebt die Welt nicht mehr,
die Erde liegt erfroren.

Wenn ich Gott, den reichen Bettler, treffe,
werde ich für ihn erröten.
Ihn töten, töten, töten!

(Albert Ehrenstein [1886-1950], in: "Der Mensch schreit. Gedichte", Kurt Wolff 1916)



Anmerkung: Auch nach weiteren 100 Jahren hat sich diese Binsenweisheit noch immer nicht herumgesprochen und der religiöse Wahn in all seinen Schattierungen und teils nebulös-verbrämten Varianten ("Spiritualität" bzw. "Esoterik") feiert nach wie vor stumpfsinnige Triumphe. Die Steinzeit, in der es wohl lediglich rudimentäre religiöse Wahnvorstellungen gab, war der heutigen Welt offensichtlich weit voraus.

Aber wir wissen ja: "Gott" liebt uns alle. Deswegen leben wir in einem Paradies für alle. Und allen Menschen darin geht es prächtig. Und wem es doch nicht so prächtig geht, der ist ein Ungläubiger, den "Gott" zwar auch liebt, aber trotzdem lieber verrecken oder ermorden lässt. Denn wer sich nicht unterordnet, ist gar kein Mensch und darf mit göttlichem Segen geschlachtet werden.

Auf diesem einfachen, faschistischen Prinzip fußen das Christentum und der Islam ebenso wie die heilige Religion des Marktes (Kapitalismus), die weltweit weitaus mehr Opfer gefordert hat und weiterhin fordert als alle anderen hohlköpfigen Religionen zusammengenommen. Die Bekloppten sterben einfach nicht aus - und bemerken auch im Jahr 2015 nicht, dass ihnen der Blödsinn größtenteils von äußerst interessierten Kreisen schlicht als Ablenkung und zur Schaffung von Ersatzzielen für die allzu berechtigte Empörung vor die dumme Nase gesetzt wird.

Ich bleibe bei meinem Unglaubensbekenntnis.

Montag, 17. August 2015

Rassismus: Virtuelle "Glatzenpflege" beim Spiegelfechter


Beim "Spiegelfechter" ging es kürzlich zum Thema "Flüchtlinge" hoch her. Rassisten feierten Triumphe, die sprachschwache "Moderation" des Blogs schwieg größtenteils dazu und am Ende bleibt wohl nur die schnöde Vermutung, dass es hier einmal mehr um die billige Reklame für des Bergers neues Buch über das entwaffnend bedrohliche Thema Untergang der Menschheit aufgrund kapitalistischer, habgieriger Umtriebe einer kleinen Minderheit Fußball ging. Für ein solches "spätrömisch-dekadentes" Thema (G. Westerwelle) bieten sich Rassisten als potenzielle Käufer des philosophischen Meisterwerkes aus Bergers Feder geradezu an.

Ein Gastbeitrag von Altautonomer.

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Zunächst einige unveränderte Zitate aus dem Kommentarbereich des "Spiegelfechters":

Rassismus gab es in Deutschland nur zwischen 1933 und 1945.
98 % aller Einwanderer sind Wirtschaftsflüchtlinge.
Ich sehe Deutsche Rentner die arm sind in Mülltonnen nach Flaschen suchen die nach 45 Jahre Arbeit Mini Renten bekommen Deutsche Hartz IV Empfänger die seziert werden ob Sie nicht doch eine Goldene Uhr besitzen die drangsaliert und schikaniert werden für 1€ Arbeiten sollen jede Arbeit annehmen. Und dann kommen Menschen nach Deutschland die hier nie gearbeitet haben und stellen Forderungen wer kann kontrollieren ob Sie bedürftig sind. Ob Sie nicht Häuser Geld Gold im Ausland haben.

Darauf antwortete Jens Berger exemplarisch:

Wer aus wirklich armen Ländern nach Europa flieht, gehört selbstverständlich in diesen Ländern nicht zur breiten Unterschicht!"
Was wir bräuchten, wäre ein ausgewogenes Einwanderungsgesetz.
Das "echte" Asyl für politisch Verfolgte ist eh eine ganz andere Sache – das würde wohl niemand, der noch bei Verstand ist, kritisieren.

Das alles sind keine Kommentare von Pegida-Webseiten, BLÖD-Leser-Stammtischheinis, PI- oder irgendwelchen NPD-Fan-Blogs. Sie stammen vom Premium-Blog der Aufklärer, Systempressekorrektoren, Gegenöffentlichkeitsherstellern und kritischen Linken des "Spiegelfechters". Hier wurde Rassisten auf einer sich selbst als links resp. linksliberal eingeordneten Plattform unter dem verfassungskonformen Mäntelchen der Gewährung des Rechts auf freie Meinungsäußerung das Diskussionsfeld überlassen. Kritiker fühlten sich durch die rassistenfreundliche Moderation und die dumpfen, als Argumente geadelten Polemiken der Rassisten dermaßen in die Enge getrieben, dass sie sich zum Teil entweder freiwillig verabschiedeten oder eine Sperre provozieren mussten.

Stichwortgeber ist unter anderem der Blogherr, der sich als "Verfassungspatriot" auf die geltenden Normen des Asylrechts beruft, das 1993 seinem eigentlichen Kern beraubt wurde (sog. Asylkompromiss). Dabei geht es im Asylrecht nicht nur um "politisch Verfolgte", sondern beispielsweise auch um sexuelle Asylgründe, wie z.B. Homosexualität oder Vergewaltigung im Heimatland. Dass nur wenig Asylanträge positiv beurteilt werden, liegt nun nicht an den Asylsuchenden, sondern an der verfassungswidrigen, völkischen Rechtsprechung der obersten Gerichte. Und selbst bei abgelehnten Asylanträgen gibt es noch verschiedene Abschiebehindernisse, die zu einem legalen Aufenthalt mit Duldung in diesem Land führen. Berger irrt bzw. vernebelt, wenn er behauptet, das "echte" Asylrecht werde von niemandem kritisiert.

Ich habe schon an anderer Stelle versucht darzulegen, warum sogenannte "Wirtschaftsflüchtlinge" auch politisch Verfolgte im Sinne des Art. 4 GG sind.

Zum ersten Berger-Zitat oben ist zu sagen, dass dies in Einzelfällen zutreffen mag. Warum die "afrikanische Mittelschicht" (Definition?) ihren Nachwuchs mit einem iPhone 6 ausstattet und ihn dennoch sehenden Auges dem drohenden Tod durch Ertrinken im Mittelmeer aussetzt, weiß Berger allerdings nicht zu beantworten.

Besonders skandalös ist aber der - ich bin geneigt zu sagen: schon fast traditionelle - Umgang des "Spiegelfechters" mit Kommentatoren, die sich die Mühe machen, eigene Gedanken oder das Ergebnis sorgfältiger Recherche in die Diskussion einzubringen. Das sorgt beim rassistischen Pöbel natürlich für reichlich Zündstoff und Unmut. Nun könnte doch angenommen werden, dass in einem "linksliberalen" Blog die ernsthaft an einer inhaltlichen Diskussion Interessierten geschützt und die Pöbler von rechts ermahnt bzw. gesperrt werden. Leider ist das Gegenteil der Fall. Das hat aber nichts mehr mit Liberalität, Authentizität, Dokumentationspflicht, Toleranz oder etwa Garantie der "Meinungsfreiheit" zu tun. Es ist vielmehr das logische Ergebnis, wenn sich Typen wie die beiden "Redakteure" vom "Spiegelfechter" anmaßen, Journalisten zu imitieren, nur weil sie früher mal ein Poesiealbum besessen haben. Es drängt sich hier die Vermutung auf, dass die Sucht nach Aufmerksamkeit und kommerziellem Erfolg um jeden Preis einen derartigen Umgang mit rechtsradikalen "Gästen" steuert.

Die Vorstellung des neuen "Knaller-Buches" von Berger generierte seit dem 11.8.2015 nur 14 Kommentare, während das Thema "Flüchtlinge" über 320 Rückmeldungen zu verbuchen hat. Da liegt in der Tat die Vermutung nahe, dass es den Betreibern der Webseite in erster Linie um Krawalldiskussionen mit rechten Trollen und Arschlöchern ging, weil damit eine hohe Kommentarquote erzielt werden kann und gerade die Hohlbirnen angesprochen werden, die zu den potenziellen Käufern des Berger'schen Fußball-Mists zählen.

Deshalb gilt mein besonderer Dank der Kommentatorin "Marie" und dem feynsinn-Stammkommentator "R@iner", die in dieser allzu mühseligen und letzten Endes sinnfreien Debatte viel zu lange ausgehalten haben.