Samstag, 25. Oktober 2014

Song des Tages: Lethean




(Katatonia: "Lethean", aus dem Album "Dead End Kings", 2012)

How long
Is the pattern going to speak for you
How far can your voice reach
Your song below the night
From my view
I can see you
Shudder where you are standing
In the vision
Cyan blue

Now
October
This time you won't be needing me

To run along the freeway
To weigh one's heart against the oncoming dark
You left me with the pills
We had plans but you couldn't make it
Through the trees
What took you so long
The high grass
What took you so long

Translate the fire
The venom's rush inside your heart
How long can winter
Colour your every word
And the skyline
Past the houses and the cities
Hyperopia
Carmine red

Now
This river
This time I will


Freitag, 24. Oktober 2014

Wehret den Fortschreitungen: Der gelbe Stern




Anmerkung: Diese bemerkenswerte und äußerst bedrückende Dokumentation aus dem Jahr 1980, für die der Autor Dieter Hildebrandt (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Kabarettisten) seinerzeit den "Bayerischen Filmpreis" sowie eine "Oscar-Nominierung" erhalten hat, lässt mich, je öfter ich sie sehe, immer sprachloser zurück. Im Begleittext der DVD zum Film heißt es:

Dieser Film unternimmt es, mit teilweise unveröffentlichem Archivmaterial ein authentisches Bild jener Vorgänge zu zeichnen, deren letzte Station die Vernichtungslager waren. Warum konnte sich die antisemitische Organisation Hitlers so rasch mit den Vorurteilen vieler Millionen Deutscher zu einem derartigen Verfolgungswahn verbinden? Der Film fragt vor allem auch nach den Anfängen, denen nicht gewehrt wurde. Die Ächtung begann nicht mit dem Pogrom 1938, nicht mit Buchenwald und Dachau oder den fernen Ghettos - sie begann in Dörfern und Städten, an Universitäten und Ministerien, in Sportvereinen und Amtsstuben, im Freundeskreis und in den Schulen, auf dem Weg zur Arbeit. (...) [Der Film] zeigt die Zerstörungswut der Nazis in der Kristallnacht des November 1938, und er dokumentiert die Fluchtwege, Rettungsversuche und Überlebenskünste in den Wochen und Monaten danach.

Es bleibt jedem Zuschauenden selbst überlassen, in den furchtbaren Darstellungen dieses Films - insbesondere in den Themenbereichen der menschenfeindlichen Bürokratie und beginnenden Ausgrenzung und Entrechtung ganzer Bevölkerungsgruppen - die furchteinflößenden Parallelen zur heutigen Zeit zu entdecken und die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen. Den "Anfängen" ist auch heute einmal mehr nicht "gewehrt" worden - die erneute Entrechtung und Verfolgung bestimmter Menschengruppen hat längst wieder begonnen und entfaltet sich, von interessierter Seite forciert, stetig weiter.

Der Satz des Autors, am Ende des Films geäußert, soll und muss uns allen eine böse Mahnung und dringliche Aufforderung zu entsprechenden Taten sein:

Die Vernunft, wenn sie zu lange unterdrückt wird, schafft sich zuletzt nur noch in Trauergesängen Gehör.


Mittwoch, 22. Oktober 2014

Anonyme Denunziation: Alltag in der behördlichen Willkür des Hartz-Terrors


Der gesetzlich legitimierte, politisch gewollte Hartz-Terror nimmt in Deutschland immer bedrohlichere Formen an. Laut einem Bericht von Telepolis hat das Landessozialgericht Rheinland Pfalz Anfang Oktober geurteilt, dass die anonyme Denunziation eines Betroffenen beim "Jobcenter" einen "begründeten Verdacht" darstelle, der die Behörde dazu ermächtige, "Sozialdetektive" loszuschicken und bei einer "mangelnden Mitwirkung" des Betroffenen sogar die Mietzahlungen inkl. der Nebenkosten komplett einzustellen. Im Text heißt es:

Im konkreten Fall bekam ein Jobcenter im nördlichen Rheinland-Pfalz einen anonymen Hinweis, dass die 64-jährige Hartz IV-Bezieherin bei ihrer Tochter wohnt und die Wohnung, die sie seit 40 Jahren gemietet hat, nicht mehr regelmäßig bewohnt. Darauf verlangte das Jobcenter, die Frau solle Sozialdetektiven Zugang zu der Wohnung ermöglichen. Das lehnte sie aber ab, weil sie nicht einsah, dass sie auf einen anonymen Hinweis die Verletzung ihrer Privatsphäre zulassen soll. Dabei hat die Frau auch Angaben zu ihren Wohnverhältnissen nicht verweigert, sondern mit Fotos und einer eidesstattlichen Versicherung kund getan, dass sie die Wohnung nutzt und dort recht spartanisch lebt.

Trotzdem entschied das Gericht nun, dass sie bis zur Klärung des Sachverhalts die Kosten für Miete und Heizung selber tragen muss. Damit reicht ein anonymer Hinweis aus und die Denunzierte muss einen Verdacht entkräften, der von ihr unbekannten Menschen, die sich nicht einmal zu erkennen geben müssen, erhoben wird. Das gibt natürlich Menschen Gelegenheit, ihnen missliebige Nachbarn und Kollegen mit Vorwürfen zu überziehen, wie es eine Hartz IV-kritische Seite mit einem Foto gut dokumentierte.

Das ist indes keine neue "Entgleisung" und erst recht kein "Einzelfall", sondern gängige Praxis innerhalb dieses furchtbaren behördlichen Willkür-Molochs, das die rot-grün-schwarz-gelben Hartz-"Gesetze" vorsätzlich geschaffen haben. Aus meiner eigenen Mitarbeit in einem Bürgerverein sind mir mehrere Fälle bekannt, in denen ähnlich willkürlich und brutal gegen verschiedene Menschen vorgegangen wurde - einen möchte ich exemplarisch herausgreifen:

Herr X (58) wird von einem Nachbarn beim "Jobcenter" denunziert, weil er angeblich nicht mehr in seiner Wohnung wohne. Das "Jobcenter" schickt daraufhin Schnüffler los, die ebenfalls niemanden in der Wohnung antreffen. Daraufhin verschickt die Behörde einen Bescheid an Herrn X und stellt die Miet- und Nebenkostenzahlungen ein. Einige Zeit später wird Herr X aus dem Krankenhaus, in dem er sich aufgrund eines Herzinfarktes befunden hatte, entlassen und findet den besagten Bescheid sowie eine Mahnung des Vermieters zuhause im Briefkasten vor.

Um es kurz zu halten: Alle "Klärungsversuche" gegenüber dem "Jobcenter" verliefen fruchtlos. Es musste der Bürgerverein eingeschaltet werden, der eine Klage beim Sozialgericht einreichte, bis dem Mann, der sich inzwischen glücklicherweise in einer Reha-Klinik befand, geholfen werden konnte und das Amt die verweigerten Mietzahlungen endlich überwies. Im Nachhinein stellte sich noch heraus, dass die "anonyme Anzeige", die laut "Jobcenter"-Bescheid zu dieser Farce geführt hatte, gar nicht anonym gewesen war. Die Behörde hat ihren "Kunden" also schlichtweg "amtlich" und wissentlich belogen.

Für mich war es ein Wunder, dass der Mann aufgrund dieses Behördenterrors nicht augenblicklich einen weiteren Herzinfarkt erlitten hat. Man stelle sich das einmal bildlich vor: Da erleidet jemand einen Herzinfarkt, kämpft um sein Leben, springt dem Tod noch einmal von der Schippe - und erfährt nach der glücklichen Rückkehr in sein Zuhause, dass er nun nicht mehr nur von bitterer Armut, sondern zusätzlich noch von Obdachlosigkeit bedroht ist. - Der Gipfel des Zynismus war aber ein nachgelagertes Gespräch mit dem zuständigen "Bereichsleiter" des "Jobcenters", dem ich beigewohnt habe. Dieser Mensch - ein hagerer Hornbrillenträger Anfang 30, der mit halblangen Haaren, verblichenen Jeans und Turnschuhen den optischen Prototypen des eigentlich "sozialen" Arbeiters abgab -, entschuldigte sich bei dem betroffenen Bürger nicht etwa, sondern rechtfertigte das Vorgehen des Amtes mit Aussagen wie "Herr X hätte uns sofort benachrichtigen müssen, er ist selber schuld" (mit dem Wissen, dass der Mann sich auf der Intensivstation des Krankenhauses befunden hatte), "Andere Leute sind eine Woche nach einem Infarkt schon längst wieder bei der Arbeit" oder "Das Attest [womit er die Bescheinigung des Krankenhauses über den Aufenthalt dort meinte] halte ich für ein Gefälligkeitsgutachten".

Mit solchen existenziellen, völlig grotesken, geradezu kafkaesken Problemen müssen sich Hartz-Terror-Opfer in diesem "freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat" neben ihrer staatlich verordneten Zwangsverarmung herumschlagen - ganz egal, ob sie alt, krank oder behindert sind. Da ist es doch wahrlich sehr ermutigend, wenn das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz nun ausgerechnet solchen Figuren wie dem besagten "Bereichsleiter" das asoziale, faschistoide Treiben weiterhin fröhlich legitimiert.

Einmal mehr ist es an der Zeit, "Danke" zu sagen: Danke, Herr Schröder, Herr Fischer, Herr Steinmeier, Frau Göring-Eckardt - und ein nicht minder enthusiastischer Dank gebührt der damals hämisch lauernden schwarz-gelben Bande, der dieser schaurige Terror noch lange nicht weit genug ging und geht. Ich werde und werde den Verdacht nicht los, dass diese schmierigen Figuren erst dann zufrieden sind, wenn es endlich wieder "Lager" bzw. deren "moderne" Äquivalente gibt.

---


"Der Zigarrenstummel des Proletariers"

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 19 vom 05.08.1919)

Montag, 20. Oktober 2014

Zitat des Tages: Die Stille zu ernten


Wie ein Apfel fällt im August,
Im Gehäuse die Stille
Eines unendlichen
Atemlosen Selbstgesprächs -
Des Sommers
Mit dem Sommer -

So fällt uns das Rauschen
Das Rote im Ahorn
Das Brio der Bienen -
Schlagen wir nieder
Verstummte
Im Staub -

Wir haben das Ohr nicht mehr
Der Stille zu begegnen -
Und schlüge sie
Mit Paukenschlegeln nach uns -
Die Nüsse die wir ernten
Sind taub.

(Ernst Günther Bleisch [1914-2003], in: "Zeit ohne Uhr. Ausgewählte Gedichte. 1952-1982", Limes 1983)