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Anmerkung: Ich finde diese Aktion durchaus bemerkenswert - auch wenn sie nur den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein darstellt. Es lohnt sich, sich wirklich alle Begründungen anzuhören, mit denen die Ex-SoldatInnen ihre albernen Orden wegwerfen. Eine vergleichbare Aktion wäre in Deutschland wohl unvorstellbar - was schon viel über die Reflektions- und Lernfähigkeit deutscher Soldaten aussagt. Als leuchtendes Beispiel ist da noch immer Jürgen Rose zu nennen, dessen Publikationen an Deutlichkeit nichts vermissen lassen. Damit ist er indes allein auf weiter Flur und damit die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Dennoch ist das Zeichen der ehemaligen US-Soldaten im obigen Video sehr wichtig und sollte entsprechend gewürdigt werden - auch wenn ich als Pazifist und konsequenter Kriegsdienstverweigerer nicht einmal annähernd verstehen kann, weshalb sich jemand - aus welchen Gründen auch immer - jemals dazu hinreißen lassen kann, das Handwerk des Tötens und Gehorchens zu erlernen. Doch es ist nie zu spät um zu lernen.
Ich träume von dem Tag, an dem alle Soldaten dieser Welt diesem Beispiel folgen und dem elitären Gesindel ein deutliches "Nein" entgegen schleudern. Ich werde ihn nicht erleben, ich weiß.
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Zukunftsbild
"Die letzten Menschen haben einander umgebracht. Jetzt heißt es, wieder von vorn anfangen."
(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 23 vom 06.09.1922)
Und die Stadt wurde groß. Bis ans Meer wuchs sie aus.
Wütend gesteinigt ward jeder Fleck Erde verdammt.
Und zuletzt wurde riesenhaft Haus auf Haus
in ekstatischem Wahnsinn tief in den Himmel gerammt.
Und der Himmel, einst wundersam hoch, er war
nun ein Gefangener hinter Gittern und Draht.
Und die Sonne: es war wohl schon tausend Jahr,
dass sie nicht mehr die Schluchten der Straßen betrat.
Aber vom Flachland der Dächer aus war sie zu sehn,
rund und bedeutsam und groß wie ein roter Rubin,
und sie war noch immer wie einst im Anfange schön,
glühend, herrlich und jung - jedoch niemand sah hin.
Und sie ging im vergitterten Himmel - ein Tier,
dem man die Heimat verwehrt - erregt auf und ab,
und sie suchte verlangend im ganzen Revier
Bäume und Vögel, die es schon längst nicht mehr gab.
Und es wohnte ein Mensch in der großen Stadt. Dem kam,
dunkel, aus dem Rest alten Blutes, ein Traum.
Er verschwieg ihn. Doch er wuchs in ihm an und ward Gram -
er hatte Wälder geträumt. Wälder, Baum neben Baum.
Und die Erde war grün unterm Laub, grün und licht;
Vögel ertönten; es raunte und rauschte der Wind;
blau blühten Nächte empor, und mit stillem Gesicht
durchwandelten Tiere den Wald, sanft, schön und gelind.
Und der Mensch siechte hin. Und er schrie
viele Stunden hindurch nach dem grünenden Wald.
Aber die um ihn standen, begriffen ihn nie.
Und er starb. Und es starb die Sage vom Wald.
(Emil Barth [1900-1958], in "Simplicissimus", Heft 51 vom 16.03.1925)
(Novembre: "Anaemia", aus dem Album "The Blue", 2007)
A certain feeling assails
Visions form to wonder why
It still keeps fading
Away to the stars
The sanitarium is the night of the mind
Hidden where no-one wants to know
As nightside keeps saving your life
With its silver-painted dawn
The sanitarium holds the keys of the night
In a place no-one wants to know
And dance, dance for staying alive tonight
And you're not alone
On and on the rains with their anaemic crystals wash the pitch away
And I will follow you through centuries of famine and there will still be horror
Nightly blood anaemia
Night and blood, anaemia
As black sprites keep draining your life
When at night you're all alone
And dance, dance to remain alive
As this night beholds no dawn
Anmerkung: Den Song und das Video dieser italienischen Band aus dem Jahr 2007 kann man heute getrost mit dem abgedroschenen Wort "prophetisch" belegen. Musikalisch werden hier keine neuen Pfade geebnet, aber der vorhersehbare Abstieg in die Finsternis ist hier klar und ohne Hintertürchen umgesetzt - Politik und Wirklichkeit sind dem vorgezeichneten Weg seitdem konsequent gefolgt und tun dies auch weiterhin. Besonders beflügelnd finde ich persönlich das Fazit der Band: "As this night beholds no dawn". Wenn schon Endzeit, dann auch richtig - und ich kann diesem dunklen Absolutismus noch nicht einmal ein kleines Hoffnungsblümchen in den Weg pflanzen. Die "finstern Zeiten", die auch Bertolt Brecht seinerzeit ausmachte, stehen offenkundig einmal mehr vor unseren Türen.
Umfrage unter Jugendlichen / Handy ist wichtiger als Sex
Was ist wichtiger – Handy, Fernsehen oder Sex? Für Jugendliche scheint die Entscheidung ganz eindeutig zu sein. Sie verzichten lieber eine Woche auf Sex oder Fernsehen als auf ihr geliebtes Mobiltelefon. Vor allem Mädchen kommen offensichtlich kaum ohne ihr Handy aus. Das ergibt eine Umfrage des Forschungsinstituts Forsa.
(Weiterlesen)
Anmerkung: Was soll man dazu noch sagen - der Artikel ist eine Farce, die in Rede stehende Umfrage ist eine Farce, ergo sind auch die Ergebnisse eine Farce. Was um alles in der Welt soll man - egal ob Jugendliche/r oder nicht - auf eine dermaßen saublöde Frage auch antworten, wenn als Antwortalternative nicht "Geh mir fort" oder "Ham'se dir in'n Kopp geschissen?" angeboten wird?
Für einen solchen Schmarrn führt Forsa eine repräsentative Umfrage durch und n-tv (und andere Medien) machen schnell komsumierbare Zwischendurch-Artikel daraus, denen der geneigte Normalleser offenbar entnehmen soll, wie unsäglich "dumm" und "oberflächlich" die gesamte "heutige Jugend" doch sei. Das Muster ist dabei nur allzu bekannt aus früheren Zeiten - schon dem altgriechischen Philosophen Aristoteles [384-322 v.Chr.] wird ja der folgende Ausspruch nachgesagt: "Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen." Solches Gewäsch findet sich wiederkehrend quer durch alle Jahrhunderte.
Wir dürfen also mindestens zwei Schlüsse aus diesen Erkenntnissen ziehen:
Die Panikmache und die Diffamierung der Jugend sind so alt wie die "zivilisierte" Menschheit.
Die Kritik war zu jeder Zeit - also auch heute - völlig berechtigt, denn keiner Jugend ist es bisher gelungen, den ewigen Kreislauf der kapitalistischen Tragödie tatsächlich zu durchbrechen und einen Evolutionssprung zu initiieren.
Es spricht auch heute nichts dafür, dass sich das ändert. Dafür ist allerdings - damals wie heute - weniger die Jugend als "dumm" und "oberflächlich" zu brandmarken, sondern natürlich die Generationen, die diese Jugend erst hervorgebracht, unterrichtet und geprägt haben. So funktioniert der ewige Kreislauf des kapitalistischen Verderbens. Mit dem Feindbild der ewig verkommenen Jugend verschleiert man das meist bis zum Lebensende andauernde umfassende Versagen der eigenen Generation. Und dieses Versagen der Alten wird wiederum von den nachfolgenden Generationen instrumentalisiert, um das gleichfalls eigene, womöglich zukünftige Versagen zu "erklären" oder zu relativieren.
Der "Herr der Welt" - der menschenfressende Kapitalismus - blieb und bleibt derweil stets derselbe vernichtende Fluch.
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Der Herr der Welt
"Der rüstet nicht ab!"
(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 26 vom 22.09.1924)