Freitag, 23. August 2013

Zitat des Tages: Lesebuchgeschichten


Alle Leute haben eine Nähmaschine, ein Radio, einen Eisschrank und ein Telefon. Was machen wir nun? fragte der Fabrikbesitzer.
Bomben, sagte der Erfinder.
Krieg, sagte der General.
Wenn es denn gar nicht anders geht, sagte der Fabrikbesitzer.

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Als der Krieg aus war, kam der Soldat nach Haus. Aber er hatte kein Brot. Da sah er einen, der hatte Brot. Den schlug er tot.
Du darfst doch keinen totschlagen, sagte der Richter.
Warum nicht, fragte der Soldat.

(Wolfgang Borchert [1921-1947]: "Lesebuchgeschichten". Nachgelassene Erzählungen, posthum veröffentlicht 1949)

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Das alte Spiel


"Der Boden muss immer mal wieder gedüngt werden, damit der Weizen der internationalen Rüstungsindustrie blüht!"

(Zeichnung von Eduard Thöny [1866-1950], in "Simplicissimus", Heft 47 vom 21.02.1932)

Donnerstag, 22. August 2013

Nein, wie überraschend: Drastischer Anstieg der Obdachlosigkeit in Deutschland


Die Zahl der Wohnungslosen ist binnen zwei Jahren um 15 Prozent auf 248.000 im Jahr 2012 angestiegen. (...) Hohe Mietpreise in Ballungsräumen und ein unzureichendes Angebot an preiswertem Wohnraum, Verarmung der unteren Einkommensgruppen und Fehlentscheidungen bei Hartz-IV-Fällen führten zu diesem "drastischen Anstieg" der Zahl der Wohnungslosen (...).

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Anmerkung: Die hier von der Tagespropagandashow genannten Zahlen sind Fantasiezahlen, denn eine seriöse Erhebung dieser Daten gibt es in Deutschland schlicht nicht. Die grausame Wirklichkeit dürfte um einiges fataler aussehen. Den Staat, der bekanntlich von korrupten, habgierigen Speichelleckern des Kapitals verwaltet wird, interessiert das aber ohnehin nicht: Die PennerInnen sollen doch selber sehen, wo sie bleiben - sie sind nach dem vorherrschenden faschistoiden Menschenbild der neoliberalen Bande schließlich selbst schuld an ihrem Elend.

Natürlich war es absehbar, dass angesichts der brutalen sozialstaatlichen Zerstörungen, des faktisch kaum mehr stattfindenen sozialen Wohnungsbaus und des grundgesetzwidrigen Hartz-Terrors die Obdachlosigkeit rapide zunehmen wird, und natürlich interessiert das diese widerliche Bande nicht im Geringsten. Schließlich ist dies eines ihrer vielen nicht klar erklärten Ziele - so funktioniert Kapitalismus (für die Reichen). Wenn da einige hundertausend Menschen (oder auch viele mehr) über die Klippen ins Bodenlose fallen, dann ist das eben dem "Markt" geschuldet - da kann man nichts machen, das ist Gottes (= Geldes) Wille. Davon lesen wir aber natürlich wie immer nichts im linientreuen Propagandabeitrag der ARD.

Vollends abstrus wird es im Text aber, wenn ausgerechnet dem Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) die Aussage in den Mund gelegt wird, dass "Fehlentscheidungen bei Hartz-IV-Fällen" dazu beigetragen hätten, dass es nun so viele obdachlose Menschen mehr in diesem Land gibt. Da fragt man sich haareraufend, ob der Mann noch bei Sinnen ist und ob den Redakteuren, die einen solchen himmelschreienden Stumpfsinn munter weiter verbreiten, das Gehirn nicht längst aus dem Schädel gefallen ist.

Diese Bande ersinnt ein perverses "Gesetz", das Menschen zwangsverarmt und den Behörden zudem nicht nur erlaubt, sondern geradezu auferlegt, diese Menschen auch nach der Verarmung weiter zu verfolgen, zu demütigen, zu schikanieren und ihnen auch den kärglichsten Rest einer materiellen Grundexistenz tunlichst zu entziehen - und redet dann von behördlichen "Fehlentscheidungen", wenn die vorhersehbaren Folgen dieser ekelhaften Politik sichtbar werden?

Noch viel tiefer können diese Arschlöcher nicht sinken - finde ich.

Die Tagespropagandashow berichtet es natürlich nicht - also hier die schnöden Fakten: Der Hartz-Terror hat unter Anderem auch eine massiv steigende Zahl von Obdachlosen in diesem Land zur Folge. Captain Obvious lässt grüßen.

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Mittwoch, 21. August 2013

ZDF: Wahlgeschenke für Merkel


Das Zweite Deutsche Fernsehen, ZDF, bricht mit der Gepflogenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zumindest in der Woche vor einer Wahl auf politische Meinungsumfragen und Ergebnisvorhersagen zu verzichten. Intendant Thomas Bellut will das ZDF-Politbarometer noch am 19. September, nur drei Tage vor der Bundestagswahl, orakeln lassen: "Wenn am Sonntag Wahl wäre, dann ..." Freilich: Das "wenn ... wäre, dann" entfällt. Am besagten Sonntag wird wirklich gewählt. Die Sorge, mit den ohnedies fragwürdigen Demoskopiedaten die Wähler unvertretbar zu beeinflussen, ist beim CDU-dominierten "Jesus-TV" in Mainz der Neigung gewichen, auf journalistischen Restanstand zu pfeifen.

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Anmerkung: Es ist schon putzig, dass der Autor, Volker Bräutigam, hier einen "journalistischen Restanstand" bemüht, den es ja nun für uns alle täglich erfahrbar nicht nur beim ZDF nicht mehr gibt. Davon abgesehen halte ich sämtliche Wahlumfragen - nicht nur unmittelbar vor einer Wahl, sondern stets - für hanebüchenen, unseriösen Unsinn, der (neben dem unvermeidlichen finanziellen Gewinn für die Betreiber) nichts anderes als dümmliche Propaganda darstellt. Es liegt doch auf der Hand, dass leichtgläubige Menschen durch solche "Prognosen" dazu animiert werden (sollen), bestimmte Parteien zu bevorzugen bzw. nicht zu wählen.

In einem tatsächlich demokratischen System dürfte es solche offensichtlichen Manipulationen gar nicht geben - nicht direkt vor einer Wahl und auch an keinem anderen Tag. Dies ist zwar nur ein kleines Puzzleteil der momentan donnernd zerfallenden Demokratiefassadenruine, aber ein nicht unwichtiges.

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Wahlvorbereitungen

Brüder, lasst uns fröhlich schwindeln!
Einmal in Betreff Programm.
Ist das Kind erst aus den Windeln,
schwillt ihm schon von selbst der Kamm.

Lügt das Blaue von dem Himmel,
macht Promessen, dass es kracht,
färbt den Rappen um zum Schimmel
und zum hellen Tag die Nacht.

Zweitens, nach bewährtem Brauche,
schmiert den Gegner voll mit Dreck,
tunkt ihn in die dickste Jauche.
Alles dient dem guten Zweck.

Ob ihr Rechte oder Linke
oder aber mittemang -
tout égal: mit Lug und Pinke
triumphiert des Herzens Drang.

Lauter lichte Charaktere
gleiten alsdann ohne Fehl
durch des Wahltags Nadelöhre -
und kein einziges Kamel.

(Ratatöskr alias Hans Erich Blaich [1873-1945], in "Simplicissimus", Heft 3 vom 16.04.1928)